LuStick 250: jetzt wird's ernst!

...kommt eine Rechteckfläche von vorn herein nicht in Frage: sieht einfach scheisse aus...

Wer schreibt denn so einen Quatsch?!

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LuStick

Obwohl ich hier immer die Reduktion auf das Wesentliche predige, habe ich noch nie einen Stick gehabt. Klingt irgendwie widersprüchlich - isses auch!

Deshalb habe ich beschlossen, mal so ein Ding mit Ecken und Kanten zu bauen, und zwar nicht nach irgendeinem “Vorbild“, sondern from scratch.

Der Stick als solcher drängt sich geradezu auf, um mit meiner Plan- und profillosen Bauweise erstellt zu werden. Also ohne Bauplan und ohne herkömmliches Tragflächenprofil nach gegebenen Koordinaten.

Mein Stick fügt sich insofern in meinen Hangar ein, als er a) klein und b) dann doch nicht so hässlich ist. Das Bild da oben zeigt den aktuellen Baustand.
In loser Folge stell ich hier den Bau ein; für mich eine Art Archiv, und falls es jemanden interessieren sollte, kann er sich Anregungen zum Selbstbau holen.

In diesem Sinne,
H.
 
Sehr schön! Und so richtig, richtig rechteckig ist das IMO auch gar nicht.
Liegt an den schicken Randbögen?

Da bin ich auf den Bau gespannt. Und darauf, ob das am Ende auch so gut
fliegt, wie ein herkömmlicher 'Stik'.

Dass Dein LuStick dem klassischen Stik von Phil Kraft ähnelt, mag an einer
ähnlichen Ausgangssituation liegen? Kraft brauchte ein Testflieger für seine
RC-Anlagen, die damals noch nicht so zuverlässig waren. Deshalb musste der
Flieger einfach und schnell zu bauen sein. Sein Vereinskamerad George Walker
entwarf ihm eins und die erste Zeichnung, bzw. der Plan dafür entstand direkt
auf dem Holz und am nächsten Morgen war der Flieger schon bereit fürs
Bespannen mit dem damals üblichen Silk and Dope.

Kraft_Stik.jpg


In der Folge hat sich der Stik zu einem der erfolgreichsten RC-Flugmodelle aller
Zeiten entwickelt. Wer mal einen gehabt hat, der weiß auch, warum. Fliegt extrem gut,
vorausgesetzt, er bleibt unter 3 Kg (für den 60ger).

Hm... sollte bei Deinem Entwurf ja wohl der Fall sein...
 
Hi Alemao,
das Kriterium “grösstmögliche Vereinfachung“ führt ohne Zweifel zu ähnlich aussehenden Entwürfen. Ich gehe in Sachen Vereinfachung noch ein paar Schritte weiter als Phil Kraft:
- Aufbau komplett ohne Helling oder Hilfsleisten
- dank Vollschalenbauweise keine Bespannung erforderlich
- Tragflächenprofil ohne Musterrippe oder Schablone narrensicher herzustellen
- mit einem Handgriff abnehmbares Fahrwerk für wahlweisen Einsatz auf Piste oder Acker

Wie schon beim No Hoax ist auch hier der Entwurf frei skalierbar, jeder kann so einen Stick in der für ihn passenden Grösse bauen. Auch die Art des Antriebs ist offen, denn durch die grosszügigen Querschnitte lässt sich auch ein gescheiter Motorträger für einen Verbrenner ohne nennenswerten Gewichtszuwachs in die Struktur einbinden.

Der LuStick ist mit 530mm Spannweite auf ein Zielgewicht von deutlich unter 250g ausgelegt. Verdoppelt oder verdreifacht kämen dabei Grössen heraus, für die auch jede Menge preisgünstiger Antriebe zur Verfügung stehen. Man muss sich also nur überlegen, was man haben will, und schon kann es ohne Änderung der Auslegung losgehen.
 
Flügel

Flügel

Wie immer fangen wir mit dem Flügel an.
Der entsteht als 1mm Balsa Vollschale, das Profil bekommt eine gerade Unterseite und 10% Dicke.
Ein Balsabrettchen ist 100mm breit, so dass wir mit einer 20mm Endleiste als Querruder auf 120mm Flächentiefe kommen.
Ein Balsabrettchen ist 1000mm lang, so dass man es bei 500mm teilen könnte, um die Ober- und Unterschale aus einem Brett zu bekommen. Weil ich aber einen vernünftigen Randbogen haben will, teile ich im Verhältnis 480/520mm und schneide das längere Stück am Rand konisch zu:

IMG_20181123_202902.jpg

Der Holm entsteht aus 2,5mm Balsa weil es gerade herumlag, und ist 10mm hoch. Zusammen mit der Beplankung ergibt das 12mm, also 10% Dicke. Der Holm klebt bei t/3:

IMG_20181123_202844.jpg

Im Bild zu sehen sind auch die Nasenleiste aus 4x4mm Balsa und die bereits auf die untere Schale geklebte Endleiste. Die ist 2,5mm dick, damit später die Querruder aus 20x4mm Endleiste passen.
 
Hey hey, der ist ja cool :). den Aus Depron wäre was für unser Hallenfliegen ^^.

Bin auf den weiteren Bericht gespannt. :)


Gruß Rolf
 
Flügel 2

Flügel 2

Dazu kommen jetzt die Halbrippen hinter dem Holm. Die verlaufen schnurgerade vom Holm zur Endleiste und sind entsprechend einfach auszuschneiden:

IMG_20181123_202711.jpg

das Einkleben geht im Handumdrehen, und schon können die vorderen Halbrippen gefertigt werden. Deren Profil verläuft im handgemalten Bogen von 10mm nach 4mm zur Nasenleiste. Einfach alle Rippen so wie die erste zurechtschleifen:

IMG_20181123_202733.jpg

Mit den eingeklebten vorderen Halbrippen ist die Fläche fertig zum Aufbringen der oberen Beplankung:

IMG_20181123_202800.jpg
 
Flügel 3

Flügel 3

Von der Seite betrachtet sieht unser Profil jetzt so aus:

IMG_20181124_175049.jpg

In diesem Zustand wird die Fläche an sechs Punkten mit einem Tropfen Zack auf dem Baubrett festgeklebt. Dann kann in aller Ruhe die obere Beplankung drauf:

IMG_20181124_175122.jpg

Sieht nach dem Durchtrocknen so sus:

IMG_20181124_175143.jpg

Den Abschluss nach hinten bilden die Endstücke und Querruder...

IMG_20181124_175208.jpg

...und die Randbögen sind auch schon verschliffen:

IMG_20181124_175233.jpg

Die Bauzeit bis hierhin beträgt etwa vier Stunden. Die Fläche ist jetzt rohbaufertig, und es ist Zeit für ein paar Gedanken zum Rumpf.
 

wno158

User
Sieht aus, als würde das wieder...

Sieht aus, als würde das wieder...

ein echter Holger!
Bin gespannt wie das ausgeht (und muss mir wohl mal ein paar Brettchen, Leisten und einen kleinen Antrieb auf Halde legen).
Gruß Walter
 
Hi Rolf,
es würde mich nicht wundern, wenn der LuStick auch in Holz zum Hallenfliegen geeignet wäre.
Der kann sicher noch einiges langsamer, als der No Hoax, und der ist schon seeehr langsam bei der Landung.
H.


Hmm, ich hätte bestimmt noch ein motorset liegen dafür. Servos habe ich wie Sand am mehr^^fehlt nur Holz bzw. Depron.

Rolf
 
Rumpf: denken hilft!

Rumpf: denken hilft!

Bevor ich jetzt anfange, am Rumpf herumzuschnitzen, lohnen sich ein paar Gedanken darüber, was der eigentlich können soll, um den Flugbetrieb möglichst einfach zu gestalten.
Hier die Liste:

- Landen auf Asphalt genauso wie auf dem Acker
- fest verklebte Tragfläche
- Akkuwechsel von oben
- freie Zugänglichkeit aller RC-Bauteile
- weitgehend verdeckte Anlenkungen
- freie Durchströmung für die Kühlluft ohne zusätzliche Hutzen o.ä.

Für so einen primitiven Flieger ist das eine ganz schön lange Liste, und einige Punkte bergen gewisse Zielkonflikte, die bei käuflichen Modellen manchmal arg provisorisch “gelöst“ sind. Als Beispiel mögen versteckt eingebaute Servos dienen, an die man eigentlich nie wieder herankommt. Oder Akkuschachtklappen, die man erst erreicht, wenn man den Vogel auf den Rücken dreht - oder noch schlimmer: gar keine Akkuklappe, weshalb man dann jedes Mal die Flächen abnehmen muss.

Damit ist erstmal genug gedacht, es geht ans Umsetzen in Holz:

IMG_20181201_180059.jpg

Ist halt ein Stick, und kein Kandidat für einen Schönheitswettbewerb!
Wie man sieht, habe ich mir jede bogenförmige Linie geklemmt. Die Rumpfoberseite ist eine durchgehende Gerade, wobei im Bereich der Flächen so ausgenommen wurde, dass sich eine EWD von knapp über 0° ergibt. Das HLW liegt parallel zur Oberseite, der Motorsturz beträgt 2°.
Die Fläche ist so positioniert, dass der Hauptholm knapp vor dem ersten Drittel der Rumpflänge liegt. Ob das taugt, sehen wir später.
 
Rumpf 2

Rumpf 2

Die beiden Rumpfseitenteile sind schnell ausgeschnitten, und für eine Abschätzung der Proportionen brauchen wir das HLW. Über dessen Abmessungen habe ich nicht nachgedacht, sondern schlicht alle Abmessungen des Flügels halbiert - fertig.
Das SLW dazu entsteht nach Gefühl (©Loriot).

IMG_20181201_175950.jpg

Jetzt kommt ein wichtiger Schritt: gucken, ob's passt:

IMG_20181201_175627.jpg

Hmmm, irgendwie sieht der Hebelarm ein bisschen kurz aus,...
 
...und deshalb wurde die Position der Fläche noch um gut 10mm nach vorne korrigiert:

IMG_20181202_193056.jpg

Der Effekt ist erstaunlich, denn der Rumpf wirkt optisch gestreckt, obwohl sich an den Grundabmessungen nichts geändert hat.
Stick hin, kantig her - der LuStick bekommt abgerundete Rumpfkanten, und deshalb braucht es rundum Eckleisten:

IMG_20181202_193126.jpg

Die beiden Spanten vor und hinter der Fläche sind anhand der Rumpfmaße schnell ausgesägt, die lichte Innenbreite beträgt 40mm. Zusammengeklebt wird das kopfüber, so dass der ebene Rumpfrücken satt auf dem Baubrett aufliegt:

IMG_20181203_184343.jpg

Am vorderen Spant sieht man hier auch den Schlitz, in den später das Fahrwerk wahlweise eingesteckt werden kann.
 
'Tschuldige die Nachfrage:
Die ist immer willkommen!

Welches genau? 3mm, 2.5mm ("weil es gerade herumlag") oder reichen gar 2mm schon aus?

Ja, 2,5mm weil gerade da. Aber 2 oder 3mm tun auch den Job. Bei 3mm etwas kräftiger abrunden, dann macht es auch keinen Gewichtsunterschied;)

Motorspant und vorderer Rumpfspant sind 2mm Flugzeugsperrholz, der hintere Spant ist aus 3mm Balsa-Sperrholz (kommt als nächstes im Bericht).
H.
 
Und andere Experten würden noch das Profil und die restliche Auslegung des Modells berechnen, derweil du schon fast fertig bist. Von den lebensnotwendigen Frästeilen mal ganz abgesehen. :D
Wie herrlich einfach doch Modellbau sein kann. Ich find's geil.

Gruß Mirko
 
Rumpf 3

Rumpf 3

So,
in diesem Zustand wird der Rumpf jetzt mit vier Tropfen Zack, also an den Eckpunkten der beiden Spanten, auf dem Baubrett festgeklebt:

IMG_20181203_202615.jpg

Was man nicht sieht, ist die auf dem Baubrett gezogene Linie, zu der der Rumpf mittig ausgerichtet ist. Die hat auch als Orientierung beim Verkleben des Motorspants gedient, so dass die drei Spanten schon mal schön fluchten.
Nächster Schritt ist dann das Zusammenziehen des Rumpfendes auf der Linie:

IMG_20181203_202555.jpg

Zum Verschliessen der Rumpfunterseite habe ich aus drei 1mm-Schichten 3mm Balsa-Sperrholz gemacht. Dünn mit Weissleim einstreichen, aufeinanderlegen und mit dem Bügeleisen auf “Leinen“ durchkochen - fertig. Bis zum Fahrwerksspant wird die Unterseite fest verklebt; zwischen den beiden Spanten und bis kurz dahinter liegen die RC-Komponenten. Und weil die ja frei zugänglich sein sollen, wird die Rumpfunterseite in diesem Bereich nicht geklebt, sondern verschraubt. Die drei Sperrholzbrettchen, die als Ankerplatten für die Schrauben dienen, sind auf dem vorigen Bild auch schon zu sehen.
 
Rumpf 4

Rumpf 4

IMG_20181203_191055.jpg

Hier sieht man das geperrte Balsa, die Referenzlinie und den Motorspant. Die Kühlöffnung habe ich grosszügig für die Kabeldurchführung erweitert.

Weiter geht es mit dem abnehmbar verschraubten Deckel. Der besteht auch aus Balsa-Sperrholz und reicht bis hinter den Knick im Rumpf am letzten Spant. Hier hilft wieder das Bügeleisen:

IMG_20181203_202703.jpg

IMG_20181203_202720.jpg

IMG_20181203_202740.jpg

Das letzte Stück bis zum Rumpfende wird wieder fest verklebt, und schon können wir die Heftpunkte lösen:

IMG_20181203_192757.jpg
 
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