Stärke des Torsionsdrahts für RDS-Anlenkungen

Razzo

User
So, in diesem Thread, in dem es um die RDS Servo-Kupplungen geht, kam die Frage nach der Stärke des Torsionsdrahts auf. Ich hatte im Dezember 2001, als es noch rconline.net gab, darüber mal einen Beitrag verfasst. Und glücklicherweise gespeichert bevor rconline abgeschaltet wurde... Ich poste das hier mehr oder weniger unverändert rein. Wenn der eine oder andere also nun ein "déja vu" Erlebnis hat ist das normal.

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Ich wage mal den Versuch, die Frage nach der notwendigen Stärke des Torsionsstabs einer RDS-Anlenkung mit etwas Theorie zu beleuchten.

Aus der technischen Mechanik: Wird ein an einem Ende fest eingespannter Stab am anderen Ende auf Torsion belastet, so verdreht er sich um den Winkel phi. Wie groß dieser Torsionswinkel wird, hängt ab von:
  • der Länge L des Stabes
  • dem wirkenden Drehmoment M
  • dem Schubmodul G des Materials
  • dem polaren Flächenträgheitsmoment Ip des Stab-Querschnitts

Phi ergibt sich damit wie folgt:

phi = (M*L)/(Ip*G) (phi in rad, nicht in Grad!)​

Das polare Flächenträgheitsmoment Ip eines kreisrunden Querschnitts mit dem Durchmesser d ist (gilt also nicht für Rohre):

Ip = (pi/32)*d^4 (d^4 = "d hoch vier")​

Beide Formeln zusammengefasst haben wir dann:

phi = (32*M*L)/(pi*G*d^4)​

Um den Torsionswinkel phi bei gegebenem Drehmoment M klein zu halten, können wir:

  • die Länge L möglichst kurz realisieren
  • ein Material mit möglichst grossem Schubmodul G wählen
  • den Durchmesser d vergrössern

Das Schubmodul G von Stahl ist typischerweise 80 GN/m^2 (Giga-Newton pro Quadratmeter). Messing hat 36 GN/m^2 und Aluminium nur 26 GN/m^2. Hier sehen wir schon, dass man für den Torsionsstab Stahl nehmen sollte. Achtung: Stahl ist nicht gleich Stahl: hier gibt es weichere und härtere Sorten. Federstahl sollte es schon sein.

Der Durchmesser d geht in der vierten Potenz ein. Das heisst, dass man mit nur wenig grösserem Durchmesser bereits einen grossen Effekt erreichen kann. Beispiel: um phi zu halbieren reicht ein nur 19% dickerer Stab; bei einem doppelt so dicken Stab wird phi 16 mal kleiner.

Für das auf den Torsionsstab wirkende Drehmoment M können wir das maximale Drehmoment des Servos ansetzen (ein Graupner C341 oder C261 ist z.B. mit 15 Ncm angegeben). Wird dieser Wert überschritten, bringt auch ein dickerer Torsionsstab nichts: entweder das Getriebe gibt auf, oder das Servo wird rückwärts zurückgedreht. Oder: mehr als das Servo muß auch der Stab nicht können.

Für meinen 2.85 m Segler (Sky, SMG) sähe das z.B. so aus:
  • L = 0.08 m (geht leider nicht kürzer)
  • M = 0.15 Nm (Graupner C341)
  • G = 80*10^9 N/m^2 (Stahl)
  • d = 0.0025 m (einfach mal geschätzt)

Damit ergibt sich:

phi = 0.0391 rad = 2.24 Grad​

Wenn ich nun die ganze Torsionsanlenkung so baue, dass die +-45 Grad vom Servo in ca. +-22.5 Grad an der Klappe umgesetzt werden, wird dieser Torsions(fehl)winkel von 2.24 Grad nur zur Hälfte auf die Klappe übertragen. Hier habe ich den dicken Daumen draufgesetzt, denn die Steuerkurve Servowinkel zu Klappenwinkel ist nicht linear. So groß ist die Nichtlinearität aber auch wieder nicht, also können wir das ruhig mal machen.

Also habe ich einen maximalen Stellfehler an der Klappe von nur 1.12 Grad (Stellfehler nicht mit "Spiel" verwechseln!). Man bedenke, dass dieser Stellfehler a) sehr klein ist (bei 22 Grad sind es 4.5 %) und b) nur bei maximaler Belastung (kurz vorm Servo-Tod) auftritt. Also sicher nicht um die Nulllage der Klappe, sondern nur bei grossen Ausschlägen (und da ist es doch eh egal). Ich denke, mit diesem Stellfehler kann man doch gut leben. Wer es nicht kann, nimmt bei o.a. Beispiel einen 3 mm Stab; dann bleibt ein maximaler Klappen-Stellfehler von nur 0.5 Grad übrig.

Etwas anderes ist sicher das Spiel in der Anlenkung. Das sollte (wie immer) möglichst klein oder, noch besser, gar nicht da sein. Da hilft aber kein dickerer Torsionsstab, sondern nur gute Servos und die "RDS-Taschen" sauber bauen.

Weitere Ideen für weniger Stellfehler (nur Ideen, habe ich selbst noch nie ausprobiert): Wenn man aufgrund der Klappendicke bzgl. der Dicke des Torsionsstabs eingeschränkt ist, könnte man einen dünneren Stab nehmen, abknicken, und dann die Torsion im langen geraden Stück des Stabes (also zwischen Servo und Knick) verringern, indem man den Stab in diesem Bereich in ein satt passendes (Stahl- oder Messing-) Rohr einharzt. Oder vielleicht einen Kohle-Schlauch mit 45 Grad Faserrichtung drauf harzen. Ich denke, das ist einfacher, als einen abgewinkelten Torsionsstab aus zwei Stücken/Stärken zu löten oder zu schweißen.

Gruß,
Razzo
 

MaHö

User
Danke mal soweit!
Demnächst bekomm ich den Flieger und dann werd ich mir die Einbausituation anschauen, aber wenn ich an sichtbare Anlenkungen denk, kommt mir der Graus......also wahrscheinlich nur mit RDS....

Gruß Martin
 
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