Anfrage: Holmberechnung?

Tuffy

User
Hallo ,mein Name ist Ronald und ich bin seit einigen Jahren aus dem Modellbau raus.
Jetzt ist in meinem privaten Umfeld ein Streitgespräch über das berechnen von Kohlefaserholmen ,bzw. Flächenberechnungen auf Festigkeit entstanden und es wäre prima wenn mir hier kurz weitergeholfen würde.
Also kurz gibt es für die Berechnung von Kohlefaserholmen mit Rovings eine Formel oder werden die Flächen nach versuch und Irrtum gebaut und beim Windenstart getestet.
Wäre um eine zeitnahe Antwort mit entsprechender Erklärung dankbar .
Gruss Ronald
 

Julez

User
natürlich berechnet!

natürlich berechnet!

Hallo Ronald,

natürlich werden Holme heutzutage berechnet!

Ganz grob: Auf die Fläche wirkt eine Linienlast, dementsprechend sieht der Biegemomentenverlauf so aus:

http://www.maschinenbau-wissen.de/bilder/skripte/mechanik/aufgabe-streckenlast-03.jpg

Je näher man zur "Mitte" (Y-Achse) kommt, desto mehr "grün" hat man, desto größer das Biegemoment also. Dementsprechend braucht man auch mehr Rovings hier. Sie müssen also abgestuft werden entsptechend des Kurvenverlaufs.

Aber ganz so einfach ist das nicht: Gemäß der Flächenauslegung, Klappenstellung und des Flugzustands wirkt keine Linienlast, sondern eine Last gemäß der Auftriebsverteilung. Diese ändert dann natürlich auch wieder den Momentenverlauf. Außerdem wird die Fläche außen dünner von der Profildicke her, der Holm ist hier also weniger hoch. Die Höhe dagegen geht in der 3. Potenz oder so in die Steifigkeit ein, man braucht also hier relativ mehr Material um die gleich Steifigkeit, oder auch Festigkeit, zu erreichen.
Und nicht nur die Holmgurte sind entscheidend, sondern auch die Verkastung, über welche die Scherkräfte übertragen werden. Deshalb muss ein Holm manchmal breiter werden.

Man merkt also, sehr viele Einflussgrößen, die sich aber ziemlich gut mathematisch erfassen lassen.
 
Festigkeit oder Steifigkeit!

Festigkeit oder Steifigkeit!

Hallo,

grundsätzlich wäre zu klären ob es hier um Festigkeits- oder Steifigkeitsrelevante Berechnungen geht. Falls die Randbedingungen vorliegen kommt man mit der klassischen Laminattheorie ziemlich weit wenn es um Verzerrungen/Verschiebungen geht. Will man aber wissen wann ein Materialversagen entsteht muss man Unterscheiden. Aufgrund der Anisotropie gibt es bei Laminaten keine klassische Vergleichsspannung, wie bei Metall bspw.
Aber es gibt Versagensarten und Versagenskriterien... Zum Beispiel Faserbruch (Druck/Zug) oder Faserzwischenbruch (Matrixversagen).

Wenn du sagst worums dir geht kann ich gerne etwas detaillierter werden,

gruß,

Lucas
 
fest oder steif?

fest oder steif?

Wenn du sagst worums dir geht kann ich gerne etwas detaillierter werden,

Hallo Lucas,

hmmm...Auslegung auf Steifigkeit macht nur Sinn wenn die Festigkeit so gut ist, dass es unter Belastung nicht zum Strukturversagen kommt, wie viel es sich bis zum Bruch durchbiegt, das ist Steifigkeit.

Eine Auslegung auf große Steifigkeit (geringe Biegung) erfordert in der Regel wesentlich mehr Rowings in den Holmgurten als für die reine Festigkeit erforderlich wäre.
Somit ist die rechnerische Auslegung erst mal die auf Festigkeit, zumal diese gut beherrschbar und einfach ist (siehe excel von C. Baron). Die Berechnung auf Biegung geht zwar auch, aber bei weitem nicht so präzise wie auf Festigkeit.

Gruß Rolf
 
Auslegung auf Steifigkeit macht nur Sinn wenn die Festigkeit so gut ist, dass es unter Belastung nicht zum Strukturversagen kommt

Dann stell ich die Frage mal andersrum... Wieso nehmen wir dann keinen Gummi? Der ist Festigkeitsmäßig bombastisch :p

Vielleicht nochmal grundlegend: Man nehme ein Spannungs-Dehunngsdiagramm. Dort kann man sehr gut den linear-elastischen Bereich ausmachen. (STEIFIGKEIT)
Danach folgt das plastische Materialverhalten bis zum versagen (FESTIGKEIT)

Man versucht doch zunächst die Verformungen gering zu halten, da dies ohne Materialversagen passieren soll müssen auftretende Spannungen demnach im linear-el. Bereich liegen.
Ist man soweit zufrieden kann man einen Schritt weiter gehen und schauen wann Materialversagen eintritt...

Gruß Lucas
 

Gast_8039

User gesperrt
Hallo!
hier wird gedacht, wie Maschinenbauer halt so denken ;) (Metall = elastischer Bereich ->, plastischer Bereich -> Versagen).
Das ist bei FVK anders: es gilt das Kriterium Grenzdehnung, ab dieser ein Laminat zur Rissbildung neigt. Anders und vereinfacht gesagt, reicht der elastische Bereich bis in die Versagensspannung.
Also ist es richtig, diejenigen Spannungen, die nicht zum Erreichen der jeweiligen Grenzdehnung des Laminats führt, als zulässig anzusetzen. Mittels des E-Moduls lässt sich die Dimensionierung jeweils spannungs-dehnungbezogen überführen und man kann die Kriterien max. Verformung, Stabilität oder Festigkeit im Bauteil ansetzen, je nach Bedarf. Ich schmeiße die Fasern so hin, wie ich sie brauche und weise die zulässige Dehnung nach. Willkommen im Designer-Werkstoff!
;)
 
Dann stell ich die Frage mal andersrum... Wieso nehmen wir dann keinen Gummi? Der ist Festigkeitsmäßig bombastisch :p s

Hallo Lucas,

Ich möchte eine Diskussion über Holmauslegung eher im Bereich von technisch sinnvollem führen...:eek:

Über Unsinn wie Gummi als Holmgurt mußt du mit jemand anders diskutieren. :(

E-Modul, Streckgrenze, Hookesche Gerade im Spannungs-Dehnungsdiagramm sind sehr viel passendere Themen.
Oder mehr praktisches: Auf welches Lastvielfache lege ich den Holm aus?

Gruß Rolf
 
Lastvielfaches bei F3B

Lastvielfaches bei F3B

Hallo,

in dem erwähnten Programm von Christian Baron wird als Eingangsgröße das Lastvielfache ermittelt (z.B. maximaler Auftrieb bei Maximalgeschwindigkeit ergibt den Abfangbogen) oder gesetzt. Da kommt es dann darauf an was Du mit dem Modell machen willst. Bei einem F3B Modell kommen dann, natürlich abhänig von den Randbedingungen so ca. 50g raus.

Praktisch zeigt sich daß ein steiferes Modell beim Schuß die Energie besser umsetzt und da wird man sich dann empirisch an ein Steifigkeits/Gewichtsoptimum heranarbeiten. (wobei hier dann natürlich neben der Biegesteifigkeit der Fläche auch die Torsionssteifigkeit (die über die Schale realisiert wird) eine wichtige Rolle spielt.

Letztlich ist die Berechnung ein Hilfsmittel zur Auslegung da nicht alle Randbedingungen sauber erfasst werden können bzw. die Materialkennwerte aus Ersatzversuchen mit "idealen" Bedingungen ermittel werden.

Gruß
Reinhold
 

Tuffy

User
....Danke der ganzen Fachkompetenz für die Antworten ......!!!
Bin aber wieder weg...Holm und Rippenbruch ...und immer an Ikarus denken ...!
 

Faxe

User
Nicht aufgeben

Nicht aufgeben

Sowas und ähnliches ist der Grund warum ich hier kaum noch was schreibe, gebe mein Wissen lieber auf anderen Wegen weiter...:(

Blöde Aktion, die hier gerade gelaufen ist. Aber bitte weitermachen mit Hilfestellungen. Der weitaus größere Teil der hier Rat suchenden sucht auch ehrlich ehrlichen Rat. Mir wurde auf jeden Fall hier schon sehr gut weitergeholfen. Dennoch schaue ich immer wieder mal in solche Themen rein um zu sehen wie andere mit ähnlichen Problemen umgehen. Damit scheine ich auch nicht der Einzige zu sein. Die Reaktion so vieler Modellbauer zeigt das deutlich. Also nochmal der Apell an alle "Wissenden": bitte weiter Auskunft geben oder Ansichten äußern.

einen schönen Sonntag

Faxe
 
Okay dann bin ich auch raus, denn ich wollte lediglich wissen ob es um Festigkeitsproblematiken (Tsai WU, Hill oder Puck Kriterien) oder eine Steifigkeits relevante Fragestellung geht (emodul, elastischer Bereich etc.), für diejenigen die die Fachbegriffe mögen.

Im Praktischen wäre die Frage ob ein F3B-Flächen-Gurt im Schuss bei 50g Materialversagen erleidet und sich dabei 5 cm deht oder das ganze auszulegen ohne Materialversagen.

Lucas
 
Im Praktischen wäre die Frage ob ein F3B-Flächen-Gurt im Schuss bei 50g Materialversagen erleidet und sich dabei 5 cm deht oder das ganze auszulegen ohne Materialversagen.
Faserverbundwerkstoffe benehmen sich nicht wie Stahl. Bleibende Dehnung ist eine Vorstufe zum Versagen (Mikroschäden). Wenns hält, hälts ohne bleibende Verformung.

Die Frage nach Steifigkeits- oder Festigkeitsauslegung ist normalerweise in der Aerodynamik begründet. Wieviel Verformung kann ich zulassen, ohne zuviel Leistung, doer schlimmer, Flugstabilität zu verlieren?
 
Wieviel Verformung kann ich zulassen, ohne zuviel Leistung, doer schlimmer, Flugstabilität zu verlieren?

Aber da gehts doch eben nur um die Steifigkeit... Sagen wir ich möchte eine maximale Verformung von 5 cm am Flächenende, dann lege ich danach aus, aber das heißt ja noch lange nicht das bei 5cm noch alles ganz ist wenn die max. Spannungen über der der Materialkennwerte liegen. (zb. bei min. Bruchdehnungnen bei manchen UHM Materialen). Und ja FVK haben kein plastisches Materialverhalten, aber um herauszufinden Welche Lage im Laminat versagt oder obs nur die Matrix ist kommt man ohne Festigkeitshypothesen wahrscheinl. nicht sehr weit.

Lucas
 
Sagen wir ich möchte eine maximale Verformung von 5 cm am Flächenende, dann lege ich danach aus, aber das heißt ja noch lange nicht das bei 5cm noch alles ganz ist wenn die max. Spannungen über der der Materialkennwerte liegen. (zb. bei min. Bruchdehnungnen bei manchen UHM Materialen).
Ja natürlich muss man beide Bedingungen abchecken. Aber wenn man auf Steifigkeit auslegt, landet normalerweise deutlich mehr Material im Flügel als bei einer reinen Festigkeitsauslegung.

aber um herauszufinden Welche Lage im Laminat versagt oder obs nur die Matrix ist kommt man ohne Festigkeitshypothesen wahrscheinl. nicht sehr weit.
Dazu gibts die Richtungsabhängien materialkennwerte. An einem Bauteil wie einem Holm sind die Lastrichtungen im Normalfall klar und gut abzuschätzen. Holmstummel, Verbindertachen und ähnliche Bauteile mit Spannungsänderungen auf kleinem Raum können einen da aber schon an Grenzen bringen. Dann hilft IDR ein versuch oder Erfahrung weiter.
 
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