Welches Laminierharz für F3f-Fläche

vanquish

User
Hallo,

Welches Harz ist sehr gut bzw am Besten zum Laminieren einer F3f-Fläche geeignet OHNE anschließend zu tempern?

Ich hatte bis jetzt zum Testen an den Leitwerken das RG 385 Harz mit dem Härter 386 (120minTopfzeit). Das funktionierte schon ganz gut. Jedoch sind die Leitwerksformen auch recht klein und ich hab das im Sommer bei sehr warmen Temepraturen gemacht...
Die Flächenformen kann ich nicht mal so einfach ins Auto legen;)
Laut RG sollte beim Härter 386 getempert werden. Ist das wirklich nötig, oder genügt auch das aushärten bei Raumtemperatur?
Beim Härter 385 braucht man nicht tempern, aber 20minuten Topfzeit ist mir deutlich zu wenig für eine ganz Fläche.;)

Welche Harzsysteme verwenden die Profis unter euch?

Mfg,
Mario
 

Arne

User
Hi,

Profis Tempern bei mindestens 60°, auch kalthärtende Systeme ;)
Das 285 passt schon als Harz, beim 85er Härter würde ich mindestens bei 35-40° warmhärten, beim 86er Härter weiß ich nicht, ob man damit schon die Sprödphase überwindet, könnte knapp werden. Ist aber besser als nix. Tempern ist immer deutlich besser., man sollte es aber richtig machen um Formen und Teile nicht zu gefährden.
In einem gewissen Rahmen kann man die Nachteile (geringe TG´s, geringere festigkeistwerte der Harze) beim Hobbybau in Kauf nehmen, aber ein 86er Härter beikm Raumtemperarur ist nicht wirklich akzeptabel.
Seit ich bei den Profis ein bißchen mitbasteln darf und live kennengelernt habe, wie sich der Unterschied zwichen ungetempert und getempert verhält mache ich nichts mehr unter 35° und wenn immer möglch auch mehr, je nachdem was die Formen hergeben (nen Verbinder in der Aluform auch mal fix bei 80°). Künftige Formen werden temperbar mit 60° ausgelegt.

Gruß Arne
 

Gideon

Vereinsmitglied
Arne hat´s schon gesagt:Termpern ist unumgänglich für gute Ergebnisse
Das System L 385 + Härter 386 benötigt mindestens 40 °C, um über die Sprödphase zu gelangen. Das ist generell Usus und bei anderen, luftfahrtzugelassenen Harzsystemen ebenfalls notwendig

Verwende bitte qualitativ hochwertige Harzsysteme (am besten mit Zulassung) - Finger weg von dubiosen Produkten
 

vanquish

User
Bitte, gerne geschehen, jederzeit wieder....
ja, vielen Dank für die Antwort!
Sorry, dass ich mich nicht sofort bedankt habe! Nix für ungut! Ich schätze deine Meinung -und auch die von Gideon- sehr hoch! Ich hab viele Threads hier durchgesehen und muss sagen, dass eure Antworten IMMER sehr kompetent und hilfreich waren!

Ich will natürlich nur hochwertige Harzsysteme verwenden. Wie gesagt ist hier das 385/386 mein Favorit! Die Frage bez. tempern stellte ich deshalb, weil ich keine Temperbox habe und in meinem Heizungskeller zur Zeit auch nicht viel mehr als 30°C anliegen... Im Sommer die kleinen Formen ins Auto ist kein Problem, aber um diese Jahreszeit noch dazu die großen Flächenformen...

Naja, schau ma mal. Ich werd jetzt mal die erste Fläche einlegen. Da ich noch Überreste vom 285/286 habe, werde ich erstmal diese verwenden. Da sollte sich noch ein Flächensatz ausgehen...
Für die nächsten Flächen muss ich mir was überlegen...

Vielen Dank nochmal für eure Antworten!

Mfg,
Mario
 

Arne

User
Hallo Mario,

schon ok, ich bin da etwas allergisch, wenn auf Infos keine Reaktion mehr kommt.
Das Thema Tempern wird bei den Modellbauern meist sehr stiefmütterlich behandelt, das war bei mir lange auch nicht soviel anders. Manche kennen die Zusammenhänge in Ansätzen, aber gekümmert wird sich trotzdem wenig darum. Und wenn dann oft eher unkontrolliert mit dem entsprechenden Mißerfolg.
Im industriellen Einsatz gibt es bei Faserverbund nur manchmal Härtung ohne Temperung wenn die Anwendung das aus bestimmten Gründen erfordert. Sonst wird kaum je unter 60° gearbeitet.
Ohne Temperung erreichen die meisten gängigen Harze ihre technischen Eigenschaften nur bedingt und überwinden die Sprödphase nicht. Also bleibt das Harz spröde und die Teile werden deutlich weniger fest,steif und belastbar als getempert. Der Unterschied ist nicht(!) nur akademisch. Auch die mechanische Bearbeitbarkeit gewinnt deutlich, jegliches Schmieren bei RT-gehärteten Teilen entfällt dann.

Mit dem 285er System und dem 86 Härter ist es auch nicht anders, damit gewinnst du nichts.
Mach die mal Gedanken um eine anständige Temperbox. Aus ein paar Styro- oder Roofmateplatten ist die schnell gemacht, im einfachsten Fall mit Schaschlikspießen zusammegesteckt nimmt sie auch gelagert kaum Platz weg. Heizung mit einer Birne, einem Lüfter und einer kleinen Regelung ist auch recht einfach.
Von unkontrollierten Geschichten im Auto kann ich nur abraten, das geht schnell schief wie z.B. hier vom Erwin ("Eisvogel) schon in nem anderen thread (Probleme mit Spreadtow) beschrieben.
Wichtig beim Tempern sind die sogenannten Rampen, mit denen mit einem definierten Delta_T die Temperatur langsam raufgefahren wird. Zumindest beim Einsatz von Kunststoffformen ist das wichtig.

Als einfache Alternative würde ich zumindest bei 35-40° warm härten, dazu kannst du ja mal nen einfachen Heizlüfter in die Werkstatt stellen und gucken, was du so erreichst.

Gruß Arne
 

Arne

User
Hi Markus,

es gibt einen Kollegen, der im R-G-Forum unterwegs ist der etwas anbietet. Handelt sich dabei um eine Steuerung mit ich meine 5 Programmplätzen für verschiedene Programme, die er dir auf Wunsch belegt. Zusätzlich brauchst du dazu dann noch einen normalen Temperaturregler wie z.B. einen UT 100 von Conrad. Wir wollen uns auch für die nicht programmierbaren Öfen noch so etwas besorgen, ich sehe frage mal nach dem Kontakt.

Gruß Arne
 

vanquish

User
Hallo,

Ich hab nun gestern zusammen mit meinem Nachbarn den ersten Satz eingelegt. Nun gut, geholfen hab ich bei einem Bekannten schon öfters, aber dies hier war tatsächlich das erste mal, dass ich selber bzw mit der tatkräftigen Unterstützung meines Nachbarn (und seiner Form;) ) eine Fläche eingelegt hab.
Hat eigentlich fast alles problemlos funktioniert... Ein paar Dinge würd ich beim nächsten mal anders machen, aber das sind eher Kleinigkeiten und man lernt ja hoffentlich mit der Zeit.

So, das mit der Temperbox hab ich mir die letzten Tage eh auch durch den Kopf gehen lassen. Sollte der Flügel jetzt halbwegs was gscheits werden, werd ich mir eine Temperbox aus Styropor basteln. Darunter evtl eine 100Watt-Birne oder einen kleinen Heizlüfter...

Die Sache im Auto war eben das Seitenleitwerk. Sicher nicht optimal, da geb ich dir recht, aber das waren überhaupt meine zwei ersten Teile aus der Form. Da gings mir hauptsächlich mal ums austesten der Vorgehensweise, Scharnier, schließen der Form,... Also einfach mal zwei günstige Lehrstücke...:D

Mfg,
Mario
 

Gideon

Vereinsmitglied
Ich bin zwar nicht Arne, aber....

Ich bin zwar nicht Arne, aber....

....folgende Punkte sollten beachtet werden:


- symmetrischer und quasiisotroper Laminataufbau

- erreichbarer Tg verwendeter Harzsysteme > 60 °C

- keine hinterfüllten Formen - nur reine Laminatschalen

- vollständig aus CFK aufgebaut (von den Schlichtlagen einmal abgesehen)

- dünne Deckschicht aus Formenharz

- keine klassische Kupplungsschicht, sondern nur Kantenausrundung mit Mumpe (kohlefasergefüllt)
 

Laminatorikus

Vereinsmitglied
Suuuuuper

Suuuuuper

Hi!

Das hört sich ja erschreckend an, darf ich jetzt meine ungetemperten Bauteile als Schrott betrachten;)

Nein, Spaß bei Seite, in welchem %-Satz Festigkeitseinbusen bewegt man sich ohne Tempern?

Danke,

Memo
 
Hallo,
das sind sehr tiefgründige Fragestellungen, die hier aufgeworfen werden. Bevor ich mich hier mit Zahlen weit aus dem Fenster lehne ein paar allgemeine Anmerkungen, die ich mir nicht verkneifen kann.
Die reine Matrixfestigkeit ist in vielen Fällen gar nicht so entscheidend (UD/Zug!). In einem Verbund mit hochsteifen Fasern übernimmt die Matrix nach den Regeln der Elastostatik kaum Lasten. Das kann man sich vorstellen wie Stahlseile, die in einer Gummi-Masse eingebettet sind. Wenn man hier zieht, nehmen die Stahlseile die Lasten auf. Welche Festigkeit der Gummi hat, interessiert hier wenig. Es gibt aber eine wichtige Anforderung an den Gummi. Er muss die Längenänderung der Stahlseile mitmachen! Er muss also eine gewisse Bruchdehnung besitzten.
Übertragen wir auf unseren Verbund. Durch das Tempern geben wir dem Harz sozusagen eine höhrere Verformbarkeit bis zum Bruch, wie Arne oben schon beschrieben hat.
Wir erhöhen i.A durch Tempern auch die Kerbzähigkeit, die Chemikalienbeständigkeit, die Festigkeit und insbesondere verbessern wir die Eigenschaften des Harz bei höheren Temperaturen (tg-onset steigt deutlich an).
Stefan hat hier im Forum mal ein Diagramm http://www.rc-network.de/forum/showthread.php?p=877781#post877781 eingestellt, was bei einem Verbund EP/Kohlenstofffaser sehr schön die Auswirkungen des Temperns zeigt.
Bei Druckbeanspruchung (Holmgurte!) ist die Matrixsteifigkeit eine sehr wichtige Größe. Sie wird durch das Tempern nicht signifikant erhöht, der Einfluss ist nicht so groß (richtig ausgedrückt: Der dynamische Schubmodul ist als Funktion des Reaktions-Umsatzes alpha_DSC nahezu konstant).

Liegen andere Beanspruchungsarten vor, z.B Querzug oder Schub sind die Verhältnisse etwas anderes gelagert. Ebenso bei Mehrschichtverbunden etc. Hier die Einflüsse auch nur grundlegend zu beschreiben ist in einem Forumsbeitrag unmöglich und vermutlich auch nicht sinnvoll.

Wo mir als Modellflieger die Unterschiede zwischen Getempert und Ungetempert klar ersichtlich geworden sind, war beim Bruchbild von Segler-Rümpfen. Hier spielt u.a die Risszähigkeit eine Rolle. Nur um eine grobe Verstellung zu bekommen: Ein im Modellbau nicht verwendetes EP-Harz hatte nach 2 Monaten RT-Härtung ~70% Reaktionsumsatz, nach 65Grad/24h 85% Umsatz, nach 2Monate RT+80Grad/147h nahezu 100%.
Die Risszähigkeit hat sich bei 85%Umsatz gegenüber RT-Härtung nahezu verdoppelt! Bei 147h Tempern bei 80 Grad ist die Risszähigkeit nicht mehr wesentlich gestiegen.

Hoffe mehr Fragen beantwortet als aufgeworfen zu haben.

Beste Grüße,
Michael
 

Gideon

Vereinsmitglied
Zarathustra at it´s best

Zarathustra at it´s best

Ich hatte schon darauf gehofft, dass Du hier einspringst
 

vanquish

User
Hallo,

Sehr interessant, was man hier so zu lesen bekommt! Nur weiter so!!!:)

Mfg,
Mario

PS: Die Vakuumfolie ist von meinen Formen schon herunten und was da dann unter dem Abreisgewebe zum Vorschein kam, schaut schon nicht gaaaaaanz so verkehrt aus. Mal schauen, wie weich die Fläche dann letzten Endes doch ist...
 

Laminatorikus

Vereinsmitglied
Hi!

@Zarathustra, danke für die ausführliche Antwort, ich verstehe nur die Hälfte;) aber das genügt mir.

Aus dem Diagramm würde ich den Vorteil des Temperns auf +100% beziffern, ist das Korrekt?

Grüße, Memo
 
Hallo,
@Memo, sowas darfst du nicht fragen! Das hast du jetzt davon: ;)

Ich hoffe Stefan (Gideon) hat nichts dagegen, dass ich sein schönes Diagramm verschmiere..

Dort lassen sich die Kennwerte einfach ablesen, da das geprüfte Material Sprödbruchverhalten aufweist. Die Festigkeitszunahme beträgt 65,7% bezogen auf den ungetemperten Zustand, die Zunahme der Bruchdehnung lässt sich grafisch zu 105% ebenfalls bezogen auf den ungetemperten Zustand bestimmen. Ersteres ist lediglich das Verhältniss der Kurvenmaxima auf der Spannungsachse zueinander, die Bruchdehnungszunahme ist das Verhältniss der Endpunkte beider Kurven auf der Dehnungsachse zueinander.
3 Lagen CfK ungetempert und getempert im Vergleich.JPG
Das Diagramm gibt aber noch mehr her. Nach einer Offset-Korrektur (die Zugmaschine war offenbar vorgespannt) lassen sich die Verbundsteifigkeiten bestimmen zu:
Getempert: 263GPa
Ungetempert: 204GPa

Das ergibt eine Abnahme der Verbundsteifigkeit von 29% bezogen auf den ungetemperten Zustand. Dieser Wert sollte keinen in Panik versetzten. Hier wurde keine Versuchsreihe gefahren, sondern ein Einzelversuch gemacht, sodass viele Einflüsse auf das Ergebniss denkbar sind. Zudem streuen Proben von Faserverbunden deutlich mehr als metallische Proben.

Die Zahlen gelten nicht universell, sondern für diesen Verbund! Aber als anschauliche Hausnummer und um ein Gefühl zu bekommen, kann man sie verwenden.

Falls Memo jetzt seine ungetemperten Flieger entsorgen möchte, biete ich mich an, das gegen eine kleine Gebühr zu übernehmen :)

Beste Grüße,
Michael
 
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