Lunker in Epoxy-CFK-Guss

amoc

User
Hallo zusammen,
ich bein Nahe der Verzweiflung.
Für die Realisierung eines teilbaren Surfboards habe ich mir eine neues System einfallen lassen.
Das System scheint tatsächlich auch zu funktionieren. Was nicht funktioniert ist, dass ich die Teile nicht ohne Lunker hin bekomme.
Vor allem die Verbinder (auf dem Bild der Form rechts):
form.jpg

Die eigentlichen Stege des Verbinders werden aus CFK-Rovings gemacht, den Rest des Verbinders wollte ich mit einem Epoxy - gemahlenes CFK (0,2mm) ausgießen.
Aber genau das ausgießen macht mir jetzt ziemliche Probleme. Ich bekomme es nämlich schlicht nicht hin ohne mehr oder weniger große Lunker:
Lunker.jpg

Bei den ersten Versuchen habe ich zuerst die Rovings nass eingelegt, dann ausgegossen. Die nächsten Versuche dann zuerst ausgegossen, dann die Rovings nass rein.
Bisher habe ich keine Thixo für die Guss-Masse verwendet, sondern ordentlich CFK-Mehl ins Harz eingerührt bis es einigermaßen fest wurde.

Folgende mögliche Fehlerquelle schießt mir aktuell durch den Kopf:
Die Form hat einen flachen Deckel, so dass sich sich das Harz beim schließen nicht Richtung Bauteil presst, sondern seitlich wegläuft.
Ich fülle das Harz-CFK-Gemisch an den betreffenden Stellen immer ordentlich auf, aber nach dem pressen der Form reicht das Material an den Stellen doch nicht.

Dagegen habe ich jetzt zwei Ideen:
1) Nach dem Einlegen/Vergießen länger warten, damit sich das Harz schwerkraftgetrieben doch dahin setzt, wo es gebraucht wird (evlt. mit Fön erwärmen, dass es sich schön verläuft)
2) So ziemlich das Gegenteil von 1), also mit Thixo eine festere Masse erzeugen, die nicht mehr wegläuft und auch beim pressen eher dort bleibt, wo es hingehört.

Wie ist eure Einschätzung?

VG, Andi
 
Das Problem ist wohl, dass Du bei der geringsten Unebenheit der Füllung beim Schliessen der Form Luft fängst. Ist die Blase erst mal geschlossen, bekommst du die nie mehr weg. Ich werde aus der Form nicht recht schlau. Ist es denkbar, die eine Seite als Silikonstempel auszuführen? Den kann man dann allenfalls so formen, dass er in der Mitte zuerst aufsetzt und die Luft nach aussen drängt. Bei ausreichend Füllung mit Gewebe kann der Stempel während des Härtens auch deformiert bleiben; die Faserfüllung sorgt dafür dass die Form einigermassen passt. Präzisionsteile gehen so allerdings nicht.
Auch nötig: eine "Blutrinne", in die das überfüllte Material ausgequetscht werden kann. Ist der äussere Teil der Form so etwas, oder gehört das zum Formteil?

Ansonsten ist das ein Kandidat für Vakuuminfusion. Dann allerdings ohne Kurzfasern.
 

amoc

User
Das Problem ist wohl, dass Du bei der geringsten Unebenheit der Füllung beim Schliessen der Form Luft fängst. Ist die Blase erst mal geschlossen, bekommst du die nie mehr weg. Ich werde aus der Form nicht recht schlau. Ist es denkbar, die eine Seite als Silikonstempel auszuführen? Den kann man dann allenfalls so formen, dass er in der Mitte zuerst aufsetzt und die Luft nach aussen drängt. Bei ausreichend Füllung mit Gewebe kann der Stempel während des Härtens auch deformiert bleiben; die Faserfüllung sorgt dafür dass die Form einigermassen passt. Präzisionsteile gehen so allerdings nicht.
Auch nötig: eine "Blutrinne", in die das überfüllte Material ausgequetscht werden kann. Ist der äussere Teil der Form so etwas, oder gehört das zum Formteil?

Ansonsten ist das ein Kandidat für Vakuuminfusion. Dann allerdings ohne Kurzfasern.

Das sind Formen für zwei unterschiedliche Teile. Meine größten Probleme habe ich mit den Teilen aus der rechten Form. Der Deckel ist einfach eine plane Platte.
 

steve

User
Hallo Andi,
versuch es mal mit etwas Tixo im Deckbereich damit das Harz nicht einfach wieder rausläuft. Dann wäre noch die Möglichkeit, den Faseranteil etwas zu erhöhen. Die Faser bindet das Harz an sich und es läuft auch nicht so leicht raus. Auf die Weise kann man etwas mehr Material einbringen und die Luft wird entweder gequetscht oder mit dem mehr überschüssigen Material ausgespült.
In jeden Fall aber etwas Zeit nehmen und den Brei gut antupfen, damit die Luft raus kann.

Bei solchen Teilen baue ich die Form so, dass ein Napf entsteht. Das Oberteil fährt dann wie ein Stempel hinein. Dann etwas mehr Brei und die Luft wird zusammengedrückt.

Die Experten evakuieren ihr Gemenge vorher auch noch, damit sich nicht schon in dem Brei Luftblasen bilden, die dann unweigerlich auch in die Form gelangen. Das ist dann schon etwas komplizierter.

Das Wichtigste ist aber meiner Meinung nach (und auch ich musste das erst mühsam lernen), dass Du Dich von der Idee löst, dass das Gießen einfach wäre. Eine Form und insbesondere Gießform ist echt tricky und es braucht immer mehr Zeit, Übung und Versuche als man vorher veranschlagt. Mit der Zeit wächst die Erfahrung und es gelingt immer besser. Erst wenn im Verein ein Neuer anfängt und es nicht gleich klappt, merkt man, was sich da bei einem angesammelt hat.

VG
Stefan
 

Gideon

Vereinsmitglied
Die Frage ist auch, ob Epoxydharz grundsätzlich für Anwendungen geeignet ist, wo es auf es ein möglichst zähes Bauteil ankommt.

Ich würde deshalb auch einmal Polyurea oder auch Polyurethane in Betracht ziehen.
 
Die Frage ist auch, ob Epoxydharz grundsätzlich für Anwendungen geeignet ist, wo es auf es ein möglichst zähes Bauteil ankommt.
Ich würde ja noch weiter gehen, und als alter Metaller sagen: Für die Verbindungslasche wäre wohl Alu o.ä. das geeeignetere Material. Ist aber natürlich absolut unsexy...
 

amoc

User
Die Frage ist auch, ob Epoxydharz grundsätzlich für Anwendungen geeignet ist, wo es auf es ein möglichst zähes Bauteil ankommt.

Ich würde deshalb auch einmal Polyurea oder auch Polyurethane in Betracht ziehen.

Warum denkst du, dass dort ein möglichst zähes Bauteil eingesetzt werden soll? Dann das PU als Matrix für die Kohlefasern nehmen?

Ich würde ja noch weiter gehen, und als alter Metaller sagen: Für die Verbindungslasche wäre wohl Alu o.ä. das geeeignetere Material. Ist aber natürlich absolut unsexy...

Das ist genau der Hinweis, der mir hilft meine Lunker loszuwwerden. Danke! ;-)
Wenn man keine Fräse hat, dann muss man halt schauen, wie man Kleinserien herbekommt...
 

Gideon

Vereinsmitglied
Warum denkst du, dass dort ein möglichst zähes Bauteil eingesetzt werden soll? Dann das PU als Matrix für die Kohlefasern nehmen.

Weil Epoxydharz viel zu glashart und spröde für derartige Teile ist. Wenn das aus Kunststoff gefräst werden soll, würde ich POM dafür empfehlen.
 

amoc

User
Auch nötig: eine "Blutrinne", in die das überfüllte Material ausgequetscht werden kann.

Wie weit sollte die "Blutrinne" von der eigentlichen Form weg sein, bzw. wie breit bleibt der Steg zwischen Form und Rinne?
Wie tief & wie breit ist die Rinne denn normalerweise dimensioniert?
Vom Gefühl her würde ich sagen 3mm stehen lassen und dann ne Blutrinne 2mm breit, 1mm tief mit Kugelfräser?

LG, Andi
 

Gast_53593

User gesperrt
Hi
nur so eine Idee wen du die Formen füllst würde ich Sie Rütteln so müsste doch das harz Überall hinlaufen
und den Deckel wenn plan dann würde ich den aufschieben von einer Seite aus so Quasi als spachtel
das wäre meine Idee dazu.
Norbert
 
Hallo Andi,

wie oben schon angedeutet: Der ganze Gießvorgang müsste im Vakuum stattfinden, sonst gibt es immer Lunker. Ob das Material für den Verwendungszweck das richtige ist, steht auf einem anderen Blatt,

Gruß
Ernst
 

amoc

User
Hallo zusammen,

Danke für die ganzen Tips!

Ich habe mitterweile deutliche Fortschritte mit der Qualität gemacht.
Mit folgenden Dingen:
- möglichst viel Kohlefaser ins Harz einmischen
- nicht davon ausgehen, dass das Harz schon weiß wo es hin fließen soll. Sondern es per Pinsel, Zahnstocher o.ä. dorthin bringen
- bei den eigentlichen Verbinderteilen als obere Schicht noch 2 Lagen Kohlefasegewebe mit einlegen und diese quasi als Pressstempel verwenden

Wovon ich mir jetzt noch eine Qualitätsstigerung verspreche ist die Blutrinne drumherum um noch ein wenig mehr Pressdruck zu bekommen.

Hat denn jemand ne Empfehlung für die Positionierung und Dimensionierung einer Blutrinne?

VG, Andi
 

Marc K.

User
Kannst du seitlich keine Überströmkanäle einfräsen wie z.b. bei einer Spritzgussform? Da könnte dann überschüssiges Harz bzw. auch Luft entweichen. Das Harz vom Kanal kannst ja dann einfach am fertigen Teil wegschleifen.
LG Marc
 

matzito

User gesperrt
neue Erkenntnisse

neue Erkenntnisse

Ich hole das Thema mal wieder hoch, weil ich a.) kein Neues dazu anfangen möchte und b.) einige Erkenntnisse teilen möchte die hier sehr gut passen.
Nachdem ich mit Andi schon paar mal Kontakt hatte, habe ich einige Teile für mein aktuelles Projekt auf die beschriebene Art und Weise erstellt.

Meine Erkenntnisse sind:
- Lufteinschluesse sind der Herstellungsweise und dem Material geschuldet.
- Je hoeher der Faseranteil um so zäher die Masse und um so mehr kämpft man mit Lunkern verbessert aber die Festigkeit der Grundmasse.
- Die Bauweise macht überall da Sinn, wo kleine Lunker nicht stören, bei mir z.b. im Fahrwerksbereich.
- Gründe für die Benutzung des Verfahrens a.) Unabhängigkeit von teuren CNC Fräsen b.) enormer Gewichtsvorteil 42% eines gleichen Aluteils.
- Komplizierte Urmodelle koennen recht einfach gedruckt und gespachtelt werden und so kommt man in wenigen Wochen zu einem adequaten Werkzeug.

Hier das Werkzeug nach dem Verschliessen:
2019 03 08 QED   (39).jpg

Ein anderes Werkzeug unmittelbar nach dem Öffnen:
2019 03 08 QED   (31).jpg

Das Bauteil entformt:
2019 03 08 QED   (32).jpg

Es wiegt 142gr unbearbeitet:
2019 03 08 QED   (33).jpg

Alu bearbeitet zum Vergleich 331gr:
2019 03 08 QED   (35).jpg

Spätere Anwendung:
2019 03 08 QED   (37).jpg

Hier ein paar Schliffbilder einer Materialprobe die zeigt sehr gut wie sich die Nadeln (0,2mm länge und 8µm Durchmesser) anordnen, hier eine Schnittebene, schwarze Flecken sind Lunker:
Epoxy-CF-Gemisch (3) HF LiMi100x.jpg

Unter dem Lichtmikroskop kann man sehr gut ein bischen in das material hinein schauen:
Epoxy-CF-Gemisch Stack DF LiMi100x.jpg

Epoxy-CF-Gemisch DF LiMi200x.jpg

Sehr interessant wie viel Platz da immernoch zwischen den Fasern ist, dabei liess sich die Mumpe kaum mehr rühren und die Kohlefaser durchtränken, das ganze war schon wie Kaugummi oder Knete.
Epoxy-CF-Gemisch Stack DF LiMi500x.jpg

Wer also leichte Bauteile braucht und auf lunkerfreie Oberflächen verzichten kann und sich dabei auch noch 58% des Gewichtes eines vergleichbaren Alu-teils entledigen möchte, für den sind solche Bauteile durchaus brauchbar.
Nach dem Tempern zeigen die Teile eine enorme Festigkeit und werden in meinem Fahrwerk auch hauptsächlich auf Druck beansprucht.

Wenn gewünscht kann ich nach dem Erstflug 2020 noch mal von den ersten Erfahrungen im Betrieb berichten.

lg Matzito
 

matzito

User gesperrt
Hi Steve
Die Bilder habe ich beim Profi in Auftrag gegeben f kostnix/ goodwill.
Das original Material is von R&G:

http://shop1.r-g.de/art/210135

Die Grösse der Bilder Massstab unten rechts, die faser bzw das filiament hat Mikrometer Durchmesser und 0.2mm bzw etwas länger.

Das Poxy is L285 und H285

Um wie viele Schliffbilder handelt es sich denn bei dir?
Gruss Matze
 
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