EWD am Doppeldecker erleutern

BeAi79

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Seit langem bin ich ein Doppeldeckerfan, hab einige gebaut, doch war mir die EWD Geschichte nie wirklich erleutert worden. Trotz diversen Lektüren, Fachbücher wurde meine Fragen nie wirklich beantwortet. Wer kennt die wahren Hintergünde, weshalb hauptsächlich die Haupttragflächen meisstens gegeneinander angestellt werden. Und warum meisst die obere Fläche gegen unten angestellt wird... Viele einfache Erklärungversuche sind mir bekannt... Ich wüsste gerne die physikalischen Gesetzte/ Zusammenhänge dahinter erfahren...

Die Erklärung, dass das Abreissverhalten gutmütiger wird, kann ich nachvollziehen, doch dass das normale Flugverhalten auch verbessert wird, wenn ein Flügel in einem bestimmten Winkel angestellt wird ist mir nicht ganz plausibel...
 
:confused:"Grau ist alle Theorie..." und man kann aus allem eine Wissenschaft machen. Für uns Modellflieger ist nur wichtig daß so ein Gerät gut fliegt.;) Bei mehreren Doppeldeckern---auch Eigenbau---ging immer: EWD oben=0, unten +1,5°. Egal bei welchem Profil---die flogen gut,
warum will ich garnicht wissen. Aber wer viel Zeit hat, kann ja grübeln!
 
Na ja,
so ganz triviel ist die geschichte beim Doppeldecker auch nicht, da hier einige Faktoren zusammen kommen, welche beim Eindecker nicht vorhanden sind. Und es gibt auch beim DD viele verschiedene Auslegungen für ebenso verschiedene Flugzeuge.
Dass die EWD Einflüsse auf die Geschwindigkeit, das Abreißverhalten oder auch die Neutralität im Flugverhalten hat, ist wohl bei jedem Flugzeug so, also auch beim Doppeldecker. Das finde ich eigentlich sehr logisch. Auch muss die EWD dem verwendeten Profil angepasst sein, ist auch nachvollziehbar. Dazu kommen jetzt aber noch die Einflüsse der beiden Flächen, welche sich ja gegenseitig beeinflussen. Hier spielen die Staffelung der Flächen zueinander, deren Abstand, die Anordnung am Rumpf, sicher auch das Profil, eine eventuelle Pfeilung und bestimmt noch ein paar mehr Kleinigkeiten eine Rolle. Und alle Faktoren beeinflussen sich eben auch gegenseitig, da es ja ein System ist. Und da kann man fast nie eine Sache ändern, ohne auch andere Dinge mit zu beeinflussen.
Letztlich gibt es beim DD kein Patentrezept, wie eine EWD einzustellen ist. Und ich denke auch, dass man über verschiedene Auslegungen auch zu ähnlichen Zielen kommen kann. Ich habe z.B. mal einen einfachen DD für Kunstflug(-training) gebaut, wo ich alle Werte auf Null eingestellt habe, also EWD, Motorsturz, Profil symetrisch, Motorachse und HLW genau mittig zwischen den Flächen auf einer Linie. Und das ging sehr schön, es war gutmütig und flog anständig. Da würden andere Modellbauer ganz andere Rezepte verwenden und ebenso zufrieden sein. Und dann schau dir mal die Werte bei der TC Motte an...und die fliegt ebenso gut.
Ich denke, dass letztlich jede Konstruktion ihre eigene Einstellung braucht, auch wenn die nicht immer soooo unterschiedlich sind. Und wenn du selbst etwas entwickeln willst, macht es bestimmt Sinn, sich an ähnlichen Konstruktionen zu orientieren und sich vielleicht die Option offen zu lassen, nachträglich etwas an der EWD und dem Schwerpunkt zu drehen.
Ich will aber zugeben, dass ich die Sache immer mehr aus der praktischen Ecke betrachte und weniger der Theoretiker bin. Also wenn etwas fliegt, ist es gut, auch wenn es das theoretisch gar nicht tun dürfte...

In diesem Sinne würde ich meinem schnelleren Vorschreiber voll zustimmen.

Gruß Mirko
 

Dix

User
Die Erklärung, dass das Abreissverhalten gutmütiger wird, kann ich nachvollziehen,
doch dass das normale Flugverhalten auch verbessert wird, wenn ein Flügel in einem bestimmten Winkel angestellt wird ist mir nicht ganz plausibel...

Das ist die Denkweise mit zwei einzelnen Flügeln. Der vordere sollte seinen Strömungsabriss zuerst haben, damit die Karre auch nach vorne abnickt.

Tatsächlich ist es so, das eine wechselseitige Beeinflussung der Strömungsfelder um beide Flügel stattfindet. Das heißt das der obere Flügel schon bei GLEICHEM Einstellwinkel einen tatsächlich größeren Anstellwinkel hat. Daher kann dessen Einstellwinkel etwas zurückgenommen werden, sonst ist im Flieger einfach zuviel EWD eingebaut. Und wie sich das fliegt, weiß Du wahrscheinlich. Wie beim Auto im 1. und 2. Gang = geht grundsätzlich auch nicht so schlecht, ist aber eben nicht der Weisheit letzter Schluss.

Für tiefergehende Details gibt es genügend Literatur.

Bemerkung: Wichtig ist die Unterscheidung zwischen "AN-stellwinkel" und "EIN-stellwinkel". Wenn man das nicht verstanden hat, dann erleidet man bei aerodynamischen Dingen ruckzuck Schiffbruch...
 
Hallo BeAi79 ????,


wie wäre es zumindest mit einen Vorname, zum Ansprechnen .


EWD ist ja immer ein heißes Eisen.


Beim Doppeldecker hast Du es im Prizip ja nicht nur mit einer EWD (so wie beim Schwanzmodell) zu tun, sondern gleich mit 3en derer.


1-EWD, obere Tragfläche zum Höhenleitwerk.
2-EWD, untere Tragfläche zum Höhenleitwerk,
3-EWD, obere zur unteren Tragfläche.


Hast Du einen Dreidecker oder mehr, dann kommen halt noch mehr EWD's hinzu.


Und das macht alles ein wenig komplizierter.


Der Einstellwinkel des HLW hat im Prinzip die gleiche Aufgabe wir ein Höhenruderauschlag.
Damit legt man beim Bau eine Grundtrimmung fest und ereicht so, das man bei einer bestimmten Geschwindigkeit, ohne Höhenruder-Ausschlag fliegen kann.


Die beiden Tragflügel sollen das Flugzeug in der Luft halten.
Und diese beiden Flächen beeinflußen sich gegenseitig ganz enorm.
Dabei fließen ein:
1) der Höhenabstand der Flächen
2) die Staffelung (Versatz) , obere Fläche vor der unteren, oder umgedreht.
3) Größenunterschied der beiden Tragflächen.


Jetzt muß man erst mal festlegen, was man mit dem Doppeldecker überhaupt machen will.


Soll es ein Kunstflieger werden?, dann sollte mal symmetrische Profile nehemen, die Tragfächen möglichst gleich bauen, wenig Staffelung verwenden und wenig EWD einbauen , damit alles symmetrisch in jeder Fluglage funktioniert.


Beim Doppeldecker mit unterschiedlichen Flächen muß man sich halt überlegen, was man erreichen will.
Soll es absolut Gutmütig sein?
Dann wäre es geschickt, wenn die vorderste Tragfläche zuerst einen Strömungsabriss bekommt.
Die Nase wippt dann leicht nach unten und der Flieger holt wieder Fahrt auf.


Sollen die Lasten nahezu gleichmäßig auf die Obere und Untere Fläche verteilt werden (also beide Flächen soll gleich gut Auftrieb erzeugen)?
Dann muß man sich die Auftriebs- und CA-Kurven anschauen und gegeben falls die Einstellwinkel der beiden Tragflächen ändern.
So kommt es dann z.B. vor, das die untere Fläche mit z.B. 5° angestellt werden muß und die obere Flächen mit einem Einstellwinkel von 2° auskommt.


Bei falsche Einstellwinkeln kann es dann passieren, das eine Fläche überhaupt nichts zu tun hat und die andere alles tragen muß.
Oder die falsche Tragfläche bekommt zuerst einen Strömungsabriss und das Flugzeug gerät außer Kontrolle.


Gute Einstellwinkelwerte kann man sicherlich irgendwie auf dem Flugplatz , durch lange Erprobungsversuche herausfinden, ist aber mühselig und dauert Wochen.


Oder man nimmt sich eine Software (siehe FLZ_Vortex unten im Link) und simuliert das einfach mal.
Wie Du gesagt hast, konnte dir keiner richtig weiter helfen.
Und mit der Software erfährst Du mehr und verstehst auch die Zusammenhänge besser, wenn man mit den Einstellwinkeln spielt.
Im Magazin habe ich vor kurzem die Anleitung zum FLZ_Vortex eingestellt.


Du solltest erst mal schreiben , um was für einen Doppeldecker es sich handelt und was Du vor hast.
Und dann kann man da optimieren und passende Einstellwinkel finden.


Tobias Pfaff hat in seinem Vortex-Tutorial (findest Du auf meiner Homepage) den Doppeldecker Jenny (ab Seite 41) gerechnet.
Und dieser flog ohne Änderung so wie gerechnet.
Ein Kunstflugdoppeldecker ist die Jenny sicherlich nicht, wurde hier aber auch nicht gefordert.


Gruß


Frank
 
"Tatsächlich ist es so, das 1.eine wechselseitige Beeinflussung der Strömungsfelder um beide Flügel stattfindet. Das heißt 2. das der obere Flügel schon bei GLEICHEM Einstellwinkel einen tatsächlich größeren Anstellwinkel hat. Daher kann dessen Einstellwinkel etwas zurückgenommen werden, sonst ist im Flieger einfach zuviel EWD eingebaut. "

Zu 1. Stimmt so,hängt aber vom vertikalen Abstand beider Flügel bezogen auf die Flächentiefe ab
Zu 2.gilt nur für positiv gestaffelte DD (die meisten). Meine beiden (Staggerwing und Bumblebe) habens genau andersherum

Raymund
 

BeAi79

User
Also primär geht es mir um die Theorie, die Inputs die hier kamen, hab ich alle mit den Verlinkungen nun durchgelesen. Dies hab ich soweit auch schon gewusst, mir geht es um die Grundlagen, den Zusammenhang verstehen zu wollen... Fachliteratur, nun ja, ich lese seit Jahren Fachliteratur, doch so neue Bücher wie: Doppeldecker endlich selber bauen, waren vergeudete Zeit und hatten null Inhalt. Ich suche nach Fakten... Aktuell baue ich an einer semi scale Porter 2,5m Spannweite, und eine Sophwith Pup in 2m ist Rohbaufertig... Eine Waco YMF 5 1.85m und eine Phaeton 2 in 1.85m ist auch kürzlich fertig geworden... Die Feststellung welche Toni Clark einmal machte, praktiziere ich auch, also das Höhenleitwerk um 1 Grad anstellen, damit der Flieger in der Luft das Heck hochnimmt, also ein schöneres Flugbild ergibt. Die neueren Flieger haben diesen Trick meisst im Bauplan schon vorgesehen. Mir ist auch bekannt das bei den ganz alten Flächenprofilen, Hohlprofilen ein einiges höherer EWD eingestellt wurde, dies ist allerdings Profil abhängig. Zu Beginn der RC Doppeldecker Aera wurde bei der positiven Staffelung die vordere, obere Tragfläche um 1 bis 2 Grad angestellt, da die damals untermotorisierten Flugzeuge überhaupt ins fliegen kamen. Heute siehts natürlich anders aus, nach meinem Wissen sind alle meine Doppeldecker mit schwach gesenkter oberer Tragfläche, perfekt geflogen, zumal ja die obere Fläche mehr Auftrieb als die untere erzeugt... Doch die Relation zu den jeweiligen Verhältnissen würde mich brennend interessieren, damit der Mythos Doppeldecker einwenig gelüftet werden kann... Vielen Dank noch für den Link zur Vortex Software, ist eine tolle Sache... Im prinzip dreht sich meine Frage um die Programmierzusammensetzung dieser Software, wie sie vorgeht, was für Grössen am Doppeldecker wichtig sind... Es geht mir primär ums Verständnis...

Tipps zu interessanter Fachliteratur sind bei mir immer willkommen, dieses Gebiet hat für mein Geschmack zu wenig tolle Bücher hervorgebracht... wie das Buch: Doppeldecker endlich selber bauen, war ein reiner Reinfall...
 
Hallo BeAi79 ????,

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Vielen Dank noch für den Link zur Vortex Software, ist eine tolle Sache...
Im prinzip dreht sich meine Frage um die Programmierzusammensetzung dieser Software, wie sie vorgeht, was für

Grössen am Doppeldecker wichtig sind...
Es geht mir primär ums Verständnis...
>>>>

Also die Software ist ja universell gehalten.
Ist also Wurst, ob Du einen Doppeldecker, ein Schwanzmodell, einen Nurflügeler oder sonst was (z.B. einen
Achtdecker) rechnen willst.

FLZ_Vortex basiert auf dem Vortex-Lattice-Verfahren.
Um Auftrieb und Momente zu berechnen , reicht es zunächts aus die Skelettlinie eines Profiles zu nehmen.
Diese Skelettlinie wird dann in Spannweitenrichtung zur Skelettfläche erweitert.
Zwischendurch kann man natürlich auch Profile verändern , die Profiltiefen, Pfeilung, V-Form und Verwindung
anpassen.
Dann wird diese Ultradünne Skelettfläche in Panels aufgeteilt.
Jetzt kommt die Vortex-Lattice-Rechnung ins Spiel.
Jedes Panel ist eine kleine Trag-Fläche mit einem Wirbel auf der t/4-Linie und mit zwei Randwirbeln, die nach
hinten bis ins Unendliche abgehen.
Jeder Panelwirbel beinflußt nun alle anderen Panelwirbel überall am Flugzeug.
Dabei ist die Lage der Panels im Raum noch wichtig.

Wenn Vortex-Lattice durch ist, dann hast Du im Prinzip eine Kräfteverteilung über alle Panels des Flugzeuges.

Und diese Kräfteverteilung erzeugt dann den Auftrieb und die Momente um alle Achsen.
Daraus lassen sich dann auch der Druckpunkt (Schwerpunkt) und der Neutralpunkt ermitteln.

Wenn sich die Lage der Panels im Raum ändert, z.B. eine Klappe schlägt aus , oder ein Einstellwinkel wird
geändert, dann ändert sich auch die komplette Kräfteverteilung.

Das FlZ-Vortex macht genau das .
Du kannst alles mögliche einstellen und ändern und bekommst so Infos über den Flieger.
Was passiert, wenn man die Position der Doppeldeckerflächen zu einander ändert, oder den
Höhenleitwerkseinstellwinkel ändert, oder wer weis was noch.

Und wenn Du nun spielst, dann siehst Du die Auswirkung in wenigen Sekunden und brauchst nicht Monate lang auf dem
Flugfeld experientieren.

Wenn dir das Programm aber nicht reicht und Du Mathe haben willst, dann ab ins WWW.
Dort gibt es hunderte Einträge zum Thema Vortex-Lattice.
Dann ist aber büffeln angesagt und am besten fängst Du an zu programmieren.
Denn dabei lernt man das meiste, dauert aber auch ein wenig.

Gruß

Frank
 
Praktische Theorie:
Manche babbeln oft, oben weniger Anstellung, weil, wenn er ins Überziehen kommt, dann trägt die obere Fläche, und hchdecker sind immer stabiler als Tiefdecker. Ok, dagegen kann man nicht soviel sagen.
Ich hab einen winzigen Doppeldecker gebaut, war ein Tiefdecker-Gummimotormodell, da will ich seeeehr viel eigenstabiles Flugverhalten, auch um die Querachse, die obere Fläche ist etwa 1/3 Flächentiefe ggü. der unteren nach vorne gestaffelt. Ich habe die obere stärker angestellt, die soll ggf. auch früher abreissen als die untere, solange die noch trägt hat dies m.E. ein abtauchendes Moment zur Folge. Allerdings hat die obere Fläche hoch angestellt wiederum einen hohen Widerstandszuwachs ggü. der noch tragenden unteren, Motor zieht mittig zwischen den beiden Flächen, also wohl ein doppeltes Moment Nase nach oben, was man ja eigentlich nicht will.
Der Flieger fliegt auf jeden Fall absolut unkritisch auch bei viel zu wenig Motorleistung, ist aber keinesfalls repräsentativ anzusehen.
Ich würde nur behaupten daß es für eine Auslegung sehr viele Parameter gibt, fällt die o.g. Widerstandserhöhung nicht ins Gewicht, will man einen Flieger für den Landeanflug ohne große Motorleistung abrisssicherer machen so tendiere ich zu oben mehr als unten ( übliche Pittsstaffelung vorausgesetzt ). Leider wird man kaum dazukommen mehrere Varianten ganz exakt desselben Fliegers vergleichend auszuprobieren ( wär doch mal ne Sache...?)
 

BeAi79

User
Ok, vielen Dank. Eine Frage hab ich noch, der Rumpf wird generell vernachlässigt? Gerade bei den Jets generiert mancher Rumpf auch Auftrieb... Dieser wird in diesem Programm ja nicht berücksichtigt... Die Hawk ist dafür ein gutes Beispiel...
 

Dix

User
Schau Dir doch an, wieviel Flügel und wieviel Rumpf da ist.
Die Jets haben eine extrem durchdesignte Aerodynamik. Kleine Flügel für wenig Luftwiderstand im Überschallflug.
Hast Du einen Doppeldecker mit einfach zylindrischem (wenig auftriebswirksamem) Rumpf (z.B. Stearman) würde ich ihn erstmal glatt vernachlässigen. Es macht den Flieger nur kopflastiger. Bist damit also zunähst auf der sicheren Seite. Für ein Rumpfmonster wie Pitts oder ChristenEagle könnte das schon zu weit auf der sicheren Seite liegen.
Spiel doch mal mit den Programmen WinLaengs oder Vortex rum. Dann siehst Du die Einflüsse und kriegst überhaupt mal ein Gefühl. Wieviel es ausmachen kann.
Der Rumpf ist dann als Flügelsegment mit beschissener Streckung und gruseligem Profil abzubilden. ;-)

Aber der praktische Versuch ist nicht zu ersetzen. Der macht kluch!
 
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