Nebenstrom-Triebwerk mit Axialverdichter

niffi

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Nabend!
Wie in dem Turbojet Thema schon kurz angesprochen, soll als Winterprojekt ein Zweiwellentriebwerk mit 1:1 Nebenstromverhältnis gebaut werden. Hier will ich dann mal von Zeit zu Zeit den Baufortschritt dokumentieren.
Das Grundkonzept steht bereits: Das Kerntriebwerk bekommt 4 Verdichterstufen und basiert auf dem Turbojet. Hinter dem Kerntriebwerk folgt dann das Leitsystem mit starker Umlenkung für die zweite Turbinenstufe, die einen zweistufigen Verdichter antreibt. Der Luftstrom aus dem Niederdruckverdichter wird zu gleichen Teilen dem Kerntriebwerk zugeführt als auch um das Triebwerk geleitet und mit den Abgasen vermischt.
Die beiden vorderen Stufen sind als Verdichter ausgelegt und nicht als Fanstufen, es wird daher auch kein Turbofantriebwerk.
Ein entscheidender Test für die Realisierung des Projeks ist zum Glück positiv verlaufen - der Betrieb des Turbojets mit nur vier Verdichterstufen. Das Triebwerk läuft, allerdings nicht wirklich zufriedenstellend. Da muss noch an der Auslegung geschraubt werden.
Insgesamt muss das Kerntriebwerk erstmal gut laufen und mit etwas Puffer in Sachen Abgastemperatur. Der zusätzliche Widerstand durch die zweite Turbine erhöht die Abgastemperatur und die Aufladung durch den Niederdruckverdichter senkt das Ganze wieder, ich rechne aber mit einem Verhältnis zu Ungunsten der Abgastemperatur, daher darf das Kerntriebwerk nicht zu heiß laufen. Interessant wird auch die Lagerung und dessen Kühlung, insgesamt sollte das Ganze aber machbar sein. Als Kugellager nehme ich vorgespannte 6803 C3 Lager mit Bronzekäfig für die Turbinenstufe und 608 Lager für den Niederdruckläufer. Die Hochdruckwelle wird verschraubt und das Turbinenrad mittels in eine sternförmiger Aufnahme eingeschweisste Stifte befestigt, damit kann sich das Rad frei ausdehnen. Dazu gibts demnächst ein paar CAD Bilder von der Planung. Bis auf den vergrösserten Wellentunnel entspricht der Heissgasteil 1:1 dem vom Turbojet. Die Niederdruckverdichterstufen kann ich auf meiner Fräse nicht mehr als Blisk herstellen, daher gibts nur zwei Möglichkeiten: Die Schaufeln einzeln montieren oder Feinguss im Wachsausschmelzverfahren - beides teste ich gerade. Bei der montierten Bauweise wird der Rotor mit einer montierten Schaufel und Gegengewicht im Vakuum auf 60.000 Upm gebracht und danach die Aufnahme mittels USB Mikroskop auf Veränderungen kontrolliert, wenn sich da keine Schäden zeigen, werden die Stufen so gebaut. Die Höchstdrehzahl beträgt später 40.000 Upm. Für die andere Möglichkeit mache ich im Moment Tests mit Einbettmasse aus dem Dentalbereich und Schleuderguss, die dafür benötigte Maschine ist bereits fertig und ist im Grunde nur ein Drehteller mit Ummantelung und Eingießöffnung. Die Entwicklung geht also an allen "Fronten" weiter, sowohl beim Turbofan von Logoflieger, als auch beim "akustisch entschärften" Bypass Jet. Stay tuned! :)
 

niffi

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Die CAD Planung läuft, mittlerweile sind die schwierigsten Teile durchgeplant und die Machbarkeit geprüft. Hier mal ein grobes Bild:

FCxmeR.jpg


Das erste Teil ist auch fertig (inkl. Belohnung;) ):

yptis0.jpg


Zwecks Lärmminderung werden die Leitschaufeln (im Gegensatz zum Turbojet) in ungerader Zahl eingebaut, die Rotorstufen haben gerade Teilungen. Zusätzlich wird
der Einlasskanal mit unzähligen 1mm Bohrungen versehen, durch die Bohrungen kann keine Luft angesaugt werden, das dient nur der Lärmreduzierung.
 

niffi

User
Nabend!
Nach langer Pause gehts weiter mit dem Triebwerksbau und dazu mal ein paar Neuigkeiten:
Die Montage der Schaufeln, wie ursprünglich geplant, scheitert leider an verschiedenen Dingen,
die ich mit meinen Mitteln nicht lösen kann. Da geht es z.B. um die Erwärmung der Fräse, was dazu
führt, daß die dünnen Bereiche der Schaufeln unterschiedlich werden. Die Bearbeitung der
Hochdruckstufen und der Turbinenräder ist davon nicht betroffen, da pro Umdrehung der A-Achse
nur 0.2mm abgenommen werden. Dadurch werden letztendlich alle Schaufeln gleich.
Die Niederdruckstufen lassen sich so aber nicht mehr fertigen, da der Fräser bei 22mm Länge
nur 1.5mm Durchmesser haben müsste.
Daher bin ich auf den 3D-Druck ausgewichen und kopiere die so entstandenen Urmodelle aus
Formwachs. Die werden wiederum in Keramik eingebettet, gebrannt und mit Aluminium gegossen.
Insgesamt ergeben sich allerdings unzählige Detailprobleme, die dieses eigentlich simple Verfahren
ziemlich kompliziert machen..
Der entscheidende Punkt ist die Herstellung eines perfekten Wachsmodells, aber auch der Guss
in Aluminium erfordert einen genauen Prozess.
An beiden Dingen bin ich gerade mit Nachdruck dran.. :)
Vielleicht kann ich das erste Ergebnis am Wochenende zeigen, mal sehen..

Wachsrohling_Test.JPG

Entwürfe.JPG
 

Roli14

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Tolles Projekt! Finde es sehr spannend, ob das Triebwerk am Ende so läuft, wie Du es Dir vorstellst. Vielen Dank für Deinen Bericht.
Gruß Roland
 
Istmaße

Istmaße

Hallo aus der Pfalz,
eher zufällig bin ich auf diesen Beitrag gestoßen.
Ich bin ein Experte wenn es um die Koordinatenmesstechnik geht und habe auch Zugang zu Messmaschinen und allem was dazu gehört.
Ich würde dir gerne meine Unterstützung anbieten um die Teile nötigenfalls zu vermessen, Profile, Formabweichungen oder Regelgeometrien.
Dabei spielt es keine Rolle ob die Vorgabe aus CAD Daten kommt (alles außer stl) Zeichnungen oder Modellen.
Auch scannen und Ausgabe der Scans in CAD Formaten ist möglich.

Bei Interesse einfach PN an mich.

Randnotiz:
Selbstverständlich keine finanzielle Interessen
 
Eine denkbare Möglichkeit wäre auch ein konventionelles Kerntriebwerk mit Radialverdichter und einer 2.Stufe mit Getriebe auf einen Fan, ähnlich eines Turboproptriebwerkes.
Das Problem ist die seitliche Abgasabführung durch den Fanstrahl, sonst ginge es nur mit einer Coaxialwelle oder Wellenabtrieb auf der Kompressorseite bei einem einstufigem Triebwerk.

Mir fehlen aber die Thermodynamik und Maschinenbaukenntnisse, ist nur eine Idee....
 

niffi

User
@Roland: Danke, werde weiter berichten! :)

@paperflyer: Klingt interessant und danke für das Angebot!
Für das Leitsystem könnte man das wahrscheinlich gut nutzen,
da würde ich mich dann nochmal per PN melden.
Bei den Rotoren wäre die genaue Vermessung vergebene Mühe, da es als
Vergleichsmöglichkeit nur die CAD Daten gibt und die sind in gewisser
Weise bereits falsch. Nicht weil falsch gerechnet wurde, sondern weil
die Berechnungsgrundlage ansich alt und ungenau ist.
Als Beispiel könnte man da die frühen Axialverdichter nennen, die heute
niemand mehr so bauen würden, ähnlich wie ältere Turboladerräder.
Das Design muss nur "grob" stimmen, sonst läuft das Triebwerk nicht.

@powertrac: Das Design macht vielleicht einen falschen Eindruck, aber das
Triebwerk soll kein klassisches Turbofan-Triebwerk werden.
Die vorderen, beiden Stufen sind bei Vollast auf Druckerhöhung ausgelegt, weniger
auf Durchsatz wie bei einem Turbofan.
Mir geht es in erster Linie darum, das Turbojet-Triebwerk akustisch zu entschärfen,
das ist wirklich extremst laut, selbst im Leerlauf.
Ausserdem reizen mich die Herausforderungen was die Zweiwellentechnik angeht..:)

Zum Stand der Dinge:
Der erste Abguss und damit Test des Verfahrens war erfolgreich, allerdings zeigen
sich wie immer Detailprobleme.. Das Wachsmodell war nicht perfekt, dafür baue ich
aber gerade eine Pressvorrichtung für die Silikonform, damit dürfte das Modell dann
hoffentlich fehlerfrei werden.
Ausserdem muss das Wachsmodell mit einem Oberflächenentspanner behandelt werden,
sonst ergeben sich trotz evakuierter Einbettmasse Gussperlen.
Das Gussmodell hat übrigens aus verschiedenen Gründen an den Schaufelspitzen ein
Übermaß von 3mm. Vor dem Schleifen auf Endmaß wird der Rotor dann in Hartwachs
eingebettet.
Casting_Test1.jpg
 
Hi niffi,

sag mal wie schnell soll dieser "Fan" drehen? Vielleicht steht das weiter oben, aber ich hab die Zahl gerade nicht zur Hand... Die Schaufelquerschnitte hast du auch auf die nötige Zugspannung ausgelegt? Die Dinger kommen mir doch sehr dick und damit auch schwer vor. Was ist mit den Schaufelschwingungen? Du hast dich offensichtlich an ein klassisches Fan-design gehalten. Die haben aber oft noch snubber zur Schaufelschwingungsdämpfung. Für einen wide-chord-fan, welcher ohne snubber auskommt, sind deine Schaufeln zu schlank... Und dann ist es auch noch eine gegossene Blisk, d.h. selbst die potenziell mögliche Dämpfung im Schaufelfuss fällt weg.

Soll kein Meckern sein, nur Denkanstöße auf was man achten sollte bzw. was an Problemen kommen könnte.

Cheers
Chris
 

niffi

User
Moin!
Maximale Drehzahl liegt bei 50.000 Upm, da komme ich auf 788N am Schaufelfuß.
Der kann bei 80N/mm2 Streckgrenze 1.213N ab, die bei knapp über 60.000 Upm
erreicht werden würden. Das sollte insgesamt so passen.
Mit den Schwingungen ist das so eine Sache.. Klar treten die auch im Modellmaßstab auf (hört man auch
beim Hochfahren des Turbojets), aber der Effekt auf die Stabilität ist längst nicht so ausgeprägt wie
bei den großen Triebwerken. Das hängt einerseits mit der vergleichsweise kleinen Masse und Geschwindigkeit
der Luft zusammen, andererseits mit der Stabilität der kleinen Verdichterräder und der kurzen Schaufeln.
Selbst beim Worst Case, dem Zusammenbrechen der Strömung im HD-Verdichter unter Vollast, erwarte ich
keine Beschädigung der Niederdruckstufen.
 
Hi Niffi,

Ich glaub wir reden da etwas aneinaner vorbei. Ich meine keine Schwingungen der Strömung bzw. Strömung-Struktur-Kopplungen. Ich meine schlicht und einfach die Eigenschwingungen der Schaufeln. Die haben irgendwo eine Resonanz und ich wette, dass die innerhalb deines Drehzahlbandes liegt. Selbst die Schaufeln von Turboladerverdichtern, die doch recht kleine, stark geschwungene und kurze Schaufeln haben, müssen vor allem auf Schwingung ausgelegt werden. Die Belastung durch die Fliehkraft ist da sogar zweitrangig. Wohlgemerkt die Schaufel, nicht die Scheibe drunter!

Ich bin gespannt wie es bei dir weitergeht!

Cheers
Chris
 

Roli14

User
Finde die Anmerkung mit den Schaufeln nicht uninteressant. Wenn ich mir unter Überlegung der Festigkeit und Schwingung die Schaufelfüße so ansehe, finde ich, das der Übergang vom soliden Mittelteil zur Schaufel recht hart ist. Es findet kein weicher Übergang statt.
Da ich keine Ahnung von der Materie oder Berechnung solcher Dinge hab, kann ich es fachlich leider nicht besser beschreiben. Ich könnte mir aber vorstellen, daß eine weiche Rundung wie bei einem Ast an einem Baumstamm deutlich weniger Bruch gefährdet ist.
Sieht sicher nicht so professionell aus wie die aktuelle Version, könnte aber stabiler sein.
Gruß Roland
 

niffi

User
@Chris: Ah ok, ja auf jeden Fall ein interessanter Punkt über den ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht habe.
Bisher waren die Räder ja auch aus dem Vollen gefräst mit wesentlich kürzeren Schaufeln. Danke dafür!
Die Idee wäre jetzt, die Schaufeln im fertigen Zustand zum Schwingen zu bringen und die Frequenz zu messen.
Bei 50.000 Upm wären es 834 Hz, davon die erste Oberwelle, also 1668 Hz. Die Schaufel müsste also mit
rund 2000 Hz schwingen, um auf der sicheren Seite zu sein. Falls ich das so richtig einschätze..
Die Frage ist auch, welchen Beitrag die Strömung auf die Dämpfung hat. Zur Not muss ich Schwingungsdämpfer mit
eingiessen, wäre ja kein grosser Aufwand.
@Roland: Ja richtig, der Schaufelfuß wird noch verrundet. Das Urmodell war rein zum Test, ob das Verfahren so
funktioniert und wird vor der Formherstellung noch gestrahlt und geglättet.
 

niffi

User
Nabend!
Nochmal ein paar Überlegungen zum Verdichter.. Warum eigentlich den Verdichter nicht komplett aus Kunststoff fertigen?
Thermische Probleme wird es da nicht geben und es würde das Gewicht deutlich reduzieren.
Die beiden Stufen könnte man aus Epoxy mit Aluminium und Glasfasern zur Verstärkung gießen,
oder die Schaufeln einzeln fertigen und in die Nabe einsetzen.
Das dürfte auch die Probleme mit Schwingungen beseitigen und drehzahlfest wäre so ein Rotor ebenfalls.
Für die ND-Leitsysteme und den Strömungsteiler werde ich ohnehin gedruckte Teile einsetzen,
alles andere danach wird dann klassisch aus Alu gefräst und gegossen.
Vom Aufbau her dann quasi ein zweistufiger Impeller, angetrieben von einem kompakten, axialen Kerntriebwerk.
Wobei allerdings die Hälfte zur Aufladung genutzt wird.
Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch das Rolls Royce RB 162, mit Ausnahme der ersten Stufe bestehen
die Schaufeln aus Gfk.
Es bleibt spannend..
 

niffi

User
@ Pascal: Hast ne PN..:)

Falls die Post sich nicht so viel Zeit lässt, kann ich eventuell am Wochenende den
ersten Prototypen der Niederdruckstufe aus Faserverbundmaterial und 7075 Kern
zeigen. Getestet wird der Rotor im Vakuum bei 60.000 Upm, da darf sich keine
Dimensionsänderung zeigen. Die Testkammer ist relativ klein und das Vakuum
liegt grob bei 100 mbar, die dadurch entstehenden Turbulenzen müssen die Schaufeln
ebenfalls schadlos überstehen.
Mal abwarten, ob das so funktioniert..
 
Hallo Nifi,
ich habe gerade deinen Thread überflogen und gesehen das du Probleme mit dem Erstellen eines Wachsmodelles hast.
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten (ich kenne mich ein wenig damit aus da ich Goldschmied bin und unser Schmuck oft im Guß hergestellt wird)

Möglichkeit 1 du brauchst nur 1 Modell dann kannst Du es direkt in Wachs plotten lassen , wenn du eine Adresse brauchtst melde dich per PN wird aber sicherlich nicht super Preiswert dafür aber sehr genau. Gedruckt wird so etwas auf einem Solidscape Drucker, der ist für den Hausgebrauch aber zu teuer da die Geräte bei 25-30 K beginnen. Druckgenauigkeit lässt sich über die Schichtdicke regulieren, wird aber je genauer je teurer.


Möglichkeit 2 du brauchst mehrere Modelle dann lässt du bei der selben Adresse eine Silikonform von deinem Modell machen und die Spritzen sie aus im Vakum Injektionsverfahren mit Wachs.

Je nach Metall kannst du dort auch direkt gießen lassen.

Viele Grüße

Alex
 

niffi

User
Nabend!
Erstmal danke für die Unterstützung... Das Wachsmodell ist aber im Moment nicht das Problem, dank Vorheizen der Form bekomme ich das
Modell lunkerfrei und präzise gegossen. Nur leider reagiert Guss generell empfindlich auf Vibrationen, daher bin ich jetzt auf Epoxyd ausgewichen.
Das sollte zwar grundsätzlich auch aus Alu zu gießen sein, dann aber mit einer mir unmöglichen Qualitätskontrolle.
Statische Bauteile werde ich aber aus einer speziellen Alulegierung giessen, wobei ich allerdings aufgrund der Form keine Wachsmodelle mehr
anfertigen kann. Die Bauteile werden 3D-gedruckt, direkt eingebettet und ausgeschmolzen.
 

FloriH

User
Hi niffi,

deine Idee gefällt mir richtig gut, über so etwas bin ich fasziniert und lese die Themen sehr gerne.
Bleib bitte mit dem Elan dran, den du bisher hier gezeigt hast! ;)

Viel Erfolg bei der weiteren Umsetzung!

Gruß Flori
 
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