Wasserflug und leichte Theorie

Ich versuche mal wegen viel Interesse für spezifische Probleme beim Wasserflug, gelesen in den Hype C182 Faden, hier einiges zu erklären. Das heißt, meine Meinung zu geben. Und nur teilweise, es gibt weitere Sachen, die wurden aber hier zu weit führen, und ich versuche es nicht zu technisch zu machen.

Zunächst, meine Muttersprache ist nicht Deutsch sondern Holländisch, also vergibt mir meine Schreibfehler.
Modell Wasserflug mache ich seit über 30 Jahren, damals hatten wir in Holland eine Aktive Wasserflug Wettbewerb Szene. Von einfache Einmots bis große 4mots wie die Sunderland sahen wir da. Das Thema wurde leider später fast vergessen, bis vor einigen Jahren eine Reihe von locker organisierten Treffen (2 X im Jahr) gestartet wurde. Mit der Eintritt der E-und ARF Modelle ist Wasserflug einfacher geworden. Früher mussten wir alles selbst herstellen bis an die Schwimmer.

Als Berufs (Langstrecken)pilot kam ich Damals viel in USA(Alaska) und Canada, habe insgesamt etwa 10 Std Wasserflug gesammelt. Zwar mit Fluglehrer weil das Mieten von Wasserflug Maschinen fast unmöglich ist wegen Versicherungskosten. Da habe ich C172/C180 und sogar eine Beaver fliegen können. Zusammen mit eine 5000+ Erfahrung als Fluglehrer auf normale Sportflugzeuge, habe ich gut das Unterschiedliche Verhalten feststellen können.
Und als Modellflug Pilot fließen alle Erfahrungen zusammen, deswegen kann ich sagen das Wasserflug entweder mit ein Modell oder 1/1 Flieger das Verhalten fast gleich ist.

In Gegensatz zu USA und Canada gibt es in Europa eine sehr gute Infrastruktur so das ein sehr großes Vorteil von Wasserflugzeugen nach einen anfangs guten Start nicht weiter entwickelte und dass die langsam verschwunden oder nur als Luxus Geräte sporadisch noch geflogen werden. Wasserflug fähige Kriegsflugzeuge brachten noch kurze Zeit etwas „Vorteil“.
Nur Schottland, Italien, Norwegen und Schweden haben noch einiges an Wasserfliegen, und in Asien natürlich Länder(Inseln!) wie die Malediven. In Holland gibt es zur Zeit nur 2 Wasserflugzeuge, eine C180 Amphib und eine Catalina. Stellen wo man landen darf sind ernsthaft beschränkt. Und das in so ein Wasserreiches Land!

Kommen wir aber zum Thema: Sind normale Flugzeuge schon ein heftiges Kompromiss: ein schnelles Flugzeug was lange Startpisten braucht oder langsames das von eine Wiese starten kann, hohe Beladung möglich oder Langstrecken fliegen kann, das perfekte Flugzeug was alles macht gibt es einfach nicht.
Ein Wasserflugzeug ist ein noch größeres Kompromiss wie ein Landflugzeug,

Gehen wir davon aus das wir reden über die weidest verbreitete Wasserflieger, Hochdecker mit 2 Schwimmer, dann sind so einige Sachen die man spürt:

Schwimmer der 1/1 Flieger sind nicht geradezu leicht, also ist Steigrate ernsthaft Beschränkt, zb eine 4-sitzige C172 kann man mit Schwimmer nur mit 2 Personen fliegen. Modellflugzeuge werden da einfach über motorisiert, also Teilweise ist das gelöst, das höhere Gewicht bleibt aber. Was im Vergleich mit eine Rad Version, die Stallgeschwindigkeit erhöht.
Das Gewicht der Schwimmer an die Unterseite von ein (Modell) Flugzeug erzeugt sich als eine Art „Pendulen“. Noch mehr wie ein normaler Hochdecker wird die Horizontaltlage stabilisiert vom Gewicht. Rollrate ist beschränkt.
Weil die Hauptmasse der Schwimmer an die Vorderseite liegt, schiebt sich das Schwerpunkt nach vorne, muss ja aber nicht unbedingt schlecht sein, wenn es nur nicht ZU weit nach vorne schiebt.

Schwimmer bilden auch viel extra Luftwiderstand (Parasite Drag). Da sich das an die Unterseite vom Modell abspielt, erzeugen Schwimmer ein Nickmoment von „Nose Down“. Normalerweise wird dies mit Trimmung am Höhenruder geklärt.
Problem fängt aber an wenn Gas weggenommen wird und die Trimmlage gestört wird. Normalerweise geht die Nase runter als Reaktion auf weniger Ziehkraft, beim Wasserflieger bleibt meist (hängt vom Typ ab) die Nase einigermaßen gleich, oder steckt sogar die Nase etwas hoch, was sehr unangenehm ist wegen Stall verfahren.
Mit einem Mischer auf Gas/Höhenruder korrigiere ich selber das Verhalten dass sie sich wie ein „normales“ Flugzeug benimmt. Zb im Endanflug mit Gaskorrektur wirkt das sehr schön aus.

Das richtige Problem ist aber die Richtungsstabilität (Directional Stability), die wird erst gut vergewaltigt von Schwimmer. Richtungsstabilität wird für den größten Anteil verursacht wegen der seitlichen Oberfläche von einem Flugzeug, die soll hinter die Hochachse (aka Schwerpunkt) weitgehend größer sein als die Vorderseite. Gleich wie sich einen Windfahne auch benimmt.
Leider ist die Bootsform der Schimmer an die Vorderseite weit größer als die Hinterseite, also verliert ein Wasserflieger dramatisch an Richtungsstabilität.
Nachhilfe gibt es dann mit extra Senkrechte Teile am Heck, schau mal Bilder an von 1/1 Wasserflieger.

Selber habe ich gespürt das zb die 1/1 Cessna sehr schlecht reagiert auf Querruder, die Nase der Maschine dreht sich fast die Falsche Richtung auf beim Betätigung der Querruder. Meine nicht-akro Modelle fliege ich immerhin schon Seitenruder mit etwa 50% beigemischt, Wasserflieger sollen ab 70% beigemischt werden.
Ja, die Superpiloten machen das natürlich alles selber von der Hand (und schieben dann hin und her im Endanflug bei Turbulenzen….).:)

Aber zunächst kommt der Start.
Hier kommen Aerodynamik und Hydrodynamik zusammen, EIN großes Kompromiss Karneval ist hier angesagt um in die Aktualität zu bleiben.

Wie ein Normales Flugzeug soll es am Ende vom Start mit eine sichere Geschwindigkeit stabilisiert abheben.
Gerade habe ich einen wirklich Bilderbuch Start gefunden ins Netz: http://www.youtube.com/watch?v=-NqzXXFi4ms&feature=related
Besser kann ich es nicht beschreiben als wie der Pilot dies fliegt.

Bevor man startet muss aber wassertaxy gemacht werden und hier kommt de „Rookie“ Pilot schon in die Probleme. Da Modelle eigentlich eine große Windfahne sind und bei 0 Geschwindigkeit keinen Griff „am Boden“ haben, dreht sich die Nase gleich in den Wind und fährt weg bei Verbrennermotoren. Hier ist Elektro definitiv im Vorteil!
Mit etwas Gas dazu kann man ein bisschen lenken, aber ohne Wasserruder wird das nicht einfach sein in Windsituationen einen Vollkreis drehen zu können.
Komisch war meine persönliche Erfahrung das erste mal das ich 1/1 Wasserflug machte. Maschine wird erst gestartet wenn vom Kai weg, Seile los. Gleich nach den Motorstart fing das Teil an zu „rollen“ da war meine impulsive Reaktion zu bremsen. Fluglehrer hat nur heimlich gelächelt, wieder so einen dummen Landpilot!

Zunächst muss man sich gewöhnen an das Wassertaxyen. Was alles geht und was nicht, speziell mit Wind. Das erste Mal nicht bei zu viel Wind fliegen gehen, ein Nachteil von Hochdecker aufs Wasser ist das die schneller umkippen statt ein Tiefdecker. Teilweise wird dies verursacht das den „Abwind“ Schwimmer leicht ins Wasser gedrückt wird und sich die Querlage verschlechtert, so das noch mehr Wind drunter bläst.
So bald das Gas betätigt wird, Höhenruder voll anziehen. Wegen der hohen Lage von der Zieh kraft der Schraube wird die Vorderseite der Schwimmer eintauchen wenn nichts unternommen wird. Mit voll Höhe und nicht gleich Vollgas einschieben kann dies vermeiden werden.
Kurze Gas Stöße beim vollen Seitenruderausschlag helfen dir die Maschine rum zu bekommen. Vorsicht das nicht zu viel Geschwindigkeit ungewollt angenommen wird.

Es gibt allerhand Lösungen für Wasserruder, zu viel hier dies zu verhandeln. Eins an einem Schwimmer geht, einem an jeden Schwimmer ist viel besser. Wenn die auch noch einziehbar sind wie die 1/1 Versionen, ist man topp zugerüstet. Ist aber ne Menge Mehrarbeit.
Es gibt diese als Fertigteil (in zwei Größen): http://www3.towerhobbies.com/cgi-bin/wti0001p?&I=LXE982&P=ML

Starten:
Modell wird genau gegen den Wind gerichtet. Höhe voll gezogen und langsam Gas reinschieben, mit Seitenruder ggf. nach rechts korrigieren wie immer. Versuche Startrichtung bei zu behalten, nicht weg drehen lassen.
Nase steht leicht hoch, die Schwimmer heben sich an der Vorderseite aus dem Wasser (aber die Hinterseite druckt sich ins Wasser).
Beschleunigung wird aber wegen hohen Wasser Widerstand recht schnell ablaufen, das Modell beschleunigt nicht weiter, oder es muss so über motorisiert sein das wegen den hohen Anstellwinkel es aus dem Wasser „gerissen“ wird. Das läuft meist schlecht ab weil die Fläche noch zu wenig Auftrieb hat.
Der Trick ist das der Pilot während das erste Teil vom Start das Höhenruder langsam wieder los lässt.

Schau jetzt noch mal genau die Blohm und Voss Startphase im Video an. Die Bug welle, anfangs an der Vorderseite, schiebt sich nach hinten, bis kurz bevor die Stufe, ideal! Das ganze Gewicht vom Modell wird jetzt getragen in das kleine Bereich zwischen Stufe und Bug welle. Deswegen sollen Schwimmer an die Unterseite auch sehr gute Festigkeit haben, speziell an dieser Stelle!


Was jetzt geschieht, im Idealfall, ist das die Maschine mit die Bug welle als Rotationspunkt, nach vorne kippt. Dabei kommt die Hinterseite der Schwimmer frei vom Wasser und es ist wie ein Schleppanker losgelassen wurde, Widerstand verringert dramatisch und die Beschleunigung geht wieder weiter. Mit das kippen kommt das Modell und die Tragfläche in eine bessere Lage, fahrt zu machen und die Luftströmung über die Fläche sauber laufen zu lassen
Das kippen ist genau zu sehen ins Video!

Die Vorderseite bekommt jetzt „Auftrieb“ wegen Verdrängung vom Wasser, gleich wie ein Wasserschi, treiben tut sie aber nicht mehr.
Maschine nimmt wieder Fahrt an, bis genügend aerodynamischer Auftrieb das ist, und die Maschine abheben kann.
Wird das aber zu zügig gemacht, druckt man die Hinterseite der Schwimmer wieder ins Wasser, wobei Widerstand steigt und Beschleunigung negativ wird.
Wenn das aber mit Gefühl getan wird, hebt die Maschine sicher ab.

Deswegen auch laufen Schwimmer von die Stufe beschaut nach hinten hoch weg, um einigermaßen eine Freiheit zu Bilden das einen leichten Anstellwinkel Vergrößerung gemacht werden kann, ohne wieder ein zu tauchen.

Die Stufe hat noch ein zweites Vorteil, es macht die Wasseroberfläche turbulent, damit es nicht „klebt oder saugt“ an die Schwimmer Unterseite.
Falls die wegen Windstille die Wasseroberfläche spiegelglatt ist, kann es manchmal zu einem „Kleben“ kommen, indem das Modell nicht weg zu fliegen ist, auch nicht mit voll Höhe geben.
Einen Trick ist es dann, mit ein paar Mal hin und her zu Taxien so viel kleine Wellen zu erzeugen das abheben dann wieder möglich ist.
Kommt ein Modell aber erst los nachdem es forciert mit viel Höhenruder "losgerissen" wird, dann muss unmittelbar nach das abwassern das Höhenruder wieder nachgelassen werden, sonst ist Acro in Bodennähe angesagt!

Hält man das Modell aber bei zu hohe Geschwindigkeit ins Wasser, so kann die ziemlich Richtung-instabil werden, es könnte anfangen zu schleudern. Die Amis nennen dies "snaking" (Schlangen krieg bewegung). Manchmal spielt dies so heftig das aussteuern gar nicht möglich ist und entweder einen Schwimmer eintaucht oder die ganzen Schwimmer weggerissen werden!

Fliegen ist weiterhin nur leicht anders als mit ein Landflugzeug, das sollte keine große Probleme geben, da alle die hier lesen keine Anfänger in Modellflug sind.

Landung:
Ist eigentlich wie mit einem Landflugzeug, mit dem Verstanden dass man fast immer gegen den Wind landen kann, was auch erheblich sicherer ist.
Auch ist immer viel Platz verfügbar, ein See ist ja immer größer als 100 X 25 m!
Landegeschwindigkeit sollte nicht zu langsam sein wegen höheren Gewichts.
Meinen persönlichen Vorzug ist zu landen mit etwas Gas drauf, weil auch wieder wegen hohen Luftwiderstands die Geschwindigkeit recht flott abnimmt mit das Gas zu und eine harte Landung folgen kann.
Nur nicht so schnell fliegen (tiefe Nasenlage) das die Vorderseite der Schwimmer ins Wasser stecken, dann ist aber ein SEHR kurzer Landung als Resultat!

Viel Spaß am Wasserflug und hoffentlich trägt dieses Bericht ein bisschen dran bei!

Es gibt hilfreiche Sites ins Netz wegen das Thema, mit vielen Bilder, gerade fand ich ne neue:
http://www.maac.ca/articles/maac_articles.php?art=float
 

Henry Kirsch

Vereinsmitglied
Danke für Deinen tollen Beitrag Richard !!!
Ich werde einiges von dem was Du geschrieben hast das nächste mal mit an den See nehmen :).


Gruß
Henry
 
Gratulation!!

Gratulation!!

Also besser hätte man es wirklich nicht erklären können! Man merkt, das Du schon einige Erfahrung (und auch die Geduld) als Fluglehrer hast!!
 
Gut geschrieben und behandelt eigentlich alles wichtige.

Ein kleiner Tipp für die Landung: prägt euch beim Start ein wie hoch euer Flugzeug die Nase trägt wärend es auf Stufe gleitet. Das ist auch die Richtige Lage beim Landen. Mit Gas dann die Geschwindigkeit und den Gleitweg so steuern, dass ihr in dieser Lage mit geringer Sinkrate das Wasser berührt. Dann Gas ganz raus und Höhe langsam weiter durchziehen um die Nase oben zu halten (Bremst schneller und verhinder einen Überschlag).

Dadurch dass sich das Wasser annähernd immer bewegt (außer es ist Spiegelglatt und es ist sonst keiner auf dem Wasser unterwegs) muss man eigentlich immer ein wenig mit dem Höhenruder spielen um die richtige Lage zu halten.

Ich selbst hab' single und multi engine seaplane ratings auf meinem CPL und knapp 20 Stunden auf J3-Cub, DHC-2 Amphib und UC-1 Twinbee.
 
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