Digitalservos (JR, Futaba): Wie funktioniert deren Elektronik

Wie funktioniert die Elektronik von Digitalservos?

Digitalservos moderner Technologie bieten folgende Vorteile:

+ Regelgenauigkeit mit minimalsten elektronikbedingte Servohebel-Totzonen,

+ Servohebel-Stellungshysterese praktisch Null,

+ Servohebelnachstellung schon bei kleinsten Knüppelbetätigungen ohne weitere Zeitverluste,

+ Volle Servomotorleistung bei kleinsten Servohebelbewegungen, große Haltekraft,

+ Elimination wärme-, alterungs- und versorgungsspannungsbedingter Stellungsfehler,

+ Nicht zu vergessen: Zukunftsichere Methode für neue, schnellere Übertragungstechniken.

Daraus folgen die zwangsläufigen Nachteile gegenüber Nichtdigitalservos:

- Höherer Stromverbrauch durch oftmalige und genauere Servoarbeit, mehr Akkukapazität eventuell notwendig;

- detto durch Empfänger-Servoimpulsschwankungen ("Flanken-Jitter") bei PPM-Modulation, besonders außerhalb des Sender-Nahfeldes;

- U.U. Fehlfunktionen bei Verwendung mit Produkten anderer Hersteller (zB. Kreisel, Servos) möglich, Herstellertreue sicherheitstechnisch unbedingt empfohlen!
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Funktion der Elektronik von Digitalservos:

Die Langsamkeit bisheriger Servoelektroniken waren der Entwicklungsgrund für eine neue Elektronik auf Wunsch von JR.
Die von diesem neuen IC gebotene Verarbeitungszeit liegt im einstelligen Prozentbereich der (leider) üblichen Fernsteuerung-Zeitverluste (siehe "Der unabänderliche 32m Crash", www.prop.at/kurzber/crash.html ).

Diese Verarbeitungsbeschleunigung gilt sogar für den direkt vom Empfänger kommenden Impuls, zwischen zwei Impulsen mit 1 Sender-Frametime Zeitunterschied wird mit dem neuen IC einigemale und superschnell die Servo-Istposition mit der (gespeicherten) Sollposition verglichen und ggf. eben nachgeregelt. Was bei Analogservos erst beim nächsten Senderframe erfolgen kann. Samt aller Zeitverluste und Überschwingungen. Beweis: "Stotter"-Ruder!!

Eine mir von Graupner gesandte Patentschrift (Englisch maschinell übersetzt aus dem Japanischen)zeigt eine so intelligente schnelle Impuls- und Servostellungsverarbeitung, die wegen ihrer prinzipiellen Neuheit sicher für alle Servointeressierten interessant ist und hier dargestellt wird.

Noch eine Hinweis: Der Begriff "Digital" wird hier, wie oft üblich, für eine Verarbeitung mittels irgendwie in Zahlenwerte umgewandelter Analogwerte verwendet, wobei der eminente Vorteil ist, dass man eben dies gewonnene Werte zahlengenau verarbeiten kann. 1234 ist eben NICHT 1235.
Und diese minimale Abweichung, eben nur "1" von zB. 8190 oder von binär 1111111111110 (13 bit) kann man damit feststellen und zielgerichtet verarbeiten (Servonachstellen).

Also, wie schlau funktioniert die in den Graupner-Servos verwendete Elektronik: (Keine Angst, wie alles Geniale im Prinzip ganz einfach!)

Im Servo-IC sind zwei hochfrequente Oszillatoren geeigneter Frequenz vorhanden.

1) Oszi 1 arbeitet mit einer festen Frequenz,
bei Eintreffen des Impulses vom Empfänger via Servokabel schaltet die eine Impulsflanke die Oszillatorfrequenz zu einem Impulszähler (Counter) durch, der jetzt mit 14 Bit Genauigkeit die eintreffenden Schwingungen zählt, bis er durch die andere Flanke des Servoimpulses wieder abgeschaltet wird.
Der jetzt gemessene Wert ist somit, digital gewandelt, der Repräsentant für die Impulslänge im Servokabel, die ja irgendwo zwischen circa 1 bis 2 msec liegt. Die Zählung der eigentlich nutzlosen ersten Millisekunde (derzeit noch, siehe MFI 10/1999 "Kritik und Visionen") wird einfach eliminiert, indem ganz simpel das höchstwertige 14. Bit nicht verarbeitet wird.
Die umgewandelte Impulsdauer liegt somit digital in 13 Bit Genauigkeit vor. Genau so wie es Graupner bewirbt.

Interludium I: Die auf den üblichen Servobereich bezogene Stellgenauigkeit entspricht ca. 12 Bit = 4096 Schritte und ist damit etwa doppelt so genau als gute Analogservos, wie zB das bekannte JR 4041 und ähnliche. Aber eben ohne jede Abweichung durch Temperatur, Spannungsschwankungen etc.

Interludium II: Sollten bei PCM-Empfängern der PCM-Knüppelwert direkt an das Servo weitergehen, kann man sich diese an sich völlig unnotwendige Umwandlung des PCM-Wertes in einen Servo-Impuls im Empfänger und dessen Rückumwandlung für die digitale Verarbeitung in Zukunft im Servo ersparen :D . "Nachtigal, ich hör' Dir trapsen!"

2) Oszi 2 hat eine variable spannungsgesteuerte Frequenz (VCO):

Dessen Freqenz wird vom Servopoti gesteuert und von einem ähnlichen Schwingungszähler (Counter) wie oben gezählt, allerdings mit dem Unterschied, dass hier die Zählzeit klarererweise hoch konstant gehalten wird und die in dieser Zeit gezählten Schwingungen, deren Frequenz ja je nach Poti-Stellung variabel sind, den digitalisierten (Binär-)Wert der Servopotentiometer-Stellung repräsentieren.

Die VCO Minimal- und Maximalfrequenzen sind derart gewählt, dass der Servostellungwert
mit 13 Bit Genauigkeit zum Vergleich mit dem ebenfalls 13 Bit Impulswert vorliegt.

3) Sind diese 2 Binärzahlen gleich, steht der Servohebel an der gewünschten Stelle.
Sind sie nur minimalst (theoretisch schon am letzten Bit, praktisch geht es etwas anders) ungleich, schubst die restliche Servoelektronik den Servomotor ca. 7 bis 13mal zwischen zwei vom Sender kommenden Steuerimpulsen in die richtige Stellung, deren Wert sich die Impulsumwandlung ja bis zum Eintreffen des nächsten Werts vom Sender ("Frametime"=Senderzykluszeit) ohne Reset merkt und mit dem jedesmal neu errechneten Potistellungswert (ca. 300mal pro sec.!!!) vergleicht.

Das wars schon, was - extremst vereinfacht - das Prinzip betrifft. Wirklich!

Die Kunst liegt natürlich im Detail, sonst wäre dieser japanische IC kaum patentfähig. Das bisher ohne ihn ungelöste Problem war, dass alle bisherigen Methoden viel zu langsam und viel zu ungenau waren, um nach Digitalisierung eine Stellgenauigkeiten gleich oder besser als mit Analogservos bereits erreicht, zu garantieren.

Die Patentschrift enthält dermaßen technische Details, dass ich wegen der Reduktion auf eine allgemein verständliche Erklärung direkt ein schlechtes Gewissen habe :rolleyes: . Andererseits interessiert uns ja nur der Qualitäts- und Sicherheitsgewinn einer neuen Methode, Zubehör etc., und diese Beurteilung erleichtern Basisinformationen allemal. Das "Blackbox-Prinzip" - Input-Verarbeitung-Output, hoffentlich fehlerfreier als in früheren Zeiten ist ja in vielen Lebensbereichen endgültig etabliert. Manchmal auch ungünstigerweise, z.B. bei im Flug zerbröselnden, schlecht gefertigten fertigfolierten Flugmodellen.

Zukunftsextrapolation:

1) Diese Servo-Technik ist auch für kürzere Impulszeiten und schnellere Senderzyklen, eben eine schnellere Fernsteuerungstechnologie unbeschränkt geeignet.

2) Durch den Fortschritt der Mikrotechnologie ist der Ersatz des Servopotis durch
optische digitale(!) Absolutstellungs-Melder oder Ähnliches naheliegend, dann entfiele der VCO.

3) Schon erwähnt: Auch noch Wegfall der Impulsumwandlung durch direkte PCM-Verarbeitung im Servo. Absurd erscheint mir die derzeit bei allen PCM-Systemen gegebene Umwandlung eines bereits gefunkten binären PCM-Wertes in einen analogen Impulswert im Empfänger und dessen neuerliche Umwandlung in einen Binärwert im Digitalservo.
Die einzige techn. Berechtigung dafür ist die derzeit noch(?!) doppelt genauere PPM-Auflösung von ca. 2000 Schritten im Vergleich zu SPCM mit 1024 Schritten.

Und natürlich die erwünschte Abwärtskompatibilität.
Mir scheint diese allerdings bei den heutigen Werten mancher Modelle für manche Besitzer nicht ganz so wichtig zu sein, besonders wenn mit einer neuen Technologie ein entsprechender Sicherheits- und Performancegewinn realisierbar sein könnte.

Dieser Mitsubishi-IC wird nicht nur von JR/Graupner verwendet, auch von Futaba, keine Überraschung. Ob es noch weitere Verwender gibt, ist mir unbekannt.

[ 06. Mai 2002, 08:29: Beitrag editiert von: Rudolf Fiala ]
 
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