Anforderungskatalog für Profilentwurf
Anforderungskatalog für Profilentwurf
So, da das hier offensichtlich auf Interesse stößt, will ich mal etwas zum Profilentwurf schreiben.
Zunächst mal, welche Optimierungskriterien lege ich zugrunde? Ich bewerte 3 Flugzustände,
a) Thermikkurbeln, gefragt ist die höchstmögliche Steigzahl (das entspricht dem geringst möglichen Sinken)
bei Höchstauftrieb und G=2 (für rund 60° maximale Schräglage). Das liegt immer so etwa bei cA=0.7-0.8,
bei noch höheren Auftriebsbeiwerten steigt der induzierte Widerstand dann stark an (und der Profilwiderstand auch)
- diese Zustände sind zwar noch fliegbar, bringen aber weniger Leistung.
b) das beste Gleiten, das bekomme ich immer bei etwa cA=0.5
c) Schnellflug bei 40 m/s (144 km/h), das bedeutet quasi Null Auftrieb, lokal an manchen Stellen des Flügels allerdings
schon recht erhebliche Werte. Ballastierung für noch höhere Geschwindigkeiten lasse ich erst mal
außen vor. Aber man sieht unten an den gezeigten Polaren, daß ich noch Luft für Höhere Geschwindigkeiten habe.
Als nächstes steht die Frage nach dem Momentenbeiwert. Dieser ist sehr eng verknüpft mit
der geometrischen Auslegung des Modells und kann eigentlich nur iterativ mit dieser zusammen
festgelegt werden. Man kann momentenarme Profile nehmen oder sogar welche mit positivem Moment,
dann braucht man faktisch keine Verwindung und bekommt sehr gute Schnellflugleistungen.
Für den Langsamflug bringen diese Profile aber nicht die Leistung stärker gewölbter Profile
mit dem entsprechend negativen Momentenbeiwert. Der vorliegende Entwurf hat nun eine recht hohe Streckung,
so daß man nicht viel Schränkung braucht, um negative Profilmomente zu kompensieren.
Eine gewisse Schränkung will ich auch durchaus haben, weil diese das Flugverhalten
beim Thermikkurbeln nach meinem Empfinden drastisch verbessert. Also mindestens 3 Grad
sollen es für mich schon sein. Also mache ich erst mal ein paar Auftriebsverteilungs-Rechnungen
mit einer ebenen Platte als Profil. Man merkt sehr schnell, daß bei zuviel Schränkung
im Schnellflug stark negative Auftriebsbeiwerte am Außenflügel produziert werden. Das wirkt
irgendwie wie eine angezogene Handbremse. Mehr als 5 Grad Schränkung sind nicht zu empfehlen
will man sich die Chance auf gute Schnellflugleistungen erhalten. Andererseits muß man gerade den Außenflügel
stark schränken um den induzierten Widerstand im Hochauftriebsbereich klein zu halten.
Ich hab mich erst mal für 3.5 Grad entschieden - mal sehen was das für das Profil heißt.
Die ebene Platte ergibt bei einem Stabilitätsmaß von 10% einen Auftriebsbeiwert von 0.56.
Das bedeutet cM=SM*cA einen (Schränkungs-) Momentenbeiwert von cMS=0.056.
Fliegen will ich am Ende mit einem Stabilitätsmaß von 6% bei einem Auslegungs-cA von 0.35.
Das ist so gewählt, daß ich mit meinen bevorzugtem Klappenausschlag von -2 Grad im
Schnellflug lande und bei +5 Grad Wölbklappe bei cAmax. Das bedeutet also ein Auslegungs-cM von 0.021.
Damit erhalt ich als Differenz den anzustrebenden Momentenbeiwert des Profils von cM=-0.035.
Kleinere Abweichungen davon sind sicherlich zulässig, führen aber zu Änderungen der Schränkung.
Bleiben die Re-Zahlen zu klären, bei denen das Profile arbeiten soll. Bei einer angestrebten Flächenbelastung
von 30g/dm² liegt die Fluggeschwindigkeit minimal bei 8m/s. Am Außenflügel (185mm Tiefe) ist das dann
eine Re-Zahl von 100000. Im Schnellflug innen (250mm Tiefe) können es aber bis 800000 werden.
So, um nun ein Profil zu bewerten ist also folgendes zu tun: Polaren rechnen für alle benötigten
Klappenausschläge und jeweils genügend viele Re-Zahlen, daß man dazwischen interpolieren kann.
(so vielleicht ein Dutzend
, mehr als hier in den Bildern gezeigt)
Dann kann man damit Leistungsrechnungen für die genannten Flugzustände machen. Und dann sieht man,
daß man doch nicht besser ist
als ein anderes zum Vergleich herangezogenes Profil.
Hier zwei Beispiele für die Leistungsrechnung. Das erste ist der Langsamflug. Dabei ist die innere
Klappe 5 Grad positiv (grüne Kurve), die mittlere 2 Grad (blau) und außen gar nicht ausgeschlagen (rot).
Die gezeigten Polaren sind für Reynold-Zahlen von 100000, 150000 und 200000. Dick dargestellt
sind diejenigen Wertekombinationen, die dann auf dem Flügel tatsächlich auftreten. Integriert man
nun über den Flügel, erhält man den Gesamtwiderstand und damit Gleit- und Steigzahlen. Man kann dann
noch ein bischen mit dem Auftriebsbeiwert spielen, um das Maximum herauszukitzeln, aber man sieht schon,
daß es nicht lohnt, höher zu gehen, dann wird der Widerstand zu groß.
Zweites Beispiel ist der Schnellflug. Die Klappenausschläge sind hier innen -2 Grad, Mitte -1 Grad und
die Außenklappe liegt wieder im Strak. Allerdings sind die Re-Zahlen deutlich höher, 200000, 400000
und 800000. Man sieht schön, wie sich das Laminardellen-Eck mit dem Klappenausschlag nach unten schiebt,
genau dorthin, wo wir es brauchen. Der Außenflügel (rot) erzeugt leider ein bischen zu viel
Widerstand, aber das geht nicht anders, schließlich wollen wir mit demselben Profil ja auch
langsam fliegen können. Integriert über den ganzen Flügel spuckt mein Rechner hier einen
(Profil-)Widerstandsbeiwert von 0.0063 aus, das merken wir uns mal für den späteren Vergleich mit anderen Profilen.