[Baubericht, Konstruktionsbericht] Die Geschichte einer Tragfläche

Die Geschichte einer Tragfläche (inkl. Video und Baubericht in Depron-Balsa-Bauweise)
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Hier möchte ich einen Konstruktions- und Baubericht veröffentlichen, wie so ein Tragflächenbau vielleicht nicht ganz ablaufen sollte, man aber auch bei Umplanungen während der Bauphase dennoch ein brauchbares Ergebnis erzielen kann.

Meine Erfahrungen, wie der Ablauf von der Idee, über die Konstruktion bis zum fertigen Flügel sein kann, was man vor dem Bau planen sollte und was man beim Bau alles so herausfinden kann, möchte ich hier zur Verfügung stellen. Ich mußte beim Bau einige Dinge erlenen, die für mich bis dahin völlig neu waren (z.B. Steckmechanismus, Beleuchtung am Modell, Balsarippen in Kombination mit Depron). Zudem hatte ich nicht viel Zeit, um alles mit Ruhe anzugehen, weshalb ich manchmal einfach auf die "viel-Kleber-Variante" zurückgegriffen habe.

Auch wenn Bauberichte normalerweise dazu da sind, „in Echtzeit“ erstellt zu werden, möchte ich es hier im Nachhinein tun, da ich ja selbst nicht wußte, ob das ganze überhaupt erfolgreich wird.

Ich hoffe meinen ausführlichen Text liest sich überhaupt jemand durch. :)

Vorgeschichte:

Nachdem ich vor einigen Jahren mal auf die Idee gekommen bin, mein an sich schlecht fliegendes und viel zu schweres, allererstes Flugmodell, den Calypso, auf einen bürstenlosen Motor in Kombination mit einem LiPo-Akku umzurüsten, hatten sich die Flugleistungen plötzlich erheblich verbessert und ich fand wieder bzw. überhaupt zum ersten mal Gefallen an diesem Modell. Damals hatte ich den für ich glaube 40DM (ohne Regler, Akku, mit Servos) gekauft. Auf jeden Fall waren es weniger als 100.

Doch wurde mir der E-Segler nach kurzer Zeit wieder langweilig, da er mir zu langsam war, keine Querruder hat und ich in den Jahren natürlich auch sicherer beim fliegen geworden bin. Trotzdem wollte ich nach wie vor ein Modell haben, das man bei fast jedem Wetter fast überall starten und landen kann. Da der Rumpf an sich sehr schön ist und durch den neuen Motor zwecks Schwerpunkteinhaltung ein ganzes Stück länger geworden ist (die neuen Komponenten waren einfach zu leicht; vorher: 7Zellen+500er Motor), entschied ich mich zum Bau einer neuen, größeren Tragfläche. Diese soll nicht nur Querruder und ein dünneres Profil besitzen, sondern auch Beleuchtung für den Nachtflug haben. Aufgrund der großen Flächentiefe der Originaltragfläche bietet sich eine größere Streckung an. Zum kaufen habe ich keine zum Rumpf passende Fläche gefunden - aber selbst wenn, wozu? Bauen macht ja viel mehr Spaß als kaufen!

Bauweise


Bei der Bauweise will ich auch mal etwas Neues ausprobieren. Der Flügel soll einfach und schnell zu bauen sein, günstig, leicht zu reparieren, nicht viel schwerer als ein Balsaflügel sein und trotzdem nicht in Rippenbauweise mit Folienbespannung sein. Da ich kein Styroschneidegerät zur Verfügung habe, nicht die Zeit und Mittel für den Bau in CFK und auch keine Ahnung davon, bleibt mir die Bauweise mit Depron. Durch andere Modelle (z.B. Nachbau eines NanoJet von Jomari) hatte ich damit bereits gute Erfahrungen gemacht, diese nur noch nicht auf ein größeres Modell angewendet. Außerdem eignet sich das Material sehr gut, um es von innen zu beleuchten.

Nun zur Sache

Vorbereitungen: Profil, Maße


Nachdem die Bauweise und Materialien weitestgehend geklärt sind, geht es nun an die Konstruktion. Da stellen sich die Fragen:

-Welche Maße?
-Welches Profil?

Also Internet angeschmissen und erst mal Vergleichbare Modelle gesucht. RC-Network-Wiki spuckt diverse Segler mit ähnlichen Maßen aus, jedoch meistens unterschiedlichen Profilen. Letztendlich habe ich mich an den langsamen Hotlinern/ schnellen Seglern orientiert und bin an einem einfachen RG14-Profil hängen geblieben, da viele Modelle ein RG-14 oder -15-Profil haben und man damit (so hoffe ich) nicht viel falsch machen kann (wie z.B. Spirit V von Staufenbiel, Arrow von Valenta oder Alps 1700E). Ein Hotliner soll es schließlich nicht werden, was bei dem breiten Rumpf eh schwierig werden würde. Durch meine Bauweise wird sich das Profil sowieso noch etwas verändern. Dazu später mehr.

Bei den Maßen verwende ich für die Tiefe die selben wie auch die originale Tragfläche des Calypso hat, damit ich beide Flächen austauschen kann und keine Änderungen am Rumpf vornehmen muß. Der Umriß ergibt sich z.T. aus der Bauweise:

-möglichst viele Rippen sollen identisch sein
-zwecks Verringerung des induzierten Widerstands trotzdem eine Verringerung der Flächentiefe zu den Flächenenden hin
-Vorderkante gerade, um den Bau einfach zu halten (Depron-Knick-Bauweise, siehe „Außenhaut“)

Daraus ergibt sich eine in der Mitte rechteckige Form mit Trapezen zu den Flächenenden hin. Eine leichte V-Form kann auch nicht schaden, nur Ohren wären im Bau zu aufwändig.

Das Biegen von Depronplatten in Längsachsrichtung hat gezeigt, daß es zumindest für den Teil hinter dem Holm ausreichen würde, lediglich alle 10-12cm eine Rippe anzubringen, da das Depron in gebogenem Zustand in Querachsrichtung kaum biegbar ist. Die Vorderkante soll durch Klebeband verstärkt werden.

Bei den Maßen für die Spannweite halte ich mich an die Vergleichsmodelle, was bei meiner Rumpflänge eine Spannweite von 170cm ergibt. Da mir diese Länge für den Transport zu Fuß oder auf dem Fahrrad schon zu lang erscheint, sollen beide Hälften teilbar sein.

Die Stelle, an der aus dem Rechteck ein Trapez werden soll, lege ich nach Augenmaß fest.

Geometrische oder aerodynamische Schränkung berücksichtige ich nicht, um den Bau- und Konstruktionsaufwand gering zu halten.

Ich bin mal so frei und stelle meine „Schmierereien“ hier mal rein. Mehr braucht ein Modellbauer nicht... ;)
Maße 001 1024px.jpgHolme 001 1024px.jpg(Ich hoffe, man erkennt bei der geringen Auflösung von 1024px noch etwas)

Konstruktion Profil

...Jedenfalls fast nicht. Um eine spezielle Profilform bauen zu können, muß man das Profil erst einmal konstruiert oder gezeichnet vorliegen haben. Dazu ist mir aus frühen Modellbautagen noch das Programm „Foam Wing Tamplate Program“ von John Garnham in Erinnerung geblieben, was zum Glück auf seinem Weg durch mehrere PCs erhalten geblieben ist. So brauche ich mir nur noch paar Profildatenbanken aus dem Netz ziehen (z.B. http://www.aerodesign.de/profile/profile_m.htm), um ein RG14 zu finden. Bei der Dicke entscheide ich mich für nur 8%, da die Fläche vergleichsweise große Tiefe besitzt. Zudem denke ich, daß man aufgrund der hohen Profiltiefe den geringeren Auftrieb bei geringer Profildicke durch eine höhere Einstellwinkeldifferenz ausgleichen könnte. Für den Schnellflug könnte man die EWD dann wieder etwas verringern, so meine Überlegung.

Also Maße beim Programm eingegeben und noch eine Außenhaut von 3mm (Depronstärke) berücksichtigen. Zum Bau muß ich dann pro Flächenhälfte nur noch eine Konstruktion für die ersten 5 identischen Rippen erstellen, sowie noch 4 weitere, die sich zu den Flächenenden hin verkleinern. Der Bauaufwand sollte ja möglichst gering gehalten werden,

Abgesehen von Handskizzen und dem späteren Schwerpunkberechnungsversuch ist das nun alles, was am PC gemacht wurde. Ich wollte mir nicht den Aufwand machen und ein CAD-Modell der Tragfläche erstellen. Bei so einfachen Formen hat man am Ende nichts davon.

Alles ausgedruckt und ausgeschnitten und endlich geht es mal mit dem Bau los!
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Bau: Rippen und Holme

Beim ausschneiden der Rippen ergibt sich schon die erste Bauaufwandserhöhung. Es zeigt sich nämlich, daß die Depronrippen völliger Müll sind, da sie sich so stark verformen, daß sie sich der Außenhaut anpassen und nicht die Außenhaut formen.
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Also doch wieder zu bewährten Methoden zurück und Balsaholz verwenden.


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Als nächstes wird der Hauptholm ausgeschnitten. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, daß ich ihn besser aus Sperrholz hätte fertigen sollen. Da habe ich die Biegesteifigkeit von gewölbten Depron etwas überschätzt. Wer den Beweis nicht abwarten kann, kann sich ja mal den „Tragflächendurchbiegungstestflug“ in meinem Video angucken (füge ich in paar min unten ein). Aber das Balsaholz läßt sich so schön mit dem Messer schneiden.
Die Einkerbung unten dient der später planen Auflagefläche auf dem Rumpf.

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Als Steckverbindung habe ich mich für CFK- und Alurohre entschieden Die Rohrverbindungen an dem Hauptholm müssen etwas schief festgeklebt werden, damit eine V-Form entsteht. Besser wäre es hier, an beiden Tragflächenhälften Rohre zu verlegen anstatt eine Seite mit herausstehenden Holmen zu bauen. Das habe ich irgendwie verplant. Da ich keine Lust hatte, komplizierte Rippenformen auszuschneiden, die sich durch den Holm hindurchstecken lassen (oder umgekehrt) oder mit ihm verzahnt sind, habe ich nach ausschneiden der Rippen einfach 55mm von der Vorderkante 3mm(Breite des Holmes) ausgeschnitten und den vorderen Teil der Rippe vorne und den hinteren Teil hinten an den Holm geklebt.

Das Verkleben der Holme und Rippen könnte man sicherlich besser machen, nur sollt es halt überhaupt in der mir gesetzten Zeit fertig werden. Deshalb habe ich bestimmt paar Gramm Epoxy zu viel verwendet.
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Erster Test, ob Tragflächenhälften auch zusammen passen. 1,7m sind schon ein gutes Stück im Vergleich zu den 1,2m vorher.

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Anhänge

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Außenhaut

Dieser Teil gestaltet sich als recht einfach. Einfach eine Depronplatte auf die passenden Maße zuschneiden (Ober-und Unterseite spiegelverkehrt aus einem Stück und an der Nasenseite miteinander verbunden). Dann an der Vorderkante eindrücken, was ich mit einer CD gemacht habe und anschließend an der Außenseite, wo sich die Vorderkante befinden, ein möglichst breites Klebeband befestigen. Dann vorsichtig knicken. Ein 4-Kant-Alurohr hilft dabei. Bei Depronplatten, welche eine glänzende und eine weniger glänzende Seite haben, nehme ich die glänzende Seite als Außenseite, da sie etwas stabiler ist. Dabei besteht nur die Gefahr, daß die Platten brechen, da die glänzende Seite auch bruchanfälliger ist. Ob die gewünschte Biegung mit der glänzenden Seite als Außenseite möglich ist, sollte vorher geprüft werden. Die Biegefähigkeit ist je nach Depronplatte unterschiedlich. An der Hinterkante wird an der Innenseite jeweils ein Streifen angeschliffen, der ungefähr so breit sein sollte, wie anhand des Flugelprofilbildes ersichtlich, um eine scharfe Hinterkante zu erhalten. Ansonsten wäre die Hinterkante nämlich 3+3=6mm dick! Um Stellen abzukleben, die nicht abgeschliffen werden sollen, genügt ein Streifen Klebeband. Das schleift sich längst nicht so schnell ab wie das Depron.
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Verkleben mit Außenhaut + Innereien

Nachdem die Rippen alle halbwegs gerade mit dem Holm verbunden sind, entscheide ich erst einmal die Rippen mit der Oberseite der Außenhaut zu verkleben und erst anschließend die weiteren Komponenten zu verkleben: Das Servo kommt am besten genau auf die Hälfte der Querruderbreite. Dies ist aufgrund meiner dünnen Fläche und der Dicken Außenhaut jedoch nicht ganz möglich, so daß ich es so weit es geht nach außen hin befestige. Etwas Epoxy reicht hier.

Anschließend kommen die Juwelen in die Fläche! Ein paar uralte Kabel aus dem Eisenbahnmodellbau werden je Tragflächenhälfte mit 3x3 LED-Streifen in Reihe verlötet. Die LED-Streifen sind noch übrig aus meinem Trikopter-Bau, der zwar ungefähr zur gleichen Zeit begonnen, jedoch erst ein halbes Jahr später fertiggstellt wurde. Als Stecker habe ich ein paar BEC-Stecker genommen, um die LEDs beider Tragflächenhälften miteinander zu verbinden. Das Paar BEC-Stecker ist mit einem JST-Balancer-Stecker verbunden, welches an den Akku kommt. So habe ich eine von der Flugelektronik unabhängige Stromversorgung, die aber trotzdem über einen Akku läuft. So brauche ich nicht mal einen Schalter, wenn die Beleuchtung mal aus bleiben soll.
Bild Innereien
Jetzt werden die Ober- und Unterseite miteinander verklebt. Ich empfehle für solche Arbeiten NICHT 5-min-Epoxy zu nehmen. Man schafft das einfach nicht in der Zeit, alles vernünftig einzustreichen und festzumachen. Dies ist die Stelle, an der das eigentliche Profil zustande kommt. Daher spielt die genaue Konstruktion der Rippen keine so große Rolle, da das Depron die Oberfläche etwas glättet und am Ende durch Biegung eh sein eigenes Profil erzeugt. Aber ein passendes Profil als Vorlage sollte nicht schaden und wollte ich bei diesem Modell zum ersten mal ausprobieren.
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Nun noch die Balsaplatten an die Rumpfseite kleben, um eine gerade Auflagefläche für die spätere Befestigung am Rumpf zu erhalten.

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Querruder

Bei den Querrudern rate ich einfach mal wähle und die goldene Mitte zwischen 30mm und 25mm, also 27mm. 30mm oder mehr wären die bessere Wahl gewesen. Der Ausschnitt aus der Fläche zeigt, daß sie aus dem Depron viel labberiger sind als ich dachte! Auch ein Einwickeln in Klebeband hat da nichts dran geändert. Deshalb hat sich mal wieder unerwarteterweise der Bauaufwand erhöht und es müssen Querruder aus Balsaholz gefertigt und mit Folie bespannt werden.

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Schwerpunktberechnung

Hierzu geht es wieder raus aus der Werkstatt und ran an den PC. Zum Glück hatte ich mich noch dunkel an ein Progrämmchen namens WinLaengs erinnert. Also Maße eingegeben und geguckt, was das Programm ausspuckt. Doch so richtig zufrieden bin ich irgendwie nicht also noch mal im Netz nachgeschaut und eine bessere Version des selben Programms gefunden, welche den Rumpf berücksichtigt. Dabei ist mir aufgefallen, daß der Schwerpunkt bei diesem Programm im Wesentlichen vom Abstand der Rumpfunterseite mit der Tragfläche abhängt. Weiß jemand, warum das so ist? Jetzt habe ich 4 verschiedene Schwerpunkte und weiß nicht, welcher der richtige ist. Deshalb lasse ich das jetzt einfach und versuche, den richtigen Schwerpunkt später zu erfliegen.
Wer kann mir Rat zur Berechnung des SP mit WinLaengs geben?
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SP-Berechnung mit Win_laengs.jpg
SP-Berechnung mit Win_laengs4 +Rumpf klein.jpg
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Erst mal ein Vergleichsbild der beiden Tragflächen kurz vor dem Erstflug. Ich hatte leider nur mein Bett als Fotounterlage zur Verfügung. Beim fliegen habe ich natürlich noch ein paar Gummibänder mehr dran und ein vernünftiger Spinner kommt vorne auch noch dran ;)
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Erste Flüge: Flugverhalten

Da mir beim Erstflug noch nicht die Auswirkungen und die Wichtigkeit einer korrekten EWD klar waren, bin ich erst mal mit einer sehr geringen geflogen (vielleicht auch gar keine, nicht nachgemessen). Das war ein Fehler. Zudem war der Schwerpunkt noch ein Stückchen zu weit hinten. Die Höhenrudertrimmung habe ich sicherheitshalber mal auf Schwanzlastig gestellt, damit er sich nicht nach dem Start in den Boden rammt, was auch zu einem schlechten Flugverhalten beigetragen hat. Nach ordentlicher Trimmung auf kopflastig hatte ich ihn dann wenigstens etwas unter Kontrolle. Aber Fachmänner werden das sicherlich besser als ich sehen (siehe Video). Um die Flächenbelastung gering zu halten, habe ich bei dem ersten Flug nur einen sehr kleinen Akku verwendet. Da ich immer noch im Hinterkopf hatte, daß der Motor mit diesem Akku nur 7 Minuten halten würde, hatten der Kameramann und ich uns auf 4 Minuten Flugzeit geeinigt. Doch hatte ich nicht daran gedacht, daß der E-Segler ja nur einen 20A- und keinen 50A-Regler hatte. Deshalb wären bestimmt auch viel mehr Minuten Flugzeit möglich gewesen.

Nach den ersten beiden Flügen dachte ich eigentlich, die Konstruktion nichts Besonderes geworden. Doch beim dritten Flug verhält sich das Modell ohne bauliche Änderungen plötzlich viel besser. Es kippt in den Kurven nicht mehr so leicht weg und liegt auch viel stabiler im Geradeausflug. Doch beim vierten Flug fliegt es wieder schlecht.

Woran liegt es? Bei der Montage mit den Gummibändern liegt die Tragfläche jedes mal ein kleines Stückchen anders auf dem Rumpf auf. Das hat zur Folge, daß sich bei jedem Flug die EWD etwas verändert hat, was sehr starke Auswirkungen auf das Flugverhalten hat. Deshalb habe ich etwas Klebeband auf die Tragflächenhalterung geklebt und die EWD ist konstant besser. Nachgemessen habe ich die EWD jedoch noch nicht.

Ins Trudeln habe ich ihn noch nicht bekommen, bisher aber auch nur vorsichtig versucht. Das reicht mir soweit als Sicherheit. Die Gleitzahl ist jetzt deutlich besser als mit der alten Tragfläche. Ich bin aber kein Modellsegelflieger, sondern im Modell außer diesem Modell bisher nur Motorflugzeuge geflogen. Denkt also nicht, ich würde in meinem Video mit Thermikkurbeln anfangen. Wobei an den Tagen im Video eh gar keine Thermik war.
 
Absturz und Reparatur

Bei einem längeren Sonnenuntergangsflug im Herbst denke ich mir, eine Rolle könnte keine großen Belastungen für die Fläche erzeugen – falsch gedacht! Zumindest ist dieser Flieger nicht dafür ausgelegt. Es ist nicht meine Tragfläche die Schwachstelle, sondern die Rumpfhalterung mit den Holzstäben, an die die Gummibänder befestigt sind. Der vordere Holzstab bricht einfach heraus und erst infolge dessen bricht die Tragfläche in der Mitte durch. Der Rumpf fliegt senkrecht nach unten und die Flächenhälften flattern hinterher. Der Schaden ist jedoch geringer als erwartet und die Reparatur ist in wenigen Stunden erfolgt:

Rückseite mit einem Skalpell vorsichtlig aufschneiden, um an die „leckeren Innereien“ heranzukommen. Jetzt die defekten Innereien austauschen und wieder verschließen. :cool: Ein CFK-Holm konnte ausgefräst und ersetzt werden. Beschädigungen an der Außenhaut können von innen ausgebeult und mit einer dünnen Schicht Styroporkleber wieder in die richtige Form gebracht werden.

Am Rumpf mußte lediglich der Bereich erneuert werden, in dem der Holzstab für die Gummibänder befestigt ist. Außerdem war die Welle des Motors beschädigt – doch hat er gut als Puffer fungiert. Keine Stauchungsschäden am Rumpf trotz senkrechtem Einschlag! Sperrholz hält halt immer noch mehr aus als Depron.

Es stellt sich nur noch das Problem mit den abgebrochenen Holmen der linken Hälfte. Komplett austauschen kann ich diese nicht, da die gesamte Tragflächenstabilität durch meinen übermäßigen Epoxydverbrauch an dieser Stelle leiden würde. Deshalb werde ich wohl einen Federstahl kaufen und diesen in die abgebrochenen Rohrholme der linken Fläche stecken und mit der rechten verbinden. Die Möglichkeit, die beiden Hälften zu stecken, werde ich vielleicht auch wieder aufheben.

Schäden nach Absturz Tragflächenhalterung, Querruder, Rumpfauflagefläche, Motorwelle, Holme, ein paar Dellen) nix Wildes:
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Hinterkante lies sich mit einem Skalpell sehr einfach öffnen:
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Fast vergessen hätte ich den Gewichtsvergleich.

Im Vergleich zur originalen Tragfläche durchaus ein gutes Ergebnis. Da habe ich meine eigenen Erwartungen übertroffen. Bei 50cm mehr Spannweite geringeres Tragflächengewicht trotz Querruder und Beleuchtung!

Originale Tragfläche 1,2m
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Neubau, 1,7m, links und rechts
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Ungefähre Kosten

2x 4,79€ 2x Depronplatte 120x80cm aus örtlichem Modellbauladen
3,79€ Kleber Styro aus Baumarkt
6,99€ Kleber Epoxy aus Baumartk
21,00€ GFK-Rohre, Alurohr, Balsaplatten 2mm+3mm aus örtlichem Modellbauladen
2x1,99 USD (ca. 1,60€) Turnigy 9g Servo von HK (sind bei mir vorrätig gewesen)
3,35€ JST- XH Lipo Balancer Verlängerungskabel 3S für Beleuchtung von ebay
2,50€ 2x BEC JST Stecker für Beleuchtung von ebay
_____
~50€

nicht berechnet: Klebeband, LED Reste vom Tricopter, Verlängerungskabel von Beleuchtung und Servos, Skalpell/Cutter-Messer

Bei den Kosten liege ich etwas über den erwarteten. Sparen kann man sicherlich noch bei den Käufen aus dem örtlichen Modellbauladen. Die 21€ scheinen mir fast so hoch als hätte ich den Tag noch irgendetwas dort gekauft, was ich nicht aufgelistet habe. Auch bei den Steckern von ebay hätte man noch sparen können, da jede Bestellung extra Versandkosten verursacht hat

Fazit zur neuen Bauweise:

- eine Tragfläche in dieser Größe würde ich so nicht noch einmal bauen
- meine Tragfläche ist nicht kunstflugtauglich
- Bauweise eignet sich vllt. für Modelle mit dicker, einteiliger Tragflächen bis ca. 1,2m, welche unbedigt ein spezielles Profil brauchen (ansonsten kann man die Rippen nämlich weglassen)
- es hätte bei Reparatur und beim Bau Arbeit erspart, in beiden Seiten der Flügelhälften Rohre als Holme zu verlegen und anschließend beide Hälften mit einem losen Rundstab zu verbinden
- Steckmechanismus nicht optimal umgesetzt
- Reparatur einfacher als bei einem Balsaflügel möglich, solange Außenhaut und Hauptholm noch halbwegs intakt sind
- mit Glasfaserklebeband oder Backpapier bekommt man vllt. zusätzliche Stabilität auf Kosten das Gewichts
- im Flügel angebrachte LEDs leuchten sehr gut durch das Depron hindurch. Besser für die Orientierung wäre es trotzdem gewesen, nach oben und unten unterschiedlich leuchtende LEDs zu verbauen
- mit wenig Mehrarbeit hätte man einen vollständigen Balsaflügel herstellen können, welcher aber noch hätte bespannt werden müssen, was teurer und aufwändiger geworden wäre, vielleicht entscheide ich mich nächstes mal wieder für diese Bauweise


Jetzt hoffe ich, daß der Leser auch etwas dazugelernt hat und meine Erfahrungen für seine Bauweisen gebrauchen kann. Meine Bauweise ist nicht die sauberste aber dafür habe ich versucht, nur die nötigsten Teile ohne aufwändige Rippenkonstruktion innerhalb kürzester Zeit zu verbauen und trotzdem meine Wünsche zu erfüllen. Alle diejenigen, bei denen bei meiner Bauweise die Haare zu Berge stehen sollten, sehen das ganze am besten als Experiment an. :)

ENDE
 
Hi,
zwar ein Jahr später aber trotzdem Danke für diesen informativen und guten Baubericht! Ich baue grade mein erstes Depron-Modell und hatte mich für das "Danach" interessiert, also für einen richtig profilierten Flügel und wie man das mit Depron macht. Danke fürs ausprobieren und Deine Mühe!

Gruß, Wolfram
 
Oh ein Jahr ist das schon wieder her? So lange bin ich damit nicht geflogen? So schnell kann´s gehen! Dank e-Mail-Benachrichtigung habe ich deinen Beitrag noch bemerkt! Zum Erfahrungen-teilen ist das Forum ja da :) Repariert ist die Fläche aber schon mittels Federstahldraht in den beiden Holmen. Ist dadurch natürlich ein gutes Stück schwerer geworden. Ich bin noch am überlegen, ob ich sie aus Stabilitätsgründen noch mit Klebeband an der Wurzel sichern soll oder es so lassen soll.

Wie gesagt, bei der Spannweite lohnt sich die Bauweise nicht bei kürzeren Flächen (1m) würde ich es damit aber noch mal probieren. Und dann würde ich auch ein 4-Kant-CFK-Rohr nehmen anstatt der Rundrohre, da man daran die Rippen besser festkleben kann.
 
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