Wölbklappenautomatik

Hallo Profilspezis,

es geht um eine automatische Erkennung der optimalen WK-Stellung, um den Piloten zu entlasten. Zunächst hier für Manntragende betrachtet, aber auch aufs Modell übertragbar (Studienentwurf). Uns ist bei näherer Betrachtung verschiedener Polaren jedoch ein Verständnisproblem aufgetreten.

Unser Denkansatz:
Zu jedem Anstellwinkel eines Profils gehört immer genau ein bestimmter opt. Klappenausschlag. D. h. man kann den Anstellwinkel messen (Windfahne an Poti) und dann mit etwas Elektronik die erf. WK-Stellung zur Anzeige bringen oder die WK direkt ansteuern.
Rein Anschaulich betrachtet ist es so, dass bei einem Standardklasse-Flieger (z. B. Discus, ohne WK) bei langsamer Beschleunigung von 80 auf 160 km/h sich der Anstellwinkel kontinuierlich verringert, was am Horizontbild ablesbar ist. Geschätzt neigt sich die Rumpflängsachse in diesem Bereich um etwa 10°. Bei einem WK-Flieger, z.B. ASW20, fällt bei Benutzung der WK diese Winkeländerung kleiner aus, geschätzt 5°, das Horizontbild ändert sich weniger. Jedoch ist dieser Effekt vorhanden, und soll hier als Messgröße dienen.

Das Problem:
Als Beispiel hier die Polare eines Wortmann FX 79 bei den Klappenstellungen +10°(rosa) , +5° (schwarz), 0° (türkis), -5° (blau)

fxPolare 1.jpg

Zu erkennen ist, dass oberhalb eines ca=0,8 die 10°-Stellung am effektivsten ist. Der zugehörige Anstellwinkel ist -2°. Unterhalb eines ca=0,5 sind -5° optimal. Mit zugehörigem Anstellwinkel von + 3,8°. Das kann doch nicht sein!!??? Das heißt ja, man fliegt im Langsamflug mit Schwanz in der Höh` und im Schnellflug hängt er herunter.

Zudem noch:
Der Winkel zwischen Rumpflängsachse und Profilsehne, auf den der Anstellwinkel bezogen ist, verändert sich mit dem Klappenausschlag. Dies vergrößert diese Differenz noch.

Wo ist der Denkfehler?? Wo ist der Haken ?? Wer hat den Durchblick??
Ist wahrscheinlich ne Kleinigkeit, wir kommen aber einfach nicht drauf.

mfg Torben (einer von momentan 2 planlosen Studenten)
 
Habt ihr auch berücksichtigt, dass sich der Nullanstellwinkel bei fahren der Wölbklappen ändert. Dadurch verändert sich dann natürlich auch der Winkel mit dem der Rumpf "in der Luft hängt". Nur mal so ein Gedanke.

Christoph
 
Hallo zusammen,


Danke für die Antworten,

@Christoph:
hält man die Geschwindigkeit konstant und fliegt mit 1g, dann bleibt ca konstant, z.B. ca=0,5. Wölbt man dabei langsam von -5° nach +10°,erkennt man aus der Polare, dass sich der Anstellwinkel am Flügel von +4° auf-4,5° verringert. Dabei neigt sich der Rumpf natürlich mit nach vorn. Sogar noch etwas mehr als die 8,5°, weil sich wie oben beschrieben der Winkel zwischen Rumpflängsachse und Profilsehne, auf den der Anstellwinkel bezogen ist, sich mit dem Klappenausschlag verändert. Dies vergrößert diese Differenz noch. Ich denke, das haben wir berücksichtigt.

!Es geht hier immer um die opt. Punkte. Beim oben genannten Vorgang ist das die -5°-Stellung, die für ca=0,5 verwendet wird. Für jedes ca ist immer eine Klappenstellung optimal.

@Sebastian:
Ja, Mü 28 ist bekannt. Gibt auch eine LS3 mit der Mechanik. Funktioniert recht gut. Die Anstellwinkeländerung wird jedoch indirekt verwendet. Die Klappen schlagen bei Geschwindigkeitsverringerung und/oder g-Erhöhung nach unten aus. Der Ausschlag ist dabei leider unabhängig von der Flächenbelastung. Bei unserer Messung des Anstellwinkels wird sie jedoch automatisch berücksichtigt. Statt den Anstellwinkel zu messen, kann man ihn auch aus Geschwindigkeit, Flächenbelastung, Klappenausschlag und g-Belastung errechnen. Ist zunächst schwieriger umzusetzten, aber man spart sich den Anstellwinkelmesser in der Strömung.


Soweit unsere Überlegungen. Wir suchen immer noch den Haken dabei...

mfg Torben
 

kurbel

User
Ich weiss nicht, wie es das von dir verwendete Prog es hält, aber XFoil verwendet immernoch die "alte" Profilsehne als Referenz, auch wenn eine Klappe ausgeschlagen wird. Wenn man einen Klappenausschlag hineinfummelt und will, dass die sich neu ergebende Sehne als Bezugsrichtung bei den weiteren Berechnungen verwendet wird, erreicht man das im Falle von XFoil mit dem Befehl 'dero' (derotate). Die Anweisung bewirkt, dass das neu entstandene "Profil" um seine Vorderkante soweit gedreht wird, bis die Hinterkante wieder auf gleicher "Höhe" liegt, wie vor dem Klappenausschlag. Ist aber meist garnicht sinnvoll, so vorzugehen, denn tatsächlich wird ja bei Klappenausschlägen auch nicht der ganze Flügel gegenüber dem Flugzeugkoordinatensystem verdreht.
Was kommt also bei euch heraus, wenn ihr die Differenz der "neuen" Sehne zur "alten" Sehne einfach mal gar nicht berücksichtigt? Wird dann eher plausibel, oder? Dann könnte das schonmal ein "Bug" in eurer Rechnung sein...

Muss zugeben, hab mich in das Beispiel auch noch nicht richtig reingedacht...


Kurbel
 
Moin,


@Kurbel

Ah, ein Akaflieger, die Rettung!!

Sehr hilfreich wäre zu wissen, ob du o.g. Denkansatz zustimmen kannst. Dann liegen wir mit den realen Verhältnissen schonmal richtig, es ist wirklich nur ein Denkfehler und wir fühlen uns schonmal besser ;-). Wir haben bislang keine WK-Flieger geflogen, nur das da www.delphineins.de, daher sehr beschränkte Erfahrung bez. Anstellwinkeländerung über die Geschwindigkeit.

Das Programm überprüfen wir nochmal bez. "alter" oder "neuer" Profilsehne bzw. machen Vergleich mit XFoil (müssen uns aber erstmal da einarbeiten).

Aber egal wie man es nimmt, ist nach der Polare die Differenz der Rumpfsehne [fett]mindestens[/fett] die o.g. 5,8° in die anschaulich verkehrte Richtung. Hmm...


mfg Torben
 

kurbel

User
thermik-torben schrieb:
Unser Denkansatz:
Zu jedem Anstellwinkel eines Profils gehört immer genau ein bestimmter opt. Klappenausschlag.
Ich schätze, das kann man so allgemein nicht annehmen. Eher könnte man sagen, dass es zu jedem ca einen opt. Klappenausschlag gibt.
thermik-torben schrieb:
D. h. man kann den Anstellwinkel messen (Windfahne an Poti) und dann mit etwas Elektronik die erf. WK-Stellung zur Anzeige bringen oder die WK direkt ansteuern.
Evtl. ist es sinnvoller die Klappe so zu fahren, dass der gemessene Flugzeuganstellwinkel immer (nahezu) konstant gehalten wird. Kuckt mal in eure Polare rein, könnte doch ganz gut passen, wenn man den Anstellwinkel bei etwa 2° hält. Allerdings kann man dann auch gleich das Flugzeug so auslegen, dass die Fahrt mit der Wölbklappe gesteuert wird (ohne irgendwelche abgefahrenen Regelkreise) und dabei immer mit nahezu optimaler Stellung fliegt. Ist im Prinzip state of the art und hat sich wohl zu Recht durchgesetzt. Dabei sind meist auch nicht mehr als eine handvoll Stellungen nötig, um so nah am Optimum zu bleiben, dass es im Rahmen der Messgenauigkeit nicht besser geht (bzw. nicht lohnt mehr Aufwand zu treiben).
thermik-torben schrieb:
Rein Anschaulich betrachtet ist es so, dass bei einem Standardklasse-Flieger (z. B. Discus, ohne WK) bei langsamer Beschleunigung von 80 auf 160 km/h sich der Anstellwinkel kontinuierlich verringert, was am Horizontbild ablesbar ist. Geschätzt neigt sich die Rumpflängsachse in diesem Bereich um etwa 10°. Bei einem WK-Flieger, z.B. ASW20, fällt bei Benutzung der WK diese Winkeländerung kleiner aus, geschätzt 5°, das Horizontbild ändert sich weniger.
Hm, hab nie so sehr drauf geachtet, aber die Änderung der Längsneigung ist wirklich sehr klein über einen weiten Bereich.

Ein weiteres Problem, welches bei solchen Regelsystemen auftreten kann, ist, dass es evtl. sehr gewöhnungsbedürftig fliegen wird. Wann immer die Automatik die Klappe verstellt, ändert sie damit automatisch gleich das ca, sie pfuscht dir also in deine Steuereingaben mit hinein und macht dir so das Leben schwer...

Btw., die Automatik der Münchner misst ja auch keine Anstellwinkel, sondern im Grunde Luftkräfte und Beschleunigungen. Man kann sie also eher als ca-abhängige Betätigung betrachten, ist wohl auch der Grund, warum sie recht passabel funktioniert.

Kurbel
 

Steffen

User
Hi,

die Punkte von Kurbel sind genau richtig. Der Anstellwinkel ist keine zwingend ein deutige Führungsgröße für die Wölbklappenstellung.

ca ist die einzig allein gültige Führungsgröße.

Die Frage stellt sich also, welche Führungsgrößen unter Umständen hinreichend gut sind. Am Anstellwinkel wage ich dabei sehr zu zweifeln.

Die Mü28 und die LS3 Automatik haben Klappenkraft gegen Beschleunigung eingesetzt. Das sind bei den verwendeten Profilen hinreichend gekoppelte Größen, wobei die LS2 zusätzlich eine Zusatzklappe benötigte um die Kraftverläufe der Klappe anzupassen.

Bei den modernen Profilen würde dies aber wahrscheinlich nicht mehr funktionieren. Die Klappenmomente sind teilweise im Charakter erheblich anders, als man es von der vorherigen Generation gewohnt ist.

Die Frage, welches Verfahren gültig ist, muss also am Profil und dem Projekt im speziellen festgemacht werden, allgemeingültig ist nur die Lösung über das ca.
Das ca könnte man über einen Umweg bestimmen: Staudruck, Lastvielfaches und eine Vorgabe der Flächenbelastung lassen eine Bestimmung des ca zu.

Wenn also schon elektronisch dann denke ich, dass die Lösung mit einem Microcontroller mit Beschleunigungs und Staudrucksensor die beste Lösung ist, zumal Regelkonstanten (Zeitkonstanten und Betätigungsgeschwindigkeit) dann bequem gewählt werden können.


Ciao, Steffen
 
elektronischer Faden

elektronischer Faden

Danke für die Antworten, jetzt wissen wir, wo die Reise hingeht:

Steffen schrieb:
allgemeingültig ist nur die Lösung über das ca.
Das ca könnte man über einen Umweg bestimmen: Staudruck, Lastvielfaches und eine Vorgabe der Flächenbelastung lassen eine Bestimmung des ca zu.

Wir haben noch einen fachkundigen Bekannten gefragt; seine Meinung ist mit eurer weitgehend deckungsgleich und steht weiter unten.

Bevor wir Windfahne + Poti endgültig begraben, was meint ihr zu diesem Ansatz: Verwendung als "elektronischer Faden" zur automatischen SR-Steuerung, besonders für größere Modellsegelflugzeuge. Da kann der Pilot nicht den Faden sehen ;-) und dementsprechend wird dann um die Hochachse geeiert, schön zu sehen bei Kreisrichtungswechseln, langsam geflogen. Sicherlich wird es manche Piloten wenig interessieren, ob ihr Rumpf immer schön von vorn angeströmt wird. Mich stört das aber schon mächtig.

Es gibt mehr schlecht als recht wirkende Hilfskrücken, z.B. automatische Zumischung von SR auf Quer. Das passt leider immer nur für eine Geschwindigkeit, so dass ich z. B. das SR in 3 Stufen zuschalten kann: Schnellflug = kein SR, Langsam = QR nimmt SR voll mit. Ist aber echt eine Krücke. Habe es daher mal mit einem Kreisel probiert, der wirkt zwar, aber nicht direkt genug und zu wenig. Gescheitert bin ich auch schonmal mit einer mechanischen Lösung des Problems: 2 Spiralfedern in die SR-Anlenkung meiner 4m-ASW27 gehängt, um das Ruder vom Servo zu entkoppeln. Mit dem Ziel, daß bei hoher Geschwindigkeit der Staudruck das SR wieder in Neutrallage drückt. Dann gab es aber SR-Flattern, weil das Ruder natürlich kein Masseausgleich hatte...

So eine Elektronik wär also auch hier die Lösung! Am QR rumfuchteln wie man will und Anströmung automatisch immer von vorn.

Was meint ihr? Sinnvoll? Wie umsetzen?


Das meint unser Bekannter:

"Moin moin ihr Optimierer !

Gestattet mir eine grundsätzliche Antwort:
1) Der Flügel produziert Auftrieb durch umlenken eines Luftstromes.
Dieses geschieht durch Verdrehen der Profilhinterkannte.
Dann ist Anströmung = horizontel und Abströmung=Hinterkannten-Richtung.
Beim Flügel ohne Wölbklappe muß man das ganze Flugzeug verdrehen, also die Rumpflängsachse mitnehmen.
Die Umlenkung ergibt den Auftriebsbeiwert CA.

2) Laminarprofile funktionieren in einem kleinen Bereich der "Umlenkung" besonders gut.
Dieser CA-Bereich kann vergrößert werden indem eine Wölbklappe dazu wölbt.
Dann wird die (laminare) Nase weiterhin ~horizontal angeströmt, und die
Hinterkannte lenkt die Luft etwas stärker um.

3) Es gibt zu jedem CA einen günstigsten Klappenausschlag.
Bei genügend feiner Klappenstufung kann eine einhüllende Polare
geflogen werden, die in allen-außer-einem-Punkt besser ist als eine Festprofilpolare.

4) Bei Wölbklappen ist die Rumpflängsachse nicht mehr direkt mit der
Nullauftriebsachse des Flügels gekoppelt.
Man kann also nicht mehr das CA des Flügels aus dem alpha des Rumpfes messen.
Wenn die Klappenausschläge weit gestaffelt sind so können sich die
beschriebenen Phänomene ergeben (Nase höher bei höherer Geschwindigkeit)
Es reicht also nicht den Rumpfwinkel zu messen um die Klappenstellung zu finden.
Bei ASW20 wird aber zur Kontrolle empfohlen per Wasserwaage oder Augenmaß zu kontrollieren
ob der Rumpf immer waagerecht steht. Dieses gilt jedoch nur für den dort verwendeten
Profil- und Klappentyp, sowie den gewählten Einbauwinkel von Rumpf und Flügel.

5) Zur Bestimmung der besten Klappenstellung muß das CA und die beabsichtigte Änderung erfast werden.
Das CA ergibt sich aus CA = (Lastvielfaches x Flächenbelastung x g / Staudruck)
a) Man nehme also im einfachsten Fall einen Fahrtmesser und klebe sich für die momentane Flächenbelastung
eine Klappenstellungs-Skala aussen herum. Diese gilt dann für Lastvielfaches = 1 (Geradeausflug)
Beim engen Kurbeln gibt es m.E. nur eine gute Klappenstellung, also benötigt man kein Instrument.
b) Wenn man verscheidene Flächenlasten fliegt, so findet sich evtl ein Ring um den Fahrtmesser
der die empfohlenen Klappenstellungen abhängig von Speed und eingestellter Flächenlast anzeigt.
(ähnlich McCready Ring)
c) Wenn man eine Klappenautomatik haben will die auch den Kreisflug mit abdeckt,
so messe man das Lastvielfache, z.B. mit einem Gewicht an einer Feder und übertrage den Wert auf ein Poti...
c) Die geplante Änderung der Geschwindigkeit ist wichtig wenn man sehr dynamisch fliegen will.
Beim Hochziehen aus dem Schnellflug will man ein erheblich größeres CA erzielen als es bei dieser
Flächenlast und Geschwindigkeit im Horizontalflug zu empfehlen wäre.
Eine Full-authority-Klappenautomatik kann dabei evtl. durcheinander geraten.

Das soll erst mal reichen"


mfg Torben
 

kurbel

User
Klingt recht vernünftig, was dein Kumpel da so schreibt.

Eine Seitenruderautomatik kann schon eher funzen, allerdings sollte man sich dann nicht unbedingt den zusätzlichen Widerstand eines Windfähnchens ans Knie nageln. Besser (auch mechanisch weniger empfindlich) wäre sicher, eine Drei(oder mehr)lochsonde zu benutzen, oder die Rumpfnase zu einer solchen zu machen. Man kann dann mit (mindestens) zwei Relativdrucksensoren recht genau den Schiebewinkel bestimmen. Eigentlich eine sehr saubere Lösung, mechanisch einfach und technisch elegant.

kurbel
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten