Der Lipo und die Kälte - wie ist das denn nu

onki

User
Hallo,

inspiriert von einer kurzen Diskussion in einem anderen Fred, stell ich hier mal das Thema Kälte und Lipos zur Diskussion.
Ich weiß jetzt nicht genau inwiefern dies hier schon durchgekaut wurde, aber ich hab da doch einigen Klärungsbedarf.
Hier mal kurz meine Ansicht, die keinen Anspruch auf Richtigkeit hat. Daher bitte bei Bedarf korrigieren.

Ich lade meine Lipo-Akkus daheim auf,weil es im Auto auf der Hinfahhrt nicht geht da ich nur ca. 10 Minuten auf den Platz brauch.
Zudem hab ich nur eine geschaltete 12V Steckdose im Auto (wie alle neueren Fahrzeuge) was extrem störend für Modellflieger ist.
Dabei lade ich eine definierte Menge in den Akku. Diese Lademenge muß ich doch nun, egal welche Temperaturen herrschen, aus dem Akku entnehmen konnen (und das hat bisher immer gut geklappt).
Durch die Kälte wird doch die Zellchemie "träger" sodass die Hochstromfähigkeit nachlässt was mit einem erhöhten Innenwiderstand einhergeht.
Mein Antrieb fordert etwa 14-15C aus dem Akku (35C) und ich konnte eigentlich bisher noch keine merkliche Beeinträchtigung vernehmen.
Bei Kälte könnte nun die Leistungsfähigkeit mangels Spannung (wegen Innenwiderstand und folglich auch weniger Strom bzw. Leistung) leiden und ich bekäme unter Last eine geringere Zellspannung, aber eben nur unter Last, weil ich kann doch Ladung (Energie) doch nicht durch Kälte vernichten, sondern nur deren Umwandlung verzögern.

Ich messe meine Flüge immer anhand der entnommenen Kapazität. Sicher hab ich auch die Spannung etwas im Auge, Maßstab ist für mich aber die entnommene Kapazität (ich brech etwa bei 90% Nennkapazität ab), da ich meine Akkus auch regelmäßig prüfe und so einigermaßen beurteilen kann, das sie OK sind.
Nun sollte ich doch in der Lage sein, die gleiche Energie aus dem Akku zu bekommen, egal ob Hochsommer oder Winter. Oder wird bei Kälte aufgrund des Leistungseinbruchs die "fehlende" Energie als Wärme verbraten? Kann ich mir aber kaum vorstellen.
Sicher ist ein 15C Antrieb nicht das Maß aller Dinge aber halt mein Anwendungsfall. Hochstromantriebe mag ich eh nicht.

Gruß

Onki
 

Gerd Giese

Moderator
Teammitglied
Moin Onki

ich nehme an du meinst die Energie, also die "Wh" die der Akku in einem bestimmten Zeitraum umsetzen kann.
Oder meinst die "Ah", also die elektrische Ladung die der Akku gespeichert hat.

Bei Kälte lässt die Reaktionsfreudigkeit (elektrochemische Reaktion) des Elektronenaustausches nach, nicht die Menge
der gespeicherten Elektronen (also die Ah, die ist fast gleich, da Kälte die Ladungsdichte des Akkus so gut wie nicht
beeinflusst)! Das äußert sich in einem deutlich gestiegenen Innenwiderstand des Akkus. Demnach hast tatsächlich weniger
Energie zur Verfügung weil ein Teil deiner Nutzspannung um den Anteil sich reduziert, der jetzt am Innenwiderstand verloren
(verbraten) geht! Bei Kälte (schon unter 10°C) steigt der Innenwiderstand schnell auf den doppelten Wert und höher
an. Für dich sieht es dann aus, als wenn der Akku bei Kälte merklich weniger leistet, eben die niedrigere Spannungslage
unter Last! Der Anteil der Ah ist geblieben (sofern keine Überlastung statt fand), der Anteil der Nutzenergie (deine Wh) ist
gesunken und in Wärme am DC-Ri verpufft)! ... zu kompliziert?:rolleyes:

Wenn du magst, siehe auch die Überschrift: Wenn es mal kalt (unter 18°C) wird:
http://www.rc-network.de/forum/content.php/308-Das-kleine-„LiPo-ABC“-für-den-Alltag
 

BZFrank

User
Die Nutzkapazität lässt bei niedriger Temperatur ebenso nach. Der Grund (1)(2) ist salopp gesagt das die Li+ Ionen nicht mehr aus dem Graphit der Anode "herauskommen", ein Teil davon also nicht mehr für den Ladungstransport zur Verfügung steht, je kälter desto weniger. Dieser Prozess ist vollständig reversibel mit einer Erhöhung der Zelltemperatur.

Gruß

Frank




(1) The Limits of Low-Temperature Performance of Li-Ion Cells, C.-K. Huang,a,*,z J. S. Sakamoto,b,** J. Wolfenstine,c,* and S. Surampudia,*, Jet Propulsion Laboratory, NASA

(2) http://batteryuniversity.com/learn/article/discharging_at_high_and_low_temperatures
 
Nun sollte ich doch in der Lage sein, die gleiche Energie aus dem Akku zu bekommen, egal ob Hochsommer oder Winter.

Also in der Praxis sieht es so aus, dass z.B. ein wenig geforderter Seglermotor-Akku tatsächlich auch bei Kälte fast genauso gut geht wie im Sommer, trotz bei 0° viermal so hohem Innenwiderstand wie bei 40°. Solange man nicht misst (z.B. per Telemetrie) und den Kopf in den Sand steckt, merkt man keine Probleme.

Das gute Vorheizen ist deshalb eigentlich nur besonders wichtig, wenn die Akkus viele Jahre halten sollen, wenn sie sehr teuer sind, oder wenn sie im Modell stark belastet werden. Ansonsten reicht meiner Meinung nach mäßiges Vorwärmen auf z.B. 17 Grad. Mehr ist aber immer besser, aber man kann es auch leicht übertreiben. Es lohnt z.B. nicht, sich die Autobatterie zu ruinieren, um die Lipobox stundenlang zu betreiben für 15€-Akkus.
 

s.nase

User
Kann man davon aus gehen, das es beim Aufladen ähnlich aussieht? Also das ein 6° warmer Lipo deutlich weniger Ladestrom verträt, als ein 20° warmer Lipo? Ist es also sinnvoll, das auch beim Aufladen der Lipo ne Mindesttemperatur haben sollte, um ihn weniger "Stress" aus zu setzen?
 

Gerd Giese

Moderator
Teammitglied
Die Nutzkapazität lässt bei niedriger Temperatur ebenso nach. Der Grund (1)(2) ist salopp gesagt das die Li+ Ionen nicht mehr aus dem Graphit der Anode "herauskommen", ein Teil davon also nicht mehr für den Ladungstransport zur Verfügung steht, je kälter desto weniger. Dieser Prozess ist vollständig reversibel mit einer Erhöhung der Zelltemperatur.
Gruß Frank
(1) The Limits of Low-Temperature Performance of Li-Ion Cells, C.-K. Huang,a,*,z J. S. Sakamoto,b,** J. Wolfenstine,c,* and S. Surampudia,*, Jet Propulsion Laboratory, NASA
(2) http://batteryuniversity.com/learn/article/discharging_at_high_and_low_temperatures

Moin Frank,

genau das ist mir auch bekannt aber eben erst so ab 0°C ist diese Grenze stärker ausgeprägt, wo dann der Kapazitätseinbruch
merklich zunimmt. Bis 0°C weniger und gar nur bis (+)10° fast nicht ausgeprägt - worauf ich mich bezog! ;)
Deshalb ja auch oft die "magische" Null-Grad Grenze worauf sich die Datenblätter beziehen innerhalb bestimmter Lastprofile!

Bitte kläre mich mal auf, ob das eben heute immer noch zutrifft?
Noch eine Frage: Ist diese Abnahme der Nutzkapazität (fast) ein kontinuierlicher Prozess, proportional mit sinkender Temperatur?
... was ich eben heraus interpretiere bei deiner Antwort (s.o.).


Kann man davon aus gehen, das es beim Aufladen ähnlich aussieht? Also das ein 6° warmer Lipo deutlich
weniger Ladestrom verträt, als ein 20° warmer Lipo? Ist es also sinnvoll, das auch beim Aufladen der Lipo ne Mindesttemperatur
haben sollte, um ihn weniger "Stress" aus zu setzen?
Hast das LiPo-ABC noch nicht gelesen: :( http://www.rc-network.de/forum/content.php/308-Das-kleine-„LiPo-ABC“-für-den-Alltag
Ursprung: http://www.elektromodellflug.de/lipo-leitfaden-faq.html
Absatz: Laden wenn der LiPo sehr kalt oder warm ist

Service - hier heraus kopiert: Sollte der Akku unter 10 °C kalt sein, wären Laderaten von unter 1C (typisch: 0,2C bis 0,5C) ratsam.
Bei fallender Temperatur ist aber zu beachten, dass der Übergang von 4C auf unter 1C nicht plötzlich, sondern ebenso fließend ist.
Daher empfehlen wir bei kalten Temperaturen schon ab 15 °C den Ladestrom deutlich zu reduzieren.
 
Zuletzt bearbeitet:

BZFrank

User
Hallo Gerd,

die mir vorliegenden Untersuchungsberichte zeigen für LiCo[x]Ni[1-x]02 Kathoden und Graphit-Anoden folgende Ergebnisse:

Temperatur Nutzbare Kapazität
+20 C 100%
+10 C 99%
0 C 92%
-10 C 81%
-20 C 70%
-30 C 60% (Keine Ladung mehr möglich, nur Entladung mit 0.05C)
-40 C 46% (Keine Ladung mehr möglich, nur Entladung mit 0.01C)

Die nutzbare Kapazität nimmt also, wie du schon gesagt, hast nicht-linear ab.

Gruß

Frank
 

Gerd Giese

Moderator
Teammitglied
(...)
Die nutzbare Kapazität nimmt also, wie du schon gesagt, hast nicht-linear ab.
Danke Frank, es bestätigt zu 100% mein Wissen, dass erst bei <10° der Kapazitätsverzicht
überproportional ansteigt (bis 10°C sogar vernachlässigbar) und keine Linearität aufweist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es lohnt z.B. nicht, sich die Autobatterie zu ruinieren, um die Lipobox stundenlang zu betreiben für 15€-Akkus.

Ich habe einen ALU Koffer innen mit Gipsplatten und Steinwolle ausgekleidet. Dakommen 3-4 Körnerkissen aus der Mikrowelle mit den Lipos rein.
Nach 4 Stunden haben die Lipos je nach Wetter noch 25 - 30 °C.
Mein Kollege legt ne Wärmflasche mit bei.

Sigi
 

Erdie

User
Es lohnt z.B. nicht, sich die Autobatterie zu ruinieren, um die Lipobox stundenlang zu betreiben für 15€-Akkus.

Abgesehen davon, dass man sich die Batterie nicht komplett leersaugen sollte wenn man wieder nach hause möchte, wird sich eine Autobatterie beim Betrieb einer kleinen Heizbox eher langweilen, gescheige denn, dass es irgendeinen Einfluß auf die Lebensdauer hat.
Also, von "ruinieren" kann in diesem Fall sicher keine Rede sein.

Außerdem, wer sagt denn, dass eine Heizbox überhaupt externen Strom braucht? Schau Dir mal die andern Threads oder die Anleitung zum Bau einer Heizbox von Gerd Giese an.
 
Außerdem, wer sagt denn, dass eine Heizbox überhaupt externen Strom braucht?
Ich nehm gern alte Flugakkus für die LiPo-Box.
Dass sich die Autobatterie langweilen würde, stimmt nicht. Denn die typischen 50 Watt (4 Ampere) eines LiPo-Campingschranks saugen die Autobatterie rasch halb leer, und das ist bei häufigem Fliegen nicht so toll für die Batterielebensdauer. Außerdem loggen manche Autos solchen Missbrauch ja mit.
 
Es muß nicht sein das ne 50 W Box für den Betrieb 4 A/h verbrät.
4 Ampere mal Stunde, nicht pro. :)
Gut, die 50 Watt liegen nicht immer an, und die Campingboxen sind auch sicherlich besser isoliert als gepimpte Alukoffer aus dem Baumarkt. Trotzdem sinkt die Autoakkuspannung bedenklich innerhalb eines Nachmittags.
 

Erdie

User
Ich nehm gern alte Flugakkus für die LiPo-Box.
Dass sich die Autobatterie langweilen würde, stimmt nicht. Denn die typischen 50 Watt (4 Ampere) eines LiPo-Campingschranks saugen die Autobatterie rasch halb leer, und das ist bei häufigem Fliegen nicht so toll für die Batterielebensdauer. Außerdem loggen manche Autos solchen Missbrauch ja mit.

Das hatten wir alles schon. Meine Box kommt problemlos mit 15W aus und die Heizung spring nur sporadisch an. Da sind ca. 1,4A. Ich glaube immer noch daran, dass ab und zu mal 1,4 Ampere für eine Autobatterie ein Witz ist.

BTW: Wie lädst Du denn Deine Akkus auf dem Flugplatz?
 

Erdie

User
Dann komm ich gern auf den Ausgangspunkt zurück mit einer Frage meinerseits:

Ich habe bis jetzt verstanden, dass der bei zu niedrigen Temperaturen ansteigende Innenwiderstand die Verlustleistung erhöht und damit einhergehend die Leistungskapazität verschlechtert. Ist ja auch logisch, es kommt relativ weniger (nutzbar) raus, als reingeht.
Überlastung stellt sich schon bei geringeren Belastungen ein und äußert sich durch eine starke Erwärmung des Akkus im Gebrauch.

So weit so gut, aber wenn sich der Akku bei der Entladung spürbar erwärmt, warum löst sich das Problem nicht dadurch von selbst? Den Innenwiderstand müßte durch die Eigenerwärmung wieder fallen und alle wäre wieder im Butter. Warum ist das nicht so? Liegt es daran, dass zum Zeitpunkt der Eigenerwärmung bereits ein Zerstörungsprozess einsetzt?

Gerd, was sagst Du dazu?

Grüße
Erdie
 

Gerd Giese

Moderator
Teammitglied
So weit so gut, aber wenn sich der Akku bei der Entladung spürbar erwärmt, warum löst sich das Problem nicht dadurch von selbst?
Den Innenwiderstand müßte durch die Eigenerwärmung wieder fallen und alle wäre wieder im Butter. Warum ist das nicht so?
Liegt es daran, dass zum Zeitpunkt der Eigenerwärmung bereits ein Zerstörungsprozess einsetzt?

Gerd, was sagst Du dazu?

Grüße
Erdie
... das ist so wie im ersten Satz (Frage) von dir!
Hast richtig erkannt! Beim normalen Lastprofil (so um die 6-8Min Flugzeit) hast spätestens nach 3-4Min. einen normal gewärmten
LiPo den Du ab dann voll rannehmen kannst (natürlich nur, sofern der nicht voll im Luftstrom liegt)!
Aber ... bis dahin gilt eben, je nach tiefe der Starttemperatur, Vorsicht um den Spannungseinbruch möglichst nicht unter 3,3V/Z
fallen zu lassen - was im kalten Zustand sehr schnell passiert!;) ... deshalb Vorwärmen, weil gerade in der Anfangsphase es bei
den meisten (mich eingeschlossen) in den Fingern am Gasknüppel juckt.:rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
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