RES in der Türkei - Jahresrückblick 2014

Hallo RC-Network Gemeinde,

Waehrend sich wohl zur Zeit fast alle Modellflugaktivitaeten im Winterschlaf befinden, will ich die Zeit nutzen um einen kleinen Rückblick auf die 2014er Saison zu werfen.

Die 2m Res Wettbewerbsfliegerei ist in der Türkei nach wie vor sehr beliebt und hat sich in den letzten drei Jahren zu einer wirklich sportlichen Szene entwickelt. Die Wettbewerbe sind in einer Art Liga organisiert und für die Verhaeltnisse hier zu Lande überaus gut besucht.
Es finden sehr viele Jugendlich und RC-Neulinge den Weg zu den Wettbewerben, was ich so in anderen Laendern noch nicht erlebt habe. Das bereichert nicht nur die Wettbewerbsszene und den sportlichen Aspekt des Modellfliegens, sondern natürlich auch die Neulinge selbst.
Der Gedanke vom „Dabeisein“ zaehlt hier anfaenglich wirklich mehr als der „Wille zu Gewinnen“.
Der Erfolg der grossen Teilnehmerzahlen (2013 nahmen insgesamt 102 Piloten an 4 Teil-Wettbewerben teil, 2014 waren es 91) ist auch mitunter auf das grosse Engagement Saim Güreres zurückzuführen.

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Saim entwickelt robuste Bausaetze von anfaengertauglichen 2m-Fliegern und geht damit in Schulen, technische Hochschulen und Kadettenschulen der Armee. Dort werden Baukurse angeboten die nicht nur mit Modellflugunterricht enden, sondern zumeist mit der Teilnahme an einem Wettbewerb der türkischen 2m-RES-Liga.
Neben den Neulingen in der Klasse gibt es mittlerweile natürlich auch einen festen Stamm von Wettbewerbspiloten, die sowohl sich und ihre Teams bei den Wettbewerben nach vorne fliegen wollen als auch sich für die Durchführung der Wettbewerbe und die Pflege und möglichen Anpassungen des Regelwerks einsetzen.
Doch vorab einen kleinen Einblick in die 2014er Saison. Es standen 4 Teilwettbewerbe auf dem Kalender und die Saison startete mit dem Wettbewerb in Bursa (31. Mai – 01.Juni). Immerhin 50 Teilnehmer fanden den Weg auf das Fluggelaende „Yunuseli“, das als stiller Luftwaffenstützpunkt von den Kadetten der Luftwaffe als Ausbildungszentrum genutzt wird.

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Bursa liegt am Fusse der Uludağ-Berge und somit ist das Wetter dort sehr stark von den naheliegenden Bergen beeinflusst.
Die Thermik ist mitunter maechtig entwickelt und der Wind kann dementsprechend auch schon mal innerhalb einer Rahmenzeit stark variieren oder gar komplett die Richtung aendern.
So auch 2014, nur dass im Vorfeld des Wettbewerbs starke Gewitterschauer über das Fluggelaende zogen und den Boden ganz gehörig aufweichten. Die Startstelle sah nach dem ersten Wettbewerbstag aus, wie ein gut benutzter „Schlamm-catch-Boxring“.

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Die Flugaufgaben waren aber zumeist wesentlich einfacher zu meistern, als das schwül-feuchtwarme Wetter, so dass bis zum Sonntag Nachmittag fast jede Gruppe „vollgeflogen“ werden konnte. Pünktlich zum Flyoff jedoch rückten die Gewitter, die sich um das Fluggelaende gebildet hatten bedrohlich nahe. Der Wind frischte gehörig auf, so dass die Piloten des Flyoffs erstmal deutlich Ballast in ihre Modelle verstauten. Lange war nicht sicher, ob vor der herannahenden Gewitterwalze noch geflogen werden konnte, aber für einen, der geplanten 2 Flyoff-Durchgaenge ging es sich noch aus.

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Hier konnte Sarven Bedikoğlu seinen Kamikaze brilliant in der Stauwelle eines benachbarten Hochhauses parken und die beste Flugzeit erzielen. Leider genügten ihm die Landepunkte nicht um den Sieg nach Hause mitzunehmen. Er wurde hinter dem Autor knapp Zweiter. Den dritten Platz belegte Ilker Nahirci, der den neuen Rookie von Birol Öner und Eser Kismir einsetzte.

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Danach brach das Unwetter über uns herein und für viele war die Heimreise im Hagelsturm ein fast aufregenderes Abenteuer als der Wettbewerb selbst.

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2ter Teilwettbewerb in Yalova

2ter Teilwettbewerb in Yalova

Am 9. August fand bei sommerlichen Bedingungen der zweite Teilwettbewerb in Yalova statt.

Yalova liegt direkt am südöstlichen Rand des Marmarameers und ist von Istanbul gerade einmal eine einstündige Faehrfahrt entfernt.

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Das Fluggelaende selbst ist abermals ein Militaer-Flugplatz, der allerdings im Gegensatz zum Luftwaffenstützpunkt in Bursa aktiv ist und genutzt wird. Lediglich am Wochenende des 2m-Wettbewerbs ruhen alle Aktivitaeten und es herrscht bei Flugvorführungen und Wettbewerb Volksfest-Stimmung.

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Das Wetter in Yalova ist aufgrund der Naehe zum Meer auf der einen Seite und dem hügeligen Bergland auf der anderen Seite auch von besonderer Art. Durch die feuchtwarme Meerluft bilden sich schon ganz früh am Morgen leichte, aber grossflaechige thermische Aufwindfelder. Ideal für die kleinen leichten 2m Holzflieger!
Auch dieses Jahr war der Wettbewerb in Yalova wieder der grösste und am besten besuchte des Jahres, 54 Teilnehmer traten an. Bei Gruppengrössen von bis zu neun Teilnehmern sah man sehr oft gar wundervoll kreisende Balsaholz-Kaskaden gen Himmel steigen. „Retro“ hin oder her, es hat einfach was, wenn die farbig transparent bespannten Rippenflieger in der Sonne glitzern.

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Wie schon in den Vorjahren war auch dieses Jahr das Wetter in Yalova wieder so, dass man die Uhr danach stellen konnte. Pünktlich um 14 Uhr war das nahegelegene Hügelland soweit aufgeheizt und aktiv geworden, dass es die Luftmassen aus dem Marmarameerbecken absaugt. Der Wind nimmt dann deutlich zu. Diese Bedingungen sind zwar alles andere als turbulent, aber vernichten die schöne grossflaechige Thermik dennoch. Nachdem der Wind einsetzt sind die Thermikblasen eher klein, schwach und kurzlebig. Mit einem zu leichten Modell kann es schnell passieren, dass man den Rückflug aus dem Lee nicht mehr schafft oder den Weg zur naechsten Blase nicht überbrücken kann. Mit einem zu schwer aufballastierten Flugzeug kann man in den leichten Aufwinden erst gar nicht steigen. Es macht sichtlich Spass zu zusehen, wie nervös angespannte Gesichter in den Himmel gucken, Aluminiumballaststangen hin und her gereicht werden und Entscheidungen in letzter Minute vor dem Start getroffen werden. Ganz wie bei „den grossen Brüdern“ der F3-Klassen.

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Schön anzusehen war auch ein „taktisch wertvoller“ Flug von Evren Varol, der beim Start seiner Gruppe allen anderen erstmal zugesehen hatte.
Nachdem die durch den Crosswind quer herabfallenden Seile zurückgebracht waren hatte Evren freie Bahn für seinen Start. In der Zwischenzeit konnte er schon mal die Flieger der Konkurrenz nach besten Luftmassen abgescannen. Der Ausbrech-Start brachte bei dem vorherrschenden Querwind etwa 10m mehr Höhe und die direkte Linie zur besten Luft, in der Evren drei - vier grossflaechige Kreise bleiben konnte dann gut 1 Minute Vorsprung auf die Konkurrenz.

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Es ist einfach toll mit anzusehen, dass solche taktischen Leistungen unabhaengig von den Leistungen der jeweiligen Modellflugzeuge oder –Klassen sind, und dass dies, den Modellsegelflugsport im Kern ausmacht – nicht etwa das teure und aufwaendige Material!
Im Flyoff war das Wetter nicht anders. Kleine leichte Thermikblaeschen bei relativ starkem Wind zu „treffen“ und „mitzunehmen“ war die Devise. Dies gelang Savaş Zafer aus Bursa und dem Autor am besten, wenn auch mit gewissen Risiko verbunden. Der Weg zum Landepunkt beim Rückflug aus dem Lee wurde vor allem für den Autor sehr lang! Die geforderten Neun Minuten Flugzeit konnte dennoch keiner ausfliegen. Auf dem dritten Platz landete Mehmet Serden, der extra aus Zypern angereist war.
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3ter Teilwettbewerb in Riva / Istanbul

3ter Teilwettbewerb in Riva / Istanbul

Beim dritten Wettbewerb der Saison waeren sicherlich einige Teilnehmer lieber zum Windsurfen oder F3F-Fliegen an den Hang gegangen.
Bei ansonsten sonnig warmem Sommerwetter, blies den Teilnehmern ein wirklich starker Wind um die Ohren! Das 9m/s Limit war erreicht, aber nicht wirklich überschritten, so dass der Wettbewerb, zu dem 43 Teilnehmer angereist waren, regulaer stattfand.

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Auch internationale Beteiligung fand den Weg nach Riva/Istanbul. Thomas Rössner und Reinhard Vallant waren aus Deutschland angereist, Larry Jolly nahm den Weg aus den Staaten auf sich um, neben Urlaub in der Türkei zu machen auch an einem 2m-RES-Wettbewerb teilzunehmen.
Thomas Rössner brachte sich leider gleich zu Anfang des Wettbewerbs um jegliche Chancen, als sein viel zu leichtes Modell die Ohren anlegte.
Unverdrossen flog er aber den Rest des Wettbewerbs mit dem Rest vom Modell, das ja immer noch 80cm Mittelstück als Tragflaeche besass, weiter. Die Wertung in der fiktiven 1m-RES-Klasse hat er damit gewonnen ;).

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Larry Jolly zeigte vielen seiner Wettbewerbskollegen, dass er seit Jahr und Tag RES-Modelle fliegt und konnte selbst bei den widrigen Bedingungen in Riva aussergewöhnliche Flüge zeigen. Leider katapultierte er sich mit einer Landung im Sicherheitskorridor aus dem Flyoff.
Die Thermik selbst war vom Allerfeinsten und trotz des starken Windes sehr stark entwickelt. Die Saufer zwischen den Thermikzyklen aber auch, so dass mancher Tausender auch schon mal für zweieinhalb Minuten Flugzeit vergeben wurde – aus wirklich, des starken Windes wegen, fantastischen Hochstarthöhen. Das Fluggelaende in Istanbul hat am Ende des Platzes einen hervorragend angeblasenen Hang und viele der Teilnehmer bezogen diesen natürlich in die Flugplanung und -taktik mit ein. Für ein kleines 2m-Modell ist die Strecke dorthin allerdings schon beachtlich – nicht beim Hinflug mit dem Wind, sondern beim Heimflug aus dem Lee.

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Wer nicht mit einer sich dort ablösenden Thermikblase ordentlich Höhe getankt hatte, brauchte an einen erfolgreichen Heimflug an den Landepunkt eigentlich keine Gedanken mehr verschwenden. Der Sonntagsausflug nach Istanbul war somit für sehr viele Teilnehmer auch gleichermassen mit einer schönen Wanderung verbunden. Überaus viele Modelle wurden eher zurückgetragen als zurückgeflogen.
Reinhard Vallant waehlte nach diesen Erfahrungen im Flyoff eine komplett andere Taktik. In seinen „sliMe“ (quasi eine vollbeplankte Version des Miles) packte er allen verfügbaren Ballast um schon mit dem Schuss aus dem Gummiseil nach vorne gegen den Wind zu fliegen. Dort halblinks vor dem Flugfeld ist eine kleine Ausbuchtung in einem Hügel, die auch von Wind angeblasen wird. Er „parkte“ den sliMe dort und hat so in allen drei Flyoff Durchgaengen den Tausender eingeheimst. Alle Versuche der Konkurrenz Reinhard hinterher zu fliegen endeten etwa auf halber Strecke. Reinhards Angabe zum Fluggewicht des sliMe: „Etwa 1050 Gramm!“
Wo auch in der Türkei das teilweise irrwitzige Streben nach superleichten Modellen und Gewichtsersparnis seinen Lauf nimmt hatten wir bislang nur ganz selten Wetterlagen, wo diese leichten Modelle auch einen Vorteil bieten konnten. Auch in Riva bei starkem Wind war abermals ohne Ballast kein Blumentopf zu gewinnen.

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Die Sieger des Wettbewerbs waren:
Reinhard Vallant auf Platz 1, Sarven Bedikoğlu auf Platz 2 und Ilker Atay auf Platz 3.

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4ter Teilwettbewerb in Eskişehir

4ter Teilwettbewerb in Eskişehir

Zum Abschlusswettbewerb der Saison haben 36 Teilnehmer den Weg nach Eskişehir angetreten.
Dort befindet sich in der nahe gelegenen Kleinstadt Inönü das Zentrum des türkischen Luftsports – quasi die türkische Wasserkuppe ;)
Es wurde noch zu Zeiten Kemal Atatürks von eben diesem gegründet und bereits 1925 fanden dort erste Gleitflüge an den nahegelegenen Haengen, sowie Motorflüge der Vorebene der Haenge statt.

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Genau dort fliegen heute Drachenflieger, Paragleiter und vereinzelt ein paar Segelflugzeuge. Segelflug gehört in der Türkei nicht wirklich zu den Hobbies der Menschen und reptaesentiert auch keinen Sport. Er wird leider wirklich sehr stiefmütterlich behandelt und dient nur als Basisausbildung für Militaer- oder Kommerzpiloten.
Auch die erste Weltmeisterschaft der „FAI-Weltklasse“, welche 1997 genau auf diesem Fluggelaende ausgetragen wurde, konnte keine Image-Verbreitung des Segelflugsports in der Türkei herbeiführen.
Anders ist das bei den 2m-RES-Fliegern, welche die grösste, also teilnehmerstaerkste RC-Kategorie im Türkischen Luftsport darstellt.
Und genau dafür ist das Gelaende in Inönü nahezu perfekt. Es stehen eine Kantine, Hobbyraeume, Übernachtungsmöglichkeiten und auch das nötige Personal zur Verfügung. Darüberhinaus ist das Fluggelaende selbst einfach hervorragend. Riesengross und weitlaeufig mit 400m hohen Haengen, die das Gelaende im Westen begrenzen.

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Anfang September ist das Wetter immer noch hochsommerlich und die Thermik mitunter gewaltig. Wenn sich an den nahegelegenen Haengen einmal eine grosse Blase abgelöst hat, kann es sein, dass auf dem vorgelagerten Fluggelaende nur noch „tote Luft“ übrig bleibt – und das für mehrere, so scheint es, lange Minuten. Die einzelnen Gruppenergebnisse können so mitunter stark schwanken und man muss die thermische Bewegung in der Luft wirklich gut lesen können. Für viele ist der Wettbewerb in Eskişehir daher das Highlight des Jahres, nicht nur dass die örtliche Infrastruktur die Kameradschaft unter den Modellfliegern bestens fördert, sondern auch die Wetterbedingungen lassen hier eher die „bemerkenswerteren“ Thermikflüge zu.

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So hat es dieses Jahr Yavuz Dal mit einem steinalten Albatros (er hat das Modell vor 8 Jahren gebaut) geschafft den Wettbewerb zu gewinnen. Ein geschickt früher Nachstart im entscheidenen Flyoff-Durchgang brachte ihm die volle Flugzeit, als alle anderen in der noch toten Luft nach dem letzten bisschen Flugzeit suchten und zu spaet zum Restart kamen.
Der zweite Platz ging an Ilker Nahırcı aus Istanbul vor dem Autor auf dem dritten Platz.

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In den letzten Jahren hat sich die 2m-RES Klasse in der Türkei wirklich stabilisert und einen festen Platz im Luftsportkalender des Landes eingenommen. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass man für so wenig materiellen Aufwand in keiner anderen RC-Klasse mehr Segelflugsport geboten bekommt. Das Wettbewerbsprogramm ist einfach aber fordernd und spricht alle essentiellen Charakteristika des taktischen Segelfliegens an. Mit den einfachen Modellen kann dies auch der Neulich zumeist einfacher Lernen, als mit komplexeren Modellen, die zumeist aus Angst etwas kaputt zu machen gar nicht bedenkenfrei (also eher mit der oft zitierten angezogenen Handbremse) geflogen werden, oder den Piloten sogar überfordern.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in den kommenden Jahren vielleicht auch mal Modellflugurlauber aus Deutschland auf dem ein oder anderen 2m-RES Wettbewerb bei uns begrüssen dürften. Eine kleine Abenteuerreise in den Modellflugorient waere doch sicherlich mal ein Abenteuer?
Istanbul ist wohl von nahezu jedem Flughafen in Deutschland zu erreichen…..wer hat Lust eine Fliegerkiste zu packen?

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Soweit mein kleiner Jahresrückblick zur RES-Saison 2014. Beste Grüsse:
Philip Kolb
 
Ein paar Hintergrund-Infos zum Regelwerk

Ein paar Hintergrund-Infos zum Regelwerk

Ich lese hier im RC-Network Forum manchmal mit und verstehe aus vielen Postings, dass es immer mal wieder zu Diskussionen bezüglich der Starteinrichtung kommt.
Wir hatten mitunter in den Vergangenen Jahren aehnliche Diskussionen und auf den Wettbewerben auch immer mal wieder Probleme und Auseinandersetzungen. Da gab es Linecrossings bei Querwind, die Seile wurden teilweise nicht unmittelbar nach dem Hochstart wieder gerade ausgelegt, mal ist ein Nylonseil gerissen und ein anderes Mal gab es auch ein wenig Argwohn von Teilnehmern, doch immer an „schwaecheren“ Gummiseilen starten zu „müssen“.

Nunja, ohne das jetzt auszuweiten, wir haben hier eine hervorragende und faire Lösung gefunden, die derartige Probleme wirklich beseitigen konnte.
Wir fliegen seit der Saison 2012 mit eigenen Gummiseilen, das heisst, diese werden nicht mehr vom Veranstalter gestellt, sondern jeder Teilnehmer (respektive jedes teilnehmende team) bringt seine eigenen Gummiseile mit. Diese Gummiseile müssen natürlich dem Reglement entsprechen und werden entweder vor Beginn des Wettbewerbs oder stichprobenhaft waehrend des Wettbewerbs geprüft.
Für einen reibungslosen Ablauf des Wettbewerbs ist nur noch die Zulosung der Gruppen von entscheidender Bedeutung . Dies gestaltet sich in Zeiten der 2.4GHz Übertragung als sehr einfach, da nur noch auf die Teamzugehörigkeit und nicht mehr eventuelle Kanalüberschneidungen berücksichtigt werden müssen.
Bei uns fliegen wir grundsaetzlich mit 6 Fluggruppen pro Durchgang. Die Gesamt-Teilnehmeranzahl bestimmt dann die Gruppengrösse (z.B. bei 43 – 48 Teilnehmern fliegen diese in Gruppen mit 7 oder 8 Piloten – 6 Gruppen a 8 Piloten = 48 Teilnehmer) Bei Wettbewerben mit weniger als 30 Teilnehmern könnte man auch auf nur drei Fluggruppen pro Durchgang reduzieren.
Jedes Team besteht aus 3 Teilnehmern bzw. wird vor Beginn des Wettbewerbs von der Wettbewerbsleitung als solches gebildet. Wenn ein oder zwei Teams als 2-Mann teams übrig bleiben können diese immer auf Hilfe aus einem anderen Team hoffen, welches gerade nicht am Start ist.
Die drei Teilnehmer jedes Teams ordnen so unter sich die jeweiligen Aufgaben pro Flug zu: 1 Pilot, 1 Coach, 1 Seilrückholer.
Die Teams werden per Gruppenauslosung (das Softwareprogramm Gliderscore hift hierbei) so in der Matrix angeordnet, dass jedes Dreimann-Team auch immer dreimal hintereinander an einem Startpunkt startet. Danach gibt es eine kleine 5 minütige Pause zum Seileeinrollen / Ausrollen und der naechste „Dreierblock“ geht an den Start. Das hört sich alles deutlich komplizierter an, als es in Wirklichkeit ist.

Beispielsweise laeuft das beim Wettbewerb so ab:
- 5 Minuten Seilaufbauzeit vor Beginn der Vorbereitungszeit zur ersten Gruppe.
Hierbei rollt zumeist der Seilrückholer ein oder zwei (die meisten Teams setzen professionel auf Redundanz falls in der Arbeitszeit etwas schief geht ;)) Gummiseile aus.
- 3 mal hintereinander fliegt nun dieses Team an diesem Startplatz, das dauert 3 x 12 Minuten (3 Minuten Vorbereitungszeit – 9 Minuten Rahmenzeit).
In dieser Zeit sind also die ersten 3 der 6 Gruppen pro Durchgang geflogen.
Nun gibt es vor Beginn der vierten Gruppe wieder die 5 Minuten Seilaufbauzeit und das oben Geschilderte wiederholt sich. In diesen 5 Minuten können auch die ersten drei Gruppen ihre Seile einspulen. Ein kompletter Durchgang ohne Reflights dauert also im besten Fall 82 Minuten.

2013 haben wir in Yalova an einem Tag so 4 Durchgaenge und 2 Flyoffs mit 66 Teilnehmern geschafft und das ganz ohne Hektik.
Ein wichtiger Aspekt dieses Ablaufs ist, dass eigene Gummiseile eingesetzt werden, da jeder gut auf diese aufpasst. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, dass wenn nach dem Ausklinken des Modells das Seil nicht möglichst schnell wieder gerade ausgelegt wird, der Teilnehmer 100 Strafpunkte bekommt. Auch bei Massenstarts von 5 oder mehr Modellen sehen wir kaum noch „Kuddelmuddel“, da auch bei Querwind alle Seile etwa 1 Minute spaeter wieder an Ort und Stelle liegen. Ein guter Wettbewerbsleiter achtet auch darauf, dass vor Beginn der Rahmenzeit an jedem Bodenanker ein Helfer zu sehen ist, damit schon gleich nach dem ersten Start ein schneller Rücktransport der Seile gewaehrleistet ist.
Ein weiterer schöner Aspekt dieser Lösung ist, wie ich finde, dass man drei Mal hintereinander gefordert ist, aber danach drei Gruppen Pause hat.


In den Regeln hat sich seither nicht mehr viel geaendert, die Gruppeneinteilung, die Strafpunktvergabe, wenn Seile nicht rechtzeitig zurückgebracht werden und der Verzicht auf vom Veranstalter gestellte Starteinrichtungen hat der Durchführung der Wettbewerbe sehr gut getan. Es funktioniert seither wesentlich reibungsloser und ich würde sagen gar „professioneller“.
Es gibt dem Teilnehmer sogar noch eine weitere Aufgabe, naemlich die, sich um seine Starteinrichtung kümmern zu müssen, was der Aufgabenverteilung im Team und der Beimessung der Wichtigkeit jedes Teammitgliedes deutlich zutraeglich ist. Wir wissen von F3J sehr gut, wie sehr ein gut funktionierendes Team am Erfolg Anteil hat und wie viele Optimierungsfelder sich dadurch jedem einzelnen bieten.

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In dem Bild oben sieht man die schematische Darstellung des Layouts vom Wettbewerbsgelaende. Der Safety-Corridor dient wie der Name schon sagt, der Sicherheit vor allem der Piloten, Helfer und offiziellen Zeitnehmern. Er darf beim Start des Modells vom Starter nicht betreten werden. Die Auszugsbegrenzung der Gummiseile ist die Anfangslinie des Sicherheitskorridors. Das Modell selbst darf überall vor dem Sicherheitskorridor gestartet werden. So werden hier auch keine Seile in den Korridor hineingezogen, die eventuell jemanden behindern könnten. Wer im Sicherheitskorridor Landet bekommt 200 Strafpunkte, wenn er dort einen Menschen trifft, sind dies 500 Strafpunkte. Diese Aspekte wurden quasi aus der F3J Klasse übernommen. Die Bodenanker und die Landepunkte werden von der Wettbewerbsleitung gestellt und sind über den gesamten Wettbewerb an Ort und Stelle.


Bei den Starteinrichtungen ist der Wettbewerber mittlerweile etwas freier in der Wahl, wenn auch das erzielbare Startergebnis fair und quasi identisch ist. Es dürfen nun neben dem umsponnenen Filamentgummi von Bauhaus (der eben nur als „Bauhaus-Guımmi“ bezeichnet wird) auch andere nichtumsponnene Rund-Schlauchgummis verwendet werden. Dies geschah auf Bitten vereinzelter Teilnehmer nach weicherer Gummicharakteristik.
Vor Allem Sarven Bedikoğlu und Evren Varol haben sich einigen Materialtests verschrieben und haben versucht die maximale Speicherenergie der verschiedenen Gummis zu ermitteln.
Dabei kam heraus, dass das bisweilige Standard Bauhausgummi bei 30m Laenge etwas genauso viel Energie speichern kann wie 10 Meter der handelsüblichen Schlauchgummis. Der maximal erlaubte Durchmesser (egal welches Gummiseils) ist nach wie vor 8mm.
Beim Bauhaus-Gummi fallen hier 2 – 2.2mm des Durchmessers der Textilummantelung zu, bei den Schlauchgummis ist der innere Teil hohl. Waehrend ein Bauhaus-Gummi etwa 105% gedehnt werden kann, können es die Schlauchgummis auf bis zu 500% Dehnung bringen.
Bei den maximal erlaubten 160m Zwischen Bodenanker und Startlinie erreichen also die 10m Schlauchgummis und das 30m Bauhausgummi in Verbindung mit 100m Nylonseil etwa gleichzeitig ihre maximale Dehnung. Mit diesen Kombinationen haben wir durchaus identische Höhen bei Wind und auch Windstille erreichen können. Je nach Modell und „Geschmack“ ist es für die Piloten eine Frage ob sie lieber einen Schlauchgummi einsetzen, der die gespeicherte Energie etwas gleichmaessiger abgibt oder den Bauhausgummi, der zu Anfang des Starts mehr Energie liefert, zum Ende aber deutlich schwaecher wird.

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Die getesteten Gummis waren nebst dem Bauhausgummi ein 8mm Schlauchgummi (blau) von Hobbyking, ein 7.5mm Megarubber von EMC-Vega (der leider etwas zerschnitten werden musste, da nicht in geradzahligen Meterportionen erhaeltlich) und einen 8mm Bungee von Hosemonster aus den USA. Alle Schlaugummis liefern aehnliche Dehnungen und nahezu aehnliche maximal Auszugskraefte, wobei das Hobbyking Bungee etwas zurückbleibt. Das Hosemonster Bungee hat den Vorteil zusaetzlich etwas robuster zu sein, es hat auch eine deutlich glattere und spürbar haertere Oberflaeche. Dies ist bei den hier zu Lande vorherrschenden Bodengegebenheiten ein nicht zu unterschaetzender Vorteil!
Genau aus dem Grunde ist auch das Bauhausbungee so beliebt – es ist quasi unzerstörbar, was auf dem Fluggelaende ja auch immer einen gewissen Sicherheitsaspekt beinhaltet!

Ich selbst fliege immer noch mit meinen beiden Bauhausgummis, die ich 2011 gekauft habe – sie haben also schon 4 Saisons klaglos überstanden.
Lediglich zu Anfang leiern die Bungees (das scheint allerdings bei allen Bungees so zu sein) etwas aus. Ich habe daraufhin von den maximal erlaubten 100m Nylonseil 5m abgetrennt um die Auszugsgrenze auch mit maximaler Dehnbarkeit des Gummiseils zu erreichen. Das Schöne hierbei ist, dass nach anfaenglichem Ausleiern die Textilummantellung des Gummiseils ein weiteres Ausleiern durch Überdehnen verhindert. Die Schlauchgummis kann man bei unvorsichtigem Gebrauch oder zu starkem Verkürzen des Nylonseils nach wie vor überdehnen. Nichtsdestotrotz zeigen die letzten drei Saisons, dass die Starteinrichtung in diesen Dimensionierungen nicht über Sieg und Niederlage entscheidet und sich nach wie vor jeder Pilot entscheiden kann, welche Art er bevorzugt, wenn auch bei uns in der Türkei klare Preisunterschiede die verschiedenen Gummis voneinander trennen.
Vielleicht helfen die hier gemachten Erfahrungen als Grundlage und Information auch in der Deutschen RES Szene.

Viel Spass in der Bausaison und einen erfolgreichen Start in die RES-Saison 2015!

Philip Kolb
 
Hallo Philip,
vielen Dank für den interessanten Bericht aus der Türkei!

Es wäre toll, wenn Du noch etwas über die eingesetzten Modelle schreiben könntest. Die Bauausführungen sehen ja "holziger" aus, als bei uns mittlerweile. Auf den Bildern meine ich ein paar Deiner Miles zu erkennen.

Viele Grüsse
Martin
 
Zuletzt bearbeitet:

Peer

User
Danke, Philip, für den ausführlichen Bericht !

Das mit den eigenen Startvorrichtungen ist ja Wasser auf meine Mühle,
und das mit den 1050 gr. Fluggewicht finde ich schon sehr stattlich !

Gerne hören wir mehr von Dir !

Gruß
Peer
 

Laddl

Vereinsmitglied
Bericht aus dem Orient ..

Bericht aus dem Orient ..

Hallo Philip

Danke und Perfekt!

Auf ein baldiges Wiedersehen ....

Gruß
Laddl
 
Hi Philip,
erstmal danke für den ausgibigen Bericht.
Wenn ich mir die Lokations so ansehe bekommt man direkt Lust mit dem "Gepönngel" in den nächsten Flieger zu steigen und euch mal auf einem Wettbewerb zu besuchen.

Natürlich würde ich da nur mit meiner Patentierten "Mama Kolb Thermikmütze" teilnehmen. ;)
 
Hallo Phillip, danke für den super Bericht. Er macht Lust auf mehr....:). Ich wohne seit einiger Zeit auch in der Türkei, in Antalya. Leider habe ich hier in der Region noch keine R.E.S Akivitäten entdeckt.
Was mich auch Interessieren würde, ist auch ob es Baupläne der eingesetzten Modell gibt und ob du Bezugsadressen von Modellbauartikel hier in der Türkei hast. Ich habe nur ein Geschäft in Istanbul entdeckt.

Ist vielleicht auch mal ein R.E.S Wettbewerb in der Region Antalya geplant? Platz wäre vorhanden. Richtung Burdur gibt es hinter Antalya einen Militärflugplatz, der auch für das diesjährige Jet Meeting verwendet wird.

Ich freue mich auf eine Antwort.

Gruß

Dietmar
 
RES Saison Türkei 2015

RES Saison Türkei 2015

Hallo Philipp,

falls du hier noch ab und zu mit liest, würde ich dich, oder einen anderen deiner türkischen RES-Kollegen bitten, wieder so einen tollen Saison-Rückblick wie im letzen Jahr auch wieder von der diesjährigen Saison in der Türkei zu verfassen.

Ich denke, dass sich hier bei uns wieder sehr viele darüber freuen würden, etwas von euren Aktivitäten zu lesen.

Viele Grüße aus Franken
Dietmar
 

Eckart Müller

Moderator
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