Wer schon schläft sollte lieber am nächsten Tag schreiben....
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Hallo Wolfgang!
Danke für Deinen Einwand! Das kommt davon, wenn man mal eben vor dem Schlafen Gehen eine Antwort schreibt – man vergisst etwas. Natürlich hast Du Recht, dass der Motorseitenzug ein Giermoment kompensieren soll, welches durch das Seitenleitwerk (SLW) und den „rollenden Luftzylinder“, durch den sich das Modell bewegt, entsteht.
Genau wie Du auf Deiner Seite beschrieben hast, führt die rotierende Luftschraube dazu, dass die Luft sich um den Rumpf und somit später auch „gegen“ das SLW „dreht“. D. h. die Luftströmung liegt nicht mehr sauber parallel zur Rumpflängsachse. Infolge dessen wird das SLW beim Geradeausflug auch nicht mehr unter einem Anstellwinkel von 0 ° angeströmt, sondern um einen von 0 ° verschiedenen Anstellwinkel. Die durch diesen Anstellwinkel erzeugte Seitenkraft („Auftriebskraft“) am SLW führt zu einer horizontal, senkrecht zur Rumpflängsachse wirkenden Kraft, welche mit dem SLW-Hebelarm ein Gieren des Modells herbeiführt. Dieses Gieren kann durch einen entsprechenden Motorseitenzug kompensiert werden. So weit so richtig und soweit sind wir einer Meinung.
ABER
Nichts desto trotz entsteht – so wie ich es in meinem vorigen Beitrag geschrieben habe – durch den Luftschraubenantrieb sehr wohl ein Rollmoment!!! Dein Einwand,
Wolfgang Kouker schrieb:
„Der kompensiert KEIN Rollmoment des Motors…“
...ist meiner Ansicht nach nicht richtig! Aus folgendem Grund:
Die Luftschraube verursacht neben ihrem Vortrieb, der durch den „Auftrieb“ der Luftschraubenblätter entsteht, natürlich auch Widerstand: Profilwiderstand und induzierten Widerstand. Aufgrund dieser Tatsache entsteht eine „Rotation eines Luftzylinders“. Rotationsachse ist in etwa die Luftschraubenachse. Durchmesser dürfte um einiges größer als der Luftschraubendurchmesser sein. Drehrichtung ist gleich der Luftschraubendrehrichtung. (Wie schön, dass wir uns bis hierher mit Sicherheit einig sind – Deine Abbildung finde ich übrigens Klasse.) Jetzt der Knackpunkt: Hast Du Dich mal gefragt wie groß dieser Luftzylinder ist? Bei entsprechender Luftschraubendrehzahl, -steigung, -durchmesser sowie Fluggeschwindigkeit und Zeit ist er ganz schön groß. Dieser schöne Luftzylinder hat natürlich auch eine schöne Masse. Diese Masse (den Körper Luftzylinder) in Rotation zu versetzten bedarf einer Kraft. Diese wird durch das Drehmoment der Luftschraube aufgebracht (letztendlich natürlich durch den Motor). Das erzeugt aber ein Drehmoment in entgegen gesetzter Richtung, welches sich als ROLLMOMENT auf das Flugmodell ausdrückt.
Frag´ doch mal einen Heli-Piloten, ob er ohne Heckrotor fliegen kann.
Oder einen Flächenmodell-Piloten, ob er ohne Querruder, die bis an den Rumpf reichen (Flaps), längere Zeit stationär Torquen kann.
…Also dieses definitiv vorhandene unerwünschte Rollmoment muß jetzt sehr wohl kompensiert werden! Am trivialsten wäre das natürlich durch ein gleich großes entgegen gesetztes Rollmoment. Die Querruder könnten dafür her halten. Beschert uns aber das Problem, dass wir dann den zur Kompensation angestrebten Querruderausschlag ständig der Luftschraubendrehzahl (und weiteren Parametern) anpassen müssten. Fazit: i. A. zu aufwendig.
Der Motorseitenzug stellt hier über einen Umweg eine passable Lösung dar. Der Umweg ist das Giermoment. Unter der Vorraussetzung, dass wir eine V-Form am Modell haben, erzeugt das Giermoment ein Rollmoment. Wie kann ein Giermoment ein Rollmoment erzeugen? – Auf die gleiche Weise, wie man Modelle mit V-Form ohne Querruder nur mit Seitenruder fliegt.
Beispiel: Wir schauen vom SLW aus auf unsere Luftschraube. Die dreht sich aus dieser Sicht im Uhrzeigersinn. Das erzeugt aufgrund der Beschleunigung des Luftzylinders ein unerwünschtes Rollmoment entgegen dem Uhrzeigersinn (also Rollmoment nach links). Angenommen wir verbauen den Motor mit Motorseitenzug nach rechts, dann erzeugt der Motorseitenzug nach rechts auch ein Gieren nach rechts. Das Gieren erzeugt eine Fluglageänderung. Das Modell beginnt zu schieben (linke Tragflächenhälfte leicht vorraus). Das Schieben verursacht eine Anstellwinkeländerung der Tragflächenhälften: Linke Hälfte größerer Anstellwinkel und rechte Hälfte geringer Anstellwinkel. Dies führt zu unterschiedlicher Auftriebkraft an linker und rechter Tragfläche: Links mehr Auftriebskraft, rechts weniger…. et voilá…
wir haben ein Rollmoment nach rechts. Genau das wollten wir zur Kompensation haben. Das Beste daran. Je höher die Luftschraubendrehzahl desto höher das unerwünschte Rollmoment, ABER auch desto höher das gewünschte Giermoment welches uns das kompensierende Rollmoment herbeiführt. Das kompensierende Rollmoment wird also ständig dem störenden Rollmoment in etwa angepasst. Haken an der Sache: Es geschieht leicht zeitlich verzögert und die Rollmomente kompensieren sich nicht immer exakt zu 100 %. Das fällt aber in der Praxis kaum auf und die Nachteile dürften geringer sein, als bei den meisten Alternativen. Somit stellt das eine gute Lösung dar.
Um Spitzfindigkeiten vorzubeugen: Ich bin mir natürlich bewusst, dass es eine Vielzahl weiterer Aspekte gibt, von denen ich hier aber mal abstrahiert habe, um den Text nicht noch weiter ausufern zu lassen. Diese weiteren Aspekte wären: rotierender Luftzylinder beeinflusst aerodynamische Anstellwinkel rumpfnaher Tragflächenspannweitenabschnitte und führt somit zu Rollmoment. Ähnliches gilt für das Höhenleitwerk, Fahrwerksbeine, etc. Auch die Oberflächenreibung am Rumpf könnte von Relevanz sein. usw. und so fort. Diese Dinge dürften aber nur geringe Gewichtung am Ganzen haben. Das Entscheidende ist oben beschrieben.
Liebe Grüße
Quaxx