Originalprofile für Kunstflugmodelle?

Hallo Forum,

mich würde mal interessieren, warum bei vorbildähnlichen Kunstflugmodellen nicht die Originalprofile eingesetzt werden. Viele moderne Vorbilder haben ein Profil, daß vorne aus einem mehr oder weniger elliptischen Bogen und einer geraden Linie bis zum Ende besteht. Beispiele gibts genug: alle Extras, Edge, One Design, Cap 222 (oder Giles), Cap 232EX (Extra Fläche), Wane Handleys Raven (Edge Flügel) und Turbo Raven (Cap 222 Fläche).

Früher gab es von Simprop die Technicoll Extra 230 und von Metterhausen (jetzt von Airworld) die Extra 260, beide flogen sehr gut, letztere F3A-X.

Warum werden die Profile nicht eingestzt? Zumindest bei Großmodellen sind die Re-Zahlen doch recht hoch (hohe Flächenbelastung und große Profiltiefe). Übrigends: Trotz des großen Nasenradius besitzen diese Profile ein Abreißverhalten, daß gerissenen Figuren entgegenkommt, d. h. schlagartig. Darum benutzen sie die "Großen". Hierzu gibt es eine (schon etwas ältere) Abhandlung unter:

http://www.eaa1000.av.org/technicl/onedesaf/1desaf.htm

Ich bin gespannt auf eure Meinungen.
 

Claus Eckert

Moderator
Teammitglied
Hallo,

ich kann mich nur auf meine Erfahrungen beziehen und die habe ich mit meiner einen Meter spannenden Depron Giles (s. Magazin) gemacht. Diese hatte ich auch mit einem "originalähnlichen" Profil versehen.

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Am Randbogen kann man das ungefähr erkennen. Das Ergebnis war genau wie von Dir beschrieben, solange man mit genügend Geschwindigkeit fliegt, kein Problem. Gerissene Firguren kommen sofort. Aber wenn es zur Landung geht oder ans Einschweben zum Hoovern, dann ist das Profil fast schon kriminell. Und das dürfte auch bei größeren Modellen so sein.
Bei den heutigen Modell-Flugprogrammen, ob selbstgestrickt oder vorgegeben, ist ein breiter Geschwindigkeitsbereich abzudecken. Deshalb sind die Profile wohl "gutmütiger".

Die Großen können viele Figuren der Kleinen noch nicht fliegen, vielleicht liegt das an den dort verwendeten Profilen?
Meine Giles bekommt nun ein neues Profil und dann schaun wir mal.
 

Steffen

User
Moin,

die Originalen Profile dürften zwei potentielle Probleme bieten:

1. Dead-Band-Effekt: bei kleinen Anstellwinkeln ist der Auftriebsanstieg negativ, d.h. mit steigendem Anstellwinkel gibt es erstmal Abtrieb und ab einem gewissen Anstellwinkel erst Auftrieb.
Ein sehr ärgerliches Verhalten, das zu nicht ganz eindeutigen bravn Geradeausfliegen führt (fliegt schwammig wie mit Spiel in der Anlenkung) Der Effekt ist zwar sehr abhängig von der Re-Zahl, dürfte aber auf dem Flügel zu keinem relevanten Problem führen.

Wichtiger aber:
2. Abrisseigenschaften: die superdicknasigen Profile sind extrem harmlos, was zwar zu sehr harmlosen Abrisseigenschaften führt (für 3D-Flieger wohl eher gut), aber eben auch schlechtes Reissen und Stoßen produziert. Modellflugzeuge werden im allgemeinen erheblich aggressiver eingestellt/entworfen als Originale, die man dann kaum zulassen könnte.

Je größer das Modell, umso eher kann man die Profile nehmen, aber es gibt eben durchaus besseres für die Modelle.

Ciao, Steffen
 
Hallo Steffen,

daß die Abreißeigenschaften eher harmlos sind, liegt bei den "superdicknasigen Profilen" (netter Ausdruck) eigentlich auf der Hand. Erfahrungswerte eben.
Das Erstaunliche ist aber, daß genau das Gegenteil der Fall ist (siehe Bericht!) Ungefähr dort, wo der gerade Profilteil beginnt, gibt es einen starken Druckanstieg. Daher reißt dort auch die Strömung zuerst ab. Der Abriß kommt damit schlagartig über ca. 3/4 der Profiltiefe. Normalerweise wandert der Punkt, an dem die abgelöste Strömung beginnt, von hinten nach vorne wenn der Anstellwinkel erhöht wird. Dabei verliert man denn nur langsam den Auftrieb und hat ein "gutmütiges Abreißverhalten".

Ohne den Bericht zusammenfassen zu wollen:
Es werden das NACA0016 und ein 16%iges "superdicknasiges" verglichen. Das Ergebnis ist, daß sie sich ähnlich verhalten (z. B. max. Auftrieb), das Abrißverhalten ist trotz (oder gerade wegen?) der dicken Nase deutlich anders und der Abriß kommt schlagartig.

Das hört sich zunächst Paradox an, widerspricht es doch jeglicher Erfahrung. Aber das macht es doch auch so interessant. Darum habe ich mit diesem Fred eine (hoffentlich ergiebiege) Diskussion begonnen.

Anmerkung: Mit einem ähnlichen Profil ist Martin Müller gerade deutscher Meister im Indoor Kunstflug geworden (Modell: Twinsai)

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Warum gibt es keine anderen Flugzeuge mit diesen Profilen?
 

Steffen

User
Hi,

die ca-alfa-Verläufe dieser Profile die ich bisher gesehen habe, sind extrem harmlos, oft auch mit "Haltestufe".

Was ist das für ein Bericht, der interessiert mich.

Ciao, Steffen
 

Gast_2482

User gesperrt
Hallo zusammen,

die Aussage, dass die Störmung beim Originalprofil schlagartig abreisst, sagt m.E. noch nichts darüber aus, wann die Strömung schlagartig abreisst (dies zumindest aus meiner laienhaften Sicht). Vielleicht ist ein Profil, welches zwar nicht ganz so schlagartig dafür früher abreisst besser geeignet?

Gerüchten zufolge, hat FiberClassics bei der 3m Giles oder Extra einmal Versuche mit Originalprofilen gemacht, welche nicht sehr erfolgreich waren.

Gruss
Jean-Claude
 
Hallo Steffen,

du findest den Link ganz oben. Er heißt: "One Design Airfoil Analysis". Viel Spaß beim Lesen!

@ Jean-Claude

Gerüchte ... sehr interessant! Ob hier noch jemand mehr weiß?

[ 23. Juni 2004, 09:45: Beitrag editiert von: Skywalkair ]
 

Steffen

User
Hi,

Ah jetzt ja, aber ein NACA0016 ist ja nun auch wirklich als Vergleich die allerletzte Wahl, da ist ja fast alles auf dieser Welt besser geeignet :)

Das ca-alfa des 0016 ist Mist, es hat ausgeprägtes deadband bis in relativ hohe Re-Zahlen.

Ich lese es mir mal genau durch, gibt's irgendwo Koordinaten, damit man mal das Verhalten abschätzen kann?

@Jean-Claude:
ob der Abriss bei ca 1.1 oder 1.3 kommt, dürfte ziemlich egal sein, ausser die Servolaufzeiten spielen eine Rolle beim Aufbau des zugehörigen Anstellwinkels.

Ciao, Steffen
 

Steffen

User
Ah hab schon. Ellipse mit Rampe.

Was Versuche mit den Profilen betrifft:
Ein Test mit einem Profil beweist natürlich nicht, dass alle Originalprofile ungeeignet sind.

Profile vorher mal zu bewerten macht schon etwas Sinn...

Ciao, Steffen
 
Hi
Hab auch mal mit den "Originalprofilen" experimentiert, da ich gerne Scale baue.
Eine 231 aus dieser Serie hab ich noch.
Wollte ich keinem Käufer antun.Das Modell fliegt eigentlich ganz normal, aber wenn eine gewisse Geschwindigkeit unterschritten wird stellt sie sämtliche fliegerischen Tätigkeiten ein.
Die Fläche hört einfach auf zu arbeiten.Flugverhalten wie wenn die Fläche einfach weg wäre.Wenn der Boden nah genug ist wirds einfach eine Plumpsung, wenn das Fahrwerk hält.
Aber von ca 30cm bis ca 5m wirds ein Totalverlust.
Und die Geschwindigkeit ist dabei nicht mal sooo langsam. Auch die Flächenbelastung spielt dabei keine erkennbare Rolle.
Das Modell ist 1,75m groß und 2,8kg schwer mit 15er Surpass.Aufbleien auf 3,8kg änderte nichts an den Abrisseigenschaften, nur nach oben gehts eben nicht mehr so gut.
Sie hat sich bei den Abrissen auch nie umgedreht sondern immer sauber durchgesackt.Mit Vollgas war sie dann nach ca 4-5m wieder steuerbar.Ohne Gas blieb der Sackflug, wobei auch kein Querruder mehr ging.Ob sie sich aus größerer Höhe wieder fängt weiß ich nicht, da nach 50-60m immer mein feiger Finger wieder Gas gegeben hat.
Erst eine Überzeichnung des Profils hat diese Eigenschaften eliminiert.
Der "dicke Bauch" oder Kreisbogen wurde etwas weitergeführt und dann keine Gerade zur Endleiste sondern ein leichter Bogen wie in etwa bei S-Schlagbrofil.
Wenn man also eine gerade Leiste auf das Profil legt, so liegt diese nur an der dicksten Stelle und an der Endleiste auf.
Dises Profil hab ich später auch auf Funflyern wiedergefunden.
Soviel also zu den Originalprofilen.
Das gleiche Verhalten hatte auch eine 231 mit 2,4m Spannweite und Zg 62 bei 8,2kg.Die hat aber eine neue Fläche gekriegt und ist schon lange nicht mehr in meinem Besitz.
Gruss Franz
 
Hallo Franz,

da scheint ja tatsächlich die Strömung schlagartig abzureißen, spricht für die Theorie. Ich hab selbst mal die Simprop Technicoll bei einem sehr langsamen Platzüberflug (mit dem Wind)stallen gesehen. Das Modell war etwa 3m hoch und hatte dann plötzlich die Flugbahn einer Wurfparabel. Sah schon merkwürdig aus. Allerdings war das Modell ansonsten als sehr gutmütig bekannt und wurde als "Verinshure" rumgereicht. Die Extra 260 von Metterhausen (Airworld) habe ich leider nie fliegen sehen, ein FMT-Testbericht fiel aber gut aus (eigentlich wie immer ...).

Die Prodilmodifikation, wie Du sie beschrieben hast, scheint dem Originalprofil der Sukhoi's nahe zu kommen. Die sind etwa im hinteren Drittel auch konkav.
 

Ingo Seibert

Vereinsmitglied
Moin zusammen!

Gerüchten zufolge, hat FiberClassics bei der 3m Giles oder Extra einmal Versuche mit Originalprofilen gemacht, welche nicht sehr erfolgreich waren.
Das sind keine Gerüchte sondern Tatsachen. Der so konstruierte Flieger hatte ein digitales Flugverhalten: entweder flog das Teil geradeaus (mit den weiter oben beschriebenen Effekten) oder er riss ab, das aber ziemlich unkontrollierbar - und meistens Richtung Erdboden. Dafür hats ewig gedauert, bis diese Mühle überhaupt mal abriss! Sie waren damals in Dinslaken bei W. Extra, um dieses Phänomen zu ergründen. Ergebnis war, dass die Originalprofile für den RE-Zahlenbereich eines Modellflugzeuges, welcher Größe auch immer, schlicht ungeeignet sind. Eigentlich nichts neues, zu dem Ergebnis kamen wir schon vor 20 Jahren mit den verkleinerten Wortmann-Straks auf unseren diversen ASWs ;)
 
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