Warum dreht mein Segler bei Seitenwind ein?

Beim Landen meiner 3m-ASW mit Seitenwind beobachte ich regelmäßig, dass der Segler in den Wind eindrehen will.

Eine Erklärung hierfür ist ganz sicher...

Zitat von UweH:
...ein geometrischer Effekt. Der Segler möchte im Geradeausflug mit dem Seitenwind versetzt werden, aber Du willst trotz Seitenwind in einer geraden Linie die Landerichtung treffen. Die resultierende Bewegung aus diesen beiden unterschiedlichen, senkrecht zueinander stehenden Bewegungsrichtungen ist eine zur Landerichtung schräge Flugbahn die vom Piloten so gesteuert wird.​
Zitatende.

Jedoch bleibt es eben nicht einfach bei dem notwendigen Vorhaltewinkel gegen den Wind, um Kurs über Grund beizubehalten.

Nein, mein Flieger will ganz in den Wind eindrehen und kommt damit auch regelmäßig von dem Kurs über Grund in Richtung "gegen den Wind" ab, fliegt also bei Anflug längs der Hangkante wieder nach Richtung draußen. Als ich noch nicht Seite getrennt dazu steuern konnte, führte das immer zu unsauberen Landungen. Wenn ich am Hang bei Seitenwindlandungen einen geraden Kurs über Grund steuern will muß ich massiv mit Seite in Richtung Mitwind (!) steuern, ansonsten klappt es leider nicht.

Wie ist das zu erklären?

Meine einzige Erklärung hierzu ist, dass der Wind eben in der Praxis niemals ganz gleichmäßig weht, sondern von Böen und Turbulenzen durchsetzt ist. Erst diese führen dazu, dass sich der Segler über den notwendigen Vorhaltewinkel hinaus noch weiter in den Wind drehen will.

Was sagt ihr dazu?

Dieses Eindrehverhalten sehe ich auch als Beweis dafür an, dass es "Wind" am Flieger gibt und dieser nicht einfach nur in einer homogen selbst über Grund sich bewegenden Luftmasse "mitschwimmt". Aus gleichem Grund sollten ja auch Mitwindlandungen gegenüber der bewegten Luftmasse (!) schneller geflogen werden, da auftretende Böen ja die Fluggeschwindigkeit kurzfristig verringern, weil der träge Flieger diese Geschwindigkeitsänderung nicht so schnell mitmachen kann.

Gruß

Joachim
 

GC

User
Ganz einfach: Der Wind trifft auf den Rumpf. Wo hat er die größte Angriffsfläche mit dem längsten Hebel zum Schwerpunkt? Das Seitenleitwerk! Hier drückt der Wind drauf und es kommt zu einer Dreheung um die Hochachse ... in den Wind!
 
Hi,

hat dein Flieger ein Seitenleitwerk ?

Ist es ein Nurlügel oder ein Leitwerkler ?

Gruß

gecko

Ja, er hat ein Leitwerk:

HPIM9612c.jpg

Gruß

Joachim
 

UweH

User
Hallo Eberhard,

hier kannst Du ausgiebig die Effekte aus Schrägwind, Böen und Pilotenreaktionen bei den großen (motorisierten) anschauen.

Ausgangsbasis ist Seitenwind zur Anflug- oder Abflugrichtung.
Fliegt der Pilot einfach geradeaus, dann würde es ihn seitlich zur Landerichtung versetzen, er würde die Landebahn nicht treffen.
Um das zu verhindern hält der Pilot durch eine schräge Flugbahn als resultierende aus seiner Eigenbewegung und dem Seitenwindversatz vor, er fliegt in schräger Flugbahn zur geraden Rollbahn. Für den Beobachter mit festem Standort am Boden sieht es so aus, als ob der Seitenwind das Flugzeug in den Wind dreht, in Wirklichkeit macht das aber der Pilot!
In dem Video passiert es auch öfter dass wegen den von Dir angeführten Böen die Vorhalte nicht passt und der Landeanflug wegen zu viel oder zu wenig schräger Flugbahn abgebrochen werden muss.
Besonders beeindruckend finde ich in dem Video den Übergang von der Flugbahnbewegung zur Rollbewegung und die Ruderausschläge dazu.

https://www.youtube.com/watch?v=7P9OAng32F0


Wer das Thema anhand des Videos immer noch nicht versteht sollte einfach mal die Landebahn oder die Hangkante mit dem festen Pilotenstandpunkt auf ein Blatt Papier malen und auf einem Tisch befestigen. Dann den Flieger auf ein Stück Transparentpapier malen und damit ein paar Landeanflüge oder Hangkantenvorbeiflüge bei Windstille simulieren. Wenn das klappt, dann bittet die Frau oder Freundin ebenfalls das Transparentpapier in die Hand zu nehmen und den Seitenwind zu simulieren.....aber bitte keinen Beziehungskrach anzetteln wenn der Flieger jetzt plötzlich die Landebahn nicht mehr trifft oder von der Hangkante weg versetzt wird ohne dass der Super-Pilot das Transparentpapier schräg zieht :p .....das ist nämlich eindrehen des Seglers in den Wind, das macht nicht der Wind, sondern der Pilot :D

Es gibt zwar bei Böen noch ein paar Trägheitseffekte die auf die Flugbahn des Modells Einfluss haben, aber im großen und ganzen sind Unterschiede des Flugverhaltens eines Flugmodells mit oder gegen den Wind, sowie fast alle Seitenwindeffekte piloteninduziert.
Der häufigste Fehler dabei ist, dass der Pilot die Fluggeschwindigkeit des Modells auf seinen Standpunkt bezieht und versucht konstanten Ground-Speed zu fliegen. Das Modell bewegt sich idealerweise mit konstanter Geschwindigkeit durch eine auf den Pilotenstandort bewegte Luftmasse, es kennt weder Rücken-, noch Gegen- noch Seitenwind, diese Effekte kennt nur der steuernde Pilot an seinem festen Standort am Boden. Dabei wird gerne der Air-Speed im Bezug auf den Gegenwind am Pilotenstandort zu schnell und im Bezug auf den Rückenwind am Pilotenstandort zu langsam gesteuert.


Gruß,

Uwe.

P.S.: man kann den Unterschied zwischen einer schrägen Flugbahn als Resultierende aus Eigenbewegung und Seitenwind übrigens gut unterscheiden wenn man den Seitenruderausschlag dabei erkennen kann. Beim slippen ist das Seitenruder ständig ausgeschlagen, beim Gegenhalten bei Seitenwind nicht, da wird es nur gegen die Böen betätigt.
 

Im Video ist ähnlicher Effekt gut in den letzten 5 Sekunden zu beobachten: Aus Kameraperspektive kommt der Wind von links. Der ausrollende Segler kommt nach links gegen den Wind von der Bahn ab, obwohl er das Seitenruder voll nach rechts ausschlägt. Da der Segler aber bereits am Boden ist, ist die Situation jedoch nicht exakt mit der von mir geschilderten Situation identisch.

Mein Segler zeigt jedoch schon im Anflug (!) das gleiche Verhalten. Er kommt nach links gegen den Wind vom eingeschlagenen Kurs ab. Und das ist eben nicht nur durch den Vorhaltewinkel zu erklären. Es gibt noch einen weiteren Effekt.

Um Kurs zu halten muß ich im Flug mit Seite massiv nach rechts gegensteuern.

Gruß

Joachim
 

RWA

User
Im Video ist ähnlicher Effekt gut in den letzten 5 Sekunden zu beobachten: Aus Kameraperspektive kommt der Wind von links. Der ausrollende Segler kommt nach links gegen den Wind von der Bahn ab, obwohl er das Seitenruder voll nach rechts ausschlägt. Da der Segler aber bereits am Boden ist, ist die Situation jedoch nicht exakt mit der von mir geschilderten Situation identisch.

Mein Segler zeigt jedoch schon im Anflug (!) das gleiche Verhalten. Er kommt nach links gegen den Wind vom eingeschlagenen Kurs ab. Und das ist eben nicht nur durch den Vorhaltewinkel zu erklären. Es gibt noch einen weiteren Effekt.

Um Kurs zu halten muß ich im Flug mit Seite massiv nach rechts gegensteuern.

Gruß

Joachim


Moin, ich würde sagen, weil die Dämpfungsfläche des Seitenruders größer ist als die Klappe, wird, je schräger das Leitwerk angeblasen wird, die Wirkung der Klappe vom Windfahneneffekt der Dämpfungsfläche überschrieben. Wenn du schneller fliegst wird das Leitwerk mehr von vorne angeblasen, da fällt das nicht auf. In den Wind drehen tun V-Leitwerkler auch. Was gegen seitlich versetzen hilft, ist auf der Luvseite die Fläche "hängen lassen" beim Landeanflug, und erst kurz vorm Aufsetzen grade richten.


Roland
 

UweH

User
Er kommt nach links gegen den Wind vom eingeschlagenen Kurs ab. Und das ist eben nicht nur durch den Vorhaltewinkel zu erklären. Es gibt noch einen weiteren Effekt.

Um Kurs zu halten muß ich im Flug mit Seite massiv nach rechts gegensteuern.

Der weitere Effekt ist vielleicht der Schieberollmoment.
Du fliegst keinen schrägen Kurs, sondern eine Kurve.
Damit fängt Deine linke Fläche an zu hängen und um das auszugleichen steuerst Du Quer rechts. Damit fängt der Flieger durch den negativen Wendemoment an nach links zu gieren und dagegen steuerst Du Seite rechts.
Kann aber sein dass ich da jetzt alle Richtungen wild durcheinander schmeiße, für heute ist schon zu viel über unbewußte Pilotenfehler diskutiert :rolleyes:

Guut N8,

Uwe.
 
Moin, ich würde sagen, weil die Dämpfungsfläche des Seitenruders größer ist als die Klappe, wird, je schräger das Leitwerk angeblasen wird, die Wirkung der Klappe vom Windfahneneffekt der Dämpfungsfläche überschrieben. Wenn du schneller fliegst wird das Leitwerk mehr von vorne angeblasen, da fällt das nicht auf. In den Wind drehen tun V-Leitwerkler auch. Was gegen seitlich versetzen hilft, ist auf der Luvseite die Fläche "hängen lassen" beim Landeanflug, und erst kurz vorm Aufsetzen grade richten.


Roland

Hallo Roland,

was ist der Windfahneneffekt und wie kommt er zustande? Ist es das Eindrehen in den Wind und kommt er durch die Böen zustande? Das wäre ja meine These.

Gruß

Joachim
 

micbu

User
Ganz einfach: Der Wind trifft auf den Rumpf. Wo hat er die größte Angriffsfläche mit dem längsten Hebel zum Schwerpunkt? Das Seitenleitwerk! Hier drückt der Wind drauf und es kommt zu einer Dreheung um die Hochachse ... in den Wind!

Das ist so nicht wirklich richtig. Joachim und Uwe haben es richtig beschrieben. Zum einen ist es ein gemetrischer Effekt und zum anderen spielen Windböen hier eine Rolle.
Fliegt das Flugzeug geradeaus, dann hat es sich den Windverhältnissen angepasst.
Beispiel: Das Flugzeug fliegt in Richtung Süden und der Wind kommt aus Osten. => Das Flugzeug wird exact mit der Windgeschwindigkeit nach Westen versetzt. Die bewegte Masse des Flugzeugesist dem Wind angepasst, aus Sicht des Flugzeuges gibt es also keinerlei Seitenwind.
Jetzt kommt eine starke Winböe und ändert die Situation. Die Masse des Flugzeuges benötigt eine bestimmte Zeit um sich der Windgeschwindigkeit anpassen zu können. Nur genau während dieser Zeit spielen die Angriffsflächen eine Rolle. In solch einem Moment wird also tatsächlich das Leitwerk vom Wind stärker belastet als der Rest des, im Vergleich zum Leitwerk, widerstandsarmen Rumpf (von der Seite gesehen). Ausserdem ist das Heck leichter als das Vorderteil und kann somit schneller beschleunigt werden. Das Flugzeug versucht also in genau solch einem Moment sich in den Wind zu drehen. Was passiert aber nun, wenn die Windböe vorbei ist? Das Flugzeug wurde nun ja etwas beschleunigt. Jetzt kommt der gegenteilige Effekt. Das Flugzeug bewegt sich leicht schneller seitwärts als der Wind und wird nun gebremst. Das Leitwerk wird, durch seine größere Angriffsfläche schneller gebremst als dervordere Rumpf. Das Flugzeug dreht sich also wieder ein Stück zurück. Wie weit zurück, das ist wohl Situationsabhängig.

Ohne Windböen ist es ausschliesslich der Pilot der dem Flugzeug vorgibt sich in den Wind zu drehen.


Michael
 
hi Joachim,

um bei Seitenwind zu landen, gibt es grundsätzlich zwei Strategien:

a) vorhalten, also Fläche waagerecht, aber Drehung um die Hochachse in den Wind hinein
b) Seitengleitflug (Slip), also Rumpf geradeaus (ich meine: in Landebahnrichtung), aber Luv-Fläche hängen lassen. Damit der Flieger nicht in den Wind dreht, muss man dann mit dem SR ziemlich heftig dagegen treten. (Will heissen: selbst bei ganz leichten Slips braucht man schon deutlich SR, um geradeaus fliegen zu können.) Ohne Seitenwind würde die Rumpfnase erheblich zur Seite zeigen, mit Seitenwind kann man den Slip so einstellen, dass der Rumpf perfekt in Landebahnlängsachse zeigt. Man muss halt in die richtige Richtung slippen - wenn man die Menschen am Boden beeindrucken will, kann man in einer Cessna oder Piper ja auch mal die andere Richtung nehmen :D

Obwohl in den Seitenlandungsvideos der Airliner meist a) gezeigt wird, ist b) genauso gut möglich. Bei a) erzeugt das heftige Geradedrehen kurz vor Aufsetzen "seltsame Gefühle" bei den Passagieren ganz hinten :rolleyes:, bei b) sitzen sie halt länger schief im Sitz, bevor am Schluss gerade gerollt wird.

Wie Du Dein Problem beschreibst, denke ich slipst Du unbewusst. Instinktiv kommst Du richtig runter, legst auch die Fläche parallel zum Hang um nicht einzufädeln - und dann fällt Dir auf, dass Du seltsamerweise schon vor dem Aufsetzen Gegenseitenruder geben musst um nicht wieder ins Tal zu fliegen. Ich würde sagen: alles ganz normal.

Ich versuche übrigens an breiteren Hängen in einer Kurve zu landen: eher etwas schräg von unten anfliegen und kurz vor dem Aufsetzen eine Kurve gegen den Wind einleiten. Im Idealfall aufsetzen, wenn der Flieger genau parallel zum Hang ist.

Bertram
 
Zuletzt bearbeitet:
Und was ist mit dem Aufwind?

Und was ist mit dem Aufwind?

In der Diskussion geht es um Seitenwind beim Landen - am Hang. Und da kommt normalerweise jetzt noch der Aufwind (reiner Hang(auf)wind, oder auch thermisch?)dazu, und auch der ist, wie auch der Seitenwind nicht gleichmäßig. Ein gut eingestellter Segler dreht von selbst in den Aufwind ein?
Aus der Praxis meiner Hangfliegerei kann ich mich nur erinnern, dass man am Hang ja bei Wind immer einen Vorhaltewinkel fliegen muss, um nicht gegen den Hang abzudriften.

Klaus
 
Aus der Praxis meiner Hangfliegerei kann ich mich nur erinnern, dass man am Hang ja bei Wind immer einen Vorhaltewinkel fliegen muss, um nicht gegen den Hang abzudriften.

Klaus

Geht mir genau so, mir wird der Flieger immer zum Hang hin geblasen - aber genau das Gegenteil passiert dem Themenstarter. Ist für mich auch interessant, warum der Flieger das tut.
 
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