Turbulatoren

dbrehm

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Hallo an Alle,

mich interessiert, inwieweit bei den modernen Freiflugwettbewerbsmodellen Turbulatoren zum Einsatz kommen und wie man bei der Anbringung am besten vorgeht (verwendete Materialien und Position) Welchen Nutzen kann man erzielen bzw. wie ändert sich das Flugverhalten. Fragen über Fragen.

Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere etwas dazu schreiben kann.

es grüßt Dieter
 

ruho

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Turbolatoren an den Flächen.

Turbolatoren an den Flächen.

Hallo Dieter,
also ich kann dir keine Wissenschaftlichen Antworten geben aber doch einiges an eigener Erfahrung schreiben.
Bei meinen Standartflügel Nr. 17 von dem ich mittlerweile 8 Modelle davon gebaut habe kann ich ziemlich sicher einige Aussagen machen über deren Wirkung.
Ich habe die ersten Modelle lt. M&K Angaben mit 0,7 mm dicken Dacron gemacht genau an der angegebenen Stelle positioniert und hat immer super funktioniert.
Aufgrund immer noch besseren zu erwarteten Steigflughöhen habe ich die Dicke auf 0,45 reduziert und die Starts waren wirklich sehr sehr hoch. Die Starthöhen habe ich mit einem LOLO der im Rumpf eingebaut wurde gemessen um genaue Angaben zu erhalten. Somit habe ich das Modell erheblich verbessern können und ich bin damit auch eine Saison lang geflogen.
Nur hat sich im laufe der Zeit herauskristalisiert das, dass Modell zwar gut und hoch startet aber die Flugleistungen in ruppiger Thermik nicht berauschend waren und ich doch sehr oft aus der guten tragenden Luft herausgeflogen bin.
Also habe ich den Turbolator wieder dicker gemacht und seit dem zählt dieses Modell zu meinen zuverlässigsten Modellen das ich immer noch sehr gerne fliege.( Nur die Starthöhen sind nicht mehr so brachial :cry: )
Schöne Grüße
Rudi
 

dbrehm

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Hallo Rudi,

ich habe da noch ein paar Fragen zum Verständnis: Was oder wer ist M&K? Hast Du einfach aus Dacron Streifen geschnitten und aufgeklebt? An welcher Position? Welche Klasse fliegst Du?

es grüßt Dieter
 

ruho

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Turbolatoren

Turbolatoren

Hallo dieter,
Also ich fliege F1A ,und M&K ist in der Szene unter Makarov und Kochkarev bekann. Diese Piloten aus Russland machen sehr gute Modelle und Profile für den Freiflug.
Unter Dacron verstehen wir Hochseefischerleinen die man mit unterschiedlichen Durchmessern kaufen kann.
Diese Leinen ( Schnüre ) werden je nach Profil bei einer Flügeltiefe von 150mm ca. 10 mm nach der Nase aufgeklebt.
Diese Art von Turolator wird am häufigsten im Freiflug verwendet.
Gruß
Rudi
 
Turbulatoren
Profile erzeugen im Luftstrom je nach Form und Mittellinienwölbung und deren höchste Lage sowie Anströmgeschwindigkeit auf der Oberseite eine turbulente Grenzschicht, die möglichst lang an der Oberseite des Profils anliegen muss, um Auftrieb zu erzeugen. Bei einem größeren runden Nasenradius des Profils und einem relativ steilen Anstieg der Profiloberseite löst sich relativ schnell die Luftströmung ab und es bildet sich eine große Wirbelschleppe in Richtung des Profilendes. Diese Wirbelschleppe erzeugt keinerlei Auftrieb sondern extremen Widerstand und die Leistung des Profils nimmt rapide ab.
Ein längs angebrachter Störkörper auf der Profiloberseite in einem gewissen Abstand zum Nasennullpunkt bringt die Luftströmung zum Umschlag, es bilden sich kleinste Wirbel und damit eine turbulente Grenzschicht, die lange auf der Profiloberseite bestehen bleibt und entsprechenden Auftrieb erzeugt.
Der Störkörper kann auch in einem Abstand von 12% der Flächentiefe auf der Profilsehne vor der Fläche angebracht werden. Dies wurde in den 50ger Jahren sehr erfolgreich erprobt.
Durchgesetzt hat sich ein Faden von 0,5 - 0,8 mm Durchmesser, aufgeklebt auf die Flächen in einem Abstand von 6 - 8 % der Flächentiefe hinter dem Nasennullpunkt.
Zur Erprobung, ob der Turbulator tatsächlich eine Leistungsverbesserung bringt, sollte das Modell auf geringstes Sinken und Geradeausflug getrimmt werden. Bei einem Handstart mit etwas zu großem Schub (höhere Anfangsgeschwindigkeit) sollte das Modell die Nase heben und nach 2-3 Schwingungen ruhig fliegen. Bei zu hoher Geschwindigkeit (leicht über der Fluggeschwindigkeit), löst sich die turbulente Grenzschicht etwas ab, liegt dann wieder an, das wiederholt sich, bis das Modell mit der richtigen Fluggeschwindigkeit gleitet.
Nun wird der Turbulenzfaden auf eine der Flächen geklebt. Bei einem erneuten Start mit etwas überhöhter Anfangsgeschwindkeit hebt das Modell die Nase, es reißt aber nur auf der Flächenseite ohne Turbulator die Strömung leicht ab, die Fläche mit Turbulator erzeugt höheren Auftrieb und das Modell fliegt eine Kurve in die Richtung der Tragfläche ohne Turbulator.
Nach Aufbringen des Turbulators auch auf der anderen Fläche muss das Modell bei einem Handstart mit leicht erhöhter Fluggeschwindkeit die Nase hoch nehmen, geradeaus weiterfliegen und im Idealfall nach einer Schwingung in den Gleitflug gehen, der allerdings noch langsamer wird.
Fazit: Die Leistung (der Auftrieb) des Tragflügels und die Längsstabilität des Modells werden erhöht, letztlich damit die Flugleistungen.
Rudi hat den Turbulator dünner gemacht und dadurch den vom T. erzeugten Luftwiderstand verringert, dadurch die größere Höhe im Start, aber im Flug verringerte Längsstabilität und Auftrieb und durch die Turbulenz in der Thermik bei sich ändernden Anstellwinkeln der Flächen zur Luftströmung geringere Leistung.


Zum Material der verwendeten Schnüre ist zu sagen, dass sowohl mit Gummi umsponnener Faden als auch Segelgarn in verschiedenen Stärken aus dem Schiffsmodellbau genommen wurden. Gummi leiert aus, Segelgarn ist nicht maßhaltig. Schnüre aus Dracon (Drachenladen, Anglerladen) sind sehr maßhaltig, witterungsunempfindlich und lassen sich gut aufkleben.
Aufkleben: Lage anzeichnen an der Wurzelrippe, im Knick und am Ohr, immer die Flächentiefe beachten. Mit Sekundenkleber Faden an der Wurzelrippe ankleben (1 cm), aushärten lassen, dann leicht ziehen und am Knick ankleben (Sekundenkleber/1cm/aushärten lassen), gleiches am Ohr.
Dann Spannlack unverdünnt von hinten mit kleinem Pinsel in die Kante Faden/Fläche laufen lassen, klebt wie der Teufel.

Tragflächen in Rippenbauweise ohne D-Box oder Nasenbeplankung aber 2 dünnen Hilfsholmen zwischen Nasenleiste und Hauptholm benötigen k e i n e n Turbulator, da duch das Einfallen der Bespannung nach dem Spannlackanstrich diese Hilfsholme als Störkörper wirken und die Umschlagwirbel erzeugen.

Höhenleitwerke können je nach Profil auch einen Turbulator gebrauchen, allerdings 0,3 - 0,5 mm dick, zB das bekannte Wöbbeking-Profil. Erprobt von einigen wenigen Spitzenfliegern in F1A wie Stamov. Soll bei optimaler Lage das Bunten des Modells bzw. die Beruhigung danach verbessern.

Grüße
Fleiger-Ralf
 

dbrehm

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Hallo Fliegerralf,

das ist ein wirklich sehr lehrreicher Beitrag, ohne graue Theorie und mit klaren Hinweisen zur Praxis. Prima & herzlichen Dank!

es grüßt Dieter
 
Hallo zusammen,

ich beschäftige mich seit kurzem auch mit Turbulatoren, allerdings nicht für Tragflächen, sondern für Rundrohrstreben.
Die Wirkung ist enorm, der Cw lässt sich in einem relativ grossen Geschwindigkeitsfenster etwa halbieren, siehe dieses Diagramm ( Helmut Schenk sei Dank!) :
Interesant auch die Auswirkung der unterschiedlichen Dicke der Turbulatoren.

Ähnliche Ergebnisse müsste eigentlich auch ein Draht vor dem Rohr bringen...
Suche aber noch die opt. Position und Dicke...
Wahrscheinlich ists aber ähnlich wie bei einem Tragflügel.

Grüsse, Manfred
 

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ruho

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http://www.free.pages.at/freiflug/

http://www.free.pages.at/freiflug/

Hallo Dieter,
anbei für deine Fragen habe ich dir oben im Titel meine kleine Freiflug F1A home page angeführt auf der du unter dem Menüpunkt Plan einige Zeichnungen finden kannst wo du auch teilweise Angaben über den Turbolator findest.
Nicht alle Pläne enthalten auch die Angaben über die Dicke und die Lage der Turbolatoren.
Schöne Grüße
Rudi
 

dbrehm

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Hallo Rudi,

danke für den Hinweis - Deine Webpage kannte ich zwar schon, aber die Planseite hatte ich noch nicht gänzlich durchforstet.

es grüßt Dieter
 

Gast_30958

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Hallo dbrehm,

auch wenn dieser Beitrag schon recht alt ist, aber immer noch sehr aktuell, möchte ich dazu etwas beitragen:
Anfang der 80er Jahre habe ich sehr große Schmallbalatt Luftschrauben für meine F1B-Modelle verwendet: D=700mm, H=960, größte Blettbreite etwa t=30 mm. Um die aerodynamische Wirksamkeit der Blattprofile zu verbessern, habe ich im Bereich der Eintrittskante (Oberseite des Profils) natürliche Vogeldaunen aufgeklebt, was mir den Spitznamen "Huhn, Huhn" beibrachte. Diese Daunen funktionierten aber vortrefflich, waren aber nicht verschleißfest. Mit Kunststofffasern (z.B. Aramid, Nylon,-gespleißt) könnte man die Verschleißfestigkeit deutlich steigern, abgleich sie nicht die Eigenschaften natürlicher Daunen erreichen können. Das könnte man übrigens auch bei Tragflügeln und Höhenleitwerken anwenden, dann aber wenn notwendig. Zuviel Turbulator ist immer schädlich und vergrößert den Profilwiderstand.

Schönen Abend

Motorski
 

Gast_30958

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Hallo flieger-ralf,

Zitat:
"Durchgesetzt hat sich ein Faden von 0,5 - 0,8 mm Durchmesser"

Das ist recht pauschal ausgedrückt, jedes Tragflügelprofil (abhängig von der Re-Zahl und Auslegung) benötigt einen angepassten Turbulator. Man sollte, falls es geht auf Turbulatoren verzichten. Wird ein Turbulator benötigt, dann lohnt es sich mehrere Versuche mit verschiedenen Turbulatoren (Größen) zu machen, beginnend mit kleinsten Turbulatorfäden. Es reicht oft ein gespleißter sehr dünner Garn aus (ca. 0.1mm), aufgeklebt an der richtigen Stelle, gemessen von der Eintrittskante aus. Mindestes etwa 10 Gleitversuche wären dafür notwendig.
Ich habe bereits Anfang der 80er Jahre mit dem Aufkleben von natürlichem Vogeldaunen bei Wakefield-Luftschrauben sehr gute Erfahrungen gemacht. Leider sind solche aufgeklebten Daunen nur von kurzer Lebensdauer.

Schönen Abend

Motorski
 

Gast_30958

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Hallo dbrehm,

in einer der Ausgaben der Thermiksense hat man eine "Eulenturbulator" vorgestellt, hervorgegangen aus einer "Forschungsarbeit ". Dort hat man kleine Zylindstifte mit einem variablen Abstand parallel zur Eintrittskante angebracht. Das hat auch recht gut funktioniert. Ich habe aber bis heute keinen Eulenflügel mit derart gestalteten Vorrichtungen gesichtet.

Schönen Abend

Motorski
 
Bei den Vollbalsa-Flügeln der 70er wurden meist sog. 3D-Turbulatoren benutzt, d.h., im Zickzack eingeschnittene Vertiefungen. Beim Graupner "Junior" wurden die sogar im Baukasten für den Jedelsky-Flügel mitgeliefert.
Ich habe (weil ich zu faul bin) mit einer Zackenschere (Schneiderbedarf) aus Dymo-Band Turbulatorstreifen ausgeschnitten und auf den Flügel geklebt ... und auch wieder abgerissen.
Mit 3D ist schwer zu experimentieren. Faden ist da viel einfacher, deswegen hat sich der Faden durchgesetzt - ob besser oder schlechter weiß niemand (oder?).

Die erwähnten "Eulen"-Turbulatoren werden in der F1K (CO2)-Szene diskutiert, auch die "Beulen"-Turbulatoren (kleine Kuppeln in gleichmäßigen Abständen etwa an der Position der Fadenturbulatoren). Angeblich werden solche Beulen sogar als Klebebänder geliefert und im Groß-Segelflug eingesetzt.

Theorie hilft da m.E. wenig, man muß wirklich experimentieren - der Tip, erst eine Fläche zu behandeln und die Änderung im Flugverhalten zu beurteilen (subjektiv) ist für alle ohne Windkanal :) wohl die beste Methode!

Und nicht vergessen: Auch das Leitwerk kann manchmal einen Turbulator gebrauchen.
 

Gast_30958

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Hallo Austrian,

die Zickzack 3D-Turbulatoren sind für die Freiflugmodelle viel zu grob und erzeugen zu viel Widerstand. D. Althaus ("Profilpolaren für den Modellflug", Band 2) hat das deutlich mit Messungen an Profilen gezeigt: Allerdings wurden schon mit solch preparierten Tragflügeln Weltmeisterschaften gewonnen, z.B. mit der berühmten "Espada"...

Gruß

Motorski
 
Hallo Motorski,
mein ausführlicherer Beitrag weiter oben bezieht sich auf F1A-Modelle mit mittleren Flächentiefen von ca. 130 bis 150 mm. Dies habe ich nicht erwähnt. Natürlich sind die Größe und die Lage der Turbulatoren von der Flächentiefe und dem Profil abhängig. Es gibt kaum noch F1A-Modelle in der Leistungsklasse I, die ohne Faden-Turbulator fliegen. Allerdings werden auch mehr oder weniger die gleichen Profile verwendet
(M&K, Stamov, Findahl, Tschop u.a.).

Zu den Zickzack - Turbulatoren, die käuflich zu erwerben sind, ist zu sagen, dass sie für F1A viel zu grob sind. Die im Feiflug verwendeten Dreiecksturbulatoren wie zB beim Graupner "Junior" waren zumeist nicht auf das Profil aufgeklebt sondern die Hinterkante war in der Fläche versenkt. Dies hat sich bei den stark gewölbten Jedelsky-Flügeln sehr bewährt.

Der HAMA - oder Eulenturbulator wurde in F1K nicht nur diskutiert sondern auch ausprobiert, auch mit Erfolg nach vielen Experimenten, durchgesetzt hat er sich nicht.

Von einigen wenigen Spitzenfliegern werden zusätzlich Invigoratoren verwendet, insbesondere, wenn die Flächenoberseite sehr glatt ist.

Grüße
flieger-ralf
 

M.a.x.

User
.........durchgesetzt hat er sich nicht.

Grüß Euch

Ich möchte vorausschicken, das ich mich hier auf mich selbst beziehe,
kann mir aber vorstellen, das es Anderen ähnlich geht.

Das Sinnvollere scheitert oft an der komplizierteren Ausführung.

Ich denke, das viel gebaut wird "weil es sowie es gemacht wird, bequemer ist" ;)
Das verfälscht natürlich das Bild etwas. Oder anders ausgedrückt,
Der Grad der Verbreitung, ist nicht unbedingt mit dem Grad der
aerodynamischen Güte gleichzusetzen.

Gruß Markus

Ps: T´schuldigung für meine komplizierte Ausdrucksweise,
ich bin kein Schriftsteller.
 

Gast_30958

User gesperrt
Hallo M.a.x.

Zitat:

"Der Grad der Verbreitung, ist nicht unbedingt mit dem Grad der
aerodynamischen Güte gleichzusetzen."

Dem kann ich voll und ganz zustimmen; es gibt viele Möglichkeiten die Grenzschicht zu beeinflußen, viele davon kann man von der Natur abschauen: Den "Eulenturbulator" zähle ich nicht dazu. Mir ist nicht bekannt, dass an der Vorderkante eines Vogel-Flügels zylindrische Stäbe in einem fest definiertem Abstand je gesichtet wurden...
Bei Insektenflügeln (z.B. Libelle) gibt es ähnliche Anordnungen von Einkerbungen an der Vorderkante des Flügels.

Man kann z.B. auch einen schmalen Streifen Sandkörner, Mohnkörner oder ähnliche Körner auf der Oberseite der Eintrittskante mit Spannlack aufkleben, dabei kann man mit dem Korndurchmesser und der Korndichte experimentieren.

Gruß

Motorski
 
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