Segelflugwetterbericht

Alt-F4

User
Hallo erstmal,

gerade habe ich mir auf wetter.com den aktuellen Segelflugwetterbericht angeschaut.
Segelflugwetterbericht
für Nordrhein-Westfalen

Bericht vom 06.07.2006 - 07:00 Uhr (LT)


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wegen Abschirmung und Überentwicklungen kaum nutzbare Thermik.
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[...]

Wolken und Niederschlag:
Zunächst vielfach abschirmende CI- oder AC-Bewölkung. Darunter 2 bis 4 Achtel SC bei 700 bis 1200 m. Bereits in den Frühstunden vereinzelt Schauer. Im Vormittagsverlauf hauptsächlich im Rheinland auflockernde Abschirmbewölkung. Sonst allgemein Übergang zu 3 bis 5 Achtel Cumulus bei 800 bis 1200 m. Nachmittags dann weitere Überentwicklungen und teils starke Schauer und Gewitter.

Thermik:
mässig, wegen Abschirmung und Überentwicklungen kaum nutzbar.

Thermikbeginn:
[...]

Wetterwirksame Sperrschichten:
keine.

[...]
:eek:
Kann mir das jemand übersetzen? :confused:



:)
 

Alt-F4

User
OK - das mit den Achteln habe ich mir auch schon selber so gedacht und LT heißt local time. Aber der Rest?

Abschirmung
CI- oder AC-Bewölkung
SC bei 700 bis 1200m
Abschirmbewölkung
Wetterwirksame Sperrschichten
:confused:

Und Überentwicklung heißt angeblich Gewitter. Das macht aber wenn ich das hier lese nicht 100% Sinn:
weitere Überentwicklungen und teils starke Schauer und Gewitter
Das was bades hier geschrieben hat erschließt sich mit nicht direkt beim ersten Lesen. :( Wer kennt sich da aus - oder hat den passenden Link parat?



:)
 
Na gut, noch'n Link:
:D

Bewölkung
Dort stehen weiter unten die Abkürzungen für die unterschiedlichen Wolken:
CI = Cirrus
AC = Altocumulus
SC = Stratocumulus


Gruß
Heiko
 

Alt-F4

User
Klasse Heiko!
e016.gif
Vielen Dank!

Da fällt es mir gleich wie Schuppen aus den Haaren.
d010.gif
Super-Seite.
d055.gif


Jetzt muss ich nur noch verstehen, was wetterwirksame Sperrschichten und Abschirmungen sind.

:)
 
Überentwicklung: Starke und stark wachsende Quellbewökung, besonders nachmittags und bei vorhergesagter Gewitterneigung. Thermik macht sich selber platt, wegen zunehmender Wolkenschatten. Wenn es aber hochgeht, z.B. unter einem kleineren CB, dann richtig. Segelflieger müssen nun genauer taktieren und Umwege fliegen, um obenzubleiben. Modellsegelflieger müssen warten, bis mal wieder die Sonne durchkommt. Nur wo die Sonne direkt auf den Boden scheint geht die Thermik auch vom Boden weg hoch und ist für Modellflieger gut nutzbar. War der Modellflugplatz einige Zeit abgeschattet, reichen i.d.R. 5-10 Minuten Sonne, bis wieder die erste, für leichte Segler nutzbare Thermik abgeht.

Abschirmung: klassisch: vormittags wolkenlos, dann einige Quellwolken mit guter Thermik. Dann nähert sich die nächste Warmfront mit Cirren, die sich langsam verdichten und die Thermik zunehmend stören. Der Boden wird großflächig von der Sonneneinstrahlung "abgeschirmt".

Abschirmungen können auch an "wetterwirksamen Sperrschichten" entstehen. In der Regel ist damit eine Inversion, also eine Zunahme der Temperatur mit der Höhe, gemeint. Da kommt die aufsteigende Thermik dann nicht durch und bleibt daran hängen. Das markiert dann die Obergrenze der Konvektion bzw. der Thermikhöhe. Wachsende Quellwolken stoßen an die Inversion, können nicht nach oben weiterwachsen und "laufen breit". Folge ist dann zunehmende Abschirmung.

Dieses Wetterbild ergibt sich meist 2 Tage nach einem Kaltfrontdurchgang und folgendem Zwischenhoch. Wird das Hochdruckgebiet älter (z.B.4 Tage) sinkt die Inversion immer weiter, bis unter das Kondensationsniveau ab. Es können sich keine Quellwolken mehr entwickeln. Die folge ist Blauthermik, die von Tag zu Tag schlechter und niedriger wird (klassischer Ablauf). Segelflieger gehen dann lieber ins Freibad, für Modellsegelflieger ist das aber immer noch gut nutzbar.

Torben
 

Alt-F4

User
Wow - danke Torben!

Alles sehr anschaulich und nachvollziehbar erklärt. Da kann ich nur sagen: Du machst Deinem Nickname alle Ehre :cool: ;)

Ich habe mir zur Vertiefung in das Thema heute mal das hier vielfach erwähnte Thermikbuch für Modellflieger von Markus Lisken bestellt. Obwohl die einzige Rezension bei Amazon nicht gerade berauschend war. Naja, mal sehen.

:)
 
Hallo Ulli,

der Rezension bei Amazon kann ich nur zustimmen. Nett zu lesen, aber fachlich nicht immer ganz korrekt.

Gruß
Gerald
 

Alt-F4

User
Weyershausen schrieb:
Hallo Ulli,

der Rezension bei Amazon kann ich nur zustimmen. Nett zu lesen, aber fachlich nicht immer ganz korrekt.

Gruß
Gerald
Ich habe das Buch inzwischen durch. Wirklich nett zu lesen, aber was mich brennend interessieren würde:
An welchen Stellen ist es denn fachlich nicht korrekt?
:)
 
Hallo Ulli,
Alt-F4 schrieb:
An welchen Stellen ist es denn fachlich nicht korrekt?

Die Kernaussagen lauten: "Das berühmte helle Kornfeld wirft mehr Wärme zurück als ein dunkler Untergrund....Tagsüber ist über Wärme reflektierendem Untergrund oft gute Thermik, denn alles, was Licht reflektiert, reflektiert auch Wärme." (S. 15 und 16)

Man höre und staune: die Luft soll sich also durch reflektiertes Sonnenlicht erwärmen! Also gewissermaßen wie das Mittagessen im Mikrowellenofen.

Diese Vorstellung zieht sich durch das ganze Buch hindurch.

Gruß
Gerald
 

Alt-F4

User
... und wie wäre es richtig?

... und wie wäre es richtig?

Weyershausen schrieb:
...

Man höre und staune: die Luft soll sich also durch reflektiertes Sonnenlicht erwärmen! Also gewissermaßen wie das Mittagessen im Mikrowellenofen.

Diese Vorstellung zieht sich durch das ganze Buch hindurch.

Gruß
Gerald
Hi Gerald,

das hatte mich auch schon irritiert beim Lesen. Aber wie wäre es denn richtig? Abgesehen von der so genannten 'Umkehrthermik' ist mir das noch ein großen Rätsel. :confused: Woran liegt es denn dann, dass ich über hellen Kornfeldern eher Thermik finde als über dunklen Kohl- oder Gemüsefeldern?

:)
 
Alt-F4 schrieb:
Hi Gerald,

das hatte mich auch schon irritiert beim Lesen. Aber wie wäre es denn richtig? Abgesehen von der so genannten 'Umkehrthermik' ist mir das noch ein großen Rätsel. :confused: Woran liegt es denn dann, dass ich über hellen Kornfeldern eher Thermik finde als über dunklen Kohl- oder Gemüsefeldern?

:)

infrarot und sichtbar machen manchmal komische sachen: weißes emaille ist z.b. fast perfekt "schwarz" für infrarot.

wo ist das infrarot photo des "hellen" kornfeldes? könnte licht reinbringen.

hannesk
 
Hi Ulli,

Alt-F4 schrieb:
Woran liegt es denn dann, dass ich über hellen Kornfeldern eher Thermik finde als über dunklen Kohl- oder Gemüsefeldern?

die Luft erwärmt sich nicht deshalb, weil sie mit Licht irgendeiner Wellenlänge bestrahlt wird. Die Luft erwärmt sich durch den Kontakt mit dem Boden.

Trockner Boden ist in der Regel heller als feuchter Boden. Die Oberfläche des trockenen Bodens wird durch Sonneneinstrahlung sehr schnell warm, manchmal sogar so heiß, dass man barfuß nicht mehr darauf laufen kann. Die Luftschichten über dem Boden erwärmen sich durch den Kontakt mit dem Untergrund und steigen auf, ähnlich wie kaltes Wasser in einem Topf, der auf der heißen Herdplatte steht.

Feuchter, dunkler Boden dagegen erwärmt sich nicht so schnell durch die Sonneneinstrahlung. Die Energie der Sonnenstrahlung wird zum einen durch die Verdunstungskälte aufgezehrt. Zum anderen hat feuchter Boden eine erheblich besser Wärmeleitung als trockener. Deshalb wird ein großer Teil der Wärme aus der Sonnenstrahlung in tiefere Erdschichten geleitet. Die Wärmekapazität schon der ersten Dezimeter feuchter Erde ist enorm hoch. Deshalb bleibt die Temperatur dort - egal ob Sommer oder Winter - fast konstant bei 8°C.

Du siehst, es ist alles viel einfacher als die "Reflektionstheorie", die in dem Buch vertreten wird.

Gruß
Gerald
 

Alt-F4

User
Danke für die Erklärung Gerald,

aber bei uns hat es seit sechs Wochen nicht mehr geregnet. Von feuchtem Boden kann also keine Rede sein.
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Nach meinem bescheidenen Physikverständnis werden dunkle Flächen stärker von der Sonne erwärmt als helle. Aber das wäre dann laut dem Buch schon die so genannte Umkehrthermik die angeblich nur Abends auftreten darf.
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Bei uns trägt es aber über hellem Kornfeld viel eher als über dunklerem Kohl-/Gemüsefeld. :confused:

Je mehr ich mit der Thematik beschäftige, desto weniger verstehe ich davon.
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a015.gif
 

Steffen

User
Hi,

grundsätzlich gilt für die Erwärmung, dass das gesamte Reflektionsspektrum entscheidend ist, nicht nur das sichtbare. Ein helles Objekt kann durchaus eine kleine Reflektion haben.

Dazu kommen noch die Wärmemenge des Untergrundes (trockener Boden ist schneller aufgeheizt als feuchter. Also tagsüber Thermik aus dem Korn, abends aus dem Wald. Die Waldart spielt aber auch eine Rolle: Nadelwälder eher schnell aufgeheizt, Laubwälder eher langsam (der Waldboden und die Verdunstungswerte sind ganz anders).

Und letztendlich noch die Bindung der Luft: Korn hat eine dicke Luftschicht, die über die gesamte Dicke (Kornhöhe) aufgewärmt wird.

Alles in allem also keine Pauschalaussagen über die Helligkeit alleine.

Ciao, Steffen
 
Von der Erwärmung der Luft

Von der Erwärmung der Luft

Hallo,

bevor die wildesten Spekulationen losbrechen, sollten wir eine Sache ganz klar stellen: Die Luft erwärmt sich nie, niemals, gar nicht durch die Bestrahlung mit Licht, sei es sichtbar oder infrarot.

Was würde passieren, wenn dem nicht so wäre? Dann läge die Temperatur in den obersten Luftschichten nicht bei bitterkalten -50°C oder noch weniger, sondern dann wäre es dort oben richtig kuschelig warm. Das Licht bräuchte nämlich nicht erst umständlich vom Erdboden reflektiert zu werden, sondern trifft direkt auf die Luftmoleküle. Je weiter nach unten man käme, desto kälter würde es werden, weil die oberen Luftschichten ja schon die ganze Energie absorbiert hätten.

Jetzt kommt sicherlich wieder der bekannte Einwand, die Erde würde ja im Infrarotbereich abstrahlen und deshalb würde die Luft durch Strahlungsenergie erwärmt werden. Dem liegt der Irrtum zu Grunde, die Sonne würde nur im sichtbaren, nicht aber im Infrarotbereich strahlen. Natürlich strahlt die Sonne wie verrückt im Infrarotbereich ab. Das Spektrum der Sonne ist kontinuierlich und umfasst neun Zehnerpotenzen! Wer es genauer wissen möchte schaue bei Wikipedia nach.

Soviel zur Reflektion. Ich gebe gern zu, dass ich mich in der zehnten Nachkommastelle geirrt haben mag. :D

Jetzt zum Thema hell und dunkel. Ulli hat Recht damit, dass dunkle Flächen mehr Lichtenergie absorbieren als helle. Helle Flächen dagegen reflektieren einen höheren Anteil als dunkle Flächen. Der reflektierte Anteil verschwindet weitgehend ungenutzt im Weltall.

Der Anteil der absorbierten Energie ist die eine Seite der Betrachtung. Die andere wichtigere Seite beschäftigt sich mit der Frage: Was passiert mit der absorbierten Energie bzw. Wärme auf der Erde? Ein großer Teil verschwindet durch Wärmeleitung in tiefere Schichten des Bodens. Wasser ist ein exzellenter Wärmeleiter. Folglich saugt feuchter Boden die Wärme aus der Sonnenstrahlung gierig auf, kann sie aber nur schlecht an die Luft abgeben, weil die Oberfläche recht kühl bleibt. Hinzu kommt, dass an der Oberfläche Wasser verdunstet und durch diesen Prozess der Erdoberfläche ebenfalls Wärme entzogen wird.

Trockener Boden dagegen kann die Wärme nicht so gut nach unten weitergeben. Es findet auch keine Verdunstung statt. Die Oberfläche erhitzt sich sehr stark und kann die Wärme durch Berührung gut an die angrenzende Luftschicht weitergeben.

Das reife Kornfeld aus Ullis Beispiel enthält weniger Feuchtigkeit als das Kohl-/Gemüsefeld. Das Getreide gibt die Feuchtigkeit auf Grund der großen Oberfläche schnell an die Luft ab. Wenn es dann trocken ist, erwärmt es sich und damit auch die umgebende Luft. Es entsteht Thermik.

Andererseits kühlen Abends die trockenen Oberflächen rasch wieder ab, wenn sie nicht mehr von der Sonne beschienen werden. Jetzt hat der feuchte Boden die Oberhand. Die Wärmemenge, die er den ganzen Tag über aufgesogen hat, lässt ihn langsamer abkühlen als den trockenen Boden. Abends löst sich deshalb hier die Thermik ab.

Den Begriff "Umkehrthermik" finde ich etwas unglücklich. Da würde ich eher Absaufer mit verbinden. Abendthermik finde ich als Bezeichnung schöner. Aber das ist Geschmackssache.

Gruß
Gerald
 

kurbel

User
Den Begriff "Umkehrthermik" finde ich etwas unglücklich. Da würde ich eher Absaufer mit verbinden.
Wieso, wenn du bei Umkehrthermik das Steigen dort suchst, wo du es tagsüber gefunden hättest, säufst du doch tatsächlich ab... :D ;)

Ich glaube übrigens eher, dass nicht die Wärmeleitfähigkeit des Wassers der Hauptpunkt ist,
sondern vor allem der Energieverbrauch um es zu verdampfen.
Aber das mag Haarspalterei sein, oder aber ich liege mit der Vermutung sogar gänzlich daneben.

Kurbel
 
Nabend Mädels,

habe mir das Buch "Wetter" aus der Privatpiloten Bibliothek Band 6 von Jürgen Mies zugelegt. Dort steht alles kompakt, detailliert und verständlich beschrieben. Das Thema Wetter ist eine hochkomplexe und spannende Sache und gibt demjenigen mit dem Hintergrundwissen die viele kleinen Details und Hinweise beim Beobachten des Wetters, die entscheidend sein können beim Segelfliegen.
Ist zwar nicht ganz billig, das Buch, ich habs mir zu Weihnachten schenken lassen... :-)))

Wer dann mal Informationen zu Wolkenbasis und Taupunkt interpretieren kann, dem werden förmlich die Augen aufgehen, wenn er die Wolken und das Wetter im Ganzen betrachtet. Dort werden auch die von Euch diskutierten Fragen zu Umkehrthermik, Reflexion, Wämespeicherung verschiedener Medien, adiabatische Abkühlung etc. präzise und verständlich erklärt. Ich kann so einen "Wetterlehrgang" nur empfehlen !

Viele Grüße
Klaus
 
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