Frage zur Auslegung von Entenmodellen

ubit

User
Hi,

im Buch von Dieter Schall und anderswo wird ja immer wieder betont, dass die Strömung am Entenflügel früher abreißen muss als am Hauptflügel. Aber ist das nicht eigentlich nur "die halbe Wahrheit"? Das betrifft schließlich nur einen Extremflugzustand.

Wäre es nicht sinnvoll, wenn im Diagramm Ca/alpha die "Steigung" der Polare vom Entenflügel flacher wäre als beim Hauptflügel? Wenn also mit steigendem Anstellwinkel der Auftrieb vom Entenflügel im Verhältnis zum Hauptflügel langsamer ansteigen würde? Damit sollte sich doch eine erhebliche Stabilisierung bei ALLEN Flugzuständen ergeben, oder?

Ciao, Udo
 

Gast_25279

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Hi Ubit,

Der wesentliche Vorteil von Entenflugzeugen: Da bei richtiger Auslegung die Strömung am (tragenden) HR zuerst abreißt, nimmt die Maschine die Nase bei zu steilem Anstellwinkel von selbst runter, bevor der Hauptflügel ins Stall kommt.

Deine Idee mit dem geringeren Auftriebsanstieg bei steigendem Anstellwinkel am HR ist m.E. ähnlich wie wenn du den Schwerpunkt weiter nach vorne setzt: Du brauchst einen größeren Ruderausschlag, um dasselbe zu erreichen. Das Modell wird träger auf HR reagieren. Damit bist du auch schneller beim Strömungsabriß am Ruder dabei, weil du große Ruderausschläge brauchst.
Ist aber nur eine Überlegung, keine Erfahrung.

lg Alex
 

ubit

User
Hi,

ich hatte mir das eher so gedacht: In normale Flugzuständen, fern vom Strömungsabriss ergibt sich doch folgende Situation:

Canards und Hauptflügel erzeugen jeweils Auftrieb. Dieser Auftrieb greift "gemittelt" an einem bestimmten Punkt x an. Liegt hier auch der Schwerpunkt, so verhält sich die Ente neutral.

Nun liegt ein Flugzeug aber ja nicht völlig ruhig in der Luft. Kleinere Bewegungen gibt es fast immer. Angenommen durch eine solche Bewegung erhöht sich der Anstellwinkel des gesamten Modells. Dann erhöht sich der Auftrieb von Canards und Hauptflügel (bei gleichbleibender Geschwindigkeit). Erfolgt diese Auftriebserhöhung nun an den Canards prozentual geringer als an der Hauptfläche, so wandert der Angriffspunkt des Auftriebs nach hinten. Es entsteht also ein Moment um die Längsachse -> Das Modell nimmt die Nase runter. Bei einer Verringerung des Anstellwinkels entsprechend umgekehrt. Es erfolgt also eine Stabilisierung um die Querachse. Wobei natürlich zusätzlich noch der Druckpunkt der Flächen zu berücksichten wäre der ja mit dem Anstellwinkel auch noch wandert.

Ciao, Udo
 

Gast_25279

User gesperrt
Hi Udo,

Könnte klappen, klingt logisch. Wenn das HLW-Profil mit dem niedrigerem Ca- Anstieg nicht strömungsabrißempfindlicher ist, sollte das auch keine negativen Auswirkungen auf die Grenzbereiche haben.
Stellt sich jedenfalls noch die Frage, bei welchen Anstellwinkeln eine solche Auslegung überhaupt spürbar zum Tragen kommt. Eventuell ist der Effekt bei kleinen Änderungen des Anströmwinkels (Turbulenzen in der Luft) noch sehr gering. Die Massenträgheit des Fliegers spielt dann auch noch eine Rolle. Eventuell muß dann ein recht extremes Profil gewählt werden, was dann andere Nachteile bringt, die die Vorteile zunichte machen.
Ein HLW ist ja relativ einfach zu bauen- am besten, du probierst verschiedene Profilvarianten aus. Entenmodelle sind hier im Forum kaum vertreten, also falls sich nicht noch jemand meldet, der das definitiv sagen kann, würde mich das Ergebnis eines solchen Experiments sehr interessieren.
Was für eine Maschine willst du denn bauen?

Grüsse, Alex
 

FamZim

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Kunstflug

Kunstflug

Hallo Udo

Wird ein schöner Kunstflieger wenn er so eingestellt wird.
Er wird Unterschneiden und Dir alles abverlangen an Reaktion.
Warum ist wohl die EWD in alle Flugzeuge eingebaut.
Nur um Aufschaukeln zu verhindern und eine Art Eigenstabilität vorzuprogramieren.
Das baust Du alles aus !!!!!

Gruß Aloys.
 

ubit

User
Hallo Udo

Wird ein schöner Kunstflieger wenn er so eingestellt wird.
Er wird Unterschneiden und Dir alles abverlangen an Reaktion.
Warum ist wohl die EWD in alle Flugzeuge eingebaut.
Nur um Aufschaukeln zu verhindern und eine Art Eigenstabilität vorzuprogramieren.
Das baust Du alles aus !!!!!

???? Wieso EWD rausbauen? Wie ich in dem anderen Thread beschrieb wird die Fläche gegenüber dem Rumpf ca. 1-1,5° angestellt und die Canards ca. 4°. Damit ergibt sich dann eine EWD von 2,5°-3°, gelle?

Die Überlegung mit den Ca-Kurven kam mir nur beim herumspielen mit den Profilen, da ich die Argumentation "die Strömung muss zuerst an den Canards abreißen, dann fliegt die Ente stabil" irgendwie nicht völlig nachvollziehen kann. Klar: Dieses Verhalten sorgt dafür, dass eine Ente nicht überzogen werden kann. Aber in normalen Flugzuständen nutzt das schließlich gar nix. Da müssen andere Dinge für die Stabilität um die Querachse verantwortlich sein. Und diesen "anderen Dingen" möchte ich halt gerne auf den Grund gehen.

Ciao, Udo
 

Gast_25279

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Hi Udo,

sehr geiles Teil... ein Traum von einem Flieger. Ich bin mal gespannt auf deine Fotos. Vielleicht ist das nicht der beste Versuchsträger, ein Verlust wäre sehr schmerzlich.
Experimente würd ich an einem simplen Zweckmodell durchführen, und mich bei der Starship erstmal an das Buch halten. Wenn jemand schon ein Buch schreibt, hat er sicher bereits einiges ausprobiert.
Meiner bescheidenen Einschätzung nach kommt die Querstabilität ohnehin hauptsächlich aus einer passenden Kombination von Schwerpunkt und Ewd. Damit würd ich dann etwas variieren, und erst wenn das ausgereizt ist an experimentelle Profile denken. Nur ein gutgemeinter Rat ;)

Grüsse, Alex
 

ubit

User
Hi,

ich habe ja ohnehin vor zunächst ein Versuchsmodell zu bauen bei dem ich so einige Dinge ausprobieren möchte. Das Teil wird von der Flächengeometrie sehr ähnlich zum Starship sein. Allerdings werde ich dabei die Grundfläche der Tragfläche einfach eckig machen. Der Rumpf wird auch deutlich vereinfacht. Entweder in der Art eines Shocky aus zwei Sperrholzprofilen die ich dann vielleicht noch mit Styropor ausfülle oder als einfacher CFK-Stick. Vielleicht wird es auch ein einfacher Kastenrumpf. Muss ich mal schauen.
Wichtig an diesem Versuchsmodell ist mir, dass ich die Canards in zwei Positionen befestigen kann (oder zwei Versionen der Canards baue). Ich werde damit auch die Auswirkungen der Vortex-Generatoren im Modellmaßstab ausprobieren und vermutlich auch die Wirkung der Wölbklappen.

Wenn (und falls...) es mir gelingt dieses Versuchsmodell heil in die Luft (und wieder herunter...) zu bekommen, werde ich das eigentliche Starship in Angriff nehmen. Wie andernorts erwähnt: Geschätzte Gesamtlaufzeit des Projekts ca. 2-3 Jahre...

Wobei ich aktuell das Problem habe, dass ich keine wirklich brauchbaren 3-Seiten-Ansichten des Modells habe. Genauer gesagt habe ich mittlerweile drei verschiedene. Die unterscheiden sich teilweise erheblich. Und sogar innerhalb ein und derselben 3-Seiten-Ansicht gibt es erhebliche Unstimmigkeiten. Mal ganz abgesehen davon, dass die Draufsicht z.B. nicht wirklich symmetrisch ist... Ich werde wohl mal Beechcraft anschreiben müssen und hoffen, dass die mir ein paar Unterlagen zur Verfügung stellen oder ich muss mich nach den Fotos richten und viele Dinge einfach abschätzen. So "richtig" Scale kann es dann natürlich nicht mehr werden...

Ciao, Udo
 
Hi,

im Buch von Dieter Schall und anderswo wird ja immer wieder betont, dass die Strömung am Entenflügel früher abreißen muss als am Hauptflügel. Aber ist das nicht eigentlich nur "die halbe Wahrheit"? Das betrifft schließlich nur einen Extremflugzustand.

Wäre es nicht sinnvoll, wenn im Diagramm Ca/alpha die "Steigung" der Polare vom Entenflügel flacher wäre als beim Hauptflügel? Wenn also mit steigendem Anstellwinkel der Auftrieb vom Entenflügel im Verhältnis zum Hauptflügel langsamer ansteigen würde? Damit sollte sich doch eine erhebliche Stabilisierung bei ALLEN Flugzuständen ergeben, oder?

Ciao, Udo

Hallo Udo,

interessante Theorie.:eek:

Auftrieb und Momente eines Profils hängen zusammen. D.h. wenn der Auftriebsanstieg geändert wird, ändern sich mit Sicherheit auch die Momente. Eine korrekte Momentenverteilung ist Voraussetzung für einen stabilen Flug. D.h. die Anstellwinkel (und Profile) von Flügel und HLW sollten so angeordnet (bzw. ausgewählt sein) sein, dass eine Störung der Anströmung sofort ein entgegengesetztes Moment erzeugt und damit die Störung wieder ausgeglichen wid. Daraus ergibt sich häufig eine mehr oder weniger grosse EWD. Je nach verwendeten Profilen und Flugzeugauslegung sollte diese Stabilität (EWD) kleiner (z.B. Kunstflug) oder grösser (z.B. Trainer) sein.

Wenn ich mal nach Deiner Theorie eine Störung "ins System bringe", d.h. eine Windböe, ergibt sich folgender Ablauf:

Boe --> jeweils etwas mehr Auftrieb an Flügel und Canard
Flügel --> erzeugt damit auch mehr (meist destabilisierendes) Moment
Canard --> erzeugt durch das "mehr Auftrieb" Gegenmoment
Problem: Auftriebsanstieg Canard ist kleiner als am Flügel. --> reicht der Zusatzauftrieb dann noch zur Stabilisierung?
Oder muss man eine grössere EWD einbauen?


Als Anmerkung:
Nach der (einfachen) Skelett-Theorie bestimmt die Wölbung bzw. Skelettlinie des Profils wesentlich die Druckverteilung und damit den Auftrieb.
Mit Vereinfachungen, die aber in grober Näherung auch für den Modellbereich zutreffen, wie kleine Anstellwinkel, kleine Wölbungen und stationäre inkompresible Strömung kommt man zum Auftriebsanstieg eines Profils mit:

dCa / dAlpha = 2 * Pi

also einer Konstanten (!)

Ich weiss, dass es mit all den Vereinfachungen keine "richtige" Konstante sein kann. Die daraus abgeleitetet Formeln für Auftrieb, Widerstand usw. sind aber hinreichend genau. Will sagen, wenn ich den Auftriebsanstieg als annaehernd konstant ansehen kann, könnte es schwierig werden, damit herumzuexperimentieren.


Hast Du denn schon entsprechende Profile gefunden, deren dCa/dAlpha hinreichend grosse Unterschiede erkennen lässt, um damit Versuche anstellen zu können?

Uli
 

ubit

User
Hi,

nein. Das Projekt habe ich derzeit etwas zurückgestellt und bei Beechcraft nach Unterlagen gefragt. Leider bisher ohne Reaktion :-( Also werde ich das Ganze wohl demnächst wieder auf der Basis der vorhandenen (schlechten) Unterlagen angehen.

Ciao, Udo
 
Auftrieb und Momente eines Profils hängen zusammen. D.h. wenn der Auftriebsanstieg geändert wird, ändern sich mit Sicherheit auch die Momente.
Sorry to burst your bubble. Der Auftriebsanstieg lässt sich so gut wie gar nicht beeinflussen sondern liegt fest. Er ist bei dünnen Profilen 2 Pi/rad. Bei dicken theoretisch etwas höher, aber bei uns drosseln das wieder einmal die Grenzschichteinflüsse.

Es gibt zwar Profile mit lokal abweichendem Auftriebsanstieg, das sind aber Effekte der kritischen Umströmung und als solche notorisch unzuverlässig.

[edit]Hab erst jetzt fertiggelesen: Darauf bist Du ja schon selber gekommen. Das ist keine grobe Vereinfachung, sondern trifft die Realität im Bereich der anliegenden Strömung recht genau.
 

FamZim

User
Hi

Ich habe ja auch schon Versuche mit Enten und Normalen mit tragendem H Ruder gemacht.
Bin zu folgendem Ergebnis gekommen:
Wird ein Modell im Horizontalflug langsamer wird der Auftrieb geringer und das Modell sackt stärker durch.
Dadurch ändert sich der Anstellwinkel von Fläche und Leitwerk in gleichem Maße.
Ist das H Ruder vorn und hat durch die EWD eine höhere Anstellung, steigt der Auftrieb nicht so schnell wie an der Fläche hinten.
Die kann stärker ohne Risiko angestellt werden.
Die hat da noch Reserven und der Auftrieb steigt dort mit dem Winkel fast linear~.
Das Ruder vorn ist schnell an der Max Grenze, und der Auftrieb steigt nicht weiter .
Darum nimmt das Modell die Nase runter und nimmt wieder Fahrt auf.
Ist es schneller (die 2 te Möglichkeit), steigt der Auftrieb vorn am Entenflügel stärker, der deshalb ein dickeres Proviel haben sollte und das Modell steigt nach oben und nimmt dadurch den Anstellwinkel gegenüber der Luft zurück.
Wenn die Fahrt dann raus ist fliegt es grade aus, das ist aber auch erstmal noch nach oben.
Das muß sich erst neu einpendeln. (Pumpen).
Darum rate ich vorn 1bis 2% dickeres Proviel (kann das gleiche sein)und je nach Leitwerksgrösse 20 bis 50% höhere Flächenbelastung.
Egal ob Ente oder tragendes H Ruder.
Durch das variieren von 20 bis 50% kann der Schwerpunkt um einige cm geschoben, und der Steuerleistung des Piloten angepasst werden.

Gruß Aloys.
 
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