Dj Nafets

Vereinsmitglied
Ich denke das ich hier bei den Pylonjungs genau richtig mit meiner Frage bin, die da lautet:

Welchen Einfluss haben die 3 Wettergrößen Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchte auf den Betrieb von hochgezüchteten Rennmotoren?

Wie muss das Setup geändert werden wenn sich die Bedingungen ändern? Insbesondere Resolänge, Propellerlast und Verdichtung. Bei den Speedfliegern schreiben einige ganz wenige auf was sie bei ändernden Wetterverhältnissen gemacht haben, so wie ich das mitbekommen haben macht das bei den F3D-Fliegern fast jeder.

Gruß und vielen Dank schon mal.

Stefan
 

fly2pylon

Vereinsmitglied
Hallo Stefan,
ich bin zwar seit 2014 nicht mehr in F3D aktiv aber versuche trotzdem mal Deine Frage zu beantworten (die F3D-Community ist leider sehr klein geworden und nicht alle Aktiven schreiben hier).

Vorneweg: Mir fällt kein Pilot ein der Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchte permanent dokumentiert hat.

Für jede Kombination von Motor, Prop (Steigung/Durchmesser), Kopfvolumen und Rohr (Typ, Länge) gibt es für jeden Parameter Hausnummern die als Ausgangsbasis für das Setup genutzt werden. Zu den seligen Zeiten als der MB noch mit offenem Rohr (bis 2010) und einigen wenigen „Standardpropellern“ geflogen wurde war das recht überschaubar. Seitdem ist das Angebot von gedämpften Rohren und Propellern gradezu explodiert (und leider auch die Preise).

Ich hatte die Basics vor einiger Zeit mal zu Papier gebracht als ich mein Material verkauft habe:
Sofern Propellergrösse, Kopfvolumen und Rohrlänge einigermassen zueinander passen sollte der Motor spätestens beim langsamen (!) Zudrehen der zuvor um mindestens eine halbe Umdrehung (abhängig vom Typ) geöffneten Düsennadel von sich aus ans Rohr/in Resonanz kommen.
Dies macht sich durch einen deutlichen Drehzahlanstieg bemerkbar. Je weiter die Nadel zugedreht wird umso höher die Drehzahl, gleichzeitig nimmt die Rauchfahne am Auspuff ab.
Die Glühkerzenklemme bleibt drauf bis die Nadel fertig eingestellt ist!
Bei Testläufen zur Drehzahlmessung sollte der Motor max. für einige Sekunden mit Höchstdrehzahl betrieben werden, in diesem Moment hat er die höchste Last.
Wenn der Motor sauber läuft die Glühkerzenklemme abnehmen, idealerweise sollte die Drehzahl nun konstant bleiben und nicht stark schwanken (dies ist der Fall wenn der Motor leicht unterverdichtet ist).
Ist dies der Fall kann man mit diesem Setup fliegen.
Anschließend die Nadel wieder in die richtige Stellung bringen.
Läuft der Motor nicht von selber hoch so kann dies mehrere Gründe haben:
a) Motor ist unterverdichtet: Kopfvolumen messen durch Auslitern, ggf. durch Entnahme von Kopfdichtungen das Volumen reduzieren/die Verdichtung erhöhen.
b) Rohr zu kurz: durch Einlegen von Shims in 0,5-1,0mm-Schritten verlängern.
c) Propeller mit zu viel Last (zu grosser Durchmesser und/oder zu grosse Steigung): Propeller einkürzen bzw. anderen Propeller montieren.
Grundsätzlich sollte immer nur ein Parameter zur gleichen Zeit geändert werden und danach wieder ein Testlauf durchgeführt werden.
Um mal eine Idee von den Dimensionen zu bekommen: Propdurchmesser und Rohrlänge werden üblicherweise in Schritten von ca. 0,5mm-1,0mm geändert, das Kopfvolumen mit Scheiben von 0,025-0,05mm eingestellt.

Bei Wetteränderungen versuchen die meisten Piloten zuerst durch Anpassung von Verdichtung und Rohrlänge den Motor dazu zu bewegen den Prop zu drehen. In den allermeisten Fällen gelingt dies auch, lediglich bei ganz extremen Wetterbedingungen (heiß, hohe Luftfeuchtigkeit, niedriger Luftdruck) wird bei Durchmesser und/oder Steigung des Props zurückgerudert. Passiert der Wetterumschwung während eines Wettbewerbstages so wird es interessant/stressig... ;) Auf die blossen Zahlenwerte ist ab diesem Punkt nicht mehr viel zu geben, wichtig ist dass das Gesamtsystem funktionert (Zitat Malina: "Du musst den Motor verstehen!")

Die Stellung der Düsennadel unterliegt über den Tag gewissen Schwankungen, dies ist hauptsächlich der sich in Abhängigkeit der Temperatur ändernden Viskosität des Sprits geschuldet und vollkommen normal.

Will man belastbare Aussagen ob Setup A oder Setup B besser funktioniert kommt man nicht umhin Telemetrie in sein Modell einzubauen und Geschwindigkeit und Drehzahl zu loggen. Die Unterschiede sind mit blossem Auge/Gehör nicht mehr zuverlässig auszumachen, insbesondere die Beschleunigung. (Da wir einen stehenden Start haben ist es essentiell dass das Setup gut beschleunigt: was man in der Startrunde liegen lässt holt man in den verbleibenden 9 Runden nicht mehr auf. Das Setup ist also immer ein Kompromiss zwischen Topspeed und Beschleunigung.)
Beeindruckende Bodendrehzahlen sind gut fürs Ego des Piloten aber kein Gewähr dass die Fuhre auch wirklich schnell wird ;)

Gruß,
Gerald
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Vielen Dank!

Vielen Dank!

Hallo Gerald,

vielen Dank für die sehr ausführlichen Infos. Das hat mir schon mal viel geholfen!

"Du musst den Motor verstehen!")

Genau da will ich hin. ;) ;)

Hab am Wochenende mal das Kopfvolumen bei verschiedenen Setups am SP60 ausgelitert. Dazu habe ich ein Dünnes Motoröl mit einer 1ml "Clexane" ?!?!-Spritze in den Kopf gegeben. Diese dusseligen Dinger haben einen Dosierstop bei 0,4ml und bei 0,2ml. Das ruckt dann immer und macht eine genau Messung fast unmöglich. Gibt es da eine elegantere Methode?

Bezogen auf die F3D-Mototen: Ändert sich das Setup zwischen einem neuen, gut eingelaufenem Motor und einem der schon "ausgelutscht" ist?

Gruß

Stefan
 

fly2pylon

Vereinsmitglied
Hallo Stefan,

kein Problem.

Hier eine Beschreibung der Ausliterprozedur:
Auslitern des Kopfvolumens:
Motor muß abgekühlt sein!
Modell so im Modellständer ausrichten dass der Kopf exakt waagerecht steht.
Kolben in OT stellen.
Kopf abschrauben und mit Haushaltspapier Kolbenboden und Kopf abtrocknen.
Kopf wieder draufschrauben (Schrauben immer über Kreuz anziehen), sofern noch nicht geschehen Kerze und Überwurf entfernen.
1ml-Insulinspritze mit frischem Sprit aufziehen, sämtliche Luftblasen durch Senkrechthalten der Spritze und Klopfen mit dem Fingernagel entfernen, exakt 1,0ml einstellen.
Inhalt der Spritze vorsichtig durch die Kerzenöffnung in den Brennraum injizieren, die ersten 0,45ml können relativ zügig zugegeben werden.
Anschließend Tropfen für Tropfen den Sprit zugeben bis der Sprit durch die Kapillarwirkung am Ring der Kerze ansteht.
Wenn man meint dass es passt noch einen (!) weiteren Tropfen zugeben, dann springt der Sprit förmlich nach oben an den Ring. Dies ist deutlich zu erkennen!
Eingefülltes Volumen an der Spritze ablesen (Achtung: Start war bei 1,0ml!)
Kopf abschrauben, alles mit Haushaltspapier trockenlegen und die ganze Prozedur noch 2 mal wiederholen.
Man bekommt dann relativ schnell ein Gefühl dafür wann der Brennraum gefüllt ist und bekommt reproduzierbare Ergebnisse.

Eine Kopfbandlupe mit integrierter Leuchte macht einem das Leben etwas leichter.

Ein neuer Motor wird anfänglich mit etwas weniger Verdichtung geflogen da er ansonsten Kerzen fressen würde. Über den Lebenszyklus des Kolbens nimmt man dann in kleinen Schritten das Kopfvolumen wieder zurück.
 
Ansicht hell / dunkel umschalten
Oben Unten