Profilwahl - redet doch mal Tacheles

MrMue

User
Ich möchte einen kleinen sehr schneller Segler bauen. (HotLiner möchte ich nicht sagen) 160cm Spannweite sind geplant.

Nur bei der Profilwahl komme ich nicht weiter. Sowohl das RG15 als auch das MH43 sind für schnelle Segler wohl geeignet.

Aber niemand ist dazu in der Lage mir die Vor- und Nachteile des einen gegenüber den Vor- und Nachteilen des anderen aufzuzeigen. Die beiden Profilbeschreibungen auf Siggis Seite hab ich jetzt schon ungefähr 20 mal gelesen.

Kann mal bitte jemand was im direkten Vergleich zu den Profilen sagen?

Das Modell soll vorwiegend schnell motorisiert zum Einsatz kommen. Aber auch am Hang bei stärkerem Wind kann ich mir das gut vorstellen. Gewicht wird unter 1200g liegen. (Hoffe ich)

Die Fläche soll etwa diese Form kriegen:
rg15.jpg


und wird als Styro-Abbachi-Sandwich-Fläche gebaut.

Würde mich sehr über einige Beiträge freuen!
Netten Gruß
Carsten

[ 03. März 2004, 21:19: Beitrag editiert von: MrMue ]
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Cartsen.

als erstes lass die Verwindung weg. Du willst ja ein schnelles Modell. Für die Spannweite hast Du ordentliche Flächentiefe draufgepackt.

Wichtiger als die Profilwahl ist den Flügel genau und verwindungsfest zu bauen.

Das MH43 fliegt sich auf meinem LO XS sehr gut. Allerdings ist der Durchzug trotz fast 1700gr nicht überwältigend.

Ansonsten würde ich auch noch als Profile das MG06 (als Alternative zum MH43, ob es besser ist weiß ich nicht da ich es noch nicht selbst geflogen bin) und das HN803 (als besseres RG15, den Vorgänger HN805 fliege ich auf einem kleinen Salto; geht spitzte allerdings in Voll-GFK) in Betracht ziehen.

Hans
 

MrMue

User
Guten Morgen Hans,

ich seh schon auch Du machst es mir nicht leichter. Also genau gebaut wird die Fläche auf jeden Fall, da habe ich keine Zweifel. CNC-Kerne und vom Profi fertig beplankt. (Mit anderen Worten ich lasse anfertigen).

Verwindung kann ich weglassen - okay.
Aber welches Profil nun?

Netten Gruß
Carsten
 

M. Koch

User
Hallo Carsten!
Wenn schnell, dann würde ich das MH 30 oder wenn Wölbklappen vorhanden das MH 33 nehmen! Diese Profile werden überwiegend für F5B-Wettbewerbsmodelle eingesetzt!
Siehe auch:
www.MSC-Naabtal.de unter der Rubrik MK-Modelle!

Ciao, Marcus
 

MrMue

User
Guten Morgen Marcus,

danke Dir für Deinen Tip und den Link. Sind sehr schöne Modelle, aber ich denke nicht, dass ich so einen Leistungshammer bauen werde. ;)

Mein Wunsch ist ein, zwar sehr schnelles, aber auch auftriebsstarkes Profil. Wölbklappen habe ich nicht geplant.

Ist bei sowas V-Form nötig? Und wie werden diese wunderschönen hochgezogenen Randbögen (heißen die nicht WingTips) hergestellt?

Netten Gruß
Carsten
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo,

auftriebsstark und schnell schließt sich eben gegenseitig ziemlich aus. Das MG06 bietet beides, aber eben nur mit Wölbklappen.

Das MH33 ist wirklich schnell, aber im Maximalauftrieb eher schwächer. Das MH30 wäre eine gute Alternative.

Wenn Du expermentierfreudig bist bekommst Du von mir ein Profil.
Es wurde von mir für F3B-Einsatz entworfen. Ein großes Risiko sehe ich nicht
dabei, da es dem HN803 bzw. HN805 sehr ähnlich ist. Die Polare ist rechnerisch besser als die des MH30.

Etwas V-Form schadet nicht.

Hans
 

M. Koch

User
Hallo Carsten!
Die V-Form meiner Modelle liegt zwischen 1,5 und 2° pro Seite, also schon recht ordentlich!
Die Modelle werden alle in CNC-gefrästen Negativformen in Voll-GFK/CFK/AFK-Bauweise erstellt, also kein Problem mit den Randbögen!
Bei Deiner Positiv-Bauweise ist das leider nicht so einfach!

Ciao, Marcus
 

MrMue

User
So viel experimentieren mit neuen Profilen wollte ich eigentlich nicht. Und Wölbklappen sollen auch nicht zum Einsatz kommen.

Ursprünglich wollte ich ja nur eine Entscheidung zwischen RG15 und MH43. Beide werden beim Siggi auf der Seite als schnelle Profile bezeichnet. Das RG15 bin ich schon in einem Eigenbau geflogen. Das ging echt gut. Und ich bilde mir ein, dass es schon ganz gut auftriebsstark ist.

Netten Gruß
Carsten
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Carsten,

hier mal zwei Schaubilder zum verdeutlichen und Dir bei Deiner Wahl zu helfen:

1078404263.gif


Man sieht, dass das RG15 wie von Dir beobachtet auftriebsstark ist. Dafür endet der Bereich mit geringem Widerstand deutlich oberhalb des Nullauftriebswinkels. Beim M43 ist es genau andersrum. Der Bereich geringsten Widerstands geht bis zum Nullauftrieb runter, dafür fehlt es oben. Da das MH43 noch ein geringes Moment (siehe die fast waagrechten Kurven im mittleren Teil) hat, fällt auch der Leitwerkswiderstand etwas kleiner aus als beim RG15.

Im Vergleich zu Deinen beiden vorgewählten Profilen haben das MH30 und mein Entwurf ihre Stärken im mittleren Auftriebsbereich (sind auch dünner wie das RG15) und müssen an den Rändern jeweils etwas Federn lassen.

Hier noch ein Bild der Konturen von RG15, MH43 und meinem Entwurf:
1078404713.gif


Wie man sieht ist das MH43 und mein Entwurf dünner wie das RG15. Das geringe Moment aber auch der mäßige Maxmialauftrieb wird beim MH43 durch den flacheren Auslauf auf der Oberseite verursacht. Da das MH43 verdammt dünn hintenraus ist, dürfte es auch in Styroabachi allenfalls als MH43mod zu bauen sein.

Hans

P.S.
Die Geometrie ist leicht überelliptisch und daher für das Vorhaben gut gewählt. Durch die Flächentiefe hast aber bei 1.200gr. "nur" 37 gr./dm2 Flächenbelastung. Du solltest also auf geringen Widerstand achten (nicht nur vom Profil sondern auch an den Übergängen, möglichst kleine Spalte bzw. Abkleben etc. ), sonst fehlt der Durchzug.

[ 04. März 2004, 14:00: Beitrag editiert von: Hans Rupp ]
 

MrMue

User
Hallo Hans,

hab vielen Dank für Deine Mühen.

Leider hat sich bis heute niemand gefunden, der mir in Grundzügen mal erklärt was diese (schon mehrfach gesehenen) Diagramme bedeuten.

Es mangelt mir einfach an der Bedeutung der Werte CL CD und XLr/C.
Mit alpha ist doch gewiß der Anstellwinkel der Fläche gemeint, oder?

Bitte noch um kleine Unterstützung, dann werd ich das schon auf die Reihe kriegen.

Danke und netten Gruß

Carsten
 
Hi !

Wende dich an jwl (http://leinauer.de/aero/) der hat sich bereit erklärt für das Magazin einen Beitrag "In 20 Tagen Polarenfit" zu schreiben. Siehe hier. :D :D

Sorry Johannes - das musste sein. Nach dem Motto: Ich werd Sie nicht mehr los, die Geister die ich rief! :D

Nix für ungut Helmut
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Carsten,

na dann mal eine Kurzeinführung:

CL = Auftriebsbeiwert
CD = Widerstandsbeiwert
Xtr/C = Lauflänge laminarer Strömung bis zum Umschlag in turbulente Strömung in % der Profiltiefe.
alpha = Anstellwinkel (effektiver)

Die senkrechte Achse ist für alle Schaubildteile der Auftriebsbeiwert.

Im linken Teil ist der Profilwiderstand in Anbhängigkeit des Auftriebsbeiwerte aufgeführt. XFoil rechnet im Vergleich zu Windkanalwerten zu hohe mögliche Auftriebsbeiwerte aus und das untere Eck der "Laminardelle" (also dort wo die laminaren Lauflängen stark zurückgehen und damit bei unterschreiten der Profilwiderstand stärker zunimmt) ist meiner Meinung nach etwas zu weit oben angesiedelt.

Im mittleren Teil sind zwei Kurven zu sehen.

Die steilen Kurven stehen für den Auftriebsbeiwert über dem Anstellwinkel alpha.

Die fast waagrechten Kurven stehen für das Profilmoment cm0.25 (das Moment das bei 25% der Profiltiefe wirkt). Je höher die Kurve verlaüft desto negativer ist der Momentenbeiwert, d.h. umso stärker "dreht" das Profil dem Modell die Nase runter bzw. umso stärker muss das Höhenleitwerk gegenhalten und umso größer muss es ausfallen, größere Auftriebsbeiwerte produzieren oder am längeren Hebelarm sitzen. Alles Dinge die direkt oder indirekt bremsen.

Im rechten Schaubildteil sind die Lauflängen getrennt nach Oberseite und Unterseite dargestellt. Gerechnet ist das hier ideal. Bei einer realen Fläche zumal in Styroabachi wirst Du nie 100% laminare Lauflänge auf einer Seite bekommen. Ein Muckenschiß und schon ist es dahin. Da die laminare Lauflänge den Profilwiderstand stark beeinflußt (je länger je nierdriger) werden alle Profile in der Wirklichkeit höheren Widerstand haben als hier errechnet. Der Unterschied zwischen Profilen mit langer laminarere Lauflänge und solchen mit kürzerer wird kleiner ausfallen. D.h. auf unseren Fall hier sieht das MH43 widerstandsmäßig im Schaubild schlechter aus als es in Wirklichkeit ist.

Ich hoffe das macht das Bildchen verständlicher. Aber wie gesagt, es ist die blanke Theorie. Das Profil ist nur ein Baustein zu einem guten Modell. Wenn der Rest nicht passt fliegt es trotzdem nicht gut. Von den 10% Widerstandsunterschied im mittleren Auftriebsbereich werden selbt bei identisch guter Bauausführung etc. nicht mal die Hälfte als Differnz an Modellleistung übrigbleiben. Viel Widerstand produzieren auch der Rumpf, die Anlenkungen, Das Leitwerk ...

Hans

[ 04. März 2004, 15:32: Beitrag editiert von: Hans Rupp ]
 

Peter K

Vereinsmitglied
@ jwl: MUHA, gut gekontert ;)

Zur Profilwahl: Die Unterschiede zwischen den Profilen sind sehr gering. Durch die Styro-Abachi-Bauweise wird da schon einiges verwässert. Nimm einfach das Profil, bei dem du schonmsl gute Erfahrungen gemacht hast und hab deinen Spaß ... und wenn dir Speed fehlt, einfach zwei Zellen mehr ;)
 

MaBa

User
Hallo zusammen,

ich habe mir auch schon einige Gedanken zu den hier genannten Profilen gemacht. Mir ging es immer um den Durchzug bei nicht so schweren Elektroseglern unter 2 Meter Spannweite. Diese waren bis jetzt immer mit dem RG15 ausgerüstet. Bei der Suche nach mehr Durchzug bin ich auch auf das MH 43 und MH 30 gestoßen. Meine Frage ist jetzt welches weniger auf Bauungenauigkeiten regiert. Wie es auch Peter einen Beitrag weiter oben beschreibt.
Ich mache meine Schneiderippen mit Hilfe eines Profileprogrammes selber und schneide dann zu zweit unter abzählen der Markierungen. Für die Nasenleisten mache ich mir Schablonen aus fester Pappe.
Besteht bei so einer Bauweise überhaut eine Chance einen Unterschied zwischen den hier besprochenen Profieln feststellen zu können????

Es wäre nett, wenn diese Frage hier mit beantwortet werden könnt.

Danke Mathias
 

speed

Vereinsmitglied
Hallo Leute,

ich finde es nicht so sehr passend die Profildiskussion mit einem Laien an Hand der theorethischen Profilpolaren zu führen.Die Beiträge von Hans Rupp sind trotzdem spitze!
Viel besser wäre es verschiedene Flugzeugpolaren (Gleitzahl und Sinken über der Fluggeschwindigkeit) oder zumindest Polaren mit dem endlichen Flügel (Profilwiderstand+ induzierter Widerstand)zu vergleichen.
Im gegebenen Fall mit der relativ bescheidenen Streckung machen hohe Auftriebsbeiwerte nicht so sehr viel Sinn, weil der induzierte Widerstand dann alle Unterschiede zwischen den Profilen um den Faktor 10 übersteigt.
Mit so einem Vergleich der Gesamtpolaren wird auch klar, dass gewisse Profilunterschiede in der Praxis garnicht wahr genommen werden können.
In der Flugzeugpolare kann dann auch der Einfluß der Flächenbelastung schöner bewertet werden.
Wenn man dann noch die Streckung variiert..
Sorry, wenn sich jetzt jemand auf den Schlips getreten fühlt.

Otto

[ 04. März 2004, 20:29: Beitrag editiert von: speed ]
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Otto,

In der Flugzeugpolare kann dann auch der Einfluß der Flächenbelastung schöner bewertet werden.
Irgendwann werde ich es schaffen ein Excelsheet zu schreiben, dass das aus meinen Polarenfiles leistet. Ich gehe ja schon in rd. 20 jahren in Renten :)

Wenn man dann noch die Streckung variiert..
Sorry, wenn sich jetzt jemand auf den Schlips getreten fühlt.
Kann ich nicht sein, trage äußerst selten so was ;) . Faustregel: mit 10% mehr Streckung bei gleichem Flächeninhalt und noch gesunden Re-Zahlen schlägt ein mittelmäßiges Profil im Auftrieb ein Spitzenprofil.

Bedeutet das jetzt im Klartext es spielt nur eine minimale Rolle ob MH43 oder RG15?
Ja. Du würdest im direkten Vergleich Unterschiede bemerken. Aber keine über die man groß reden würde.

Ich baue meine Flächen größtenteils wie Du wobei ich seit 2 Jahren von Styropor auf Styrofoam umgestiegen bin.

Hans
 

MrMue

User
Guten Morgen,

ja ich weiß meine Fläche hat nicht allzuviel Streckung, ich wollte aber diesmal einfach ein bißchen Transportfreundlicher bleiben. Auf Festigkeitgründen möchte ich die Fläche einteilig bauen. Der Rumpf ist 103cm lang. Passen da die 160cm Spannweite nicht ganz gut dazu?
Empfehlt Ihr hier also im SubText ;) die Streckung zur vergrößern?
Die Wurzelrippe ist ja vorgegeben. Also kann ich maximal die Spannweite vergrößern oder das gerade Mittelstück verkleinern, oder?

Hans, da sich ja alle Profile nicht viel nehmen, würde ich auch gerne mal Dein Profil ausprobieren. Wenn ich das soweit richtig verstanden habe, ist es etwas auftriebsschwächer als das RG15 aber dafür im schnelleren Bereich Widerstandsärmer. Ist das soweit richtig?

Einen netten Gruß
Carsten
 

MrMue

User
Bedeutet das jetzt im Klartext es spielt nur eine minimale Rolle ob MH43 oder RG15?

Dann wäre es zwar egal, ich hätte aber immer noch keine Hilfe zur Entscheidung, außer der Willkür.

Dennoch bis hierher ein interessanter Thread!!!
Dankesehr!

Netten Gruß
Carsten
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Carsten,

da Du einen schnellen und dann dazu passend auch wendigen (richtig?) Segler bauen willst finde ich die 1,60m o.k. Du willst ja nicht am F3J-Wettbewerb teilnehmen. 1,8m wären auch noch passend bei üblichen Leitwerksgrößen.

Wenn ich das soweit richtig verstanden habe, ist es etwas auftriebsschwächer als das RG15 aber dafür im schnelleren Bereich Widerstandsärmer. Ist das soweit richtig?
Ja, nach der Theorie. Aber wie angemerkt wirkt sich der Profilwiderstand im Hochauftriebsbereich nicht so aus, da dominiert der induzierte Widerstand. Deshalb brauchen niedrig gestreckte Entwürfe eine niedrigere Flächenbebelastung als hochgestreckte, sollten also leicht sein und damit es dann trotzdem noch vorwärts geht ein widerstandsarmes Profil.

Ich mail Dir das Profil zu.
Hans

P.S. Brauche dazu aber Deine Mailadresse. Mail mich an.

[ 05. März 2004, 14:02: Beitrag editiert von: Hans Rupp ]
 
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