Holm bei geknickter t/4 Linie

Hallo Freaks!

Habe einen Flügel mit geknickter t/4 Linie. Weil über den gesamten Flügel das gleiche Profil verwendet wird, ist natürlich demzufolge auch die Linie der größten Dicke geknickt.

Ich möchte meinen Holm nun recht gerne genau an der dicksten Stelle einbauen, müsste den Holm dazu aber geknickt einbauen.

Macht das was ? Soll ich lieber einen geraden Holm einbauen und dafür nicht an der Stelle der größten Dicke?

Danke + Grüße Helmut
 

Steffen

User
Moin,

liegt ganz an der Geometrie, dem Aufbau der Struktur und dem Einsatzzweck :p

Ein geknickter Holm bringt eventuell mehr Torsion auf die Struktur, als ein gerader und das ist besonders an der Knickstelle unter Umständen nicht so einfach in den Griff zu kriegen.

Gib doch mal Geometrie und Einsatz an.

Ciao, Steffen
 
Hi Steffen !

Geht natürlich um meine 5m DG303 Elan Acro. Mach ja seit 2 1/2 Jahren quasi nix anderes :rolleyes:

Genaue Geometrie habe ich nicht zur Hand. Segment 1 ist ein Rechteck. Segment 2 und 3 je ein Trapez und die Nasenleiste ist gerade und die Endleiste fällt nach vorne. Habe eine Schale (1,2mm Abachi) schon mit 160g Kohle Biaxialgelege aufgesaugt. Nun, da die Holmbrücke soweit fertig ist, muss ich mal den Holm aus dem Kern schneiden ...

Ach ja: Holmgurte sind/werden Kohlerovings und ich will das Teil schon anstechen ;)

Profil ist eins mit 2,5% Wölbung, falls das wg. Torsion interessant ist.

Grüße Helmut
 
Hmmm ....

Da fällt mir auf, ich hätte mir das vorher überlegen sollen. So wie ich die Buchenstummel für die Holmbrücke gefertigt habe, müssen die gerade aus der Wurzelrippe raus. Wenn ich den Holm nun gerade durchziehe, muss der entweder soweit nach vorne, dass er ganz aussen irgendwo in der Mitte (vorderen Drittel)zu liegen kommt oder ich bau ihn schräg ein. Letzeres geht mit meinen Stummeln nicht und Ersteres würde heissen, dass die Holmmitte im 1ten Segment bei ca. 11% zu liegen kommt. Ausserdem sind dafür die Stummel auch zu hoch. Hmmmm ... :eek:

Also doch den Knick nach dem 1ten Segment!?

Grüße Helmut
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Helmut und Steffen,

hier die Ansicht bei DG:
dg-303-3-seiten.gif


Also ich würde ihn gerade machen und leicht nach vorne pfeilen. Er kann ruhig aussen hinter der höchsten Stelle liegen. Ein leichter Knick beim
Übergang vom Holm auf die Holmbrücke/Stummel dürfte auch nichts machen, da hier die Torsion ja
gut über die Anschlussrippe in Schach gehalten wird.

Mal lesen, was Steffen dazu meint.

Hans
 

Gast_2222

User gesperrt
Tach zusammen,

bin ja nu echt kein Inschinoer, frach deshalb ma ganz dumm nach:

Ich hab die Erfahrung, dass die Holme im Wesentlichen Biegekraefte des Fluegels aufnehmen, die Verwindungssteifigkeit des Fluegels hingegen wird durch die Beplankung erreicht. Diese stellt in dem Zusammenhang dann eine Art Roehre dar, welche gegen Verwindung bei guter Ausfuehrung sehr resistent ist.

Das passt ziemlich gut zu dem, was mir ein Kleinhersteller von Segelmodellen kuerzlich bei einem Besuch sagte, so ca: "Was heute als Carbon D-Box verkauft wird war frueher die Beplankung vom Hauptholm ueber Nasenleiste und zurueck, die Roehre fuer Verwindungssteifigkeit."

Von da her wuerd ich (wenns nicht mehr gerade durchfuehrbar) den Holm sorgfaeltig schaeften fuer die Biegekraefte und eine geeignete Beplankung aufbringen, welche die Verwindungssteifigkeit uebernimmt.

Gruss, Wolfgang
 

Steffen

User
Im Prinzip ist das ja auch so.

Aber stell Dir mal vor, der Holm liegt an der Vorderkante des Flügels (Profil: Rechteck, Holmhöhe also gleich, egal wo er ist)

Dann macht das also abnickende Torsion aus Auftrieb.

Ist der Holm hinter dem Flügel, so macht das aufnickende Torsion aus Auftrieb.

Ganz schnell haben wir erkannt, dass die Position des Holmes von Bedeutung ist, zumal die Lage des Holmes sich auch noch auf die Bauhöhe des Holmes auswirkt.

Dies sind also durch Holmlage erzeugte Momente. Tragen muss sie dann (weitgehend) die Schale (die D-Box, die Torsionsnase, oder wie auch immer man es nennt)

Und ein gepfeilter Holm geht nunmal diagonal durch den Raum und hat daher definitiv die eine oder andere Torsion aus Auftrieb zu verantworten (nicht zu erdulden)

Wo man den Holm bei einer DG303 hinlegt, ist aber wieder eine andere Frage und davon abhängig, was man alles beeinflussen will.

So kann man schön die Verforumung in einem bestimmten Flugzustand vorplanen. Durch geschickte Positionierung der Struktur kann man sogar Strukturentlastungen aus der angreifenden Last erzeugen oder eine Verformung gegen eine andere 'aufrechnen' (z.B. Torsion aus Torsion gegen Torsion aus Biegung).

Das nennt man dann neudeutsch aeroelastic tayloring und ist echt state of the art ;)

Früher hat man das einfach nur elastischen Strukturentwurf genannt und ist damit natürlich total veraltet :D

Für Helmut:
Der Knick ist moderat, man kann nach den einfachen Auslegungen 'Torsion im der Schale und Biegung im Holm' auslegen und gut ist.
Hat man aber zunächst mal die Lasten korrekt bestimmt, so kann man im nächsten Schritt eine darauf bezogene Verformung bestimmen.

Man ist für Modellbauzwecke wohl hinreichend genau, wenn man den Schubmittelpunkt in den Schwerpunkt eines Schnittes legt.

Damit kann man dann eine abgeschätzte Verformungsrechnung machen und wenn man dies für verschiedene Zustände macht hat man einen vollständigen elastischen Entwurf.

Sowas wollten Yeti und ich ja mit dem ganz großen Besteck für ein SB14-Modell machen, wenn dafür dann andere die Formen machen. Wollte aber keiner...

Ciao, Steffen
 

Gast_2222

User gesperrt
Tach Steffen,

das war ja wieder 'ne Lehrstunde, trotzdem stell ich mich mal weiter ganz dumm (was mir ja nicht schwer faellt) und sage so:

Ein Fluegel, egal wie er innen aufgebaut ist, wird im Fluge Torsionsspannungen ausgesetzt sein, die ausschliesslich von der Form des Fluegels und seiner Anstroemung abhaengig sind - nicht jedoch von seinem inneren Aufbau.

Aus diesem Grunde duerfte ziemlich egal sein, was ich innen reinmache, es muss den Fluganforderungen standhalten. Bei gleichem alles Moegliche (Gewicht, Material, ...) duerfte daher die Torsions"roehre" am besten sein, die dem kreisfoermigen Querschnitt am naechsten kommt, weshalb der Holm an die dickste Stelle des Profils gehoert und die Roehre dann "an der Nase herumgefuehrt wird" ;)

Gruss, Wolfgang
 

Steffen

User
Hi,

es ist aber einfach nicht so.

Der innere Aufbau ist von nicht unerheblichem Maße für die Torsion des Bauteiles.

Dein Schluss ist also ein Trug~

Ciao, Steffen
 

Yeti

User
Original erstellt von Wolfgang Kouker:
Ein Fluegel, egal wie er innen aufgebaut ist, wird im Fluge Torsionsspannungen ausgesetzt sein, die ausschliesslich von der Form des Fluegels und seiner Anstroemung abhaengig sind - nicht jedoch von seinem inneren Aufbau.
Hallo Wolfgang, ich versuche es auch mal:

Die äußeren Lasten sind unabhängig von der Struktur. Aber welche Spannungen diese Lasten im Innern des Flügels in den verschiedenen Teilen der Struktur hervorrufen, ist vor allem eine Frage der Lage des Kraftangriffspunktes in Bezug zum Schubmittelpunkt.

Lässt du in der Mitte eines Rohres eine Querkraft angreifen, so wird das Rohr auf Querkraft-Schub und mit zunehmender Entfernung zum Kraftangriffspunkt auf Biegung beansprucht. Lässt du die gleiche Querkraft tangential an der Rohrwand angreifen, bekommst du zusätzliche noch eine Torsionsbelastung des Rohres.

Beim Flügel wird zwar der Kraftangriffspunkt des Auftriebes in der l/4-Linie angenommen, aber die Lage des Schubmittelpunktes des Flügels ist sehr stark von der Holmposition abhängig. Verändert man die Holmposition, verändert man also auch die Lage des Schubmittelpunktes zum Kraftangriffspunkt und damit die Torsionsbelastung der Flügelschale, D-Box, etc.

Alles klar? :D

Gruß Yeti

[ 23. Februar 2005, 16:23: Beitrag editiert von: Christian Ückert ]
 

Gast_2222

User gesperrt
Tach zusammen,
Original erstellt von Christian Ückert:

Alles klar? :D
Diese hoefliche Frage antworte ich mit einem klaren Jain ;) , schliesse aber zunaechst mal so (auch weil ich mich nicht so schnell in Eure Terminuesse Technikuesse einarbeiten kann):

- Stefans Trugschluss kann ich nur nachvollziehen, wenn der Fluegel unter Last seine Form veraendern darf (entsprechen seiner Bauweise nach Stand der Kunst). Dies hatte ich zunaechst ausgeschlossen.

- Ansonsten denk ich mal, es ist sinnvoll, das Zentrum des Torsionskastens (bei Roehre der Mittelpunkt) im Neutralpunkt des Fluegls zu plazieren, weil dort die Drehmomente kalkulierbar sind. Besser waere der Druckpunkt (kein Drehmoment), jedoch muesste man den Holm dann anstellwinkelabhaengig verschieben, und wo kaem der dann bei Nullauftrieb hin?

Nun, er wird als Schlagstock gegen der Autor dieser boesen Zeilen sinnvoll wiederverwendet

;) Wolfgang
 

Steffen

User
Moin Wolfhard,

Ähem, Spannungen setzen eine Verfomung voraus. Ohne Verformung keine Spannung.

Jede Last führt zu eine Verformung und die Verformung führt zur Spannung. (die Reihenfolge kann man drehen, wenn man will, aber sie hängen alle drei zusammen)

Und wenn man halt genau wissen will, wo der Holm sinnvollerweise liegt, muss man erstmal die Anforderung definieren.

Mögliche Anforderungen wären:
-Torsion bei geradeausflug gleich Null
-Torsion im Schnellflug so gering, dass der Flügel aussen keinen Abtrieb macht
-Torsion beim Abfangen so, dass aussen der Auftrieb verringert wird und man dadruch entlastet

Und noch ein paar mehr.

Dazwischen kann man nun entscheiden, was einem das persönliche Optimum zu sein scheint.

Das einzige eindeutige Optimum gibt es dabei nie, die Anforderungen sind halt teilweise gegenläufig.

Als erste Näherung reicht die Position der größten Dicke halt durchaus aus, wenn man es genauer wissen will aber eben nicht.

Ciao, Steffen
 

Yeti

User
Hallo Wolfhard, hallo Stefan ;)

Ich glaube, ihr redet aneinander vorbei (kommt schon mal vor :D ). Wenn man den Flügel erstmal als starr ansieht, dann hängen die äußeren Lasten nicht von der inneren Struktur ab. Wenn sich der Flügel verformt, ändern sich natürlich auch die äußeren Lasten, aber das kommt später ;)

Was die äußeren Lasten im Inneren des Flügels anrichten, hängt natürlich sehr wohl vom Strukturaufbau ab und dazu gehört auch die Holmposition.

Ich versuche es mal mit einer Skizze:

Zwei Vierkantrohre mit gleichen äußeren Abmessungen werden in der Mitte durch eine Kraft F belastet.

1109244561.gif


Das Rohr A hat eine konstante Wandstärke. Aus Symmetriegründen liegt der Schubmittelpunkt (SMP) in der Rohrmitte.

Rohr B hat links und rechts unterschiedliche Wandstärken. Der Schubmittlepunkt liegt daher weiter in Richtung der Rohrwand mit der größeren Wandstärke.

Rohr B wird unter der Kraft F tordieren, Rohr A nicht, da bei Rohr B die Kraft außerhalb des SMP angreift und daraus ein Torsionsmoment MT resultiert.

Wenn einer der mitlesenden "Praktiker" Zeit hat: einfach mal zwei Balsa-/ Styropor- oder Sonstwas-Kästen nach obigen Vorbild zusammenkleben und belasten. Aber den Querschnitt der Kästen nicht zu groß, sonst sieht man die Torsionsverformung nicht.

Gruß Yeti

[ 24. Februar 2005, 12:39: Beitrag editiert von: Christian Ückert ]
 

Gast_2222

User gesperrt
Hallo Christoph, ;)

ich denk mal, Steve und ich sprachen gar nicht aneinander vorbei, sondern das iss jetzt wohl soweit klar. Das von mir sog. "Zentrum des Torsionskastens" ist halt der geruehmte SMP (shared memory processing auf neudeutsch).

Und da die von mir gebauten Fluegel halt so einfuffzich breit, 30cm lang und 4cm dick sind, brauch ich mich um so'n Fummelskram nich zu kuemmern. Nur weiss ich seit dem dort nu nich mehr, ob das Teil nu schlank, vollschlank oder dick ist. Ich weiss aber, dass der Flügel praktisch nur irreversibel verformbar ist.

Vielen Dank also fuer die Le(e)(h)rstunde in Festkoerperfuesik

;) Wolfxxxx
 
Hi Folks !

Hier geht's ja ab :D Sehr schön! Danke Steffen und Christian für die Erklärungen. Ist mir sehr einleuchtend.

Habe mal versucht den Schwerpunkt des Profilschnittes zu kriegen. Nach meinen Abschätzungen liegt der ca. bei 39% gegenüber der Position der größten Dicke bei ca. 32%. Im 1ten Segment macht das eine Verschiebung der Lage der Holmmittellinie von ca. 20mm (110mm anstatt 90mm) nach hinten aus.

Und jetzt kommt's: Nehme ich die Lage des Holms vom Original und Teile durch drei (Maßstab), dann kommt raus - Täterätäää: 110mm :eek: Soll das ein Zufall sein?

Noch was Schönes: Die Baronsche Exceltabelle sagt mir, dass ich die Stegbelegung garnicht so dick machen muss, wenn ich den Holm nicht so hoch baue.

Ich werde den Holm also gecknickt lassen und bei ca. 39% (Mittellinie) einbauen. Muss halt noch sehen wie ich dann mit den Servos hinkomme. Die Störklappen sind kein Problem, die liegen deutlich hinter dem Holm.

Danke + Grüße Helmut

P.S. Würdet Ihr bei einem Querruder mit 1m Länge ein oder zwei Servos nehmen? Ich bevorzuge tendenziel ja ein Großes.
 

Yeti

User
Original erstellt von TurboSchroegi:
Noch was Schönes: Die Baronsche Exceltabelle sagt mir, dass ich die Stegbelegung garnicht so dick machen muss, wenn ich den Holm nicht so hoch baue.
Moin Helmut!

Das wundert mich jetzt etwas :rolleyes: Denn die Stegbelastung sollte mit abnehmender Höhe zunehmen. Oder wird in CB's EXcel-Tabelle sogar Stegbeulen berücksichtigt? Das würdest du auch mit dickerem Stützstoff im Steg in den Griff bekommen.

Ich werde den Holm also gecknickt lassen und bei ca. 39% (Mittellinie) einbauen.
Nur noch ein Hinweis: An jedem Holmknick wird ein Teil des Biegemomentes zu Torsion. Je stärker der Knick, desto mehr (bei einem 90°-Knick würde das gesamte Biegemoment zum Torsionsmoment). Im Zweifelsfall an den Holmknickstellen noch eine Rippe im Flügel vorsehen, die das Torsionsmoment in die Flügelschale einleitet.

Gruß Yeti
 
Hi Christian !

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil. Natürlich hast Du recht. Es ist tatsächlich so, dass mit abnehmender Holmhöhe die Dicke der Stegwandung steigt. Weiß der Teufel wo ich da wieder hingeschaut habe. Danke für die Aufklärung.

Der Tipp mit der Rippe ist gut - gefällt mir. Werde ich umsetzen.

Grüße Helmut
 
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