Moin,
das Thema passt gut zu meiner Hauptfachprüfung, deswegen hab ich's mal als Übung genommen.
Wenn man das ganze theoretisch analysiert, kann man für das ideale Fahrwerk einen Werkstoffindex für eine möglichst leichte Feder ansetzen. D.h. ich will möglichst viel Energie elastisch speichern können. Elastisch heißt, dass die Streckgrenze des Materials nicht überschritten wird (keine plastische Verformung). Und zusätzlich soll das Fahrwerk möglichst leicht sein.
--> Der Werkstoffindex M = ReS^2 / (rho*E) muß maximiert werden.
(ReS: Streckgrenze, rho: Dichte, E: Elastizitätsmodul)
In der angehängten Grafik sind die Werte doppeltlogarithmisch aufgetragen, d.h. die schräge Gerade mit der Steigung 2 repräsentiert das Quadrat in der Gleichung. Je höher ich die Gerade nach links oben verschiebe und ein Werkstofffeld kreuze, umso besser ist das Material geeignet.
Zur besseren Übersicht ist hier nur das Werkstofffeld Metalle und Verbundwerkstoffe gezeigt.
Der allerbeste Werkstoff nach diesen Betrachtungen wäre (oh Wunder) Gummi oder andere Elastomere. Die hohe Dehnmöglichkeit und der niedrige E-Modul bieten die Möglichkeit, sehr viel Energie elastisch zu speichern, und zwar um mehr als Faktor 10 gegenüber GFK/CFK.
Hier muß jetzt die Randbedingung greifen, dass eine minimale Steifigkeit gefordert ist, weil sonst das Fahrwerk etwas schnell zu breitbeinig wird. D.h. ein Mindestwert von E (untere Schwelle) ist nötig. Das ist durch die 2. Gerade in der Grafik, die horizontal verläuft, angedeutet. Sie schneidet den Elastomerbereich (u.a.) ab.
Danach ist GFK (im Bild als GFRP=Glass Fiber Reinforced Plastics) um fast Faktor 4 besser als CFK (CFRP) !
Etwa gleichauf mit CFK liegen Magnesium-Knetlegierungen (Wrought Mg-Alloys). Al-Knetlegierungen (Wrought Al-Alloys) berühren das CFRP-Feld unten rechts, sind also ca. um Faktor 2-3 schlechter als Kohlefaser.
Nach diesen Ansätzen ist GFK also nicht zu schlagen.
Restriktionen / Fehler des Modells:
- Die Datensätze beeinhalten isotropische Verbunde. Mit modellbautypischen Fasern sind die Vorteile gegenüber Metallen eher noch größer. 1:0 Kunststoffe.
- Die Querschnittsform ist nicht berücksichtigt. Mehr Gestaltungsmöglichkeiten mit GFK/CFK als mit Metallen, 2:0 für Kunststoffe.
- In der Praxis ist die Möglichkeit zur plastischen Verformung durchaus gewünscht. Da holen die Metalle dann deutlich auf. Endstand 2:1 für Kunststoffe.
Das (nicht mehr bezahlbare) High-Tech-Fahrwerk wäre wohl ein Verbund aus Glas/Kevlarfasern mit einem Metallschaum, der die Möglichkeit bietet, enorm viel Energie zu absorbieren, wenn die Fasern versagen würden.
Das Prinzip wird angewendet bei Stoßstangen, die im Falle eines Crashs die Stoßenergie absorbieren, sodass sie nicht an die Zelle weitergegeben wird.
Mir ist bewußt, dass das ein Modell ist und die Betrachtungen u.U. nicht 100%ig praxisnah. Weitere Randbedingungen kommen noch dazu. Die Kosten sind überhaupt nicht berücksichtigt. Könnte man aber alles in das Programm (CES EduPack) reinhauen. So werden Probleme analytisch in der Werkstoffforschung angegangen.
Eins zeigt sich aber nach diesen Betrachtungen: Kohlefaser wird aus rein ästhetischen Gründen für Fahrwerke verbaut. Es macht weder aus Gewichts-, Belastungs-, noch aus Kostengründen Sinn.
Gruss,
Sascha