Theoriefrage: Wie kann aus einer Profildatei Ca und Cw ermittelt werden?

jmoors

Vereinsmitglied
Hallo alle,

ich habe nun schon einige Bücher gelesen, die sich mit der Berechnung von Modellflugzeugen beschäftigen. Entweder habe ich es regelmäßig verpasst, ich habe etwas nicht verstanden oder es wurde einfachnicht beschrieben:

Wie kommt man von einem Profil, von dem eigentlich nur die Profildatei vorhanden sein kann, auf den Cw-Wert und den Ca-Wert?

Irgendwie muss man Cw und Ca ja berechnen können. Auf diesen beiden Werten beruhen die meisten relevanten Formeln zur Berechnung von Flugzeugen. Kann mir jemand weiterhelfen?

Gruß + Dank im Voraus,

Jürgen
 

jmoors

Vereinsmitglied
...mmh...

Wenn ich es richtig verstehe, haben sie in dem Dokument den Ca-Wert aus dem Windkanal.

Ich möchte aber in der Lage sein, den Ca-Wert eines Profiles zu errechnen.
Ich stelle es mir so vor, dass man auf Grund einer Profildatei den Ca-Wert errechnet und diesen Vorgang für jeden Zentimeter der Tragflächen-Spannweite wiederholt, da eine Tragfläche in den seltensten Fällen ohne Strak, Verwindung, usw., sein dürfte.


Gruß, Jürgen

P.S.: Trotzdem Danke. Das ist ein interessantes Dokument!
 

jmoors

Vereinsmitglied
Nun, von Xfoil errechnen lassen wollte ich es mir nicht, sondern es selber errechnen.

Ich muss mir das mal in Ruhe zu gemüte führen, ob es das enthält, dass ich suche.

Gruß + Dank, Jürgen
 
Das stellst Du Dir zu einfach vor. Für dieses Problem gibt es keine geschlossene Lösung. Alle aktuellen Verfahren sind numerische Simulationen. Sie kombinieren IDR eine abschnittweise konforme Abbildungsmethode zum Errechnen der Druckverteilung mit einem Modell zur Simulation der Grenzschicht. Letztere deformiert die wirksame Profilkontur / die Strömung und hat damit Einfluss auf die Druckverteilung, welche aber ihrerseits die Entwicklung der Grenzschicht beeinflusst.

In der Xfoil-Dokumentation wirst Du nicht fündig werden. Es gibt aber ein Paper von Drela und (AFAIK) Youngren, in dem sie die verwendete Methodik beschreiben.
 

jmoors

Vereinsmitglied
Mir ist schon klar, dass ich ein Programm schreiben muss,um eine Tragfläche zu berechnen, da eine Formel eine Tragfläche wegen Strak oder mehrerer verwendeter Profile nicht abbilden kann.

Um mal die Katze aus dem Sack zu lassen: Dieses Programm zur Berechnung von Seglern mit E-Antrieb ist das eigentliche Ziel. Das wird sicherlich ein Projekt oder eher ein Prozess, der nicht nur einen Winter dauert. Und um alle kommenden Behauptungen in dieser Richtung zu entkräften: Ich will damit kein Geld verdienen!

Aber zurück zum Thema: Ich suche nach so etwas wie einer Formel zur Ermittlung des Ca und Cw für einen schmalen (1 cm breiten?) Abschnitt einer Tragfläche. Diese Formel muss dann für jeden cm der Tragfläche, bzw.bei Änderung des Profils, mit den entsprechenden Werten neu berechnet werden.
Ich hoffe, ich muss dafür nicht extra ein Gastsemester im Studiengang Luft- und Raumfahrt einlegen.;)

Kann mir jemand weiter helfen?


Gruß, Jürgen
 
Hi, so als info:
ca- und cw-wert änder sich je nach anstellwinkel, für den ca-wert gilt: C[index]A=alpha* C[index]Aalpha+C[index]A0.

Grüße Heiner
 
Ja der Zusammenhang CA über Alpha ist näherungsweise linear, aber bei kleinen Re eben nur näherungsweise. Steigung der Auftriebsgerade ist für dünne Profile 2 Pi (mit Alpha in Rad). Nullauftriebswinkel ist eine Profileigenschaft (leider auch nicht ganz unabhängig von Re) und kann aus der Mittellinie berechnet werden. Allerdings erschreckt es mich etwas, dass Du das nicht weisst, aber einen eigenen Code zur Leistungsberechnung schreiben willst. Das ist nun wirklich Adam und Eva. Irgendwie scheinst Du die falschen Bücher zu lesen. Das war schon aus der wirklich knapp formulierten VTH MTB-Reihe von Werner Thies zu holen.

Zur abschnittweisen Profildatenberechnung: Warum nimmst Du nicht die vorhandenen Werkzeuge, die genau dieses können, und unter GNU erhältlich sind? (Wie eben Xfoil)? Wenn Du selbst rechnen willst, kommst Du um ein paar Semester Aerodynamik nicht herum.

Frank Ranis hat in Vortex einen eigenen Code geschrieben, der zuverlässiger konvergiert, aber nicht immer sehr gute Qualität liefert (Resultate ähnlich wie Eppler). Das macht Vortex zu einem guten Werkzeug, um Induzierten Widerstand und Abreisseigenschaften zu beurteilen, aber nicht unbedingt zur exakten Leistungsberechnung.

Dann gibt es noch Eppler, den Pionier. Der neueste Code ist wohl, was Behandlung von Ablöseblasen angeht (eine Schwäche der alten Version) deutlich besser. Ist kommerziell erhältlich und nicht ganz billig.

Bei Helmut Quabeck wirst Du ebenfalls fündig. Ich krieg die Krätze ob seiner schwurbligen Schreibe, aber der Inhalt ist letztendlich sehr fundiert.

Mark Drela hat die Gabe, komplexe Zusammenhänge verständlich auszudrücken, ohne unzulässige Vereinfachungen einzuführen. Er publiziert allerdings selten formal. Eine Ausnahme ist das (zur Methode, die in XFoil verwendet wird, übrigens Resultat von 5 Minuten Google, meinjanur):

http://people.maths.ox.ac.uk/gilesm/files/aiaa87b.pdf

Ausserdem, Literaturliste: http://www.rc-network.de/forum/show...lentwicklung?p=2010022&viewfull=1#post2010022


Es gäbe übrigens auch einen ganz anderen Ansatz für die Lösung Deines Problems. Für die meisten Profile sind Polarenscharen zu finden (z.B. in Profili). Daraus lassen sich Eigenschaften von Zwischenprofilen und Zwischen-Arbeitspunkten mit guter Genauigkeit interpolieren. Damit kann man weiter rechnen.
 

CHP

User
Verfahren von Theodorsen

Verfahren von Theodorsen

Ich hoffe, ich muss dafür nicht extra ein Gastsemester im Studiengang Luft- und Raumfahrt einlegen.;)

Dafür u.U. weit mehr als ein Semester nötig.

Kann mir jemand weiter helfen?

Ich versuch's: Es gibt da eine Methode unter Anwendung des Verfahrens von Theodorsen.

Skript Profil- und Tragflügelentwurf (oder so ähnlich), Wagner, Stuttgart

Allein der Algorithmus zieht sich, wenn ich mich richtig erinnere, über 40 oder 50 DIN A4 Seiten.

Damit müßte man zu Fuß das Prinzip solcher Rechnungen erarbeiten können. Darauf kann man dann versuchen weiter aufzubauen, zu forschen und selber zu programmieren. Das ist definitiv nicht trivial.

Warum um alles in der Welt sollte man sich das antun, wo es doch schon X-Foil und Eppler gibt?

Langeweile? Sinnkrise? Neue Lebensaufgabe?

Mein Rat: Laß es bleiben und rechne auf Basis von X-Foil Daten oder meinetwegen Meßwerten!
 

CHP

User
Publikation 1933...

Wagner hat bei Truckenbrodt studiert und ist mittlerweile emeritiert.

Ist also auch schon etwas älteren Semesters!:D

Und das Epplerprogramm hat wohl seine Ursprünge auf IBM-Röhrenrechnern. :D

Aber schwer auf Draht die Zwei!


Außerdem geht es ja nur ums Prinzip.

Für den Modellflieger: X-Foil nehmen und fertig. Alles andere ist zu aufwändig.
 
Hallo Markus, Das mit dem CA, der annährend linear mit alpha steigt ist natürlich richtig, aber wie aus der formel abzulesen ist, sollte man noch den CA-Wert des Profils bei 0° Anstellung dazurechnen.

Ich würde zu dieser Problematik folgenden Ansatz wählen:

Einen Windkanal benutzen (soetwas gibt es doch ebstimmt schon als simulation oder?) dann die auftriebskraft messen/anzeigen lassen und sich die Formel für die Widerstandskraft hernehmen, welche genau die gleiche ist wie die grundlegende zu errechnung der auftriebskraft. natürlich gehen die kärfte beim auftrieb nach oben und die kräfte beim widerstand nach "hinten", aber im prinzip ists das gleiche...


Bleibt nur noch die Frage nach der Windkanalsimulation.....

lg Heiner
 

jmoors

Vereinsmitglied
Hallo alle,

ich weiß, es ist ungerecht, da so sich einige in das Thema gekniet haben, aber einen Post möchte ich hertvorheben:
Der Post #14 von CHP hat mir die Augen geöffnet. Ich war mir bewusst, dass dieses Thema nicht unkompliziert ist, aber dass es so kompliziert ist, habe ich nicht gewusst. Habe eben nur die mittlere Reife und kein Abi. :rolleyes:

Trotzdem an alle vielen Dank für die Antworten!!! :)

@MarkusN: Ich werde den von dir angegebenen Links nachgehen und mal schauen, wass ich davon für mich mitnehmen kann.

Wenn ich es mir leisten könnte, würde ich den Job an den Nagel hängen und ein paar Gastsemester Luft- und Raumfahrt einlegen, um solche seltsame Anfragen von meiner Seite zu vermeiden, aber die Realität spricht dagegen.

Wie es weiter geht: Ich werde mir die vorhandenen Programme anschauen und darauf hin überprüfen, in wieweit ich diese integrieren kann, ohne den Autoren auf die Füße zu treten oder irgendwelches Copyright zu verletzen.


Gruß + 1000 Dank für eure Unterstützung,

Jürgen :)
 
Hallo Jürgen,

wenn Du wirklich in die Materie einsteigen willst, dann laß dich nicht abschrecken.
Beim Programmieren lernt man am meisten, weil man hier direkt Schritt für Schritt die Formeln und den Rechenverlauf nachvollziehen kann.

Aber sei gewarnt, das ganze zieht sich nicht nur über einen oder zwei Winter hin.
Wenn Du dich da ernsthaft reinknien willst, dann ist das ein Prozess, der sich den Rest deines Lebens beschäftigen wird.

Ich habe vor 16 Jahren damit angefangen und bin noch lange, lange nicht damit durch (quasi noch Anfänger).
Ist ein Problem gelöst, dann tauchen 5 neue Fragen auf.

>>
Habe eben nur die mittlere Reife und kein Abi.
<<

Ob man ein Abi oder ein Diplom haben muß, sein mal dahingestellt und ob dir ''ein'' Gastsemester in Luft- und Raumfahrt was bringen würde, auch.

Grundvoraussetzung für dein Vorhaben ist erst mal, das Du halbwegs mit einer Programmiersprache klar kommst.
Sei es Basic, Pascal, Fortan oder C.

Mathematisch solltest Du die Winkelfunktionen sin, cos, tan im Schlaf beherrschen und auch sonstige Formeln rund um die Dreieckberechnung (z.B. Pythagoras, Heron) kennen.
Das sollte im Stoff der mittleren Reife vorgekommen sein.

Das folgende nicht unbedingt, ist aber kein Hinderniss , kann man lernen.
Wirklich hilfreich ist es dann, wenn Du dir einiges zu Thema Vektorrechnung (gleich in 3D) reintust.Auch die Themen Matrizenrechnung, Integrale und Summenformeln , Intpolation, Extrapolation solltest Du dir mal anschauen.

Zu den genannten Themen baust Du dir dann Unterprogramme (wenn nicht schon in der Programmiersparche vorhanden).

Das größte Problem ist, die vielen schönen Formeln in den Aufsätzen zu interpretieren.
Im Computerprogramm mußt Du eh vieles auf einfachste Mathematik runterschrauben, sonst läßt sich das gar nicht programmieren.
Das ist der Trick der Studierten, die haben sich ihre eigene Formelsprache ausgedacht um dich Otto-Normal-Jürgen von deinem Vorhaben abzubringen.
Und um es noch schwieriger zu machen, werden oft keine Beispiele zu den Formeln mitgeliefert.
Somit kannste deine Routinen auch nicht auf Richtigkeit überprüfen.
Wäre ja noch schöner , wenn da jeder Hunz und Kunz und Jürgen und ....... , grins.

Zum Thema Profileberechnung und Aero rund ums Flugzeug.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen einer reinen Profileberechnung und und der Aerodynamik des Flugzeuges mit begrenzter Spannweite.

Die Profilerechnung, wie sie z.B. von XFoil oder Eppler ausgeführt wird, geht davon aus, das man einen Flügel mit unendlicher Spannweite hat, es gibt keine Umströmung der Flügelspizen und damit fällt der Einfluß des Druckausgleich an den Flügelspitzen weg.

Beim Flugzeug mit berenzter Spannweite hat man diese Umströmung aber und das wird dann mit Hilfe eine Auftriebsverteilungsberechnung berücksichtigt.
Der Auftrieb ändert sich also von der Flügelmitte ausgehend zu den Flügelspitzen.
Jedes Stückchen Flügel hat Einfluß auf jedes andere Stück Flügel.

Dann gibt es da noch die Geschichte mit der Grenzschicht.
Die Strömungsvorgänge in dieser Schicht, nahe der Körperoberfläche sind richtig kompliziert und je kleiner die Flugzeuge werden (Modellflug , kleine RE-Zahlen) um so komplizierter wird es.

Die Grenzschicht-Geschichte läßt mir jedenfalls graue Haare wachsen und es wird wohl noch das eine odere andere dazu kommen, wenn dann noch welche da sind.

Die Aerodynamiker der letzten 100 Jahre haben aber festgestellt, das man für die Berechnung der Auftriebsverteilung in gewissen Grenzen auf die Berechnung der Reibungsvorgänge verzichten kann.
Und so sind dann einige Verfahren entwickelt worden, die bei nicht zu kleinen Re-Zahlen und nicht zu großen Anstellwinkeln brauchbare Ergebnisse liefern.
Und der Witz ist noch, das man nicht die gesamte Volumenkörperkontur (Profilkontur) braucht, sondern nur die Skelettlinie der Profile oder halt eine Skelettfläche (bezogen auf die Flügel oder das gesamte Flugzeug).

Diese Verfahren liefern dann eine Auftriebsverteilung und wenn man die Skelettfläche genügend fein in mehreren Richtungen aufgelöst hat, bekommt man auch noch eine Momentenverteilung.
Man hat dann
A) den Auftrieb
B) die Momente um alle Achsen
C) einen Druckpunkt aus Auftrieb und Momenten
D) den Neutralpunkt, wenn man C) für zwei verschiedene Anstellwinkel kennt

Angefangen hat die ganze Geschichte mit den Theorien von Prandtl vor gut 100 Jahren.
Daraus haben dann Multhopp, Weissinger, Truckenbrodt Verfahren für eine Berechnung per Hand entwickelt, es gab ja keine Computer, nur Rechenschieber oder ab und an mechanische Rechenmaschinen.
Wenn Du anfangen willst, dann würde ich dir raten es mit dem Vortex-Lattice-Verfahren zu machen.
Dies Verfahren ist zwar für eine Handrechnung eher ungeeignet (weil viele tausend Rechnungen durchgeführt werden müssen) aber vom Verständnis her recht einfach und man hat ja nun heute mal die Rechner, die das erledigen.

Über das Vortex-Lattice gibt es im Net reichlich zu finden, auch verständliche Aufsätze und auch frei zugängliche Programmquellen .

Manko:
Die reibungslosen Verfahren liefern keinen Profilwiderstand und man kann damit auch nicht die Änderungen der Profileingenschaften (hervorgerufen duch die miese Grenzschichtströmung bei kleinen Re-Zahlen) erfassen.
Somit fällt also zunächts mal das Berechnen von Gleitzahlen und Sinkgeschwindigkeit und auch der Gesamtwiderstand zum Auslegen von Antrieben flach.
Einzig den induzierten Widerstand (hervorgerufen durch die Flügelrandumströmung und die Ausbildung der Nachlaufwirbel) bekommt man geliefert.

Es nützt aber alles nichts.
Wenn Du in das Thema einsteigen willst, dann mußt Du dir zunächst mal diese reibungsfreien Verfahren antuen.
Und bis Du das verdaut hast, sind die ersten zwei, drei oder auch vier Winter rum.

Und wundere dich nicht, beim durchstöbern der Aerodynamikaufsätze.
Du wirst tonnenweise Mathematik finden , die mit Aerodynamik zunächst mal nichts zu tun hat.
Beispiel: Biot-Savart-Gesetz, es stammt aus der Elektrotechnik und beschäftigt sich mit dem entstehen von Magnetfeldern und der Induktion von Strömen in Leitern.
Weis der Teufel, wie man auf die Idee kommt , dies für die Berechnung der Auftriebsverteilung zu nutzen, aber es funzt.
Auch zum Auflösen der Induktionsmatrix mit vielen unbekannten Zirkulationsstärken wurden alte Mathetechniken aus der Schublade geholt, Gaußsches Eliminationsverfahren oder auch das Sequentielles Gauß-Seidel-Iterationsverfahren.
Alles alte Mathematik, da gabe es noch keine Fliegerei.
Es wurde also die Mathematik der letzten 2000 Jahre nach brauchbarem durchstöbert und für die ja recht neue Technik der menschlichen Fliegerei missbraucht.
Das Zusammenwürfeln dieser auf den ersten Blick so verschiedenen Mathematischen Errungenschaften ist genial , Hut ab.

Ich wünsche dir viel Erfolg beim Einstieg in die Aerodramatik.
Du wirst sehen, Mathe macht dann auf einmal richtig Spass, wenn man eine Anwendung dafür hat.

Und schau bitte mal bei den Nurflüglern vorbei.
Diese Gattung von Modellfliegern beschäftigt sich notgedrugen sehr intensiv mit dem Thema Aerodynamik, ansonsten fallen die Nurflügel wie faule Blätter vom Himmel oder haben Eigenschaften wie ein Stein.

Gruß

Frank
 
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