Grosse Eigenbauturbine

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Nachdem die im Thread "Unerklärliche Hotspots" angesprochene von mir geplante Turbine auf so grosses Interesse gestossen ist, eröffne ich dazu hier mal ein neues Thema.

Kurz zu mir:

Ich bin neu hier im RC-Network, aber bin schon länger im RC-Line aktiv. Dort allerdings mit dem grossen Schwerpunkt Pulso. Eventuell haben dort schon ein paar Leute meine Arbeiten in diesem Bereich verfolgt. Zu meiner Person: Ich bin jetzt 19 Jahre alt und mache gerade mein Fachabitur im Bereich Metalltechnik. Desweiteren habe ich eine abgeschlossene Werkzeugmechanikerlehre ( Stanz und Umformtechnik ) Als Maschinenpark stehen mir sämtliche Berabeitungstechniken eines modernen Werkzeugbaus zur Verfügung, inklusive CAD und CAM Systemen.

So, genug von mir :D

Zu dem was ich vor habe. Geplant ist es eine Turbine im Selbstbau zu erstellen und diese dann zum Laufen zu bringen. Vieleicht sind 2 Dinge an dem Projekt ungewöhnlich. Zum einen ist es die schire Grösse der Turbine. Mit 220mm Durchmesser liegt sie jenseits von dem was man in Modelle unterbringen kann. ( Jaaaaa, La Ferte mal ausgenommen :D ). Zum anderen die Tatsache das das ganze ein Open Source Projekt wird. Sprich alle benötigten Zeichnungen, Daten, Maße, Bezugsquellen usw. werden zum nicht komerziellen (!!!) Nachbau veröffentlicht.
Ganz kürzlich wird es dazu eine entsprechende Website geben.

Hier schonmal ein kleiner Vorgeschmack:

zusammenbauhalb.jpg

zusammenbauhalbhinten.jpg
 
Klingt sehr interessant! Von welcher Schubleistung ist hier die Rede? Die CAD-Zeichnungen sind jedenfalls sehr beeindruckend. Respekt!

Gruß
Franz
 
DJ,
wie du im anderen thread schon geschrieben hast, möchtest du dir unmengen an brennkammern lasern lassen. Ich weiß nicht was (und ob) dich das was kostet, aber nach jahrelangem selbstbau sind wir zur erkenntniss gekommen: fertige experimentalbrennkammern fallen nie aus der maschine.
Kostensparender bist du unterwegs wenn du ein generelles "setup" festlegst, die löcher wesentlich kleiner machst als geplant, und dann am testlauf-ort mit akkuschrauber immer weiter aufbohrst....mal vorne, mal hinten, je nachdem was die tendenz ist. Auf die art und weise kannst du dich langsam an den optimalen setup hintasten ohne 1000 brennkammern bauen zu müssen.
Nur so als idee am rande....mach dich aber auf viele kopfschüttelnde schaulustige gefasst wenn dus am flugplatz machst :-)

Gruß
Hank
 
0 - 80 kg? Nach diesen genialen CAD-Zeichnungen traue ich es ihm locker zu, das die Turbine einen Schub entwickeln wird :D

Mich würde mal interessieren, auf welcher Grundlage die Turbine entwickelt wurde / wird. Irgendwo müssen diese Fachkenntnisse ja her kommen, warum ausgerechnet x Turbinenschaufeln und nicht y, und warum im Anstellwinkel z. Warum die Gesamtlänge a und nicht b...usw. Wäre schön wenn in der Dokumentation solche Dinge erläutert werden. Ob es nicht-Physiker verstehen wäre eine andere Frage. Jedenfalls ein interessantes Projekt, worüber man gerne mehr erfahren würde ;)

Gruß
Franz
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Naja, unmengen an Brennkammern ist so nicht richtig. Ich werde mir wohl eine skallierte Kampskammer lasern lassen. Was du -Miniflyer- meintest hört sich sehr gut an. Dann schneide ich mir noch 2 oder 3 mit kleinen Löchern und nochmal so 2 Mäntel ganz ohne Löcher. Da die Sticks warscheinlich auch ein Knackpunkt sein werden, lasse ich mir wohl auch die Rückwände der Brennkammer mehrfach schneiden.

Bin gerade eh dabei die DXF Dateien fürs Schneiden zu erstellen.

Das mit den Kopfschütelnden Schaulustigen bin ich schon vom Pulso gewöhnt :D

Der gesammte Turbinenbau und die Berechnung dieser beruht auf den Aussagen und dem Wissen was in Modellstrahltriebwerke von Thomas Kamps steht.

z.B. Abströmwinkel vom Verdichter, Durchmesser und Winkel am NGV und Turbinenrad, biegekritische Drehfrequenz usw.
Die Bine ist zunächst auf pure Eigenlauffähigkeit getrimmt. Sprich ein grosser Teil der Energie im Abgas (Enthalpie) wird zum Antrieb des Verdichters aufgewand. Das sollte für die ersten Läufe einen stabilen Lauf und eine niedrige EGT bringen.
Erst wenn das alles passt kann man daran gehen und die Leistung steigern. Denn ein NGV und ein Turbinenrad sind recht schnell gemacht, vorrausgesetzt man weiss überhaupt was man ändern muss. Und das findet man nur durch Tests heraus.

matzito, mit Catia hat schonmal wer im alten Thread wer daneben gelegen :D Ist Solid Works 2005
 
d.h. man baut die Turbine erst einmal so, das sie gerade mal anspringt. Und dann probiert man quasi nach dem Try & Error Prinzip so lange herum, bis man eine zufriedenstellende Leistung hat?

Gruß
Franz
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
So in etwa

So in etwa

So in etwa läuft das ab, ja. Denn was hat man von einer Bine die überhaupt nicht funktioniert. Da weiss man ja dann noch nichtmal warum dem so ist. Erst wenn man Werte wie Druckverhältnisse, EGT´s, Hotspots u.Ä. hat, kann man sich an Verbesserungen machen.
 

ThomasE

User
also wenn das wirklich Open Source Flyware werden sollte...

.... ich unterstütze das gern, und wenn ich nur bissel php beisteuern kann.
 
Hey Stefan,

kennst Du dich eigentlich mit AutoDesk Inventor aus? Ich versuche schon länger mein Verdichterrad da drin zu "bauen" aber das ist alles so höllisch kompliziert :D

Gruß
Johanes
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Keine Ahnung!

Keine Ahnung!

Ne du, sorry. Leider hab ich nur Ahnung von Solid Works.

Das Rad ist nicht ohne, ja ;) ;)

Aber bei Solid works kann man das einfach machen indem man auf zwei Ebenen Skizzen anlegt und die dann austrägt. Eventuell über Leitkurven.
 
Warum mit einer "kastrierten" Version der Turbine anfangen? Die Turbostufen eines solch einfachen Triebwerks lassen sich mit den vereinfachten Zusammenhängen, wie sie z.B. von Thomas Kamps in seinen Büchern dargestellt sind, sehr gut berechnen. Vielleicht braucht man einige "gesunde" Schätzungen. Aber das läuft normalerweise genau so wie berechnet und konstruiert. Der Erstlauf erfolgt ohne Schubdüse, dann steht sowieso mehr Enthalpiegefälle an der Turbine zur Verfügung, d.h. die Kiste wird kälter und unproblematischer laufen.

Ich habe mal die Eckdaten und einige Schätzwerte in meine "Lieblings-Tabellenkalkulation" eingegeben und komme dann auf die folgenden Auslegungsdaten, basierend auf Deinem Holset-Verdichter:

Außendurchmesser: 127mm
Schaufelhöhe: 9,5mm
Eintrittsdurchmesser: 87mm
Nabendurchmesser (geschätzt): 25mm
Winkel wie bei Turboladerrädern üblich...

Drehzahl 78.000 1/min (entsprechend 520m/s Umfangsgeschwindigkeit)

Ein Vergleich mit einem ähnlich großen KKK-Rad, von dem das Kennfeld vorliegt, bringt die folgenden aero- und thermodynamischen Daten:

Massenstrom ca. 1kg/s
Druckverhältnis ca. 3,6
Wirkungsgrad rd. 78%
Reaktionsgrad 0,52

Abströmwinkel der Luft: 17,5° -> Diffusoreintrittswinkel rd. 19°

Leistungsaufnahme des Verdichters: 165kW

Lufttemperatur nach dem Verdichterlaufrad: 106°C
Lufttemperatur nach dem Verdichter 186°C

Turbinendurchmesser: 127mm
Nabendurchmesser: 100mm
Turbineneintrittstemperatur (Leitrad): 850°C

Erforderliche Strömungsquerschnitte:
Leitsystem: 22,5cm²
Laufrad: 30cm²

Mittlere Schaufelendwinkel:
Leitrad: 31°
Laufrad: 43,7°

Turbinenwirkungsgrad: 78%

Es ergeben sich dann:

Temperatur hinter dem Turbinenrad: 684°C
Druck hinter dem Turbinenrad: 166kPa
Querschnitt der Schubdüse: 47cm²
Strahlgeschwindigkeit: 502m/s
Schubkraft: 472N
Abgastemperatur: 564°C

Zugrundegelegt wurden 101,3kPa Luftdruck und 20°C Temperatur. Der Brennkammerdruckverlust wurde mit (sehr guten...) 5% angesetzt.

vielleicth hilft Dir das bei der Auslegung schon weiter. Ich würde eigentlich meine Hand dafür ins Feuer legen, dass die Kiste mit den angegebenen Parametern läuft und auch die Leistungsdaten mit 10% Genauigkeit erreicht. Nur würde ich das Gehäuse nicht 220mm groß machen, das bekommt man mit etwas "Trickserei" auch in 180mm hin.

Gruß,
Thomas
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Extrem cool!

Extrem cool!

Finde ich echt cool das du das mal durchgerechnet hast! Danke!

Womit hast du das gemacht?

Es gibt nur eine Sache die nicht stimmt. Die Schaufelenhöhe ist nur effektive 8mm da die die Scheibe auf der die Schaufeln "stehen" mitgemessen haben.

Der Nabendurchmesser ist 27mm. Gut geschätzt ;) ;)

Holset gibt den Massenstrom mit 1,5 Kg/sek an. Gehen die von anderen Druckverhältnissen aus, oder wie kommt es zu einer Differenz von 50%?

Du sagst das du mit den Winkeln von anderen Rädern gerechnet hast. Bist du davon ausgegangen das die Schaufeln radial enden? Desweiteren stehen die Schaufelenden komischerweise nicht senkrecht auf der Scheibe, sondern sind nach vorne geneigt. Aber Bilder sagen mehr als 1000 Worte:

verdichterseite.jpg


Nach Kamps habe ich den mittleren Endwinkel am Laufrad mit 35° angenommen. Wieso sind die Werte so unterschiedlich?

Den Gesammtdurchmesser hätte man niedriger wählen können, doch damit die Bine überhaupt erstmal läuft bin ich auf Nummer sicher gegangen. Zumal man immer noch kleiner bauen kann ;)
 
Hatte mir die geometrischen Daten zum Verdichter von hier besorgt:
http://www.melett.com/pdfs/Holset/Holset HC5A.pdf

Mit einer effektiven Schaufelhöhe von 8mm ändert sich der Abstömwinkel der Luft vom V-Rad auf etwa 21°, so dass ich die Diffusorschaufeln mit 22° bis 23° zur Tangente beginnen lassen würde.

Der große Unterschied im Massenstrom liegt einfach daran, dass es in der Serie HC5A / HX83 / HX85 verschiedene Modelle mit deutlich unterschiedlichen Größen gibt. Zudem kann man für eine Turbine den Massenstrom nicht einfach so groß wählen, dass es der Verdichter irgendwie gerade so noch hergibt. Dann sind nämlich sowohl Druckverhältnis und Wirkungsgrad völlig "kaputt". Den optimalen Massenstrom eines Verdichterrads kann man relativ gut am Eintritt ermitteln. Aus Winkel und Fläche kann man, wie bei einem Propeller, die "Steigung" bestimmen. Nun muss man noch berücksichtigen, dass die endliche Dicke der Schaufeln (...besonders bei den Holset-Rädern...) zu einer Verengung führt als auch der geringere Luftdruck im Saugmund eine etwas geringere Luftdichte verursacht, so dass man einen gewissen Reduktionsfaktor einführen muss. Für unsere Belange ist es am praktikabelsten, diesen durch Vergleichsrechnungen mit einem ähnlichen Laufrad, für das ein Kennfeld vorliegt, zu ermitteln. So bin ich dann auf die 1kg/s für Dein Rad gekommen.

Der hohe Endwinkel des Turbinenrades rührt einfach daher, dass Thomas Kamps bei seinen Rechnungen ursprünglich von selbst hergestellten Turbinenrädern aus V2A-Blech ausgegangen ist. Dabei dürfen die Materialtemperaturen nicht über 600undeinbisschen Grad ansteigen. Dagegen hat eine entsprechende Superlegierung wie Inconel 713LC ihre höchste Festigkeit bei rund 750°C. Siehe dazu auch hier:
http://www.zollern.de/medien/PDF_Download/Giessereitechnik/Feing_Vak_Leg_de.pdf

Bei dieser Temperatur ist die Dichte des Gases aber geringer, so dass der Volumenstrom und damit auch der freie Strömungsquerschnitt größer wird.

Zur Berechnung dieser Größen habe ich mir eine Tabellenkalkulation geschrieben, möchte dieses Programm aber lieber für mich behalten... Soweit ich weiss, gibt es aber sowas ähnliches auch schon irgendwo im Netz.

Viele Grüße,
Thomas
 

Spunki

User
Berechnung Turbine ...

Berechnung Turbine ...

Hallo Thomas!

Find ich ganz toll dass Du unserem Kollegen bei der Auslegung dermaßen hilfreich zur Seite stehst, nur schade dass Du Dein kleines excel-Programm nicht uns allen als "Open Source" zur Verfügung stellst, würde bestimmt gewisse Synergieeffekte ergeben, kann ich aber verstehen ...

Wie auch immer, ich hätte da noch eine Frage, ausgehend von Deinen Werten:

Massendurchsatz: 1kg/s
Strahlgeschwindigkeit: 502m/s
Schubkraft: 472N

Rein rechnerisch ergibt das 502N Schub, welcher "Korrekturfaktor" ist nun für "nur" 472N verantwortlich?


Danke und Grüße

Spunki
 
Hallo Spunki,

die Differenz ergibt sich dadurch, dass ich die 1kg/s unter Normbedingungen (15°C/101,3kPa) angenommen habe, das Triebwerk aber bei 20°C gerechnet habe. Zudem ist ein Wirkungsgrad der Schubdüse von 0,95 angenommen. Eigentlich sollte dieser Faktor schon in der Strahlgeschwindigkeit stecken, tut er bei meinem Programm aber nicht ;). Das ist auch einer der Gründe, warum ich es lieber (noch) für mich behalte, weil einiges doch ziemlich "Interpretationsfähig" ist. Ist übrigens nicht auf Excel, sondern auf Open Office entstanden.

Viele Grüße,
Thomas
 

Dj Nafets

Vereinsmitglied
Komplett durchrechnen?

Komplett durchrechnen?

Thomas, wärst du so nett und würdest die Turbine nochmal komplett mit der 8mm Schaufelhöhe berechnen?

Dann hätte ich ja einen Abströmwinkel der dem eines rückwärts gekrümmten Verdichters entspricht. Dewegen müsste ich doch auch ohne Probleme die Winkel eines Keilschaufeldiffusors der dafür ausgelegt ist übernehmen können, oder?

Ok, dann wähle ich für die ersten Versuche einen Endwinkel der bei den Werten von Kamps liegt um zunächst einmal einen stabilen Lauf mit geringer Abgastemperatur zu erreichen. Müsste das Gas bei den von dir angegebenen Winkeln nicht einen enormen Restdrall haben?
 
Dann lies nochmal bitte in meinem Beitrag Nr. 16 nach. Da ist der geänderte Strömungswinkel angegeben. Ansonsten bleibt alles gleich.

Die Turbinenstufe ist genau auf den Verdichter abgestimmt. Bei dem angegebenen Schubdüsenquerschnitt und Nennleistung wird kein nennenswerter Restdrall im Abgas vorhanden sein. Anders, als wenn Du willkürlich andere Turbinenwinkel wählst.

Wieso möchtest Du unbedingt eine Turbine mit flacheren Schaufelendwinkeln machen? Als einziges Argument dafür spräche, wenn Du weniger hitzebeständiges Material verwenden möchtest. Dann müsste man den ganzen Kram aber nochmal für eine niedrigere Turbineneintrittstemperatur rechnen.

Aber ehrlich gesagt, wenn man sich den Aufwand macht, eine so große "Dose" zu bauen, dann sollte man auch das beste verfügbare Material für die Heißteile verwenden. So eine Kiste mit einem V2A-Turbinenrad ist totaler Quatsch. Dann kann man sich nämlich jede X-beliebige 160er Turbine kaufen und hat mehr davon...

Sorry, wenn das vielleicht etwas hart klingt, aber ich bin nun mal kein Freund von halben Sachen...

Gruß,
Thomas
 
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