Auftriebsverteilung bei konventionellen Seglern

Kailee

User
Hallo Alle,

seit nunmehr 80 Jahren wird meines Wissens bei konventionellen (verleitwerkten) Selgern die elliptische Auftriebsverteilung angestrebt um den induzierten Widerstand zu minimieren (Prandtl 1918). Bei Nurflüglern wird ja oft die Glockenverteilung angestrebt, u.A. auch wegen dem reduzierten induzierten Widerstand (Prandtl 1932, Horten). Könnte eine Glockenverteilung auch für konventionelle Layouts mit Leitwerk Vorteile beim i.W. bringen? Hat vielleicht jemand mal Lust das in XFLR5 auszuprobieren, oder braucht man das gar nicht weil eh' eine bescheuerte Frage (sorry, bin kein Aerodynamiker, aber bin über dies hier gestolpert)?

In meinem Fall geht es konkret um einen 4,5m semi-scale Nachbau einer DG800, werde mich in den nächsten Wochen auch mal mit XFLR5 vertraut machen deswegen, aber solch grundlegenden Annahmen wollte ich schonmal im Vorfeld abstimmen. Würde gerne mal euere Meinungen dazu hören - hier sind ja viele mit dem entsprechenden Know-How unterwegs...

Freue mich auf eine offene und heitere Diskussion!


Viele Grüße,

Kai.
 
Hallo Kai,
deine Frage ist berechtigt.
Aber bei einer Glockenförmigen Verteilung die dann an der Flügelsp. ins Negative gehen muss, sonst wäre es ja keine Glocke, kriegst du zwangsläufig ein Unterschneiden der Fl Spitze und damit ein eher unangenehmes Flugverhalten.
beim Leitwerkler. Dann steigt auch der CWi wieder deutlich an.
Ein bischen Verwindung die bei V max auch noch ein klein wenig positiven Auftrieb liefert, sprich einm Unterschneiden vermeidet, macht viel mehr Sinn. Hängt aber von vielen Faktoren ab wie Geometrie, Zuspitzung, angestrebtes Überziehverhalten eben optimale Anpassung an die zB eher übereliptische Verteilung zB zu gunsten Kurvenflugverhalten und Überziehverhalten ab.
Zudem entsteht unnötige Torsion u Durchbiegung.
Beim Nurflügler ist es zwingend zum Eigenstabilen Flug notwendig, beim Leitwerkler nicht.
Und die Leistung wird sinken weil die Abweichung von der Elipse das meistenteils mit sich bringt.
Wenn du mit XFLR5 arbeitest, wirst du dies beim Optimieren auch schnell merken.
Gruß
Eberhard
 

reinika

User
Hallo Kai

Wenn unter Modellfliegern von Glockenverteilung die Rede ist, geht es meist um die sin3 Verteilung, welche Selinger für die Hortenflugzeuge angab.
1. Laut Prof. Nickel war das gar nicht der Fall, schon gar nicht über den ganzen Ca Bereich. Nachzulesen in "Schwanzlose Flugzeuge" Nickel/Wohlfahrt
2. Die sin3 Glocke erzeugt nirgends negative Auftriebe, sondern läuft aussen tangential aus, sonst ist es irgend eine andere Verteilung.
3. Der K Faktor der sin3 Glocke liegt bei 1.33- , man hat also 1/3 mehr induzierten Widerstand, was die Flugleistung im oberen Ca Bereich massiv einschränkt.
4. Vorteile der sin3 Glocke sind sehr sicheres Überziehverhalten und minimiertes negatives Wendemoment (theoretisch null).

Für ein Flugzeug mit Leitwerken an einem sinnvoll bemessenen Hebel und ellipsennaher Flächengeometrie unnötig bis unsinnig.

Ein Link zum Thema: http://www.aerodesign.de/nurflugel/glockenvert.htm

Cheers
Reini
 

reinika

User
Nachtrag zu Kai`s Link.
Hab mir die Zeit genommen das durchzulesen.

Die Rechnung als solches geht natürlich so auf wie demonstriert...... allerdings nur wenn man das Wurzelbiegemoment zum alles dominierenden Kriterium erhebt. Der dreieckige Dornier Randbogen war auch so ein Ansatz.
Man kann immer Randbedingungen festlegen, die gültige optimal Lösungen ad absurdum führen. Meist gibt es aber andere, wichtigere Kriterien, welche dem Grenzen setzen. An einem 15m (!) Segler zb. funzt die vorgeschlagene Betrachtung allein schon deshalb nicht, weil eben die Spannweite nicht erhöht werden darf.

Weiter wird an einer sin3 Glocke deutlich das Ca max des Flügels reduziert (tangentialer Auslauf), es sei denn man verwendet die Glocke schon als Geometrie ohne Schränkung, das ergibt dann aber unfliegbaren Tip stall. Die höhere Streckung lohnt sich nur bei hohem Ca max.

Die sin3 Glocke über ein breites Ca Spektrum zu erhalten verlangt ein angepasstes spezielles Klappensystem. Bei Nurflügeln ist das einfacher, weil das aussenliegende Höhenruder diese Aufgabe im Idealfall weitgehend übernimmt. In beiden Fällen geht das wieder zu Lasten des Ca max.

Weitere Gegenargumente finden sich schon in den Kommentaren.

Trotzdem nett Quergedacht :D

Btw.
Optimalverteilungen für Flügel mit Winglets sind auch NICHT elliptisch.
 

Kailee

User
Hallo Reini,

wow super, vielen Dank - da bin ich ja beruhigt dass ich wieder ganz normal denken kann :-) Magst Du noch kurz ausführen wie bei einem Flügel mit Winglets dann die Auftriebsverteilung aussehen sollte, oder ist das eine ähnliche Frage wie "how long is a piece of string"?

Nochmals vielen Dank, genau sowas hatte ich mir erwünscht.


Gruss,

Kai.
 

reinika

User
Hallo Kai

Wingles an Modellsegelfugzeugen sind wirklich ein Thema für sich, das ich nie ernsthaft vertieft habe. Ich betrachte sie in den meisten Fällen als "Flügelendbremse". Ausser bei gepfeilten Nuris.

Grundsätzliches:
- Im Prinzip ist ein Winglet eine Spannweitenvergrösserung in nichtplanarer Richtung. Das erhöht die Streckung = reduzierter cwi.
- Die optimale Grösse des Winglet ist zu erarbeiten aus der genauen Aufgabenstellung und dem evtl. vorhandenen Basisflügel.
- Wichtig dabei ist auch, dass die Wingletfläche zum schädlichen Widerstand hinzu kommt, also der Schnellflug schlechter wird, Langsamflug im Idealfall besser. Wo sich das mit der Basispolare kreuzt hängt von der Grösse und Güte des W. ab, sowie von den Profilen (Achtung Re-Zahl !).
- Die W-Profile müssen nicht nur die Lasten der Auftriebsverteilung packen, sondern auch noch Schiebezustände verkraften, was im Modellflug fast Normalzustand ist.
- Das Kriterium für Optimalität von cwi ist eine konstante Abwindgeschwindigkeit.

Zum Einlesen ein Beitrag von Deftones, einem echten Profi, der auch Literatur und weitere Links angibt. Ebenso zeigt er eine konkrete Auftriebsverteilung eines bestehenden Modells. Das ist überhaupt ein lehrreicher Faden, nicht nur für Nuris.
http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/304032-Einfacher-Eigenbau-Hangflug-Pfeil/page5

An unseren Vorbildern werden die Winglets eher wieder kleiner und sind bereits integrierter Teil in der Planung des Flügels. Schau dir mal die modernen Langohren an, wie Jonkers JS1 und 3, oder Ventus 3. Da siehst Du was ich meine.

Wenn Du ein Vorbild hast, bist Du ja eh weitgehend an eine Form gebunden, dann musst Du "nur" noch Profile und Einstellwinkel erarbeiten. :D
Es hat schon Gründe, dass in der GPS Scale 1:3 Klasse gerne Vorbilder OHNE Winglets gewählt werden. Bei noch kleinerem Masstab fast nicht machbar ohne dass "Flügelendbremsen" resultieren.

Nun, wie lang ist DEIN stück Seil? :cool:

Viel Spass
Reini
 
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