Weshalb haben Diana 2 und JS3 so unterschiedliche Flächengeometrien?

Hallo zusammen,

ich versuche gerade zu verstehen, warum die beiden Segelflugzeuge Diana2 und JS3 so unterschiedliche Flächengeometrien haben.

Beide Firmen verfolgen das Ziel mit ihrer Auslegung die Speerspitze in der 15m Rennklasse zu sein.

Beide Firmen setzen CAE Tools für Ihre Auslegung ein. Somit werden numerische Solver zur Berechnung eingesetzt, die die physikalischen Zusammenhänger mathematisch beschreiben.

Wieso kommen dann zwei so unterschiedliche Flächengeometrien als bestes Konzept heraus? Das verstehe ich irgendwie nicht.

Ich kenne mich mit Mehr-Ziel-Optimierungen gut aus. Zwar in einem anderen Bereich, jedoch ist die Vorgehensweise immer die Selbe!

Meine Erfahrung sagt mir, dass es bei einer Mehr-Ziel-Analyse eine Pareto Front gibt. Auf dieser Front befinden sich alle möglichen Konzepte.
Schaut man ins Detail rein, so weichen die Konzepte nicht wesentliche voneinander ab.

Schaue ich mir jetzt die Geometrien beider Flächen an, so können die Unterschiede nicht größer sein!

Was meint ihr woher kommt so was? Unterschiedliche Gewichtung der Zielgrößen? Andere Anfangspopulation für die Simulation?

Ja, ich weiß, es wird nicht die EINE Vorgehensweise geben. Ich finde es jedoch sehr interessant, warum der eine es so macht und der andere so.

Und ja ich weiß, es ist mehr oder weniger eine Bier-Frage :D.

Gruß
Thomas
 

chrisk83

User
Hallo Thomas,

das ist ein ähnliches Phänomen wie bei den Unterschieden zwischen Schleicher und Schempp.
Gerd Waibel hat bei der Berechnung und Auslegung der ASW 24 geschrieben, dass ein Doppeltrapezflügel beispielsweise nur gaaaanz geringe Nachteile gegenüber einem 3-Fach oder noch mehr Trapezflügel hat, bei der Fertigung dies aber einfacher sei.

Nun haben wir folgende Auslegungen, die in einem punkt garnicht so weit abweichen:
die Vorderkante:
Das Optimum stellt eine eliptische Vorderkante da, wie es auch die Antares zum Beispiel hat.
Dies hat die Diana so umgesetzt.
Die JS3 hat es näherungsweise mit den diversen Knicken auch umgesetzt, auf Grund der Vereinfachung in der Fertigung und des Profilstracks hat man aber eben nicht ganz so viele "Trapeze" eingebaut, sprich lim>Unedlich wie bei der Diana.

Dafür hat die JS3 durch die vielen Knicke die wirksame Spannweite erhöht, denn würde man die alle rausnehmen, käme man vielleicht auf 15,2m Spannweite, statt 15.

Hier ist die Diana einfacher gehalten, um den Formbau einfacher zu gestalten, ähnlich wie Schleicher die Flächen auch in einer Ebene belässt und nicht wie SH diese mehrfach hochknickt.
An diesen Knickstellen treten nämlich durchaus auch Interferenzen der einzelnen Strömungen auf, die durchaus nicht ganz so Optimal sein können und darüber hinaus hat man Probleme mit den Steuergestängen etc.

Kurz, alles ist eine Frage des Kosten-Nutzen-Faktors.
Wieviel gewinne ich an Leistung, wenn ich wirklich alles optimal gestalte (eliptische Nasenleiste + Kontinuierliche Flächenkrümmung) und wieviel Geld und welchen konstruktiven Aufwand muss ich in die Hand nehmen, um dies zu nutzen.

Hier ähnelt die Auslegung der JS3 eher dem Prinzip von SH während die Bauweise der Diana in einer Ebene eher Schleicher/Antares entspricht.
 
Hallo Chris,

danke für die ausführliche Erklärung.

Das klinkt alles sehr einleuchtend.

Diana2:
- höhere Gewichtung für Formenbau -> Optimierung Fertigbarkeit -> Kosten
- einfachere Fertigung des Flügels -> Optimierung Kosten

JS3:
- Vorteile durch Spannweitenverlängerung -> Optimierung Auftriebserzeugung?
- Nachteil: Interferenzen an den Knickstellen -> Widerstände?

Wieso ist denn dann auch die Endleiste der JS3 so weiter zurückgepfeilt?
 

chrisk83

User
Dazu gibt's auf der Seite von Christian Baron einen guten Artikel.
http://www.cb-roter-baron.de/tragfltheprax.html

Eines darf man bei dem Vergleich Diana 2 und JS3 nicht vergessen:
Die Diana ist eine Entwicklung die in den 90ern Begann (Diana 1) und dann 2006 mit der Diana 2 ihren Erstflug hatte, die JS 3 ist 10 Jahre später geflogen und konnte so natürlich aus den Erfahrungen der anderen lernen.

Die Diana 2 war das 1. Segelflugzeug, welches ein neues Profil ohne Stufe in der Auftriebsverteilung hat, mittlerweile sind Arcus, ASG 32, JS 1 und 3 damit ausgestattet http://home.planet.nl/~kpt9/thermiekstoepje deutsch.htm
 
Hallo,

ohne die Geometrien detailliert analysiert zu haben kann man einige allgemeine Aussagen machen:
Diana hat einen ebenen und nur leicht rückgepfeilten Flügel, der etwas überelliptisch wirkt.
Die JS-3 hat einen mit mehrfach V-Form und stärkerer Rückpfeilung, er wirkt jedoch nicht überelliptisch.
Jedoch: beide Vorgehensweisen sorgen dafür, dass die Auftriebsbeiwertbelastung im Aussenflügel Richtung
"gutmütig" geht. Die Diana erreicht das ganz simpel mit "zu grosser" Tiefe, während bei der JS-3 ausgenutzt
wird, dass in den lokalen Auftriebsanstieg der cosinus des Pfeilwinkels und der cosinus der V-Stellung eingehen.
Beide Geometrien erkaufen die Gutmütigkeit dadurch, dass sie im Vergleich zur ebenen Ellipse zuviel Fläche
spazierenfliegen. Vielleicht funktioniert die "alte" ASW 27 deshalb ja trotzdem immer noch ganz gut ;-)
Als Modellbauer würde ich immer die Diana vorziehen, wegen der angenehmeren Reynoldszahlen im Aussenflügel.

Zu diesen rein aerodynamischen Gesichtspunkten kommen dann aber natürlich noch Effekte der Flugmechanik.
Pfeilflügel stabilisieren sich um die Hochachse und die Wirkung einer grösseren V-Form auf z.B. die Kreisflugeigenschaften
kennen wir alle. Jetzt wäre meine Wahl als Modellbauer ganz klar die JS-3 ;-)

Die Geschichte mit der "effektiven Spannweite" mag ich nicht so recht schlucken, wie oben angedeutet ist das im
Prinzip nur "nutzlose" Fläche, denn wirksam als effektiver Auftrieb ist nur die Komponente (anti-)parallel zur
Gewichtskraft. Für den Widerstand gilt das leider nicht...

Gruss,

Michael
 

reinika

User
Die Geschichte mit der "effektiven Spannweite" mag ich nicht so recht schlucken, wie oben angedeutet ist das im
Prinzip nur "nutzlose" Fläche, denn wirksam als effektiver Auftrieb ist nur die Komponente (anti-)parallel zur
Gewichtskraft. Für den Widerstand gilt das leider nicht...

Gruss,

Michael

...........das selbe Problem wie bei Winglets.............:rolleyes:

Gruss
Reini
 
Hallo Michael,

vielen Dank, dass Du Dich hier meldest.

Du bringst einen sehr guten Punkt mit in die Betrachtung, die

- Flugmechanik

Irgendein Pilot einer "echten" DG600 und eines "echten" Discus2 hat mir mal erzählt, dass er beim Kreisen mit der DG600 immer ins Schwitzen kommt. Dagegen mit einem Discus2 kann er die Landschaft geniesen und schauen, was so die anderen Piloten machen.

Da ich Besitzer beider Modelltypen war bzw. bin kann ich dies voll und ganz bestätigen. Das Kreisen mit dem D2 ist um ein vielfaches einfacher als mit der DG. Dagegen mcht es mit der DG Spaß zwischen den Bärten zu springen :cool:.

Was erkaufe ich mir den für Nachteile durch die Rückpfeilung?

Die neue ASH31 hat ja auch keine Rückpfeilung! Und auch eine Fläche in einer Ebene.
 

reinika

User
Zur Philosophie von Jonkers Sailplanes:
Although aerodynamically optimised, there are structural challenges using such a thin aerofoil. At the time the T12 aerofoil was the thinnest main aerofoil used on modern sailplanes. However the decision was made to use the thin aerofoil, consistent with the JS motto of “no aerodynamic compromise”. The aerodynamic performance gain is worth more than the manufacturing cost and structural complications.
Von hier:
http://www.jonkersailplanes.de/expert-corner/aerofoil-design/

Im gezeigten Polardiagram ist sogar die Stufe im Auftriebsanstieg markiert (Blau)
Kommentar im Text:
To optimize climbing in turbulent thermals the T12 does not have the typical flat top Cl-Alpha curve at high lift coefficients

Der JS3 Flügel ist stammt ja von der JS1.
 
am ende des tages egal

am ende des tages egal

Ich würde mal vermuten, dass rassiges Aussehen und das Marketing eine wichtigere Rolle gespielt haben, als jede Rechnung....
Die JS3 und die Diana haben jeweils hübsche, kleine Rümpfchen, an denen aufgrund es geringen Querschnitts massiv an Widerstand im Vergleich zu einem Astir CS gespart wurde.
In die Diana passen jedenfalls nur Piloten, die ihren Lebensunterhalt sonst als Pferdejockeys bestreiten können.
Dieser Leistungsgewinn bleibt Piloten, die gerne auch mal nach dem Fliegen ein Bierchen trinken und ein Schnitzel essen, dauerhaft verwehrt;-(
Vermutlich könnte man an die kleinen Rümpfe einen dünnen Flügel mit einfachem Trapez ala LS3 hinbauen und sie wären immer noch die Platzhirsche. Aber wer kauft sowas noch, wenn nicht wenigstens Wingletten dran sind?
 

GTi

User
Diana vs JS3

Diana vs JS3

Ich glaube nicht, dass solche reinrassigen Sportgeräte unter dem Gesichtspunkt des Aussehens entworfen werden. Am Ende spielen ausschließlich die Wettbewerbserfolge bei der Vermarktung eine Rolle. Bei der Diana gab es zudem von vorneherein erhebliche Probleme mit der Fertigungsqualität, daher konnte sie sich nie wirklich am Markt durchsetzen.

Grüße
Thomas
 
Die Diana hat sich aus vielen Gründen nicht durchgesetzt:
- es passen nur Magermodels und Leute mit deren Statur ins Cockpit
- sie passt wegen dem rumpfseitigen Holmstummels in keinen normalen Hänger
- sie kann aufgrund des tief angesetzten Flügel nur auf einem Golfrasen betrieben werde
usw, usw. Herausgekommen ist ein an die grenze des machbaren hochleistungsflieger,
der leistungsmässig sicherlich das derzeige optimum darstellt und zwar auf kosten der alltagstauglichkeit. vielleicht muss ein solches geschoss auch nicht alltagstauglich sein, ausser man will es verkaufen...da nutzt auch ein weltmeistertitel nichts.
die js3 muss erst noch beweissen, dass sie eine ernstzunehmende Konkurrenz ist.
ich würde es ihr gönnen, weil sie einfach super ausschaut. und da ist es wieder...das schöne Aussehen;-)
 
Hi zusammen,

Ja ja, Marketing spielt immer eine rolle. Aber, wenn Simulationen Verbesserungen aufzeigen, muß es immer einen Kompromiss geben.

Ich habe heute die Berichte der Auslegungs-Philosophie der Diana in meiner Mittagspause verschlungen. Auch die Betrachtung der unterschiedlichen Thermik Ausprägungen die in die Gesamtsimulation einfließen, finde ich sehr gut.

Auch die Pilotenberichte zur JS1 lesen sich sehr interessant.

An die Aerodynamiker hier: Welcher Parameter wird durch die Rückpfeilung ala JS1, -3 oder Ventus 3 positiv oder Negativ beeinflusst?

Ach auch JS behauptet von sich den dünnsten Flügel in Richtung Winglet zu haben .
 
Danke Wilhelm.

Wie sieht es denn mit der Dämpfung um die Hochschule aus?
Aus meiner Zeit als ich mich noch mit Regler beschäftigt habe, war Dämpfung gut.
Jedoch zuviel war für das Ansprechverhalten auf die Regelgröße suboptimal.
Wenn ich dies jetzt auf einen Segelflugzeug übertrage, wäre es ja blöd, wenn ich
zu viel Dämpfung habe und nicht mehr erkenne, das ich gerade die Thermik ankraze:eek:

Auch die Reynoldszahlen sehen ja bei einem dünnen JS3 Außenflügel ja eine gewisse Herausforderung, oder :)
 
Danke Wilhelm.

Wie sieht es denn mit der Dämpfung um die Hochschule (Achse?) aus?
...
Wenn ich dies jetzt auf einen Segelflugzeug übertrage, wäre es ja blöd, wenn ich
zu viel Dämpfung habe und nicht mehr erkenne, das ich gerade die Thermik ankraze:eek:

Auch die Reynoldszahlen sehen ja bei einem dünnen JS3 Außenflügel ja eine gewisse Herausforderung, oder :)

Wie jetzt? Du spürst Thermik über die Hochachse auf? Respekt, ich kann das nicht😉
Warum soll der dünne Flügel extra schwierig sein bezüglich Re-zahl? Oder meinst du dessen Tiefe?
 
Man bin ich doch blöd.
Habe schon wieder Hochachse mit Längsachse verwechselt -> Mea Culpa!

Schlaut mich mal bitte auf. Wenn die Hochachse gedämpft wird, bedeutet dies, dass die Störgröße (z.B. Turbolenzen) das Modell weniger zum gieren anregt? Sehe ich dies so richtig.

Mit dünnen Außenflügel meinte ich natürlich die Flächentiefe. Danke für den Hinweis. Muss wieder klarerer mit den Formulierungen umgehen.

Hier ein schönes Bild der Flächengeometrie der JS3 JS3 Zeichnung.

In die Geometrie kann man sich schon verlieben, oder :D
 
In die Geometrie kann man sich schon verlieben, oder :D

... mag sein, aber die Rechnung (siehe Ausführungen oben) sieht halt beim Modell nochmal ganz anders aus!

Was bei einer Diana 2 noch im Maßstab 1:3,5 funktioniert fordert bei einer JS3 dann schon eine 2 vor dem Komma.

Darüber möglich aber mit bedeutend mehr Aufwand ... Dabei will ich nicht sagen dass es in einem kleineren Maßstab nicht fliegt, aber ob dann die Erwartungen erfüllt werden ist ein anderes Thema. Siehe hierzu auch aktuelle Modellauswahl im GPS Bereich.

Gruß
Christian
 
Hallo Christian,

du hast natürlich recht, dass im GPS Wettbewerben der Maßstab in Richtung 1:2,x geht. Da geht es auch um Weltmeistertitel. Für mich geht es ums Bauen und Fliegen. So viel ich weiß, darf man bei den Maßen im Bereich von 5% Anpassungen vornehmen, um immer noch Scale zu sein, oder? Ist aber auch egal. Ich habe Spaß am Bauen, Tüfteln und Fliegen. Natürlich will man auch eine gute Performance haben. Oft wird diese Modell-Performance durch falsche Synapsen zwischen den Ohren gekillt :D.
 
... ok - du hast mich nicht verstanden :cry:

Es ging mir eigentlich nicht um Weltmeistertitel sondern eher um Tragflächengeometrien und deren Anwendung für den Modellbereich ...
 
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