Modellierungsstrategien im CAD

Hallo,

im Laufe der Zeit habe ich mich der vorrangig der manntragenden Fliegerei gewidmet (Segelflug, Ultraleicht). Zuletzt habe ich meine Leidenschaft für das Fallschirmspringen entdeckt und somit das Andere quasi einschlafen lassen (lediglich Scheinerhalt).

Da die Ausführung dieser Hobbies sehr zeit- und kostenaufwändig ist, widme ich mich recht intensiv der Modellfliegerei, um einen adäquaten Ersatz zu schaffen. Als Kind hatte ich einen Motorflieger- und einen Segler-Holzbausatz gebaut und geflogen. Nun habe ich ein paar Depron-Modelle gebaut, um wieder ein wenig Gefühl für die Modellfliegerei zu bekommen.

Ich habe den Wunsch, das Ganze nun ein wenig professioneller aufzuziehen. Ich belese mich nebenbei ein wenig in Richtung Flugphysik ("Introduction to Flight", " Fundamentals of Aerodynamics" von Anderson) und in Richtung Modellbau ("Holzbauweisen", "Alles übers Finish" vom Neckar-Verlag).

Bauteile für eine CNC-Fräse im Eigenbau habe ich nun auch schon im Keller liegen (Motoren, Spindeln, Spulsteine, Motorsteuerungen für drei Achsen, Dremel).

Nun fehlt mir nur noch die Konstruktion eines Scale-Fliegers im CAD (Bsp. Tecnam P-92, SZD-30 "Pirat" oder SZD-9 "Bocian"). Ich bin Maschinenbauingenieur und habe im Rahmen eines Industriepraktikums ein halbes Jahr lang Motorbauteile für einen Automobilhersteller im ProEngeneer erstellt. Mit den Grundlagen der CAD-Konstruktion bin ich schon vertraut. Leider habe ich jedoch noch nie was mit Freiformflächen zu tun gehabt.

Nun aber zu meinem Anliegen: Gibt es Literatur oder andere Hilfen zum Thema CAD im Modellbau? Wie baut man solch ein Modell auf? Wie geht man am Besten vor? Jedes Bauteil sollte ja auch ein einzelnes Teil der Baugruppe sein, von dem eine Zeichnung abgeleitet werden kann. Schafft man sich ein Skelettbauteil, welches die Hüllkontur des Flugzeuges beinhaltet? Am liebsten wäre mir ja ein bestehendes CAD-Modell, anhand dessen ich im Modellbaum die Konstruktionsmethodik nachvollziehen kann. Ich stehe da ein wenig auf dem Schlauch. Bislang habe ich nur Motoranbauteile modellieren müssen.

In der Uni habe ich mit 2-D "AutoCAD" angefangen und später "ProE" und "Catia V5" einführend gelernt. Die heutigen Studenten lernen als erstes "Solid Works", was sehr angenehm sein soll. Ich würde meinen Fokus gerne auf "Catia V5" legen. Alle drei Programme habe ich zumindest auf Arbeit zur Verfügung und meines Wissens gibt es dafür auch bezahlbare Studentenlizenzen. Keine Sorge, ich habe nichts gewerbliches vor. Ich will mich nur ein wenig weiter bilden.

Über Hilfe würde ich mich sehr freuen.

Grüße, Chris
 
Hallo Chris,

meine Kenntnisse auf dem Gebiet sind durch Trial and Error entstanden, für mich hat sich folgende Vorgehensweise bewährt:

Einscannen einer Dreiseitenansicht, anhand derer im CAD Progamm die Seitenansicht und Draufsicht in Form von Kurven nachgezeichnet wird. Danach kommen die Spanten. Bei den Spanten gilt: So wenig wie möglich, nur so viel wie nötig.
Bei Motorflugzeugen bietet sich als vorderster Spant das Brandschott an, weitere an je nach Rumpfform geeigneter Stelle um den jeweils typischen Rumpfquerschnitt zu erhalten.
Erstes Resultat ist ein "Drahtmodell" aus Kurven und Linien.
Ziel ist es erstmal, die Rumpfform als solches hinzubekommen. Hat man das Drahtmodell, kann man dieses mit Flächen belegen um die Form zu überprüfen.
Das Zeichnen der inneren Konstruktion geht erst danach los.
So passt man z.B. den Flügel an den Rumpf an, schneidet die Flächenauflage aus dem Rumpf. Man schaut, wo das Fahrwerk sitzt, und wie es befestigt werden soll. Man überlegt, wo die Servos hinkommen usw. Erst danach ist es m.M.n sinnvoll, die modellbaumäßige Umsetzung zu überlegen und Spanten, Gurte usw. einzuzeichnen, und je nach Ambition manche Dinge zu vereinfachen und wegzulassen.

Wichtig ist es, oft zwischenzuspeichern, also etwa Rumpf 1 als ersten Entwurf nur als Linien zu speichern, mit Rumpf 2 erste Flächen auszuprobieren, um mit Rumpf 3 wieder ein paar Spanten zu verwerfen und neue zu probieren etc. etc. So kann man bei Details, die dann doch nicht funktionieren, auf ältere Zeichnungen zurückgreifen. Die "Evolution" eines komplexen Rumpfes umfasst bei mir locker 40 abgespeicherte Schritte. Nachdem wahrscheinlich kaum jemand eine komplette Konstruktion im Kopf vornehmen kann, um sie dann mit allen ineinandergreifenden Details in einem Guss hinzuzeichnen, ist das sehr hilfreich.

Was am Anfang ebenfalls hilft, sind genaue Unterlagen eines Vorbildes. Wenn man beispielsweise Zeichnungen der Spanten hat und diese nur verkleinern muss, erspart das viel Arbeit, denn den Rumpfquerschnitt harmonisch hinzukriegen ist die meiste Arbeit.


Grüße
Andi
 
Hallo Andi,

so habe ich mir das auch ungefähr vorgestellt. Es gab im Internet mal eine Art Tutorial gesehen, in dem jemand eine P-51 "Mustang" in Catia umgesetzt hat. Er hat die Drei-Seiten-Ansichten auf die drei Hauptebenen projeziert und diese dann nachgezeichnet. Dazu müsste ich mich auf jeden Fall noch genauer mit der Flächenmodellierung auseinander setzten. Aber ich denke das lässt sich erlernen.

Am Ende der ersten Phase hat man dann sozusagen die Oberfläche des gesamten Flugzeuges modelliert. Aber wie geht es dann weiter? Diese Oberfläche wird ja sozusagen als Referenz für so ziemlich alle weiteren Bauteile benötigt (Spanten, Rippen, Stringer...). Ich brauche ja einzelne Bauteile, von denen ich dann Zeichnungen ableiten kann. Für Beplankungen brauche ich ja sogar konkret die Flugzeugoberfläche. Steckt die Oberfläche sozusagen in einem Skelett-Modell, welches ich dann in jedes Bauteil weiter vererbe?

Irgendwie fehlt mir da wohl der zündende Gedanke. In meinem Praktikum habe ich Wochen damit zugebracht, die Modellbäume anderer Modelle durchzuklicken So konnt ich lernen, wie derjenige das modelliert hat. Am Ende war ich in der Lage, ein Gußgehäuse mit mehren Flanschen und Aushebeschrägen zu modellieren. Eben sowas würde ich mir auch als Modellflugzeug wünschen. Mein Ziel wäre sozusagen ein 2,4 m-Holz-Bocian schonmal im CAD zu vollenden, bevor ich den Platz habe ihn als Modell zu bauen.

Grüße, Chris
 
hmm...also so ganz ohne Bücher wirst du da nicht hin kommen. Investiere doch mal die ca 150 Euro für 3 Bücher....das ist genug für den Anfang.

Als ich so etwas gezeichnet habe...war meine Stratedie folgende. Erstmal die 3 Seitenansicht...so weit warst du ja schon. Die muss ins CAD rein....wie das in Pro E geht...k.A.

Dann ziehst du dir nach Vorgabe der Ansicht deine Ebenen auf...für jeden Spant eine. Du arbeitest nur mit Halbspanten und spiegels zum Schluss das ganze Modell. Jetzt kommt es auf dich an...du zeichnest jeden Spant und schließt die Oberfläche mit den Funktionen...welche du aus deinen Büchern kennst.

Jetzt jagst du noch ne Oberflächenanalyse drüber...und wenn die passt wird gespeichert.

Die Hälfte hast du dann. Jetzt änderst du die Hülle in transparent und kannst nun sämtliche Einbauten( Stringer, Ausbrüche in den Spanten, Rahmen usw) mit der geschickten Kombination von ebenen und Bolschen Operationen mit der Hüllfläche erstellen.

In Catia hat man die Möglichkeit....jede Ebene in eine separate Zeichung zu exportieren...das mache ich mir dann zu nutze. Natürlich kannst du auch einfach alles ausblenden...bis auf das Teil was du speichern willst...ist aber fürs spätere Fräsen nicht zu empfehlen.


Es dauert eben bis man da Routine rein bekommt..aber dann geht es.


wenn du mir mal deine Emailadresse als NAchricht zukommen lässt...sende ich dir ein paar PDFs zu



Sven
 
Hallo Chris,

zur Flächenmodellierung: Für die Flächen brauchst du als Voraussetzung eben erst das Drahtmodell (aber wem sage ich das ;)), wie die Flächen konkret erstellt werden ist von Programm zu Programm verschieden. Ist oft eine Spielerei, geht eben am besten wenn nur wenige, aber sozusagen "aussagekräftige" Spanten neben dem Umriss für Seiten- und Draufsicht vorhanden sind.
Wobei auch die Fähigkeit, Flächen zu erstellen, von Programm zu Programm recht unterschiedlich ist.


Bin jetzt nicht sicher, ob ich deine Frage richtig verstanden habe, aber einzelne Bauteile kann man beliebig aus der vorhandenen Hülle erstellen. Angenommen, du hast einen Flügel gezeichnet. Der soll in Rippenbauweise mit Beplankung gebaut werden. Zuerst den Ursprungsflügel extra abspeichern. Dann gibst du der Flügeloberfläche die erforderliche Beplankungsdicke. (Bei Rhino geht das mit "Parallelfläche".) Willst du nur teilweise beplanken, kannst du auch nur dort, wo beplankt werden soll, den Ursprungsflügel aufdicken. Dazu die entsprechenden Flächen in Form von Linien eingrenzen, diese in Draufsicht auf den Ursprungsflügel projizieren und die Flügeloberfläche dort teilen, dann eben nur die Teile, wo eine Beplankung sein soll, aufdicken.

Da, wo eine Rippe sein soll, schneidest du den Flügel mit einer rechtwinkeligen Fläche dazu und erstellst (bei Rhino) mit dem Befehl "Schnittpunkte" (gibt dir trotzdem eine Schnittkurve :)) eine Rippe. Die hätte auch bei nur teilweiser Beplankung wie oben erwähnt schon die richtige Kontur. Das wiederholst du bis du alle Rippen hast. Diese Rippen existieren nun als Kurven, diese kannst du wieder mit einer Fläche ausfüllen und z. B mit einem Holm, den du durch den Flügel zeichnest, schneiden. Möchtest du auch die Rippen als Volumenkörper - was m.M.n. gar nicht notwendig ist - kann man die Dicke der Rippen ebenfalls leicht zeichnen, wieder mit "Parallelfläche".

Genauso funktioniert das im Prinzip beim Rumpf.

Grüße
Andi
 
Hallo Sven,

du hast dich gerade als Kenner geoutet. Du meintest, ich sollte mal 150 Euro in drei Bücher investieren und dann loslegen. Hast du dabei drei bestimmte Bücher gemeint? Eben um solche Literaturempfehlungen ging es mir ja auch. Ich hab ja kein Problem damit, mich erst mal in die Materie einzulesen.

Du scheinst ja "Catia" zu nutzen. Das kommt mir sehr gelegen. Hast du da evtl. eine Art Musterbeispiel parat, anhand dessen ich mir die einzelnen Schritte und Features abgucken kann? Manchmal reicht ja nur ein Anstoß und ich kann mich dann alleine durch die Catia-Hilfe wühlen. Wie gesagt, mir geht es nicht um eine grundlegende Einführung wie "Zeichnen sie einen Kreis und extrudieren Sie diesen zu einen Zylinder". Mir fehlt eher die Grundlegende Methodik beim konstruieren eines Flugzeuges. So wie du das beschrieben hast, leuchtet es mir schon ein, aber der Start fällt mir dennoch recht schwer.

Ein Beispiel: In einem zentralen Bauteil (mit der Oberfläche) erstelle ich mir an jedem Spant eine Ebene und erzeuge mir eine darin liegende Schnittkurve mit der Rumpfoberfläche. In dieses zentrale Bauteil müsste ich ja auch bereits die einzelnen Stringer als Kurven auf der Oberfläche einfügen, da diese ja übergereifend auch durch alle anderen Spanten gehen. Weiterhin bräuchte ich auch noch andere Kurven für Bowdenzüge usw.. Das alles müsste ja schon im zentralen Bauteil vorhanden sein, damit ich die entsprechenden Kurven in die jeweiligen Bauteile vererben kann. Wird das nicht ganz schön unübersichtlich? Eine Art Minimalbeispiel würde mich da sehr glücklich machen. :)

Grüße, Chris
 
...Weiterhin bräuchte ich auch noch andere Kurven für Bowdenzüge usw.. Das alles müsste ja schon im zentralen Bauteil vorhanden sein, damit ich die entsprechenden Kurven in die jeweiligen Bauteile vererben kann. Wird das nicht ganz schön unübersichtlich?

Ja, wird es :)
Dagegen hilft: Oft speichern
verschiedene Ebenen, die man ausblenden kann
öfter Pausen zu machen
Übung

Grüße
Andi
 
Hallo Andi,

vielen Dank für deine Antwort.

Wenn ich das richtig vertsanden habe, dann kopierst du das Oberflächenmodell des Fliegers in jedes Bauteil und verwendest es dann so wie es notwendig ist. Danach blendest du dann das "Urmodell" sicherlich aus. Aber dennoch müsstest du ja noch sehr viele weitere Informationen in die einzelnen Bauteile mitnehmen. Zum Beispiel die von die erwähnte halbe Beplankung. Die Linie, bis zu der die Beplankung reichen soll, müsste ja auch bei der Modellierung einer jeden einzelnen Rippe beachtet werden. Somit müsste diese Information ja auch schon im "Urmodell" irgendwie vorhanden sein. Wenn man das weiter treibt mit Bowdenzügen... wirds ganz schön unübersichtlich.

Von Rhino hab ich zwar schon gehört, kann mir aber nicht viel daruter vorstellen. Da sollte ich mich wohl mal informieren. ;)

Grüße, Chris
 
na du kannst ja für jede Teilfläche sagen wir mal( von Spant zu Spant) ein geometrisches Set erzeugen und es benennen...zb Spant4-5.

Dann wird das übersichtlicher. Stringer sind ja auch nicht das Problem....ne ebene mit dem entsprechenden Winkel als Referenzgeometrie anlegen....ein grobes Rechteck in entsprechender Dicke austragen und mit den Spanten und der Hülle verschneiden oder Abziehen...wies beliebt.

Es gibt da ja hundert Möglichkeiten. An was du dich dringend halten solltest ist das Halbspantenprinzip. DAs hat mathematische Gründe....weil eben so ein CAD auch nur "Rechnen" kann...und für manche Dinge...die man gern machen würde....gibt es einfach keine mathematische Lösung. Aber Vectorengeometrische Berechnungen wirst du mit deinem Bildungsweg ja zu genüge gemacht haben.

Sven
 
Die Linie, bis zu der die Beplankung reichen soll, müsste ja auch bei der Modellierung einer jeden einzelnen Rippe beachtet werden. Somit müsste diese Information ja auch schon im "Urmodell" irgendwie vorhanden sein.

Ist das Urmodell wie im obigen Post beschrieben gezeichnet, sind dann alle Rippen genau.
Dann gibst du der Flügeloberfläche die erforderliche Beplankungsdicke. (Bei Rhino geht das mit "Parallelfläche".) Willst du nur teilweise beplanken, kannst du auch nur dort, wo beplankt werden soll, den Ursprungsflügel aufdicken........Da, wo eine Rippe sein soll, schneidest du den Flügel mit einer rechtwinkeligen Fläche dazu und erstellst (bei Rhino) mit dem Befehl "Schnittpunkte" (gibt dir trotzdem eine Schnittkurve ) eine Rippe. Die hätte auch bei nur teilweiser Beplankung wie oben erwähnt schon die richtige Kontur.

Wie gesagt, die komplette Konstruktion im Kopf vorwegzunehmen und in einem Guss zu zeichnen - naja, es gibt auch Leute die mit verbundenen Augen mehrere Schachpartien zugleich spielen.:)

Irgendwo muss man halt mal anfangen. Oft ist es so, dass man auf frühere Entwürfe zurückgreifen muss, um Details zu ändern, weil was nicht zusammenpasst. Ist bei meinen Künsten normal.

Grüße
Andi
 
Hallo,

vielen Dnk für Eure Hilfe. Ich werde einfach mal mit diversen Tutorials loslegen und mich dann langsam dem Modellflugeug nähern.

Grüße, Chris
 
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