Hilfe bei SP-Berechnung gesucht

Liebe Einflügler,
ein Vereinskollege führt das sehr anspruchsvolle Projekt des verstorbenen Thommy Bircher (Erbauer des ersten manntagenden Jet-getriebenen Seglers: "Prometheus") weiter: die Lea. Diese sollte später als manntragender Segler gebaut werden. Verschiedene Kinderkrankheiten haben bisher immer nur zu kurzen Hüpfern geführt, aber jetzt ist sie nach umfangreichem Redesign wohl flugfähig. Nur können wir den SP nicht berechnen. Ob ihn jemand von Euch ermitteln kann? Hier die Flügelgeometrie:

lea.jpg

Die Winglets sind recht grosse Seitenruder mit Stummel-Dämpfungsfläche, die Fläche ist erkennbar geschränkt. Mehr ist im Moment nicht zu sagen. Irgendwelche Tipps zu den Winglet-SRs? Getrennt spreizen?

Als Belohnung gibt es einen schön bebilderten Bericht...

LG Bertram
 

UweH

User
weiter: die Lea. Diese sollte später als manntragender Segler gebaut werden. Verschiedene Kinderkrankheiten haben bisher immer nur zu kurzen Hüpfern geführt, aber jetzt ist sie nach umfangreichem Redesign wohl flugfähig. Nur können wir den SP nicht berechnen.

Hallo Bertram,

in einen manntragenden Nurflügel bei dem die Erbauer des verkleinerten Testflugzeugs nicht mal den Schwerpunkt ermitteln können würde ich mich niemals rein setzen :eek:
Der Schwerpunkt bei einem Nurflügel ist für Auslegungsidee, Konzept und Flugsicherheit ebenso wichtig wie bei einem Leitwerker die Frage ob beim Entwurf lieber 1 x oder 5 x Flügeltiefe als Leitwerkshebelarm gewählt werden sollen :rolleyes:


Die Winglets sind recht grosse Seitenruder mit Stummel-Dämpfungsfläche, die Fläche ist erkennbar geschränkt. Mehr ist im Moment nicht zu sagen. Irgendwelche Tipps zu den Winglet-SRs? Getrennt spreizen?

Die Winglets bei einem Pfeilnurflügel sind keine Seitenruder, sondern Tragflügelsektionen. Wenn Klappen in den Winglets vorhanden sind und gleichsinig ausgeschlagen werden haben sie Höhenruderwirkung. Beide Klappen nach innen ausschlagen wirkt aufnickend ("Höhenruder"), beide Klappen nach außen ausschlagen wirkt abnickend ("Tiefenruder") siehe auch hier: http://www.zanonia-flyers.de/klappe2.htm
Wenn man die Klappen differenziert ausschlägt kann man so was ähnliches wie die Querruderdifferenzierung bei einem Leitwerker erreichen oder man kann die Querachsenwirkung der Wingletklappen mit Flügelklappen kompensieren, aber dabei sollte man sich von der Vorstellung einer Seitenrudersteuerung wie beim Leitwerker oder Brettnurflügel komplett verabschieden.

die Fläche ist erkennbar geschränkt. Mehr ist im Moment nicht zu sagen.

Das genügt bei weitem nicht für eine Schwerpunktempfehlung.
Bei einem gering gepfeilten Nurflügel mit hoher Streckung wie diesem befindet man sich in einem Übergangsbereich zwischen der Auslegung als Brett mit Querachsenstabilisierung über den Profilmoment und der Auslegung als Pfeil mit der Querachsenstabilisierung über Schränkung.
Streckung und die Profilauslegung des Hauptflügelstraks und besonders von Außenflügel und Winglet haben einen signifikanten Einfluß auf das Stabilitätsmaß und damit die Schwerpunktlage, siehe zum Beispiel auch hier, aber das was dort über den Zusammenhang zwischen Pfeilwinkel und Stabilitätsmaß beschrieben ist kratzt nur an der Oberfläche der Zusammenhänge: http://www.zanonia-flyers.de/klappe1.htm
Ebenso wie die Pfeilung gehen auch die Streckung, die Profilierung, die Wingletfußauslegung, die Winglethandauslegung, der durchschnittliche Alkoholspiegel und der Familienstand des Erbauers in die Schwerpunktermittlung ein :rolleyes:
Auch Siggis Artikel zur richtigen Schwerpunktlage ist wegen seiner Kürze nur ein grober Anhaltspunkt auf welcher Grundlage man das notwendige Stabilitätsmaß bestimmt, aber gerade der Absatz mit den Horten spielt eine große Rolle, denn je nach Wingletauslegung und Einsatzzweck muss man eher mit Blick auf die Seitenstabilität oder mehr mit Blick auf die Längsstabilität rechnen. http://www.aerodesign.de/aero/swp.htm

Deine Angaben sind im Moment also zu dürftig für eine zuverlässige Schwerpunktermittlung und ich empfehle das Flugzeugkonzept erst mal aus Nurflügelsicht zu ordnen und mit einem Lastenheft zu ergänzen statt irgendeinen unüberlegten Phantasieflügel mit dem für diese Größe notwendigen Bauaufwand, aber unsicherem Ergebnis in die Luft bringen zu wollen.

Gruß, Uwe.

P.S.: ich bitte im Voraus um Entschuldigung für einen sarkastischen, aber durchaus ernst gemeinten Seitenhieb dazu: Leitwererkonstrukteure sollten keine Nurflügel auslegen, denn sie denken ganz anders als Nurflügelkonstrukteure und können es deshalb nicht :p:D
 
Zuletzt bearbeitet:
Uwe:
Ich weiss von Deinem Wissen über Nurflügler. Aber Du hast vielleicht etwas übersehen: Der verstorbene Erbauer Thommy Bircher hatte den SP schon erflogen, aber sein Wissen leider mitgenommen. Dein erster Satz ist nicht so ganz passend. Das eigentlich sehr schöne Modell ist übrig geblieben und wirklich zu schade zum Wegwerfen!
Was brauchst Du denn nun noch: die Schränkungen an verschiedenen Flügelstationen? Die Grösse und Lage der Ruder? Wurzelprofil? (Die Fläche zersägen können wir nicht aber evtl. ist sie 3-teilig und nicht 2-teilig - kann ich klären).
LG
Bertram

Thommy Bircher hatte auch an der ETH Forschung betrieben. Wie gut er im Auslegen von Nurflüglern war - davon habe ich allerdings keine Ahnung. Geflogen ist das Teil früher jedoch, und nach Erinnerung nicht unbedingt schlecht.
 

UweH

User
Uwe:
Ich weiss von Deinem Wissen über Nurflügler. Aber Du hast vielleicht etwas übersehen: Der verstorbene Erbauer Thommy Bircher hatte den SP schon erflogen, aber sein Wissen leider mitgenommen. Dein erster Satz ist nicht so ganz passend.

Hallo Bertram, da ich an dem manntragenden Nachfolger der PUL 10 ("Horten3001") als Horten-Aerodynamiker mit gearbeitet habe ist mein erster Satz absolut passend und kommt aus eigener Erfahrung. Der verstorbene Reimar Horten hatte zwar den hinterst möglichen Schwerpunkt der von ihm ausgelegten PUL 10 nicht mit ins Grab genommen, aber leider stimmte der nicht. Die Erbauer des manntragenden Flugzeugs aus dem Leitwerker-Lager hatten als Nurflügel-Aerodynamik-Laien unwissentlich und unbeabsichtigt einige Änderungen vorgenommen, die ungünstigen Einfluss auf diese Grenz-Schwerpunktlage hatten. Das hat den Testpiloten Bernhard Mattlener in Frankreich einen Absturz am Gesamtrettungsgerät eingebracht, was ihn ein paar Zähne und das damalige Team den zweiten PUL 10 Prototypen gekostet hat :eek: ...seit dem ist keine manntragende PUL 10 mehr in der Luft gewesen.

Was brauchst Du denn nun noch: die Schränkungen an verschiedenen Flügelstationen? Die Grösse und Lage der Ruder? Wurzelprofil? (Die Fläche zersägen können wir nicht aber evtl. ist sie 3-teilig und nicht 2-teilig - kann ich klären).

Die Schränkung und die Profile bestimmen den Auslegungs-cA, also den Auftriebsbeiwert für den Flugzustand, in dem sich das Flugzeug am meisten bewegen soll. Damit bräuchte ich eigentlich alle Profile und alle Schränkungswinkel.
Die Rudergröße und -form bestimmt die Steuerbarkeit und die Längsstabilität bei Manövern, das ist ebenfalls wichtig.

Wenn es aber darum geht das noch existierende Versuchsmodell in die Luft zu bringen sollte es mit weniger Aufwand möglich sein Empfehlungen für Schwerpunkt und Ruderkonfiguration zu geben.
Dazu bräuchte ich möglichst viele Informationen zu den Profilen, Schränkung, Rudern, die sich zerstörungsfrei beschaffen lassen.
Dazu Fotos des Modells in passabler Qualität.
Die Skizze oben sollte durchgehend vermessene Angaben des existierenden Modells enthalten, keine Maße aus irgendwelchen Entwurfs- oder Konstruktionsskizzen.

Zuerst muss man verstehen welches Entwurfskonzept hinter der Auslegung steht, dafür helfen schon Fotos des flugfertig aufgebauten Modells und der Profile an den Trennstellen, dann kann man weiter sehen und gezielter nach Details fragen.

Ich habe übrigens vor über 20 Jahren Modelle mit ähnlichem Flügelgrundriß gebaut und geflogen, von denen eines sogar noch existiert, aber nicht im Flugbetrieb ist, guggst Du Diabolo und sein No-Name-Nachfolger ca. 1995. Der noch existierende Pink/Gelbe Diabolo flog recht gut, der transparent bespannte Speerwurf-Schleudersegler flog auch, aber nicht sehr gut.

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Gruß,

Uwe.
 

kioto

User
Hallo Bertram,
Mein Vorschlag: den Nurflügel genau vermessen und die Daten in z.B. FLZ Vortex eingeben. Dieses Programm liefert immer sehr zuverlässige Schwerpunktangaben.
Du brauchst zusätzlich zur äusseren Form die Profile, besonders wenn diese mit S-Schlag sind, und ev. Schränkungen der einzelnen Segmente.
Ansonsten kann man nur Trial and Error, an einem leichten Hang mit hohem Gras, ein paar Handstartversuche machen. Wenn das Teil halbwegs gleitet, Im Hochstart den Schwerpunkt weiter nach hinten, bis er wabbelig wird, dann wieder etwas leicht nach vorn. Gerade bei Nuris muss viel erflogen werden. Ging früher auch so.
 

UweH

User
Mein Vorschlag: den Nurflügel genau vermessen und die Daten in z.B. FLZ Vortex eingeben. Dieses Programm liefert immer sehr zuverlässige Schwerpunktangaben.

...und welches Stabilitätsmaß sollte man aus welchem Grund da eingeben um diese zuverlässigen Schwerpunktangaben zu bekommen?

Bei einem viereinhalb Meter Teil sollte man wohl etwas genauer überlegen was man tut als Trial an Error :rolleyes:

Gruß,

Uwe.
 
Erst mal Danke für Eure Hilfsbereitschaft.
Ich werde versuchen morgen Früh an die fehlenden Daten zu gelangen.
Der Kollege und ich sind beide schon mal Nuris geflogen ;)
Und es sind 5 Meter und geflogen ist das Ding auch schon und bisher haben wir (und vor allem früher T.B.!!) mehr beim Transport als beim Fliegen zerstört...
LG
Bertram
 
Hier die fehlenden Angaben:
  • Innerhalb der ungepfeilten Segmente findet keine (weitere) Schränkung statt
  • Das gepfeilte Segment schränkt linear von 0° (innen) auf -6° (aussen). War so geplant und wurde so gebaut (nachgemessen).
  • Das zentrale Ruder war ausschliesslich als Wölbklappe gedacht
  • Die "Winglet"-Ruder waren als Bremse gedacht und sind nur nach aussen zu drehen (siehe Foto)
  • Die Wirkung der Quer-/Höhenruder ist sehr gering
  • Die Störklappen erzeugen ein starkes Nickmoment
  • Die Fläche hat ein leichtes einfaches V (Flügelenden +40mm)
  • Wir haben Hinweise auf einen SP bei 70mm vor der Hinterkante gefunden

Doku:
  • Es handelt sich um das 4.te Erprobungsmodell der EFF (Entwicklungsgemeinschaft für Flugzeugbau)
  • Es heisst LEA für "low energy aircraft"
  • Erbauer war Bruno Schibli, es kostete damals Mitte der 1980er Jahre 3000 SFr
  • Das Rumpfboot wurde jetzt von Martino Viglino neu gebaut. Er ist auch "Erbe" und Pilot.
  • Das Profil könnte ein "S32-199" sein
  • Die Auslegung erfolgte in intensivem Austausch mit einem gewissen Reimar H. aus Argentinien - kennt Ihr den? :D
    (soviel zu dem Satz "in einen manntragenden Nurflügel bei dem die Erbauer des verkleinerten Testflugzeugs nicht mal den Schwerpunkt ermitteln können würde ich mich niemals rein setzen" :D:D:D)
  • Der Schriftwechsel ist erhalten (mehrere Ordner), einer der Briefe mit interessantem Einblick in seine Arbeitsbedingungen habe ich hier veröffentlicht.

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Bertram
 
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