Sarabande - ein neuer Leistungs-Pfeilnurflügel

Hallo liebe Freunde des gepfeilten Geflügels!

Ich hab über den Winter angefangen, einen neuen Leistungs-Nurflügel zu bauen.

Projekt-Name[highlight][size=+2]Sarabande[/size][/highlight], ein klassischer Winglet-Pfeil.

Anwendungsgebiet wird wohl hauptsächlich F3J-fliegen in der Ebene sein, aber die Auslegung
zielt eindeutig auch auf F3B. Sowohl über die Auslegung als auch den Bau will ich hier in loser Folge
berichten. Lose, weil Bauen und Fliegen mir eigentlich wichtiger sind, als am Rechner zu sitzen und
darüber zu berichten. Und wenn der Rechner schon mal an ist - ihr wißt ja, daß ich auch noch
an anderen Themen bastle. Was ich also hier dokumentieren will ist

- die allgemeine aerodynamische Auslegung
- ein extra für dieses Modell neu entworfenes Profil
- Bau von RUmpf und Winglets in Negativformen
- Flügelbau in voll-CFK Positivbauweise

nur mal so zum Mund wässrig machen
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Sarabande : nach Wikipedia höfische Tanzform, fester Kernsatz einer braocken Suite

finde ich passt gut zu einem Flugmodell.

Wir sind alle gespannt, vor allem auch auf die Auslegung und Profilierung.

Hans
 
Grundauslegung mit XWing

Grundauslegung mit XWing

Die grundlegende aerodynamische Auslegung mache ich natürlich mit XWing.
Hier erst mal die Geometrie, für die ich mich am Ende entschieden habe.

xwing_geo.png

Die Spannweite beträgt 3.5m, bei einer projizierten Flügelfläche von knapp 74dm². Die Streckung
des Basisflügels liegt also bei 16.5. Mit den Winglets liegt die Gesamtfläche dann bei 82.5 dm².

Da der Hochauftriebsbereich eine ganz wichtige Rolle im Einsatzprofil spielt, zielt der Entwurf
zuerst auf eine Minimierung des induzierten Widerstandes. Den kann man aber nicht alleinig
optimieren. Ebenfalls im Auge behalten muß man das Abrißverhalten und auch strukturelle Aspekte
wie Holm-Biegemomente und die Massenverteilung. Vor allem letztere ist ausschlaggebend für die
Wahl des Pfeilwinkels. Hier habe ich mich für 22 Grad entschieden. Größere Pfeilwinkel könnten
weniger Verwindung erforderlich machen und vielleicht auch die Flattergefahr günstig beeinflussen,
aber bei den Gewichten, die ich für meine Bauweise ansetzt wird der Flügel dann tendenziell
kopflastig. Und Am Ende Blei an die Winglets kleben will ich nun wirklich nicht :eek:

Um Abkippsicherheit (Propeller im Hochstart) zu erreichen, gebe ich beim Entwurf die Verteilung der
Auftriebsbeiwerte über der Spannweite vor (mit gewissen Toleranzen) (Bild2 - Verteilung der Auftriebsbeiwerte). Außerdem kenne ich (aus XWing)
die Zirkulationsverteilung für minimalen induzierten Widerstand (durchgezogene weiße Linie im Diagramm Bild 3 - Zirkulationsverteilung bai cA=0.8).
Der Quotient von Zirkulation und Auftribsbeiwert liefert mir die lokale Flächentiefe. Mit dieser
so ermittelten Geometrie mache ich nun eine neue Auftriebsverteilungsrechnung. Das ganze wird solange wiederholt bis:

- ich das angestrebte Stabilitätsmaß von 6% bei einem Auslegungs-cA von 0.4 erhalte
- ich mit -2 Grad Wölbklappe im Schnellflug bin, weil das ist der Punkt des geringsten Widerstandes für mein Profil
- ich mit positiv gesetzten Klappen für den Langsamflug eine otimale Auftriebsverteilung erreiche
- nebenbei auch noch die Statik-Rechnungen für den Holm und die Massenverteilung des ganzen Modells
in meiner Tabellenkalkulation so aussehen, als ob das ganze auch baubar wäre

Heraus kommt dabei eine relativ gering zugespitzte Geometrie mit 250mm Profiltiefe am Rumpfanschluß
und 185mm am Randbogen. Dort schließt sich ein Übergangsbogen an, der das Flügelprofil bis an den
Wingletfuß mitnimmt. Das Winglet selbst hat keine geometrische Schränkung, allerdings wird vom
Profil am Wingletfuß auf einen symmetrischen Profiltropfen an der Wingletspitze gestrakt,
was also eine aerodynamische Verwindung ergibt. Die Auftribesverteilungsrechnung beweist, daß ich dabei
ziemlich dicht am Widerstandsoptimum bin und die Auftriebsbeiwerte so sind, daß Abrisse nicht zu befürchten sind.
Der Hauptflügel ist dabei ziemlich stark verwunden, bis zur Halbspannweite nur wenig, dann progressiv zunehmend bis 3.5 Grad.

Und sollte die Verwindung doch nicht passen, weil ich mich verrechnet habe, hab ich 6 Klappen, ;) um das ganze dann wieder geradezubiegen.
 

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na Hans, du antwortest ja schneller, als ich überhaupt was schreiben kann :)

Bei der Namenswahl denke ich allerdings nicht nur an Barockmusik, sondern
auch an Deep Purple (äh Jon Lord). ;)
 
Speedstellung

Speedstellung

und so sieht das ganze dann aus, wenn man mti entwölbtem Profil bei ordentlich speed unterwegs ist.
Die Auftriebsbeiwerte sind dank negativ gesetzter Wölbklappen (die effektiv die Schränkung kompensieren)
fast überall bei Null, wo ich auch die untere Laminardellen-Ecke meines Profils (versucht ;)) hinkonstruiert habe. Im Außenbereich
des Hauptflügels wird es leicht negativ, das muß das Profil noch verkraften. Die Winglets erzeugen leider
noch etwas Auftrieb (nach innen), obwohl die induzierte Anströmung wegen der negativen Zirkulation dort
eher von innen erfolgt. Das ist der Preis, den man für ein stark gewölbtes und relativ hoch angestelltes
Profil am Wingletfuß zahlen muß.

ist ein bischen schlecht lesbar. das obere Diagramm ist der Auftriebsbeiwert ca über der Spannweite,
das untere der Beiwert des induzierten Widerstandes cwi.
 

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UweH

User
Da. kann ich mich Chrima nur anschließen,

ich bin schon ganz gespannt !

Ich auch, ich auch , ich auch :rolleyes:;)

NuriULF schrieb:
Das ist der Preis, den man für ein stark gewölbtes und relativ hoch angestelltes Profil am Wingletfuß zahlen muß

Lästermodus an...... Ja, das ist der Preis den man für Winglets zahlen muß:D ......Lästermodus aus;)

Gruß,

Uwe
 
Lästermodus an...... Ja, das ist der Preis den man für Winglets zahlen muß:D ......Lästermodus aus;)
Uwe

Lästermodus an...... Ja, dafür spuckt mir XWing auch aus k= 0.8338 (k= 0.8078 bei optimaler Auftriebsverteilung), oder waren das nicht 1.33 (grübel...)......Lästermodus aus
 
Anforderungskatalog für Profilentwurf

Anforderungskatalog für Profilentwurf

So, da das hier offensichtlich auf Interesse stößt, will ich mal etwas zum Profilentwurf schreiben.

Zunächst mal, welche Optimierungskriterien lege ich zugrunde? Ich bewerte 3 Flugzustände,

a) Thermikkurbeln, gefragt ist die höchstmögliche Steigzahl (das entspricht dem geringst möglichen Sinken)
bei Höchstauftrieb und G=2 (für rund 60° maximale Schräglage). Das liegt immer so etwa bei cA=0.7-0.8,
bei noch höheren Auftriebsbeiwerten steigt der induzierte Widerstand dann stark an (und der Profilwiderstand auch)
- diese Zustände sind zwar noch fliegbar, bringen aber weniger Leistung.
b) das beste Gleiten, das bekomme ich immer bei etwa cA=0.5
c) Schnellflug bei 40 m/s (144 km/h), das bedeutet quasi Null Auftrieb, lokal an manchen Stellen des Flügels allerdings
schon recht erhebliche Werte. Ballastierung für noch höhere Geschwindigkeiten lasse ich erst mal
außen vor. Aber man sieht unten an den gezeigten Polaren, daß ich noch Luft für Höhere Geschwindigkeiten habe.

Als nächstes steht die Frage nach dem Momentenbeiwert. Dieser ist sehr eng verknüpft mit
der geometrischen Auslegung des Modells und kann eigentlich nur iterativ mit dieser zusammen
festgelegt werden. Man kann momentenarme Profile nehmen oder sogar welche mit positivem Moment,
dann braucht man faktisch keine Verwindung und bekommt sehr gute Schnellflugleistungen.
Für den Langsamflug bringen diese Profile aber nicht die Leistung stärker gewölbter Profile
mit dem entsprechend negativen Momentenbeiwert. Der vorliegende Entwurf hat nun eine recht hohe Streckung,
so daß man nicht viel Schränkung braucht, um negative Profilmomente zu kompensieren.
Eine gewisse Schränkung will ich auch durchaus haben, weil diese das Flugverhalten
beim Thermikkurbeln nach meinem Empfinden drastisch verbessert. Also mindestens 3 Grad
sollen es für mich schon sein. Also mache ich erst mal ein paar Auftriebsverteilungs-Rechnungen
mit einer ebenen Platte als Profil. Man merkt sehr schnell, daß bei zuviel Schränkung
im Schnellflug stark negative Auftriebsbeiwerte am Außenflügel produziert werden. Das wirkt
irgendwie wie eine angezogene Handbremse. Mehr als 5 Grad Schränkung sind nicht zu empfehlen
will man sich die Chance auf gute Schnellflugleistungen erhalten. Andererseits muß man gerade den Außenflügel
stark schränken um den induzierten Widerstand im Hochauftriebsbereich klein zu halten.
Ich hab mich erst mal für 3.5 Grad entschieden - mal sehen was das für das Profil heißt.
Die ebene Platte ergibt bei einem Stabilitätsmaß von 10% einen Auftriebsbeiwert von 0.56.
Das bedeutet cM=SM*cA einen (Schränkungs-) Momentenbeiwert von cMS=0.056.
Fliegen will ich am Ende mit einem Stabilitätsmaß von 6% bei einem Auslegungs-cA von 0.35.
Das ist so gewählt, daß ich mit meinen bevorzugtem Klappenausschlag von -2 Grad im
Schnellflug lande und bei +5 Grad Wölbklappe bei cAmax. Das bedeutet also ein Auslegungs-cM von 0.021.
Damit erhalt ich als Differenz den anzustrebenden Momentenbeiwert des Profils von cM=-0.035.
Kleinere Abweichungen davon sind sicherlich zulässig, führen aber zu Änderungen der Schränkung.

Bleiben die Re-Zahlen zu klären, bei denen das Profile arbeiten soll. Bei einer angestrebten Flächenbelastung
von 30g/dm² liegt die Fluggeschwindigkeit minimal bei 8m/s. Am Außenflügel (185mm Tiefe) ist das dann
eine Re-Zahl von 100000. Im Schnellflug innen (250mm Tiefe) können es aber bis 800000 werden.

So, um nun ein Profil zu bewerten ist also folgendes zu tun: Polaren rechnen für alle benötigten
Klappenausschläge und jeweils genügend viele Re-Zahlen, daß man dazwischen interpolieren kann.
(so vielleicht ein Dutzend :eek:, mehr als hier in den Bildern gezeigt)
Dann kann man damit Leistungsrechnungen für die genannten Flugzustände machen. Und dann sieht man,
daß man doch nicht besser ist ;) als ein anderes zum Vergleich herangezogenes Profil.

Hier zwei Beispiele für die Leistungsrechnung. Das erste ist der Langsamflug. Dabei ist die innere
Klappe 5 Grad positiv (grüne Kurve), die mittlere 2 Grad (blau) und außen gar nicht ausgeschlagen (rot).
Die gezeigten Polaren sind für Reynold-Zahlen von 100000, 150000 und 200000. Dick dargestellt
sind diejenigen Wertekombinationen, die dann auf dem Flügel tatsächlich auftreten. Integriert man
nun über den Flügel, erhält man den Gesamtwiderstand und damit Gleit- und Steigzahlen. Man kann dann
noch ein bischen mit dem Auftriebsbeiwert spielen, um das Maximum herauszukitzeln, aber man sieht schon,
daß es nicht lohnt, höher zu gehen, dann wird der Widerstand zu groß.

Zweites Beispiel ist der Schnellflug. Die Klappenausschläge sind hier innen -2 Grad, Mitte -1 Grad und
die Außenklappe liegt wieder im Strak. Allerdings sind die Re-Zahlen deutlich höher, 200000, 400000
und 800000. Man sieht schön, wie sich das Laminardellen-Eck mit dem Klappenausschlag nach unten schiebt,
genau dorthin, wo wir es brauchen. Der Außenflügel (rot) erzeugt leider ein bischen zu viel
Widerstand, aber das geht nicht anders, schließlich wollen wir mit demselben Profil ja auch
langsam fliegen können. Integriert über den ganzen Flügel spuckt mein Rechner hier einen
(Profil-)Widerstandsbeiwert von 0.0063 aus, das merken wir uns mal für den späteren Vergleich mit anderen Profilen.
 

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Pesi5

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Ulf einfach nur G..l

besteht die Möglichkeit die GFK Teile von Dir zu beziehen?


Gruß der Peter
 

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UweH

User
Lästermodus an...... Ja, dafür spuckt mir XWing auch aus k= 0.8338 (k= 0.8078 bei optimaler Auftriebsverteilung), oder waren das nicht 1.33 (grübel...)......Lästermodus aus

Lästermodus nochemal an: ....und wie viel Anteil hat dieser Unterschied am Gesamtwiderstand eines Flugmodells, also incl. Viskosität? :rolleyes:......Lästermodus aus und gut ;) (ich will ja keine Philosophiediskussion über die Leistungsfähigkeit von Hortenmodellen nur weil die Winglets da waagerecht angebaut sind:D)

NuriULF schrieb:
Eine gewisse Schränkung will ich auch durchaus haben, weil diese das Flugverhalten
beim Thermikkurbeln nach meinem Empfinden drastisch verbessert.

Klar Ulf, damit verbessert sich die Spiralsturzstabilität die durch Winglets eher negativ beeinflußt wird (Mist schon wieder gelästert:D). Seitenflächen hinter dem Schwerpunkt verschlechtern den Spiralsturz. V-Form und Schränkung verbessern die Spiralsturzstabilität. Um nochmal auf die Hortens zu kommen: nach meiner Meinung ist es vor allem die hohe Schränkung und die in der Vergangenheit meist zu konsevative Profilwahl die zu den relativ schlechten Leistungen geführt hat: die von Dir erwähnte "angezogene Handbremse".

Ich bin bei Deiner Auslegung ganz auf Deiner Seite, auch der Auslegungs-CA von 0,35 liegt in dem Bereich wie ich es meist wähle. Nur das beste Gleiten bei CA 0,5 wundert mich ein bisschen, denn bei mir liegt es meist knapp über CA 0,4 oder noch niedriger. Wird der Wert bei Dir speziell mit einer bestimmten Klappenstellung erreicht?

Gruß,

Uwe.
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Macht Spaß mitzulesen

Macht Spaß mitzulesen

Hallo,

das beste Gleiten liegt bei den einfachen Entwürfen (die mit Leitwerk ;) ) auch meisten bei rd. Ca=0,6. Nur ist das meines Erachtens ein theoretisch netter Wert, in der Praxis wichtig ist vor allem gute Gleitzahlen bei niedrigen Ca-Werten = höheren Geschwindigkeiten um gegen den Wind .

Sehr gute Erklärung deiner Vorgehensweise deiner Auslegungsermittlung.

Hans
 

UweH

User
...das beste Gleiten liegt bei den einfachen Entwürfen (die mit Leitwerk ;) ) auch meisten bei rd. Ca=0,6. Nur ist das meines Erachtens ein theoretisch netter Wert, in der Praxis wichtig ist vor allem gute Gleitzahlen bei niedrigen Ca-Werten = höheren Geschwindigkeiten um gegen den Wind

Hallo Hans, ich hab in letzter Zeit so viele Nurflügelentwürfe gemacht dass ich mit den von Dir so genannten "einfachen Entwürfen" sicher Schwierigkeiten hätte, wahrscheinlich würde ich bei der Konstruktion das Leitwerk vergessen :D

Ich hab grade nochmal geschaut wo das beste Gleiten bei meinem aktuellen Entwurf liegt, den ich gerade im CAD fertig zeichne: das Ranis wirft auf Ulfs Entwurf standardisiert aus (3,5m Spannweite / 30 g/dm², ich baue aber nur in 2,5 m): E opt. = 26,2 bei CA 0,46, hierbei vs = 0,391 m/s, Steigzahl hierbei e=17,7.
Geringstes Sinken vs min. 0,328 m/s bei CA 0,82, E= 23,3 und e=21,2, aber ich weiß nicht ob der Flügel so einen hohen CA erreichen kann...es sind halt nur thoretische Werte aus dem zu optimistischen Ranis und es ist ein Hortenflügel:rolleyes:.
Ich sollte die Meßflüge meiner Horten IIIe dazu mal auswerten, das ist irgendwie ins Hintertreffen geraten:o, da war das gemessene beste Gleiten unter CA 0,4.

Gruß,

Uwe.

P.S.: vielleicht noch ganz interessant: der k-Faktor des Hortenflügels beim geringsten Sinken ist 1,19 und nicht 1,33. Dieser für Hortenflugzeuge meist angegebene Wert 1,33 ist eine pauschale Hausnummer und verändert sich mit den Klappenausschlägen was man für die Optimierung ausnutzen kann, ebenso wie die Klappenausschläge für Wingletpfeile, wie Ulf das auch tut.
 
Profil UL-22

Profil UL-22

So jetzt wirds ernst, bevor ich mich mit euren Bemerkungen befasse poste ich erst mal
meinen in der Zwischenzeit geschriebenen Profilbeitrag.

Wenn man nun genau weiß, was man will, sollte man sich erst mal umsehen, ob
nicht andere bereits genau das gewünschte Profil entwickelt haben. Dabei bin ich
zwar leider nicht fündig geworden, immerhin haben sich zwei sehr gute Profilentwürfe
gefunden, an denen sich mein neues Profil nun messen muß. Das ist zum einen mein
bisheriges Lieblingsprofil für Pfeile mit momentennegativen Profilen - das HM-1001,
ein Entwurf, der für den Hochauftriebsbereich kaum zu schlagen ist. Das andere ist ein
F3B-Profil vom Altmeister - HN-1038, das soll mir zeigen wo der Hammer hängt :D
in punkto bestes Gleiten und Speed. Ich hätte es ja gerne gleich so genommen,
aber ein Momentenbeiwert von cm0 = -0.0538 (thin-airfoil theory) hat mich dann doch abgeschreckt.
Dieses Profil hat mich auch zum Nachdenken angeregt, wo man eigentlich die
obere Laminardellenecke hinlegen sollte. Meine Leistungsrechnungen oben haben mir gezeigt,
daß man selbst für minimales Sinken nicht über cA=0.8 unterwegs ist. Der Innenflügel
muß noch etwas höher reichen, aber den Flugzustand stellen wir ja auch mit der Wölbklappe ein.
Alles in allem braucht man die Ecke nicht wesentlich über ca=0.8 zu legen, für minimales Sinken
sollte man aber dort bereits einen recht guten Profilwiderstand haben.

Wie mache ich nun praktisch den Entwurf?
Zunächst einmal habe ich mir die Quelltexte vom XFOIL hergenommen, und eine eigene Version
erzeugt, aus der ich alle Grafikausgaben und auch die inversen Designroutinen rausgeschmissen habe.
Dieses kann ich jetzt automatisch über automatisch generierte Profile drüberlaufen lassen,
um Polaren zu erhalten. Unbedingt notwendig ist es dabei, auch die Umschlagspunkte
mit für die spätere Auswertung einzubeziehen. Die Profile generiere ich mir als kubische Splines
mit jeweils 6-8 Stützstellen für die Ober- und Unterseite. Damit kann ich nun ohne ständig
dabeisitzen zu müssen, Massen von Profilen generieren und zu denen Unmassen von Polaren rechnen.
Es liegt nahe, damit nun einen Optimierungsalgorithmus zu füttern, ich habe mir
dafür einen Evolutions-Strategie gebastelt. Die schwarze Magie 1a_teuflisch_2.gif bei dieser Methode liegt aber
nun darin, alle notwendigen Informationen zu einem Profil in eine EINZIGE Zahl zu verpacken,
die angibt, ob ein Profil nun besser oder schlechter als ein anderes ist. Und da müssen sowohl
die Widerstandsbeiwerte bei verschiedenen Re-Zahlen und Auftriebsbeiwerten Berücksichtigung
finden, eventuell Umschlagspunkte, Geometriegrößen wie Profildicke oder Endleisten-Winkel
(sonst werden die auf Null oder negativ optimiert) und und und ... Die richtige Balance macht es.
Man muß auch immer mal das Optimierungskriterium ändern, um die Evolution in die gewünschte
Richtung zu zwingen. Am Ende waren es 33 Profilversionen, bis ich das ganze für beendet erklärt habe.

So und nun haben wir neben dem Profil auch tonnenweise Polaren, um das mit anderen zu Vergleichen.
Hier im Bild gibt es einiges zu Vergleichen : UL-22 in schwarz gegen HM-1001 (rot) und HN-1038 (grün).
Das HN-1038 und mein Profil schenken sich nicht viel, allerdings erreiche ich das bei einem
deutlich günstigeren Momentenbeiwert (-0.0360 gegen -0.0538 nach thin-airfoil theory). Das HM-1001
hat ebenfalls einen für Nurflügel günstigen Momentenbeiwert (-0.0455), klar es wurde ja auch dafür
entwickelt ;). Von den Widerstandswerten verliert es aber deutlich. Und das Sowohl im Schnellflug-Bereich
als auch im Bereich der oberen Laminardellen-Ecke. Es liefert zwar klar das höchste camax aber
bei Widerständen, die es nicht ratsam scheinen lassen, das auszufliegen.

Ein Blick auf die Profilkonturen macht aber auch deutlich, wo die Probleme liegen (könnten).
Mein Profil ist klar das dünnste mit 8.4% daher auch der günstige Minimalwiderstand. Die Wölbung
liegt mit 1.95% zwischen den beiden. Wenn man sich die Druckverteilungen ansieht, fällt ein
deutlicher Anstieg beginnend bei 70% Profiltiefe auf. Das ist so gewollt, dort habe ich immer
mit einem Turbulator gerechnet. Bei meinem Modell ist das erst mal der Klappenspalt.
Bei der Erprobung soll aber auf jeden Fall ein Turbulator vor der Klappe getestet werden.

So, schaut euch das Profil mal an, das gibts unter UL-22 zum Herunterladen.
Achtung, das Profil ist NICHT GETESTET, wer es nachbaut, tut das (wie immer)
auf eigenes Risiko.1a_teuflisch_2.gif
 

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Leistungs-Vergleich

Leistungs-Vergleich

So, zum Abschluß noch die Leistungsrechnung für verschiedene Profile

[size=+1]HM-1001[/size]
bestes Steigen Kreisflug (g=2) : cA=0.79 SZ=30.56
geringstes Sinken : cA=0.79 SZ=27.9
bestes Gleiten : cA=0.49 GZ=33.0
Schnellflug 40 m/s : cwp=0.00708

[size=+1]HN-1038[/size]
bestes Steigen Kreisflug (g=2) : cA=0.67 SZ=31.9
geringstes Sinken : cA=0.70 SZ=29.1
bestes Gleiten : cA=0.50 GZ=34.9
Schnellflug 40 m/s : cwp=0.00627

[size=+1]UL-22 v0.33[/size]
bestes Steigen Kreisflug (g=2) : cA=0.71 SZ=32.0
geringstes Sinken : cA=0.76 SZ=29.1
bestes Gleiten : cA=0.52 GZ=34.8
Schnellflug 40 m/s : cwp=0.00628

Die Verwindung wurde für die jeweiligen Profile angepaßt. Für die Langsamflug-Werte gelten immer
Klappenausschläge von 3.5 Grad für die Wölbklappe und 2 Grad für die mittlere Klappe. Für den Schnellflug sind die Klappenstellungen -2 Grad und -1 Grad.

Wie man sieht hätte ich auch gleich das HN-1038 nehmen können - das bischen mehr Verwindung tut nicht weh.
Der einzige Vorteil den ich erreicht habe ist ein etwas höherer Auftriebsbeiwert und damit ein engerer Kreis beim Thermikkurbeln.

Aber man muß ja immer auf teufel komm raus das Rad neu erfinden :D und ich kann doch kein Modell
mit einem fremden Profil bauen

PS: bevor ihr euch über die guten Gleitzahlen die Mäuler zerreißt - die Widerstände von Rumpf, Klappenanlenkungen und Winglets sind
nicht vollständig berücksichtigt, das ist nur eine VERGLEICHS-Rechnung
 

UweH

User
So, schaut euch das Profil mal an, das gibts unter UL-22 zum Herunterladen.

Das HN-1038 und mein Profil schenken sich nicht viel, allerdings erreiche ich das bei einem
deutlich günstigeren Momentenbeiwert (-0.0360 gegen -0.0538 nach thin-airfoil theory).

Hallo Ulf,

ich hab mir das Profil mal angeschaut, danke dass Du es veröffentlichst:).

Ich finde es ist von der Charakteristik am RG 15 näher dran als am HN 1038, also ganz nah am RG 15:eek:, aber mit viel geringerem negativem Profilmoment. Es dürfte somit auch für Leitwerker sehr interessant sein :rolleyes:

Ich hoffe Deine Überlegungen erfüllen sich und der Flieger erreicht die errechneten Leistungen ;)

Gruß,

Uwe.
 
Ich hoffe Deine Überlegungen erfüllen sich und der Flieger erreicht die errechneten Leistungen ;)

Dagegen hilft die Positivbauweise ;)

Bei einem Profil mit so langen laminaren Laufstrecken wie hier designed, sollte man
schon wellenfreie Oberflächen bauen können. Wenn ich mir ansehe, wie ich gerade darum kämpfe,
den Holm in die Profilkontour zu zwingen, wird das wohl nicht so ultimativ genau werden. Mal sehen,
wie es aussieht, wenn das Modell fliegt - wird wohl noch ne Weile dauern. Aber ob das Profil wirklich gut
ist, würde man nur an einem Schalentier sehen können. Aber bevor ich Formen fräsen lasse, finde ich
bestimmt auch noch an dem Profil was zu überarbeiten. (Wie zum Beispiel die Unterseite, da könnte
man schon noch ein bischen gegen Blasen kämpfen)
 

laqui

User
Hallo Ulf,

von mir mal noch eine Anmerkung, durch die geringe Pfeilung verschenkst du viel.
Bei deinen Überlegungen zu SP bist du auf dem Holzweg, weil das Verhältniss der Masse vor und hinter dem SP ist gleich oder nur minimal anders bei allen Pfeilungen.
Ich hoffe ja das ich dieses Frühjahr noch den ersten Triad aus den Formen in den Händen halten kann, dann könnten wir uns mal zum Vergleichsfliegen treffen, soweit wohnen wir ja nicht auseinander.
Noch ne Frage, wieviele Klappen hast du geplant?

Gruß
Thomas
 
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