Verdrillen der Kabel zur Unterdrückung von Störungen

Hallo zusammen,

ich habe noch eine Frage an die Fachleute, den Hochfrequenz-Elektronikern:

Kann bitte mal jemand von Euch die physikalischen Gründe benennen, warum
verdrillte Kabel Störungen eleminieren können?

Das trifft vermutlich nicht in jedem Fall zu, wie schon oft zu lesen war.
Oder gilt die entstörende Wirkung verdrillter Kabel generell?

Im Voraus vielen Dank für Eure Antworten.

Dieter Harms <ursus>
 

Pike

User
Hallo,

also wenn sich sonst keiner bereit findet, die lesen wohl alle gerade Harry Potter Teil 6, dann will ich das mal übernehmen.

Bei einer Flachbandleitung bilden die einzelnen Leiter der Flachbandleitung über Servo und Empfänger ein Leiterschleife. Wenn die Leitung in einem elektromagnetischen Feld ist, egal ob nun das Feld nun von unserem Sender, von einem anderen Sender, von sonstigem Funk oder vom Störfeld von Motoren, Zündung oder Knackimpulsen kommt, dann will ein Strom in der Schleife fließen. Der Strom entspricht in seinem Verlauf dabei der Schwingung des Störsignals. Der Strom würde um so größer werden, je größer die von der Leiterschleife umschlossene Fläche ist, daher wäre es auch noch schlimmer, wenn man die Servoleitungen als drei getrennte Einzelleitungen verlegen würde.

Den Effekt kann man nun wunderbar loswerden, indem man die Leitungen verdrillt. Einerseits wird die umschlossene Fläche kleiner, andererseits ändert sich ständig die Richtung der Leiterschleife, sodass die Ströme die entstehen wollten in jeder Teilfläche entgegengesetzt gerichtet sind. So heben sie sich gegenseitig auf.

So, nun lese ich aber auch wieder Harry Potter weiter....

tschüß,
Pike
 
Hallo Pike,

danke, hab ich voll verstanden.
Da sich, wie Du treffend beschreibst, die Ströme durch ihre ständig wechselnde Richtung gegenseitig aufheben, macht das Verdrillen "doch" einen Sinn.
Ich verstehe nur nicht, wieso einige von dieser Methode nichts halten und sogar ihr ihre entstörende Wirkung absprechen?
Ich selbst verdrille die Kabel ja auch. Nachdem ich bei einem E-Segler die Kabel vom Akku zum Regler und auch die zum E-Motor einfach nur zwei bis dreimal rumdrehte (mehr ging nicht, weil zu dick und zu kurz), waren sofort alle Störungen weg und sind bis heute auch nicht wieder aufgetaucht.

Dank Deiner Erklärung weiß ich jetzt auch, warum!

So ... und ich lese in Zukunft besser mehr über Elektronik - lach.

Viele Grüße

Dieter Harms (ursus)
 

Pike

User
Hallo Dieter,

vermutlich hängt bei vielen noch ein Artikel in einer Fachzeitschrift von einem "Offiziellen" des Modellfliegerverbandes im Hinterkopf, der die Streckendämpfung gemessen hat und dabei zwischen verdrillt und nicht verdrillt natürlich keinen Unterschied gemessen hat. Daraus hat er dann abgeleitet, dass Verdrillen völlig unnötig wäre.

Im übertragenen Sinn wäre das so, wie wenn jemand wissenschaftlich fundiert feststellen würde, dass Kopfschmerztabletten keinen Haarausfall verhindern und daraus dann schließen würde, dass Kopfschmerztabletten völlig wirkungslos wären.

tschüß,
Pike
 

matt

User
hallo zusammen,

ja das ist schon eine ewige geschichte mit den verdrillten kabeln. die streckendämpfung zu messen ist ja auch irgendwie sinnlos wenn nur gleichstrom fließt oder eventuelle frequenzanteile sehr niederfrequent sind. der gleichstrominnenwiderstand ist schon viel interessanter, dem ist es allerdings egal ob ein kabel verdrillt ist oder eben nicht. allerdings dachte ich dass parallel verlaufende kabel eine kapazität bilden und dass dadurch ein schwingkreis entsteht welcher irgendwelche frequenzen empfängt und diese dann den empfänger erreichen und diesen dadurch stören. oder liege ich da jetzt total falsch? diese EMV- geschichte ist meist eine sache des probierens...

ciao andreas
 

Armageddon

Vereinsmitglied
matt schrieb:
allerdings dachte ich dass parallel verlaufende kabel eine kapazität bilden und dass dadurch ein schwingkreis entsteht welcher irgendwelche frequenzen empfängt und diese dann den empfänger erreichen und diesen dadurch stören.


Hallo Andreas,

das ist genau der Punkt. Durch das Verdrillen der Kabel wird die Koppelkapazität zwischen den einzelnen Leitern verringert. Dies macht man sich z.b. auch bei Supraleitern zunutze, indem die SL-Filamente verdrillt werden und damit die Wirbelstromverluste im Matrixmaterial zwischen den SL-Filamenten minimiert werden (wenig Kopplung --> geringe Ausgleichsströme)

Gruß Kai
 

matt

User
Es ist nicht gesagt dass sich durch das Verdrillen überhaupt irgendetwas ändert! Ich hatte zum Beispiel in einer F3A-X Maschine massive Störungen am Gasservo, wohlgemerkt mit verdrillten, sogar geflochtenen Servokabeln. Ich habe das Gasservo getauscht und schon war Ruhe. Das Dumme ist nur dass das vermeintlich kaputte Gasservo eigentlich ausgezeichnet funktioniert, nur durch das Zusammenkommen vieler ungünstiger Bedingungen den Dienst verweigerte, bzw. zitterte. Wie gesagt, HF-Technik ist ein sehr komplexes Feld und wer sich mal damit beschäftigt hat weiß dass man nicht alles berechnen kann sondern vieles probieren muss.

Salü Andreas
 

Pike

User
Wenn man noch bedenkt, dass bereits wenige "Drills" schon eine große Wirkung zeigen, sich mit vielen Drills dann aber nicht mehr so viel tut, dann würde ich annehmen, dass die Koppelkapazität eher ein untergeordneter Faktor ist.

Mensch Kai, wie wäre es denn beim nächsten Modell mal mit supraleitenden Servokabeln? ;) - Obwohl ich das mit den "SL-Filamenten" ehrlich gesagt ohnehin nicht verstanden habe - aber das liegt an mir.

Pike
 

Pike

User
Hallo Andreas,

es gibt ja auch noch andere Fehler- und Störquellen. Ein Allheilmittel ist das Verdrillen natürlich nicht!

tschüß,
Pike
 
Hallo!

Bringen eigendlich Klapp-Ferritkerne zu Störunterdrückung etwas???
Da gibt es ja auch verschiedene Meinungen darüber!
Kann das mal jemand erklären was die Dinger eigendlich machen???!!!!

MFG Christian
 
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