Schon etwas älter
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Multiplex Twin-Jet - Zwei Motoren für noch mehr Spaß und bessere Flugleistungen
Der Twin-Jet ist das jüngste Mitglied der schnell wachsenden Familie der “Schaum-Jets” von Multiplex. Angefangen hat die Serie Ende 1999 mit dem Pico-Jet, einem Styropormodell angetrieben von einem einfachen Permax 400, und bereits zur Nürnberger Spielwarenmesse 2000 wurde eine Combat-Version aus dem zäheren Material Elapor und einem leistungsstärkeren Motor nachgeschoben. Zahlreiche Pico-Jets wurden mit noch stärkeren Antrieben “aufgemotzt” (siehe auch Aufwind Ausgabe 4/2001) und es ist schon erstaunlich was die relativ leichte Konstruktion an Belastungen aushält.
Beim Twin-Jet wurde ein anderer Weg zur Leistungssteigerung gewählt. Ein zweiter Motor sorgt für eine merkliche Verbesserung des Leistungsgewichts. Der neue voluminöse Rumpf verleiht dem Modell nicht nur ein eleganteres, erwachseneres Aussehen, sondern ermöglicht auch die Verwendung von Standard SC-Zellen. Dadurch kann prinzipiell jeder Twin-Star Pilot sein Equipment im Twin-Jet weiterverwenden - sicher kein schlechtes Verkaufsargument.
Konstruktion
Der Zusammenbau der insgesamt 6 Schaumstoffteile dürfte auch dem weniger geübten Modellbauer keine Probleme bereiten. Ein Kiel aus 10x10mm Balsa und eine Akkuwanne aus ABS verstärken den Rumpf. Alle Klebearbeiten können mit normalem Sekundenkleber mittlerer Viskosität durchgeführt werden. Der Einsatz von Aktivator-Spray wird empfohlen, ist jedoch nicht zwingend erforderlich.
Der Aufwand für die Verkabelung, insbesondere bei der Verwendung von zwei separaten Reglern (nicht Serie!), ist im Vergleich zum Pico-Jet deutlich höher. Insgesamt 24 Lötverbindungen für Servokabelver-längerungen und weitere 4-10 für die Motoren fallen an. Durch Einsatz von fertig konfektionierten Kabeln könnte man den Aufwand zwar reduzieren, aber a) haben handelsübliche Verlängerungen nur selten die optimale Länge, b) erhöht sich unnötig die Anzahl der Steckverbindungen und c) sind diese Kabel nicht ganz billig. Im vorliegenden Modell wurden alle Verlängerungen aus verdrilltem Kabel mit 0,14mm2 hergestellt (bei der Frage ob verdrilltes Kabel Vorteile bringt gehen die Meinungen auseinander).
Für die Kühlung des Antriebsakkus sind im Gegensatz zum Twin-Star keinerlei Öffnungen vorgesehen, und laut Multiplex auch nicht erforderlich. Da im vorliegenden Fall jedoch auch Stromaufnahmen bis 50A geplant waren, sorgen zwei kleine Öffnungen im Rumpfboden, eine zusätzliche Bohrung im hinteren Bereich der Akkuwanne und ein geschlitzter Deckel im Rumpfkiel für ein Minimum an Luftzirkulation. Diese einfache Modifikation ermöglicht auch nachträglich jederzeit den Zugang zu den Servo- bzw. Motorkabeln.
Um einen späteren Wechsel der Motoren zu erleichtern, wurden diese vor dem Einkleben in passenden Schrumpfschlauch gehüllt. Diese Methode hat sich in der Praxis bewährt. Lediglich beim Einsatz der deutlich leistungsfähigeren Kontronik Motoren war ein Tropfen Sekundenkleber erforderlich um ein Verdrehen im Schrumpfschlauch zu verhindern.
Zur Vorbereitung der Lackierung wurde die gesamte Oberfläche des Modells mit 400er Schleifpapier bearbeitet. Zwei Minispraydosen für Plastikmodelle von Tamiya reichen völlig aus, sind sehr einfach zu handhaben und sorgen für ein leichtes (nur 6g!), optisch ansprechendes Finish.
RC-Einbau
Es ist deutlich einfacher die Servokabel von außen durch die Rumpfwände zu “fädeln”. Diese Aussage trifft auch auf die Motorkabel zu. Dazu benötigt man lediglich 1-2m “Hilfskabel” die man von außen in den Rumpf führt, provisorisch an die Kabelenden lötet und schon kann man diese bequem nach außen ziehen. Für die Steuerung empfiehlt Multiplex MS-X2 Servos. Ich wählte die noch leichteren HiTec HS-55. Die Leistungsfähigkeit dieser nur knapp 8g schweren Servos ist wirklich beeindruckend. In der aktuellen Version des Twin-Jet passen nun auch größere Servos (MS-X3), welche noch preiswerter und robuster sind. Die Position des Empfängers vor dem Akkupack ist im Falle eines Crashs sicher nicht optimal, verspricht aber guten Empfang und hohe Reichweite. Selbst ohne die empfohlenen Trennfilter war der Twin-Jet in ca. 90m Höhe bei voll eingeschobener Senderantenne noch einwandfrei steuerbar!
Antriebsvarianten
Option 1: 7 Zellen SANYO RC 2000, Permax 400 - 6V, Grp CAM Speed Prop 5.5x4.3”
Abweichend von der Bauanleitung wurden beide Motoren mit je einem Schulze slim-15be bestückt. Die Kosten für zwei dieser kleinen und leichten Regler sind nur unwesentlich höher wie die eines Pico Duo 400 und bietet den Besitzern von Computer-Sendern die Option einer differentiellen Motorsteuerung. Einen der beiden Motoren im Flug abzustellen ist nicht nur eine interessante Spielerei, sondern ermöglicht spektakuläre Flugmanöver. Der zusätzliche Aufwand ist gering. Die vorhandenen Kabelkanäle werden zur Aufnahme der zusätzlichen Anschlusskabel etwas vertieft und diese werden in gewohnter Manier verlängert.
Die differentielle Motorsteuerung erfordert 3 freie Mischer. Dargestellt am Beispiel Graupner/JR:
Funktionsbelegung: Funktion 1 – Regelung Motor 1
Funktion 2 – Querruder (QR)
Funktion 3 – Höhenruder (HR)
Funktion 4 – Seitenruder (SR)
Funktion 5 – frei (für Motor 2)
Mischer A: Funktion 1 (Master) -> Funktion 5 (Slave) + 100%
Mischer B: Funktion 4 (Master) -> Funktion 1 (Slave) - 100%
Mischer C: Funktion 4 (Master) -> Funktion 5 (Slave) + 100%
Wie funktioniert das Ganze?
Mischer A stellt sicher dass beide Motoren synchron über den “Gas-Knüppel” angesteuert werden. Wird jetzt der Seitenruder-Knüppel nach links bewegt, verringert Mischer B die Drehzahl des linken Motors und Mischer C erhöht die Drehzahl des rechten Motors.
Bei “Vollgas” und Vollausschlag SR wird die Leistung eines Motors auf die Hälfte reduziert. Bei “Halbgas” und Vollausschlag SR läuft ein Motor “Vollgas” und der andere steht.
Im Gegensatz zu einem konventionellen Seitenruder ist Wirksamkeit der differentiellen Motorsteuerung um so größer je geringer die Fluggeschwindigkeit ist. Bei Turns dreht der Twin-Jet damit sozusagen “auf dem Teller” und selbst Trudeln wird möglich.
Rüstet man den konventionellen Twin-Star mit diesem Setup aus, hat man einen hervorragenden Trainer zum Üben des Einmotorenflugs nach Motorabstellern. Der Twin-Jet mit seinen eng beisammen liegenden Motoren lässt sich selbst mit einem Motor noch einwandfrei beherrschen und selbst ein leichtes Steigen ist möglich, vorausgesetzt man macht ihn nicht zu langsam.
Option 2: 8 Zellen SANYO RC 2400, Permax 480 - 7.2V, Grp CAM Speed Prop 5.5x4.3”
Diese Kombination ist quasi die Tuning Option von Multiplex. Diese Variante wurde lediglich “emuliert”. Die Permax 400 liefern bei 8 Zellen die gleiche Drehzahl wie die Permax 480, allerdings bei einer um ca. 2A höheren Stromaufnahme. Die eine Zelle mehr bewirkt eine deutliche Steigerung der Flugleistung - die Steigrate verbessert sich auf knapp 5m/s und die Top-Speed ist merklich höher.
Achtung: Die Verwendung von 8 Zellen in Verbindung mit den Standard-Motoren ist nur eingeschränkt empfehlenswert. Selbst bei Außentemperaturen von lediglich 8°C werden die Motoren bei hoher Beanspruchung sehr warm. Die Permax 480 haben hier klar den besseren Wirkungsgrad und können mehr Wärmeverluste aufnehmen.
Option 3: 8 Zellen SANYO RC 2400, 2 x SMILE 40-6-12, 2 x FUN400-28, Grp CAM Prop 5.5x4.3”
Auch die “Power-Variante” fliegt mit der gleichen Luftschraube und dem gleichen Akkupack. Die Wahl der Luftschraube hat einen wesentlichen Einfluss auf die Flugleistungen, aber wie bereits in der Aufwind Ausgabe 4/2001 ( “Mehr Power für den Pico-Jet”) ausführlich dargestellt ist die 5.5x4.3” ein sehr guter Kompromiss zwischen Steigleistung und Speed. Mit zwei Motoren hat man jedoch ein deutlich besseres Schub-/Gewichtsverhältnis und hat auch mit den 4.7x4.7” noch mehr als ausreichend Schub für sichere Handstarts.
Zwei Brushless-Motoren verleihen dem Twin-Jet wirklich atemberaubende Flugleistungen – gerade so als hätte man Nachbrenner installiert. Zwei Cox 6x3” Luftschrauben bringen über 1600g Standschub, aber die Top-Speed beträgt gerade mal 100km/h. Mit den 5.5x4.3” hat man immer noch ein Schub-/Gewichtsverhältnis von ca. 1:1 und das Geschwindigkeitsspektrum ist viel breiter. Bei so viel “Dampf” biegt sich der Flügel in engen Manövern recht ordentlich, zeigt aber auch nach fast 100 Flügen keinerlei Ermüdungserscheinungen. Eine Empfehlung des Herstellers: Wer den Twin-Jet mit derartigen Antrieben ausrüsten will, darf die Tragflächen mit je einen Kohlerowing oben und unten an der dicksten Stelle des Tragflügels versehen. Ein feiner Schnitt mit einem Sägeblatt (ca. 5 mm tief), den getränkten Rowing einziehen, Tesa drüber und aushärten lassen.
Optionen im Vergleich
Option Gewicht (g) Drehzahl Strom (A) Steigleistung
1 1000 13.600 24 > 3 m/s
2 1080 14.800 30 ca. 5m/s
3 1200 20.000 48 > 15m/s
Flugleistungen / Flugeigenschaften
Bereits in der Standard Konfiguration mit den beiliegenden Permax 400 und 7 Zellen ist der Twin-Jet ausreichend motorisiert. Eine Steigrate von knapp über 3m/s und Flugzeiten von über 7 Minuten bei “Dauervollgas” sind hervorragende Werte für so ein Modell. Im “Spar-Modus” sind Flugzeiten von fast 20 Minuten möglich. Die gemessene Sinkrate beträgt 1,4m/s und ist damit ca. 10% besser als die des Pico-Jets. Trotz höherer Flächenbelastung ist der Twin-Jet einfacher zu starten. Profilbedingt hat der Twin-Jet die Tendenz zum Steigen; eine Eigenart die im Rahmen der Modellpflege reduziert wurde. Durch einfaches Geradebiegen der Elevons kann diese Tendenz weiter reduziert werden.
Prinzipiell sind mit dem Twin-Jet alle Kunstflugfiguren möglich die mit Quer/Höhe fliegbar sind. Trotz der langen Nase ist das Modell sehr wendig und rollt sauber um die Längsachse. Die empfohlenen Ruderausschläge sind eher zu groß. 17mm sind mehr als genug und selbst mit nur 12mm Querruderausschlag sind Rollraten >360°/s möglich. Dual-Rate und Expo sind hier sinnvoll einzusetzen.
Auch der Langsamflug ist absolut unkritisch. Ein Abkippen über die Flügelspitze konnte in keinem Fall festgestellt werden. “Hungert” man das Modell zu sehr aus, nimmt es ganz brav die Nase nach unten und nimmt Fahrt auf.
Tipps
- Die am Boden der Akkuwanne angeformte Rampe ist oft zu kurz and kann leicht mit etwas Abfall-
Balsa nach vorn verlängert werden.
- Auf sichere Befestigung der Schraubhaken achten. Besonders der Haken für die Akkusicherung muss absolut sicher halten - löst er sich beim Akkuwechsel besteht Verletzungsgefahr.
- Vor dem Justieren der Elevons sollte man etwas auf Höhe trimmen. Dadurch hat man im Flug mehr Weg um eventuellen Steigtendenzen entgegenzuwirken.
- Der Verlust einer Luftschraube während des Flugs ist nicht tragisch, vorausgesetzt man macht den Twin-Jet nicht zu langsam.
Fazit
Der Twin-Jet braucht den Vergleich mit dem Pico-Jet und anderen Mitbewerbern nicht zu scheuen. Er wirkt deutlich erwachsener als kleinere Modelle, lässt die Verwendung von Standard-Komponenten zu und hat die besseren Flugleistungen. Bereits mit dem serienmäßigen Antrieb und 7 Zellen übertrifft er die Leistungen des Pico-Jet Combat mit Permax 480 und 8 Zellen. Ausgerüstet mit zwei Brushless Motoren geht dann richtig die Post ab. Die Leistungssteigerung ist enorm, aber auch nicht billig. Als Zwischenlösung käme daher auch die Kombination 2 x FUN400-22 mit nur einem SMILE 40-6-12 in Betracht. Auch Graupner`s Competition Drive Set für den Star-Jet ist eine Überlegung wert. Egal welchen Antrieb man letztendlich wählt - der Twin-Jet ist ein robustes, alltagstaugliches Modell mit exzellenten Flugeigenschaften. Multiplex wird es schwer haben da noch einen draufzusetzen, aber lassen wir uns überraschen..
Fact-Box
Spannweite: 910 mm
Länge: 802 mm
Fluggewicht (Test): 1000 - 1200 g
Flächeninhalt: 25,5 qdm
Flächenbelastung: ca. 39 - 47 g/dm2
Tragflächenprofil: S-Schlag
RC-Funktionen: Quer/Höhe kombiniert (Elevons)
Drehzahlsteuerung Motoren
RC-Ausrüstung Graupner/JR C17, HiTec HS-55,
Schulze slim-15be bzw.
Kontronik SMILE 40-6-12 BEC
Motoren: Permax 400 - 6V, Kontronik FUN400-28
Luftschraube Graupner CAM Speed Prop 14x11cm (5,5x4,3”)
Flugakku SANYO 7/RC2000 bzw. 8/RC2400 (Hobbyland Fireballs)
Motorlaufzeit ca. 8 Minuten (100% Power bei Permax 400 u. 7 Zellen)
ca. 3 Minuten (100% Power bei FUN400-28 u. 8 Zellen)