Torsionslagen - Kombination von vollflächig und D-Box?

WMa

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Hallo zusammen,

ich bin gerade in der Planung für zwei Flächensätze (Sandwich-Bauweise) und da stellt sich mal wieder die Frage nach der richtigen Belegung. Ich habe in den letzten Tagen diverse Bauberichte durchgelesen und dabei ist mir aufgefallen, dass einige leute hier, denen ich wirklich viel Ahnung und Erfahrung zutraue, eine vollflächige Belegung mit einer (zusätzlich verstärkten) D-Box kombinieren.
Da komme ich ehrlich gesagt nicht so ganz mit; ich dachte immer, man macht eine D-Box, wenn man Gewicht und Kosten sparen will und v.a. der kleinere Torsionskasten ausreichend ist. Wenn das nicht der Fall sein sollte, muss man eben vollflächig belegen - wozu dann noch die verstärkte D-Box, wo doch gerade da die dicken Abschnitte des Profils liegen - was bei der Stabilität eh hilft? Oder ist das eine Kostenfrage?

Helft mir doch bitte mal auf die Sprünge, wo ich einen Knick in meiner Argumentation habe...

viele Grüße
Matthias

P.S. Die eine Fläche ist für eine ASW 15 (4,20), da soll eine 100er biaxial D-Box rein, im Außenflügel evtl nur einige diagonale Rovings;
das andere ist ein Swift mit 3,65 - da geht wohl nix unter vollflächig - reichen da 100 oder muss es 140 / 160 sein?
 
Ist eine Gewichts- und Kostenfrage, wobei man sich mit Fug fragen kann, ob die es nicht Steifigkeitstechnisch günstiger wäre, alle eingesetzte Kohle in die D-Box zu stecken, weil sie da am stärksten wirken kann. Die Schubverteilung über ein so flaches Rohr ist allerdings komplex; ich traue mir nicht zu, das aus dem hohlen Bauch zu beurteilen. IIRC geht die umschlossene Fläche und die Wandstärke in die Rechnung ein, was dann doch wieder für vollflächig sprechen würde. Die D-Box erhöht die Steifigkeit dann einfach noch einmal zusätzlich.
 
Hallo Matthias,

Ich denke Dein Verst"andnis ist schon ganz richtig. Das beste Verh"altnis von Torsionssteifigkeit zu Masse hat die vollfl"achige Belegung (St. Venantscher Drillwiderstand). Wenn dadurch der Fl"ugel zu schwer w"urde zieht man sich, da es ja nur bestimmte Gewebe-Grammaturen gibt, auf die Belegung der D-Box zur"uck. Es k"onnen aber durchaus einige weitere Aspekte eine Rolle spielen, so z.B. die Festigkeit/Stabilit"at beim Anfassen der Fl"ache oder beim Flug gegen ein Hindernis. Da hat eine dicker belegte D-Box wahrscheinlich eher Vorteile. Weiter ist es von Vorteil, vor dem "Biegezentrum" (Schubmittelpunkt) mehr Masse zu konzentrieren, wenn man Fl"ugel hat, die flattergef"ahrdet sind. Das sind aber alles Lastf"alle, denen mit Hausmitteln nicht so recht beizukommen ist. Sich umzuschauen, wie die anderen das machen und was f"ur Ergebnisse sie erzielen ist wahrscheinlich die sinnigste Methode.

Bei der ganzen Betrachtung wurde davon ausgegangen, dass Torsionschale und Holm ihre Arbeit getrennt verrichten. Sobald die Schale ernsthaft anf"angt die Biegekr"afte mit zu tragen, kann es deutlich anders aussehen.

Vielleicht noch eine allgemeine Bemerkung: Die auftretenden Torsionskr"afte sind bei ("normal" grossen/schnellen) Modellflugzeugen kein ernstes Thema. Festigkeits- bzw. Stabilit"atsprobleme treten eigentlich erst beim Fl"ugelflattern auf, und da ist es nach meiner Erfahrung oft die Verklebung (z.B. Nase: grossm"achtige Kohle von oben und unten, zusammengehalten von einem R"aupchen Harz-Microballongemisch... Das ganze noch unbemerkt vorgesch"adigt durch diverse "Bumser"). Wichtiger ist i. a. die Torsionssteifigkeit; Ist sie zu klein kommt es zur starken Verdrillung des Fl"ugels im Schnellflug, die, gerne auch in Zusammenarbeit mit weichen Rumpfr"ohren, in so nette Effekte wie das beliebte Unterschneiden m"unden kann.

Konkret zu Deinen beiden Projekten kann ich nicht viel sagen, da die Profildicke nicht angegeben ist, die sehr entscheidend f"ur die Torsionssteifigkeit ist (die Dicke bestimmt die Gr"osse der von Markus erw"ahnten umschlossenen Fl"ache). Mein Tip w"are, von Dir ja offensichtlich schon so realisiert: umschauen, was bei anderen gut funktioniert (nicht auf der Werkbank sondern in der Luft).

Gruss,

Michael
 

WMa

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Danke!

Danke!

Hallo Michael, hallo Markus

vielen Dank für die Rückmeldungen; ich habe sie so verstanden, dass ich mit meiner Skepsis nicht völlig falsch liege.

Michaels Hinweis auf verifizierte Erfahrungen ist richtig, aber schwer umzusetzen - insbesondere fehlt es an Berichten über Flügel, die geplatzt sind. Das ist sicher einerseits verständlich, wer gibt schon gerne zu, dass sein Konzept nicht funktioniert hat...andererseits wären solche Erfahrungen wichtig!

Es bietet sich aber noch eine zweite Interpretation an: Es gibt keine geplatzen Flügel, weil die auftrtetenden Belastungen (warum auch immer) überschätzt werden und damit sowieso viel zu viel Material im Flügel liegt. Dann ist es schade um die Kohle (im doppelten Wortsinn), die auch noch zu schweren Flächen und einem trägeren Flugverhalten führt.

Vielleicht hat ja jemand Berichte über geplatzte Flächen, bei denen der Aufbau sicher(!) bekannt ist; Spekulationen nützen da nicht viel!

viele Grüße und einen schönen Sonntag noch
Matthias

P.S. Da es noch etliche weitere Aspekte beim Swift gibt, die ich gerne diskutieren möchte, mache ich dazu einen eigenen thread auf, damit der hier nicht völlig vom Thema abschweift
 
Hallo Matthias,

andere Faktoren sind in dem Zusammenhang viel interessanter:

-Aus welchem Material besteht der Kern? Styropor (welche Dichte), Styrodur, oder sogar Styrofoam?
-Welches Profil wird verwendet? (gerade beim Swift mit seinem großen Flächeninhalt wird die Stabilität durch die Profilwahl extrem beienflusst).
-Womit beplankst Du? Abachi, Balsa, Limba...?
-Wie machst Du die Nasenleiste? Rovings, nur eingedicktes Harz, Holz? Wenn Holz, welches? Sinnvoll ist ein Holz, das in der Härte der Beplankung entspricht.
-Wie wird der Holm aufgebaut?

Ich habe schon viele Flächen in Styro gebaut und gehe mittlerweile nur noch nach meinen Erfahrungswerten. Ich rechne da nichts mehr aus und versuche immer einen Kompromiss zwischen Stabilität und Gewicht zu finden.

Schau mal z.B. hier: http://www.rcmovie.de/video/4d5fdaeffcf9d9b6be00/BLANIK-L-13-PERFEKT

Ein Video von meiner Blanik mit 3,2 Metern Spannweite. Diese Blanik ist eines meiner ältesten Modell. Sie hat schon ca. 20 Jahre auf dem Buckel. Die Fläche hat 320mm Flächentiefe an der Wurzel und KEINEN Holm. Dafür ein dickes HQ3/14. Steckung ist ein Flachstahl. Was die schon mitgemacht hat, auch Alpin, ist der Hammer! ...und da biegt sich nix. Ok, die Fläche arbeitet vielleicht etwas. Dann aber eher durch das minimale Spiel am Steckungsstahl. Heute würde ich sie mit Rundstahl bauen. Die Belegung des Gewebes verrate ich Dir gerne.

In dem Grossarl Video (irgendwo in der Mitte) ist ein DFS-230 von mir zu sehen. Auch mit extremer Flächentiefe. Allerdings mit 6 geschäfteten Kieferholmen in der Fläche, die in dem Fall bei 4 Metern Spannweite und ca. 14Kg Fluggewicht auch erforderlich sind.... :-) Aber auch die Fläche hält seit ca. 15 Jahren alles aus, was ich damit anstelle und zimperlich bin ich da nicht. http://www.rcmovie.de/video/f35bcf7d352f1abdbcc6/1-Internationales-Modellsegelflieger-Treffen-in-Grossarl In dem genannten Video ging an dem Tag leider nicht so viel. Irgendwo habe ich auch ein Schlepp Video, in dem ich die DFS aus 350 Metern angestochen habe. Monster Sound... aber die Fläche hält!

Inzwischen neigte ich dazu, meine Flächen auch überdimensioniert zu bauen. Was aber außer Gewicht nix bringt. Bei meinem aktuellen Projekt, einer ASK-18 mit 3,5 Metern Spannweite, die natürlich auch was mitmachen soll, habe ich mich wieder auf die alte Bauweise mit geschäfteten Holmen und gezielter Glas Belegung besinnt. Spart auch Kohle (auch im doppelten Sinn... :-))

Gruß

Sven
 
"Platzen" wird ein Flügel mangels Torsionsfestigkeit eher nicht. Flattern, ja (OK, im schlimmsten Fall bis zum platzen), unangenehme Steuereigenschaften haben (Unterschneiden und dann rausreissen müssen), nicht so richtig schnell werden, weil er sich verdrillt.
Torsionsauslegung ist eigentlich immer Auslegung auf Steifheit, nicht Festigkeit. Will sagen: Ist es zu schwach, gibt es nicht gleich Bruch, nur ungenügende Flugleistungen.
 

MMartin

User
Hallo,

was auch noch einer vollflächig mit CFK belegten Fläche zugute kommt, ist der Torsionssteifigkeits-Zuwachs der QR und WK. Voraussetzung dafür ist, daß der Querschnitt anständig geschlossen ausgeführt wird. Daher wird oft auch noch der Steg mit einem Kohleschlauch überzogen der zusätzliches Widerstandsmoment einbringt.
 
@Markus: Der Einwand ist gut! Ich habe mal eine ASW-22 Fläche in oben beschriebener Bauweise gemacht, die war tatsächlich zu weich. Zwar biegefest, aber sie hat eben Tordiert, wodurch die Kiste im Schnellflug nicht wirklich gut war. Trotz Holm.

Da ich meist Oldtimer Segler baue, die an sich schon eine größere Flächentiefe haben, hatte ich dieses Problem verdrängt... :-) Bei geringer Flächentiefe und hoher Streckung ist eine vollflächige Belegung sicher nicht verkehrt.

An den Rudern und der Endleiste bringe immer großzügige Gewebeverstärkungen und eingedicktes Harz in die Fläche. Dann kann man die Endleiste auch ordentlich schleifen, was auch zu guten Flugleistungen beiträgt. Ein Hilfsholm an den Rudern schadet auch nicht. Wiegt nicht viel und bringt ne Menge Festigkeit. Auch den baue ich immer mit ein.

Gruß

Sven

PS: Das Problem mit den platzenden Flügeln hat man ja eher im Vollschalen Bereich, wenn Ober- und Unterschale nicht ordentlich verklebt sind und die Fläche an der Nasenleiste aufgeht. Irgendwann platzt die tatsächlich! Ich habe das live schon vier mal erlebt. Einmal bei einem meiner eigenen Modelle, einem Pylon Racer. Der ist geplatzt wie ein Luftballon, auch mit diesem typischen Geräusch!
 
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