Flugeigenschaften glatte Folie - Gewebefolie

kioto

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Bei diesem Modell sollte es egal sein

Bei diesem Modell sollte es egal sein

Hallo Werner,
Dein Modell hat 400mm Flächentiefe und eine Profil mit 13% Dicke. Eingesetzt als Trainer oder Schlepper ist es sicher ausreichend motorisiert und fliegt es immer in einem Bereich RE-Bereich, wo die Oberfläche kaum noch Einfluß hat.

mfg Werner am NO-Kanal
 

Relaxr

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Hat er nicht gesagt, die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass es so ist. Nur du wirst es wirklich testen können. Bei nem oft genutzten Schlepper ist glatt vielleicht auch pflegeleichter, da gehen die Mücken beser runter :D
Gruss Markus
 

Quaxx

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Hallo!

Auswirkungen auf die Flugeigenschaften?

Betrachten wir zunächst die Unterschiede der Folie. Ich habe Gewebe-Folie noch nicht verarbeitet. Bis jetzt hab ich immer glatte Bügelfolie verwendet oder eine Papierbespannung oder beplankte Flügel lackiert. Ich gehe aber vermutlich recht in der Annahme, das Gewebefolie eine rauere Oberfläche besitzt als typische Bügelfolie. Ferner bietet Gewebefolie vielleicht Vorteile in Sachen Festigkeit. Ich halte somit mal als Unterstellung fest: Gewebefolie ist rauer und fester als typische glatte Bügelfolie (eben aalglatt und mäßig fest).

aerodynamische Auswirkungen
glatte vs. raue Folie
Prinzipiell gilt, dass raue Oberflächen mehr Luftwiderstand erzeugen als glatte Oberflächen, weil die Reibung zwischen Grenzschichtströmung und der Oberfläche bei rauer Oberfläche größer ist, als bei glatter Oberfläche. Diese Aussage trifft pauschal und so gut wie immer zu. Es gibt aber eine einzige Ausnahme:

Wenn Deine Re-Zahlen am Flügel gerade so klein sind, dass der Flügel eben mal gerade so unterkritisch umströmt wird. Wären die Re-Zahlen größer würde Dein Flügel überkritisch umströmt. Das jetzt mal so als Annahme für die Ausnahme. Dann würde folgender Effekt eintreten. Benutzt du jetzt die glatte Folie arbeitet Dein Flügel unterkritisch und erzeugt viel Luftwiderstand, nur wenig Auftrieb und zeigt ein wackliges Moment. Benutzt Du hingegen die raue Gewebefolie, entsteht weniger Luftwiderstand, mehr Auftrieb und eine geglättete angenehmere Momentenentwicklung, weil Du Deinem Flügel eine überkritische Umströmung gönnst, die dadurch herbeigeführt wird, dass die laminare Strömung früher in turbulente Strömung umschlägt. Dies ist aber die einzige Ausnahme, wo die raue Oberfläche Vorteile hat.

Hast Du so kleine (kritische) Re-Zahlen? - Bei einem so großen (420 mm Flügeltiefe) und "schweren" (="schnellem") Flugmodell wie Deinem, hast Du definitv eine überkritische Flügelumströmung. Eine raue Oberfläche wird Dir am Flügel KEINEN Vorteil bringen. Die glatte Folie wäre besser. Das Gleiche gilt für den Rumpf. Beim Leitwerk würde ich überlegen - kommt aufs Profil drauf an. Bei ebener Platte würde ich zur glatten Folie raten. Wenn keine ebene Platte, dann würde ich auf die Re´s schauen. Bei größer 120.000 würde ich zur Glatten raten, sonst zur Rauen, aber NUR fürs Leitwerk.

Welche Vor- und Nachteile bringt es jetzt? Bei Dir gilt: glatte Folie am Flügel und Rumpf = weniger Luftwiderstand. Dein Flugmodell erreicht eine höhere Höchstgeschwindigkeit, steigt besser und gleitet weiter bei Motorausfall und braucht im Kraftflug weniger Spritt und kann dadurch länger ohne Tankstopp fliegen. Alle diese Vorteile werden aber nur von ganz geringem Ausmaß sein! Wahrscheinlich nur wenig oder sogar kaum spürbar in der Praxis. Aber warum Vorteile verschenken, wenn es sie definitiv gibt!?

Festigkeit. Vielleicht ist die Gewebefolie fester und verbessert die Torsions- und Biegesteifigkeit von Flügel, Rumpf und Leitwerk im Gegensatz zur glatten Folie ohne Gewebe.

Liebe Grüße
 
Die Theorie ist schon abgehandelt, kommen wir zur beliebten Praxis im Bastelkeller und auf dem Modellflugplatz. Lange Jahre haben mein bester Freund und ich die Oracover Folien eingesetzt, vor allem die normale Oracover und Oratex Gewebefolie. Daher sind mit diesen beiden Typen Folie viele Erfahrungen vorhanden, die ich gerne ausplauder.

Mechanische Festigkeit: glatte Oracover stabilisiert einen Flügel deutlich besser als Oratex Gewebefolie. Dafür ist Oratex wesentlich unempfindlicher gegenüber mechanischen Einwirkungen wie einem Rempler mit der Bespannung gegen eine Türklinke. Das Gewebe reißt nicht so schnell ein und eine Delle läßt sich schnell heraus föhnen. Gewebefolie kann einfach ohne große Vorbehandlung lackiert werden. Bei Verbrenner-Modellen ist dies sogar ratsam, da sonst Spritrückstände und Öl in die Struktur eindringen und die Folie mit der Zeit speckig und unansehnlich machen. Außerdem wird dadurch die Stabilität des Flügels erhöht.

Flugeigenschaften: hier kann ich eine alte Svenson "The Duke" zum Vergleich hernehmen. Mein bester Freund hat bisher 2 gebaut und sie immer mit Gewebefolie bespannt. Die erste Duke flog mit einem Viertakter, war leicht und ließ sich zur Landung langsam reinfliegen und aushungern. Die zweite Duke wurde gleich als E-Modell geplant, und selbst mit dem Übergewicht eines "Retro-Antriebs" (20 Ni-MH Zellen und 650 Gramm E-Motor) bleibt ist sie in jeder Situation gutmütig und läßt sich recht langsam fliegen. Beim überziehen sackt sie nur durch und nimmt die Nase runter. Im Vergleich dazu hatte ein Vereinskollege seine Duke mit glatter Folie bespannt, diese flog mit einem Viertakter und war auch leicht. Sie konnte in den Langsamflugeigenschaften nicht mithalten und konnte auch nicht so stark ausgehungert werden zum aufsetzen. Beim überziehen wurde sie um die Längsachse nervös und konnte schonmal 30 - 60 Grad um die Längsachse kippen.

Wer noch den Elektro-Uhu von Graupner kennt, der weiß: das Teil ist eigentlich kein Wunder im Segelflug und oft zu schnell wieder unten. Beim Flugschulbetrieb mit einem solchen E-Uhu habe ich einmal einen kurzen Regenschauer erwischt, und auf einmal wollte er nicht mehr runter. Die Tragfläche war oben durch die feinen Regentropfen rauh geworden und damit segelte er viel besser, konnte auch langsamer geflogen werden. Und auf einmal reagierte er auf Thermik, statt runter zur Landung zeigte er, daß er wieder hoch wollte. Nach diesem Flugtag wurde die Fläche des E-Uhu mit Klarlack angesprüht, und zwar aus größerer Entfernung als man dies beim normalen lackieren macht. Die so entstehende, leicht rauhe Oberfläche verbesserte Die Flugleistung im Segelflug gegenüber der glatten Oberfläche wieder deutlich.

Für schnell fliegende Modelle ist Gewebefolie nicht so gut, da die rauhe Oberfläche ab einer bestimmten Geschwindigkeit zuviele Verwirbelungen erzeugt und damit zur Luftbremse wird. Hier kann der trick mit dem Klarlack aber helfen, das Modell bei Start und Landung etwas unkritischer zu machen. Für langsamer fliegende Modelle ist Gewebefolie oft im Vorteil, solange nicht die zusätzliche Stabilität glatter Folie wie Oracover benötigt wird. Der Flügel sollte schon im Rohbau verdrehsteif sein, ein weicher Flügel kann mit Gewebefolie im Schnellflug plötzlich zu flattern beginnen. Bei Oldtimern ist Gewebefolie alleine von der Optik her eine sehr gute Wahl, ob lackiert oder einfarbig Antik.
 
Danke Quaxx,

da werde ich bei der glatten Folie bleiben.
Die Gewebefolie ist etwas fester, der Unterschied ist aber für meine Zwecke nicht entscheidend.
 

Quaxx

User
gern Phöbus;)

@Schorch und Phöbus
Danke auch an Euch, für die für mich sehr interessanten Infos. Wie gesagt, kenne ich Gewebe-Folie NICHT aus eigenem Gebrauch. Serwohl aber die glatte Folie von Oracover, Graupner-Zeugs (Name vergessen) und Noname-Folien, sowie alternativen Bespannungen wie Papier und lackierter Beplankung.

Für mich ist neu und sehr interessant, dass Du, Schorch, die Erfahrung gemacht hast, dass glatte Folie fester als Gewebe-Folie ist. Ich glaube Dir natürlich, was Du aus Erfahrung schreibst, bin aber sehr überrascht. Hätte jetzt spekuliert, dass die Gewebe-Folie fester ist als glatte Folie. Aber genau das Gegenteil sagt Deine Erfahrung aus, Schorch. Phöbus hingegen, hat die Ansicht oder Erfahrung, dass die Gewebe-Folie fester ist. Jetzt bin ich ganz verwirtt:confused:. Vielleicht seid Ihr beiden - und gern auch andere - so nett und äußert Euch noch ein bisschen zur Festigkeit der verschiedenen Folien. Schorch, es ist tatsächlich Deine Erfahrung, dass glatte Folie fester als Gewebefolie ist?

Interessant wäre vielleicht auch ein etwaiger Gewichtsunterschied. Und die Einfachheit der Verarbeitung. Ich hab mit glatter Bügelfolie gute Erfahrung gemacht und kann nach etwas Übung jetzt sehr gut faltenfrei und blasenfrei Folie bügeln. Wie sind Eure Erfahrungen? Insbesondere auch mit Gewebefolie.

Ganz liebe Grüße
 
Für mich ist neu und sehr interessant, dass Du, Schorch, die Erfahrung gemacht hast, dass glatte Folie fester als Gewebe-Folie ist. Ich glaube Dir natürlich, was Du aus Erfahrung schreibst, bin aber sehr überrascht. Hätte jetzt spekuliert, dass die Gewebe-Folie fester ist als glatte Folie.
Bei der Verstärkung der Fläche geht es vor allem um Torsionsfestigkeit. Und dazu muss die Haut schiebefest sein. Gewebe sind das von Natur aus nicht, da sich die Fäden gegeneinander verschieben / verdrehen können. Eine Folie ist da etwas anders, wenn Du die schiebst, gibts Knitter.

Penetrationsfestigkeit ist etwas anderes, da hilft die grössere Zugfestigkeit der Faser.
 

Quaxx

User
Ah. Schon mal sehr aufschlussreich. Wenn die Fasern in 45° verbügelt werden, sollte die höhere Zugfestigkeit aber auch mehr Torsionssteifigkeit am Flügel liefern, oder?!!!
 
Mit "fester" hab ich auch die Widerstandsfähigkeit geben äußere Einwirkung gemeint. Dies ist aber eine rein subjektive Meinung! Ich hab bisher nur ein Modell, Grunau-Baby, mit Gewebe bespannt
Gewichtsmäßig dürfte der Unterschied nicht so groß sein (lt. Oracover Datenblatt ca. 10gr/qm).
 
Bei der Verstärkung der Fläche geht es vor allem um Torsionsfestigkeit. Und dazu muss die Haut schiebefest sein. Gewebe sind das von Natur aus nicht, da sich die Fäden gegeneinander verschieben / verdrehen können. Eine Folie ist da etwas anders, wenn Du die schiebst, gibts Knitter.

Penetrationsfestigkeit ist etwas anderes, da hilft die grössere Zugfestigkeit der Faser.

Das trifft den Nagel nach meinen Erfahrungen zu 100 % auf der breiten Seite ;) die recht stabile Oracover in glatt wirkt nach der Bespannung wie eine dünne Kunststoffschale, die den Flügel torsionssteifer macht. Allerdings kann diese Schale bei Remplern gegen spitzere Hindernisse schnell eine Delle oder sogar ein Loch haben. Wobei ich ehrlich zugebe, daß es viele Folien gab und gibt, die hauchdünn und hochempfindlich sind, so bin ich beispielsweise von der dünnen robbe Folie komplett weg und habe dann fast 20 Jahre lang die stabilere und besser zu verarbeitende Oracover verwendet. Dieses Jahr werde ich die Hobbyking Folie ausprobieren, einfach um zu sehen ob die nur billig oder sehr preiswert ist.

Bei Gewebefolie kenne ich keine Alternative zu Oratex, das Gewebe ist enorm reißfest, da muß man schon mit Gewalt was machen, um ein Loch reinzuschlagen. Dafür benötigt sie halt einen verwindungssteif aufgebauten Flügel. Diagonal bespannen kommt wegen des sehr hohen Preises nicht in Frage, der Verschnitt wäre riesig und man hätte schnell Folie für 20 - 50 € als Verschnitt liegen oder im Mülleimer. Hier sollte eher der Hersteller etwas tun und das Gewebe gleich im 45 Grad Winkel verarbeiten. Das würde diese Folie erheblich aufwerten.

Wir können uns aber eigentlich nicht beschweren, wir müssen halt beim bauen auf die Eigenarten der ausgewählten Folie Rücksicht nehmen. Flügel und Leitwerke für Oratex steifer zu bauen ist kein allzu großes Problem, ich denke da vor allem an Verkastungen und die kleinen Dreiecke aus Balsa, die die Verbindungen der Rippen mit Nasen-und Endleisten versteifen. Hir ist einfach wichtig, daß die Maserung im 45 Grad Winkel zu Rippen und Leisten läuft, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Gegen die Empfindlichkeit glatter Folie gegenüber Druckstellen können 1 - 2 Rippen mehr pro Flügelhälfte schon etwas helfen. Eine Vollbeplankung kann je nach Modell auch sinnvoll sein.
 
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