Maßnahmen, um ein Flugzeug langsamer zu machen

Hallo Leute,

welche Maßnahmen gibt es eigentlich, um ein Flugzeug langsamer zu machen? Oder gibt es überhaupt Möglichkeiten, um dies bei Motorfliegern effektiv zu bewerkstelligen?
Da ich mich auch gerne theoretisch mit unseren Hobby auseinandersetze, wäre es schön, wenn ihr die Maßnahmen auch näher beschreiben könntet.

Hintergrund ist ein Kollege, der mit seiner Black Horse Wilga nicht ganz zufrieden ist, weil diese eine recht hohe Grundgeschwindkeit hat. Mit nach Herstellerangaben eingestellten Schwerpunkt und Höhenruder in einer Linie zur Dämpfungsflosse, ergibt sich aktuell bei der "Anstechprobe" kein selbstständiges Abfangen. Die Maschine fliegt sich sehr neutral, wie ein Kunstflieger... und schnell.

Einfallen würde mir nur folgendes: (ich bin mir nicht bei allen Punkten sicher)

  • Gewicht verringern: wenn die Flächenbelastung sinkt, sinkt auch die Minimalgeschwindigkeit.
    Großes Einsparpotential, ohne große Umbaumaßnahmen bietet der Flieger aber nicht.
  • EWD vergrößern? Wenn man den Schwerpunkt nach vorne verlegt und dementsprechend die EWD erhöht, erhöht sich das Stabilitätsmaß des Fliegers. Aber was heißt das für die Fluggeschwindigkeit? Wird die Minimalgeschwindigkeit niedriger? Im Seglerbereich liest man ja oft, dass der Segler besser läuft, wenn die EWD verringert wird, also muss doch das genaue Gegenteil eintreten, wenn man die EWD vergrößert...
  • Bei Seglern werden oftmals Turbulatoren verwendet, um die Strömung länger an der Fläche zu halten und so die Abrissgeschwindkeit herabzusetzen. Bei Motormaschinen habe ich sowas noch nie gesehen. Zudem hat die Wilga ja auch so einen Vorflügel, von dem ich auch gerne wüsste, was der bringt. Würden also Turbulatoren was bringen?
  • Wiederum aus dem Seglerbereich (ihr merkt, wo ich mich größtenteils rumtreibe ;)) weiß ich, dass durch minimales Herabsetzen der Wölbklappen (meist nur wenige Millimeter) die Wölbung der Fläche erhöht wird, um mehr Auftrieb zu erhalten. Das geht natürlich nur in einem engen Bereich, bevor durch zu starkes Herabsetzen der Wölbklappen eine Bremswirkung eintritt. Man müsste doch sowas (natürlich je nach Profil) mit den Bremsklappen einer Motormaschinenauch erreichen könne, oder?

Was würde euch noch einfallen oder liege ich mit meinen oben geschilderten Vermutungen überhaupt richtig?

Es wäre sehr schön, wenn sich hier eine theoretisch angehauchte Diskussion zu der Fragestellung ergibt, die viele konstruktive Ratschläge hervorbringt. Ausdrücklich nicht erwünscht sind Kommentare wie: Lern fliegen, dann kannst du auch langsam fliegen oder gib weniger Gas... :rolleyes:

Gruß Martin
 
Mehr Langsam = Mehr Auftrieb.
Mehr Auftrieb = Mehr Wölbung
oder
Mehr Auftrieb = Mehr Anstellwinkel

Punkt 1 Gewicht, macht ja immer Sinn
Punkt 2, s.o.
Punkt 3, Käse, erstmal muss es ja langsamer werden
Punkt 4, Prinzipiell ja, s.o., aber Käse, der Gesamtflugzustand passt ja nicht.

Ich würd da noch ein wenig Theorie nachlesen und dann mal konkret schauen welchen Ca die Mühle denn so bräuchte wenn sie das macht was sie laut Vorgabe soll.
 
Zu Deinem Punkt 2 "EWD vergrößern" und Schwerpunkt nach vorne verlegen:

Damit erreichst Du das Gegenteil. Ein kopflastiger Flieger hat eine höhere Mindestgeschwindigkeit als ein eher schwanzlastiger. Der schwanzlastige fliegt sich zwar kippeliger, da er ein geringeres Stabilitätsmaß besitzt und daher stärker auf Höhenruderausschläge reagiert. Deshalb reißt er evtl. "gefühlt" schneller ab; ein kleiner Ausschlag hat große Wirkung.
Aber er kann langsamer geflogen werden als der kopflastige.
Der kopflastige ist bei gleicher Fluggeschwindigkeit- bedingt durch die hohe EWD- mit einem größeren Anstellwinkel unterwegs, erreicht also auch den max. Anstellwinkel schon bei höherer Geschwindigkeit.

Das kann man auch gut im Flughandbuch "echter" Flieger nachlesen.

Dass geringere EWD andererseits auch besser läuft, ist klar: weniger Gesamtwiderstand.

Gruß TE
 
Je nach vorhandener Fehlanpassung eventuell auch eine Luftschraube mit mehr Durchmesser und weniger Steigung. Mit Turbolatoren kann man auch experimentieren um die Abrissgeschwindigkeit zu verringern. Zackband, Vortex Generatoren ect..
 

Mario12

User
Was würde euch noch einfallen oder liege ich mit meinen oben geschilderten Vermutungen überhaupt richtig?
Hallo Martin,
wie ist denn dieses Modell genau motorisiert und was wiegt das Modell in Summe? Kannst du das verraten?
Ich gehe mal von einem elektrischen Antrieb aus. Heute wird ja oft der etwas größere Antrieb verbaut und dann noch eine Zelle mehr reingepackt.
Das alles ergibt einen Antriebsstrang, der "gut zieht" und damit flott unterwegs ist.
Vielleicht ist hier einfach etwas viel eingebaut worden. Motor dadurch zu stark (wenn es sowas überhaupt gibt) und Gewicht dadurch sicherlich auch nicht ganz gering.
Hier kommt dein "Gib weniger Gas" Argument ein bisschen ins Spiel. Sorry, eigentlich wolltest du es ja nicht hören. ;)

Bezüglich EWD und Herstellerschwerpunkt. Du schreibst es ja selber. Das Modell fängt nicht ab und fliegt wie ein Kunstflieger. Wenn ihr einen anderen Trimm haben möchtet, ist die Herstellerangabe für diesen konkreten Fall einfach ungeeignet. Gut finde ich, dass du von Herstellerangabe sprichst. Oft ließt man von den Herstellervorgaben. Ein quasi gottgegebenes Schicksal, welches der Eigner keinesfalls ändern darf. :)
Wie ist es denn, wenn die HR Trimmung auf Langsamflug gebracht wird? Das ist quasi EWD vergrößern für die ganz schnellen. Meine Vermutung ist, dass vielleicht dann das Modell "besser" fliegt und man dann über den Motorsturz die Sache mit dem Geradeausflug in den Griff bekommt. Ob man dann die EWD durch bauliche Maßnahmen richtig korrigiert ist ja erstmal zweitrangig.

Was mir noch auffällt. Die EWD ist nicht vermessen worden, oder? Schwerpunkt nach Herstellerangabe und HR im Strak. Gerade bei einem China ARF Flieger würde ich auf jeden Fall nachmessen, wo man da landet. Manchmal kommen da wirklich komische Sachen zu Tage.
Auch das Nachrechnen des "richtigen" Schwerpunktes (z.B. per Winlaengs Software) ist eine gute Idee. Die meisten Herstellerangaben sind weit weg davon, was die Mathematik dazu sagt.

Hmmm. Doch ne Menge Text geworden. Ich hoffe, es hilft euch beiden.

Grüße
Mario
 

Kyrill

User
Du willst Theorie?

Du willst Theorie?

Dann google mal nach der Broschüre (pdf):

High-Lift Systems on Commercial
Subsonic Airliners

http://ntrs.nasa.gov/search.jsp?R=19960052267

Zusammengefasst werden dort alle möglichen Massnahmen beschrieben den Auftrieb zu erhöhen und den Strömungsabriss in Richtung langsam zu verschieben. Natürlich alles bautechnische Massnahmen wie Vorflügel, Klappen, Turbulatoren etc.

Der Text ist in englischer Sprache.
 

micbu

User
@turbo-Enzo
falsche Denkweise. Es geht dem Threadstarter nicht um die Mindestgeschwindigkeit sondern um die normale Geschwindigkeit im Flug. Man wird ein Modell im Normalflug eben nicht dauernd mit der Mindestgeschwindigkeit fliegen sondern mit der Trimmgeschwindigkeit. Die Trimmgeschwindigkeit ist bei kopflastigen Modellen niedriger als bei schwanzlastigen da man ja immer etwas Höhenruder getrimmt hat und somit die EWD vergrößert wird. Der Auftrieb wird größer und somit der Widerstand => langsamere Trimm(Flug)geschwindigkeit. EIne Vergrößerung der EWD würde in diesem geforderten Fall also ebenfalls zum gewünschten Ziel führen.

Michael
 
@turbo-Enzo
falsche Denkweise. Es geht dem Threadstarter nicht um die Mindestgeschwindigkeit sondern um die normale Geschwindigkeit im Flug. Man wird ein Modell im Normalflug eben nicht dauernd mit der Mindestgeschwindigkeit fliegen sondern mit der Trimmgeschwindigkeit. Die Trimmgeschwindigkeit ist bei kopflastigen Modellen niedriger als bei schwanzlastigen da man ja immer etwas Höhenruder getrimmt hat und somit die EWD vergrößert wird. Der Auftrieb wird größer und somit der Widerstand => langsamere Trimm(Flug)geschwindigkeit. EIne Vergrößerung der EWD würde in diesem geforderten Fall also ebenfalls zum gewünschten Ziel führen.

Michael

Was bitte schön ist denn DIE Trimmgeschwindigkeit?
Du kannst ein und dieselbe "Wunsch-Geschwindigkeit" bei verschiedenen SP-Lagen einstellen. Halt mit mehr oder weniger EWD.
Nur die niedrigstmögliche wirst Du kopflastig nie erreichen.

Gruß TE
 

micbu

User
Die Trimmgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit die dein Fluggerät im stabilen Horizontalflug fliegt wenn du alle Knüppel losgelassen hast.



Michael
 

Quaxx

User
Die Flugstabilität würde ich nur über die Schwerpunktvorlage einstellen. Passt die Stabilität würde ich die EWD der gewünschten Fluggeschwindigkeit anpassen, um einen gut getrimmten Zustand zu erreichen.

Langsamer machen:

- Gewicht verringern, jedes Gramm zählt

- Auftriebsbeiwert vergrößern:
Anstellwinkel vergrößern (beim Abriss ist natürlich Schluss bzw. zur Sicherheit schon vorher), testet mal die Abrissgeschwindigkeit. Erst dann wisst Ihr überhaupt wie langsam drin ist.

Wölbung erhöhen. Ohne Umbau: Landeklappen setzten. Bis zu 60 °. Querruder synchron nach unten setzten. Vielleicht max. 15 °, damit noch ein weiterer Ausschlag nach unten möglich ist, um die Querruderfunktion zu gewährleisten. WARNUNG: Querruder sollten dann nie größeren synchronen Ausschlagswinkel nach unten haben als die Landeklappen. Sonst bekommt Ihr eine negative geometrische Flügelverwindung und ein entsprechend giftiges Abreißverhalten. Also die Landeklappen immer mindestens so viel setzen wie die Querruder.

Mit Umbau: Anderes Flügelprofil mit höherem ca-Max wählen.

Vorflügel dranbauen.

Andere Landeklappen wählen mit mehr Effekt. Z. B. Spaltklappe oder Mehrfachspaltklappe anstatt Wölbklappe.

Flügelfläche vergrößern
Spannweite und oder Flügeltiefe vergrößern.

Einstellwinkel von Flügel und HLW verkleinern. Dann liefert der Rumpf im Flug auch noch etwas Auftrieb. Geht natürlich zu Lasten des Luftwiderstands und somit nur bei guter Motorisierung.

Winglets nachrüsten.

Liebe Grüße
 
Erste Frage in diesem Zusammenhang, bevor bauliche Massnahmen ins Auge gefasst werden:

Wie langsam lässt sich das Teil fliegen, ohne kippelig zu werden? Wenn mit blossem Arbeiten am Höhenruder die gewünschte Geschwindigkeit geflogen werden kann, dann ist der Vogel schlicht falsch getrimmt. (Modellbauer sagen: die EWD stimmt nicht.) Das kann man mit einem entsprechenden dauernden Ruderausschlag beheben, oder man korrigiert den Einstellwinkel des HLW. Kein Gesetz der Aerodynamik sagt, dass im Reiseflug das HR im Strak stehen muss.

Dass sie beim Anstechtest praktisch nicht abfängt, spricht dafür, dass der SP eher etwas vor darf. Eine Wilga ist keine Extra, die darf ruhig etwas eigenstabiler unterwegs sein. Direkt auf die eintrimmbare Geschwindigkeit hat das keinen grossen Einfluss, aber die Empfindlichkeit auf Trimmeinstellung wird kleiner.
Dies gilt inbesondere dann, wenn das ein Schlepper ist. Mit dem Segler hintendran willst Du schliesslich steigen, nicht düsen.

Was Alwin sagt, gilt selbstverständlich auch. So wie Modellflugzeuge, und insbesondere Schlepper, heute motorisiert werden, brauchst Du im gemütlichen Reiseflug gerade mal Halbgas. Sonst steigt der bei der gewünschten Geschwindigkeit mit 45° weg.
 
Anstellwinkel der Fläche um 1Grad erhöhen. Das wird schon viel ausmachen.

Gruß, Jürgen

Anstellwinkel? Du meintest doch eher den Einstellwinkel.

Eine Reduzierung macht da allerdings eher Sinn, da dann der Rumpf im Horizontalflug mehr angestellt ist und zusätzlich etwas Auftrieb liefert, vgl. Post #11.

:) Jürgen
 

Alwin

User gesperrt
Ich glaube schon es wird der Anstellwinkel gemeint!!
Nur den Anstellwinkel erhöht man im Allgemeinen durch Erhöhung des Einstellwinkels ;-)

Alwin
 
Ich glaube schon es wird der Anstellwinkel gemeint!!
Nur den Anstellwinkel erhöht man im Allgemeinen durch Erhöhung des Einstellwinkels ;-)

Alwin

Der Anstellwinkel im Horizontalflug ergibt sich aus der Fluggeschwindigkeit. Niedrige Fluggeschwindigkeit = hoher Anstellwinkel, hohe Fluggeschwindigkeit = niedriger Anstellwinkel.

:) Jürgen
 

Claus Eckert

Moderator
Teammitglied
Ah jetzt aber...
Wenn er den Anstellwinkel der TF um ein Grad erhöht, dann wird er das kaum im Flug machen.
Jeder weis doch was gemeint ist.
Man kann die Dinge auch kompliziert machen um das letzte Wort zu behalten. ;)

Zum Thema:
Die Erhöhung der Einstellwinkeldifferenz ist ein gutes Mittel um ein Flugzeug langsamer zu machen. Man darf es aber nicht übertreiben. Irgendwann will das Profil sonst keinen Auftrieb mehr liefern. ;)
 
Im Geradeausflug ist der Auftrieb gleich dem Gewicht. Die Maschine fliegt im stationären=unbeschleunigtem Flug so schnell, das ein Auftrieb erzeugt wird welcher dem Gewicht entspricht.

Der Auftrieb: F= 1/2 p V² cL A = q cl A

wobei gilt: (Quelle = http://walter.bislins.ch/aviatik/index.asp)

F = Auftriebskraft
p = Luftdichte = f(Tp)
V = Geschwindigkeit (True Airspeed, TAS) = Groundspeed + Gegenwind
cl = Auftriebsbeiwert (l = lift) mehr dazu hier http://www.aerodesign.de/aero/auftriebsbeiwert.htm
A = Flügelfläche
q = Staudruck, dynamischer Druck (engl: Dynamic Pressure)

d.h.
- abhängig von der Geschwindigkeit im Quadrat (welche von der Flächenbelastung abhängig ist)
- vom Auftriebsbeiwert, welcher wiederum vom Anstellwinkel abhängig ist (siehe Polare des betreffenden Profils)
- von der Fläche

Bei gegebener Fläche(ngeometrie) und gegebenem Gewicht ist eine Verringerung der Geschwindigkeit nur möglich über eine Erhöhung des Auftriebsbeiwertes,--> Vorflügel oder/und Wölbklappen...

Gruß Rolf

ps...Welches Profil eignet sich für den Langsamflug http://www.kanti-wohlen.ch/Uploads/Documents/0/berechnungenamfluegel.pdf
ist zwar für die "Großen",aber die fliegen mit der gleichen Physik...(60 gute Seiten), wobei der Bernoulli zur Erzeugung des Auftriebs am Tragflügel nicht so wirklich überzeugt, siehe hier...

http://user.uni-frankfurt.de/~weltner/Misinterpretations of Bernoullis Law 2011 internet.pdf
 
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