Vorteil von Aramid??

mh-32

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Aramid

Aramid

Aramidfasern, auch unter dem Handelsnamen Kevlar bekannt, haben im Vergleich zu Glas und Kohle eine höhere Bruchdehnung. Werden im Großsegelflugzeugbau an kritischen Stellen (Cockpit) verwendet, um im Falle eines Falles die Aufprallenergie aufzunehmen. Verarbeitung ist schwieriger als bei Glas oder Kohle, hohe Werkzeugabnutzung beim Besäumen, Aramid ist sehr stark hygroskopisch (saugt Wasser über den Kapillareffekt), bei Verwendung auf dichte Kanten achten ggf. mit Harz nachstreichen
 
Hallo mh-32,

Danke für die schnelle Antwort. Die schwierigere Verarbeitung, bezieht die sich nur auf gewölbten Flächen oder auch auf ebenen Flächen. Muss ich auf besondere Sachen bei der Verarbeitung achten?

Grüsse Peter
 

plinse

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Moin,

du kannst Aramid nur schwer schneiden, gute, verzahnte Scheren sind hierbei von Vorteil. Von der Formung der Fläche hängt es weniger ab.

Das Zeugs ist halt zäh. Ein Kohle oder Glasrumpf reißt oder bricht, während ein Aramidrumpf einknickt, die Faser heil bleibt, nur die Harzmatrix bricht. Bis das Aramid wirklich aufgibt, dauert es recht lange.
 
Aramidfasern oder -gewebe haben keine höhere Bruchdehnung als Glas- oder Kohlenstoffasern (1,9% zu 2,5% und 1% für UD-Laminate). Aramid ist aber leichter als Glas- oder Kohlenstoff (1,45 zu 2,5 zu 1,8g/cm³).
Aramidfasern haben die gleich hohe Zugfestigkeit wie einige Kohlenstoffaser-Typen aber eine um Faktor 2 geringere Druckfestigkeit!
Man sollte daher Aramid-Lagen zwischen Glas- oder Kohlenstoffgewebelagen packen. Ich verwende für Rümpfe UD-Aramidgewebe (Heinz-Bernd Einck) die ich zwischen eine 160g/m² außen diagonal gelegt und eine 80g/m² Glaslage innen ebenfalls diagonal gelegt einlege. Die Aramid UD-Lage wird dabei auf Zug beansprucht, da die Glaslagen unter +/- 45 Grad liegen und die Torsionsfestigkeit der Rumpfröhre bringen. Gibt leichte und feste Rumpfleitwerksträger die eine Verlegung der Empfangsantenne im Rumpf erlauben, was bei Kohlenstoffgeweben Probleme bereitet.
Einen weiteren Nachteil hat Aramid noch, es ist nicht UV beständig. Man sollte daher keine unlackierten (deckend) Aramidbauteile verwenden. Die Festigkeit reduziert sich nach einiger Zeit um die Hälfte! Man sieht es den Bauteilen an, da die Farbe sich ändert und das Teil immer brauner wird. Vergleicht mal so ein Bauteil mit frischem bei mir in schwarzer Folie gelagertem Aramidgewebe.
 
Zuletzt bearbeitet:

plinse

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Peter Kastl schrieb:
Hallo Eike,

dann wäre es wohl sinnvoll Aramid mit einem anderen Gewebe zu kombinieren, z.b. cfk oder gfk.

Grüsse Peter

Jein.

Wenn du es mit Kohle kombinierst, trägt die Kohle die Last und das Aramid kommt erst wirklich zum Zuge, wenn die Kohle bricht und es die Splitter beisammen hält. Für manntragende Flieger sinnvoll, um den Piloten zu schützen, im Modell weniger mangels zu schützendem Piloten. Bricht die Kohle, ist der Rumpf hin. Dass das Aramid die Splitter beisammen hält, ist zwar ganz nett, macht aber auch den Rumpf schwerer. Dann lieber den Rumpf komplett aus Aramid bauen, auch mit Aramidrovings, dann haste auch keine Störungsprobleme wie bei Kohle und Antennenverlegungsprobleme, ...

Ist halt die Frage, willst du ultimativ leicht bauen, dann Kohle, soll es robust sein, Landeschläge aushalten, ... dann Aramid.

Mischungen sind immer heikel, du verstärkst ja auch kein Stahlseil mit einem Gummiband. Du kannst Aramid aber als Stützstoff einsetzen.
 
Noch eine Anmerkung zu dem Namen:
Die richtige Bezeichnung ist Aramid.
Es gibt zwei bedeutende Hersteller der Aramidfasern, DuPont und ehemals Akzo, jetzt Teijin (Toho Tenax). DuPont vermarktet die Fasern unter dem Handelsnamen Kevlar und der andere Hersteller unter dem Namen Twaron.
Das ist so wie beim Styropor der BASF. Unter dem Namen "Expandiertes Polystyrol" (EP) kennt kaum einer den Schaum, aber Styropor ist ein Begriff der sich durchgesetzt hatjetzt auch von allen verwendet werden darf, so weit ich weiß.
Es gibt auch zwei grundsätzliche Aramid Typen: Kevlar 29 und Kevlar 49 oder Twaron und Twaron HM. Für uns sollte es schon das Hochmodulige Aramid sein, also Kevlar 49 oder Twaron HM. Das andere Aramid wird für ballistische Anwendungen wie Schußwesten oder Fahrzeugpanzerung verwendet (ohne Harz) und hat einen um den Faktor 2 geringeren E-Modul.
 

sualk

User
Wenn ich das so lesen, bringen eigentlich die Mischgewebe bestehend aus Kohle und Armid/ Kevlar ja keine Vorteile.

Ich habe bisher noch nie Kevlar verwendet, da es in ausgehärtetem Zustand fast nicht mehr zu bearbeiten ist. Als ich mal in einen Kevlar + Kohle – Rumpf (FVK-Graphit) mit dem Drehmel einen Schnitt machen wollte, schien es mir, als wenn mich das Gewebe auslachen würde. :D :D :D

Es gab ein erbärmlicher Gestank und Rauch, aber so richtig schneiden lassen wollte sich das Laminat nicht. :mad: :cry: :mad:
 

Yeti

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Hallo Peter!

Wie schon oben geschrieben, werden Aramidfasern im Segelflugzeugbau hauptsächlich zusammen mit Kohlefasern im Cockpitbereich eingesetzt. Die sogenannten Hybridgewebe sind abwechselnd aus Aramidrovings und Kohlerovings gewebt. Die Festigkeit und Steifigkeit der Struktur übernehmen die Kohlefasern, während die Aramidfasern im Falle eines Crashs die Splitter zusammenhalten. Eine solche Struktur bricht dann nicht nur einmal, sondern hundertfach, wodurch viel Energie aufgenommen wird.

Aramidgewebe eignet sich wegen der geringen Dichte der Aramidfasern (1,45 g/cm³) auch, um bei geringem Gewicht eine größere Wandstärke zu erreichen.

Was die Festigkeit der Aramidfasern angeht, so ist sie bei reiner Zugbelastung überragend. Bei Druck- und Zugbeanspruchung allerdings deutlich schlechter als die Festigkeit von Glas- oder Kohlefasern.

Gruß Yeti
 

Arne

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Tach,

ich denke, alle wichtgen Dinge wurden hier schon gesagt.
Trotz der nicht ganz so schönen Verarbeitung kann ich den Einsatz von Kevlar im Rumpfbau wirklich empfehlen. Der Basisaufbau für sowohl für die Rümpfe meiner Hang- wie auch F3B-Flieger haben als Basisaufbau fast genau denselben Aufbau wie von Christian beschrieben. Seinen Ausführungen dazu ist nichts mehr hinzuzufügen. Ich setze lediglich außen und innen 105er Glas ein. Dieser Aufbau ist seit inzwischen wirklich vielen Jahren bewährt. Je nach Festigkeitsanspruch setze ich dann auf dieser Basis weitere Glas- und Aramidlagen ein. Die möglich belastungspezifisch. Dabei werden als Beispiel von vorne bzw. von ca. Mitte Flügel nach hinten in die Rumpfröhre abgestuft noch weitere Gewbe eingelegt die jeweils spitz auslaufen für möglichst harmonische Krafteinleitungen und zur Vermeidung von Sollbruchstellen. So habe ich z.B schon lange keine Probleme mit hinter dem Flügel angebrochenen Rümpfen mehr gehabt.

Mit guten Kevlarscheren ist die verarbeitung zwar keine reine Freude, aber gut möglich. Später bearbeiten lässt es sich nicht so gut, aber auch brauchbar. Mit guten Fräsern und Trennscheiben geht das ganz ordentlich. Entstehende "Frissel" lassen sich nach dem Tränken mit Sekundenkleber gut weiterbearbeiten, letzte Reste mit Nassschleifpapier entfernen.

Als ein Vorteil sei noch genannt, dass bei einer Beschädigung die Aramidfasern selbst nicht oder erst sehr spät reißen. Kaputt geht die Matrix. Daher lassen sich erste Reperaturen mit Sekundenkleber sehr schnell durchführen, teils ausreichend für´s restliche Modellleben.

Eine gute Statik über eine große Wandstärke (durch die geringe Dichte des Aramids) wurde schon gesagt, möchte ich aber nochmal als nicht unwesentlich betonen.

Gruß Arne
 

Gast_8039

User gesperrt
Hallo,
das Gesagte über die Werkstoffeigenschaften stimmt soweit. Allerdings halte ich von Aramid in Rümpfen gar nichts, da aufgrund der schwachen Druckfestigkeit bzw. des geringeren E-Moduls ein Aramidrumpf verschärft zum Knickbeulen neigt. Ein Rumpf ist im Prinzip ja auch nur ein Träger mit einer Zug- und einer Druckseite. Somit ist Aramid auf einer Seite immer "suboptimal".
Im übrigen entstehen die meisten Rumpfschäden durch Knick- bzw. Beulversagen, z.T. auch schon bei kleineren Landeunfällen. Hier hilft nur "geometrisch" verstärken, gleichmäßige Spannungsverteilung, E-Modul ax./ tan. rauf um die Bruchdehnung bei bestimmter Last nicht zu erreichen. Mit Aramid erhöht man zwar die Bruchdehnung auf Faserseite beträchtlich, überstreckt damit aber die Matrix oft bis zur Rissbildungsgrenze.
Gruß!
 

Arne

User
Moin,

@ Achim
Neben den technischen Hintergründen des Kevlars geht es ja doch auch maßgeblich um die Praxiserfahrung. Und die ist bei mir und bei vielen meiner modellfliegerischen Bekannten und Freunde einfach sehr gut mit Kevlarrümpfen.
Meiner Erfahrung nach werden sind die Kevlarrümpfe richtig gebaut sehr robust und gehen eben bei den kleineren bis mittleren Landeunfällen eben nicht kaputt. Die hohe Schlagzähigkeit ist hier sicherlich wichtig. Was du, und hier ja auch nicht zum ersten mal, über die geringe Druckfestigeit sagst, ist ja korrekt. Das kann man aber eben mit der richtigen Materialkombination (eingebettet ind ein Glasssandwich) gut in den Griff bekommen. Frage, war das bei deinen Rümpfen mit deinen Erfahrungen so?

Bei mir alternativ bewährt haben sich im F3B Bereich auch Kohlerümpfe. Sie werden sehr steif und mit genug Kohlefaser auch robust. Letzteres ist wichtig und um dann noch leicht zu werden, ist der Bau im Unterdruck sinnig.
Ich denke aber, bei Rümpfen von Scale-Fliegern dürfte Kohle nicht so sinnig sein. Kevlar da aber sehr wohl.
In dem Bereich zwei kurze Beispiele: Die 5 m ASW 22 vom Team des auch hier aktiven Jörg Wolters ist mit Kevlarrumpf verdammt robust und kann erfahrungsgemäß ne Menge ab, ohne dass igendwas passiert.
Weiter sind die Kevlarrümpfe der Flieger von Richard Schröder (Sauerland) mit weitem Abstand das stabilste und robusteste, was ich kenne in dem Bereich. Und das bei guten Gewichten.

Soviel noch mal zu meiner Praxiserfahrung.

Gruß Arne

PS: Eine kaputte Matrix finde ich im Schadensfall sympathischer als ein komplett kaputtes Laminat. Ist ebena auch freundlicher für Vor-Ort-Reperaturen oder auch, um den Rumpf vor einer eigentlichen Reperatur mit Sekundenkleber erst wieder in der richtigen Form zu stabilisieren.
 

kurbel

User
Ich kann nur das, was CB und Arne schon gesagt haben, unterstützen. Spannungen interessieren, wie Achim D. ja richtigerweise feststellt, gar nicht so sehr, denn es ist das Beulen, was die Probleme macht. Warum also sollte man dann eine druckfestere Faser nehmen, wenn doch die Spannungen an sich nicht das Problem sind. Wandstärke ist wichtiger, da ein sehr effektives Mittel gegen Beulen, und die ist eben gewichtsmäßig billiger mit Aramid zu haben. Allenfalls, wenn man unbedingt die Verformung klein halten muss, z.B. bei F3B-/F3F-/F5D-Modellen vor allem für Wenden und Hochstart, ist evtl. Kohle nötig.
Bei manchen modernen Segelflugzeugen kommt in den Rudern fast ausschließlich Aramid zum Einsatz, da deren Masse hinter dem Drehpunkt so gering wie nur irgendmöglich sein soll (Stichwort Flattern und evtl. nötiger Massenausgleich).

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