Gummireifen & 3D Drucker

Savoy73

User
Moin zusammen,

gibt es hier schon Erfahrungswerte bzgl. flexibles Filament?

Was kann man empfehlen und was nicht? Welche Druckverfahren mit einem Bowdenzug Extruder ist zielführend? Was für Einstellparameter benötige ich?

Ich würde mal liebend gerne ein paar neue Reifen für meine Mig-29 drucken. Diese sind auf dem Hauptfahrwerk nicht gerade klein. Also Durchmesser ungefähr 110mm auf eine BVM Alufelge.

Die Alten Gummis wurden von einer Treaded Lightweight Räder herausgeschnitten und mit einem Dremel passend geschliffen. Das Problem ist aber, das man nie ein perfekten Rundlauf hin bekommt. Des Weiteren ist das "Aufziehen" eine Materialschlacht…für zwei Reifen brauche ich max. 3-4 neue TL Räder :-( Das Moosgummi reist sehr schnell ein.


Und dann gibt es noch mein Prototyp Blackburn Buccaneer:

Die Haupträder müssen sehr schmal ausgeführt werden. Diese 110-115mm Reifen sollten nicht breiter als 24mm sein.

Rhino_3D_Bucc_HFWK.png

Die Moosgummi`s / Gummi`s sollten schon in etwa so ähnliche Eigenschaften, wie die TL Reifen von Dudro aufweisen:

- sehr sehr leicht
- die Seitenflanke vom Reifen sollte schon recht stabil sein, das sie nicht von der Felge rutscht
- kein Plattfuß
- recht flexibel

https://www.dubro.com/products/treaded-lightweight-wheel-40-80


Gruß Frank
 
Hallo Frank,
Reifen habe ich schon ein paar gedruckt. Meine Druckeinstellungen für TPU verschiedener Härtestufen hatte ich auch hier schon mal beschrieben: http://www.rc-network.de/forum/showthread.php/716018-Prusa-i3-MK3?p=4710469&viewfull=1#post4710469
TPU mit dem Bowdenextruder ist allerdings eine Herausforderung - das Extrudr TPU Medium mit Shore A98 habe ich zwar auch schon auf dem Anycubic mit Bowden ohne Probleme verarbeitet, das ist aber für regelrechte Gummireifen definitiv zu hart. Die benötigen mE eine Shorehärte von höchstens 90, und da wird es dann schwierig mit dem Bowden. Extrudr TPU semisoft (A88) könnte (!) noch funktionieren, das müsstest du halt testen. Für Reifen nehme ich am liebsten Recreus FilaFlex, aber das macht schon am Direktextruder immer mal wieder Mucken.

Ansonsten ist für Reifen wichtig:

-Stabilität ist bei TPU kein Thema, die Drucke sind mit "fliegerischen Mitteln" quasi unzerstörbar. Da Gewicht natürlich durchaus ein Thema ist und dicke Wände außerdem die Flexibilität mindern, drucke ich Reifen bei einer Layerhöhe von 0,15 mm und Perimeterbreite von 0,6 mm mit einem Perimeter Wanddicke und 4 Layern Boden- und Deckschicht.

- Immer ein 3D-Infill-Pattern verwenden, möglichst mit geringem Linienabstand im Verhältnis zur Fülldichte (ideal: Gyroid, da reichen 12% Fülldichte). Simplify3D scheidet damit als Slicer aus, das hat nur 2D-Patterns. Slic3r kann Gyroid, lässt sich aber nicht abgewöhnen, gelegentlich die Infill-Enden an der Innenwand zu verbinden (dadurch entstehen unkontrolliert kleine härtere Sektionen an der Abrollfläche). Am besten geht es daher mit Cura, wo sich dieses Verhalten gezielt steuern lässt. Wenn du in Cura "Connect Infill Lines" ausschaltest, sollte der Ansatz des Infills an der Innenwand so aussehen:

Bildschirmfoto 2019-02-02 um 13.16.52.png

Im Vergleich dazu die nicht empfehlenswerte Variante mit "Connect Infill Lines" EINgeschaltet (die nebenbei natürlich auch das Gewicht erhöht):

Bildschirmfoto 2019-02-02 um 13.16.24.png

Mit den genannten Einstellungen wiegt ein Torusreifen 115 x 115 x 23 mm rund 35 g - das ist sicher kein Rekord, fällt aber durchaus noch unter "leicht".

Das Gyroid-Pattern ist in sich vollständig offenzellig, d.h. bei Druckbelastung kann die Luft sich im Reifen frei verteilen, was den Reifen maximal weich macht. Willst du dagegen einen stärker federnden Reifen, nimm stattdessen das Pattern "Cubic", das erzeugt viele kleine geschlossene Zellen, so dass du vom Federverhalten her einen regelrechten "Luftreifen" hast. Nachteil ist das schlechtere Verhältnis zwischen Linienabstand und Fülldichte - hier brauchst du mindestens 20%, damit der Infill die Decklayer beim Druck trägt, was beim oben genannten Beispiel 12 g Mehrgewicht ausmacht.

Und eine Sache noch zu TPU generell: Das Zeug hat eine extreme Neigung, Fäden zu ziehen - ganz abgewöhnen kannst du ihm das wohl nie, egal mit welchen Retract-Einstellungen (daher immer die Leerfahrten im Slicer so einstellen, dass keine Perimeter gekreuzt werden). Außerdem hat es unseligerweise einen extremen Oberflächenglanz, so dass kleinste Unregelmäßigkeiten viel stärker zu sehen sind als bei anderen Filamenten. Diese optischen Mängel treten natürlich am stärksten zutage bei schwarzem TPU - falls eine hellere Farbe für dich in Betracht kommt (und vom Material der Wahl auch lieferbar ist), entschärft das die Sache deutlich.

Tschöö
Stephan
 

Savoy73

User
Moin Stephan,

super, danke für die ausführliche Erklärung…Daumen hoch :)

Wenn ich das so sehe, wäre hier ein direkt Extruder von Vorteil:confused: Der Anycube i3 druckt ja satte und schreibe 5,5Stunden an dem Objekt der Begierde.

Wäre auch nicht abgeneigt ein Update am Anycube i3 zu vollenden. Das wechseln der Filmente geht auch zügiger von statten. Der Umbau wäre mit kleinen mitteln machbar, wie im YouTube Video: https://www.youtube.com/watch?v=ev-a9qJUIGs Leider braucht man wohl ein kleinern und leichtern Stepper…die Masse wird ja beschleunigt und abgebremst…Massenträgheit

Wie sieht es mit der Stützstruktur am Objekt aus, gibt es da was zu beachten. Der Reifen hat ja eine Rundung bzw. eine Versatz für das Felgenhorn…siehe Bilder unten.


Gruß Frank


Bildschirmfoto 2019-02-03 um 10.10.23.pngBildschirmfoto 2019-02-03 um 10.12.13.pngBildschirmfoto 2019-02-03 um 10.15.20.png
 
Hallo Frank,

ob man den Anycubic "wirklich" auf Direktextruder umbauen kann? Was ich irgendwie signifikant finde: Ich habe schon den einen oder anderen Umbau gesehen, aber alle zeigen immer nur die Gerätschaft und nie das Druckergebnis... :rolleyes:

Deine 5,5 Stunden kommen mir etwas flott vor. Hast du denn auch alle Einzelgeschwindigkeiten auf max. 30 mm/s (Empfehlung Perimeter: 20 mm/s) runtergeregelt? Die Hauptgeschwindigkeit in deinem Screenshot steht nämlich noch auf 50. Von Temperaturen etc. will ich jetzt nicht reden, die werden ja erst im "Ernstfall" relevant, aber schau dir auf jeden Fall auch den verlinkten Beitrag an und beherzige alles, was da steht.

Support solltest du vermeiden, wo es nur geht. Für die Rundungen brauchst du keinen, für den Versatz bei deiner aktuellen Konstruktion schon - noch dazu einen wahnsinnig fies flachen. Ich würde an deiner Stelle die Konstruktion ändern und das Felgenhorn innen auf 60° abschrägen, dann kommst du komplett ohne Support aus. Alternativ mit Support (in dem Fall relativ dicht, aber ohne Auflagefläche) drucken und anschließend die Schnippel fluchend mit dem Skalpell abzuppeln...
Meine bevorzugte Konstruktion sieht so aus:

Bildschirmfoto 2019-02-03 um 13.08.07.png

Die Felge ist einteilig, der Reifen ohne Toleranzabstand gedruckt. Das hält ziemlich brutal gut, und ich brauche weder beim Reifen noch beim Rad Support. In deinem Fall mit dem abgesetzten Felgenhorn müsste das Rad wohl zweiteilig gedruckt werden, was grundsätzlich kein Problem ist. Bzw. bei der MIG hast du wohl keine Wahl, da Alufelgen, wenn ich das richtig verstehe. Falls der gezeigte Reifen für die ist, musst du natürlich zähneknirschend die Support-Variante drucken...

Tschöö
Stephan
 

Savoy73

User
Moin Stephan,

ja, da gebe ich dir ja recht. Es ist halt für mich sehr schwer zu beurteilen, was für ein update am 3D Drucker gut oder schlecht ist.

Ein gutes Beispiel wäre der Abverkauf von gebrauchte 3D Drucker im Kleinanzeiger zu erwähnen. Ich meine jetzt mal ein Ultimaker2 von einem namhaften Dienstleister in Deutschland für 3D Druck / Medizintechnik. Wo Zuverlässigkeit und Qualität ein wichtiges Kriterium ist.

Stichworte wie:

- Schwingmechanismus für den Extruder, damit das Backlash in der Tube verringert wird
- stark verkürzte Bowdentube – kaum Backlash
- Welle gegen H7 Wellen getauscht / Hersteller Misumi
- BondTech Extruder oder ein Platikprint`s Bowdenzugfeeder integiert

kommen in der Beschreibung vor.

Bzgl. Material Eigenschaften & Cura, diese Daten von flex. Filmente sind von mir noch nicht eingepflegt worden. Ich werde es ändern. Ich werde das Filament TPU semisoft A88 mal testen.

Meine Felge ist auch einteilig und hat eine integrierte peumatische Bremse. Die hintere Seitenflanke muss ziemlich senkrecht hoch gehen, weil sonst berührt der Reifen das Teleskopbein.


Reifen_vorne_mig.pngRad_hinten_mig.png


Ok, ich werde es einteilig ausdrucken und dann mal testen.


Gruß Frank
 
Hallo Frank,
ich drücke die Daumen. Kann mir gut vorstellen, dass das semisoft auf dem Anycubic noch funktioniert, wenn man gaaanz laaangsam druckt. Falls es selbst bei 18 mm/s noch zu Aussetzern kommt, dürfte die einfachste zu versuchende Modifikation des Extruders sowas hier sein (angespitzter Teflonschlauch direkt hinter den Vorschubrädern, hier in einem gedruckten Extrudergehäuse - man sieht so gerade noch das spitze Ende ca. in der Mitte des Bildes). Das Bild stammt übrigens aus diesem Artikel.
Nächste Maßnahme, die ich versuchen würde, wenn das auch noch nicht reicht: 0,6mm-Düse benutzen. Und wenn auch das nicht reicht, kannst du dir halt überlegen, ob du ins kalte Wasser springst und dich an einem Direktextruder-Umbau versuchst (da würde ich dann den Titan Aero von E3D ins Auge fassen, glaube ich)...

Tschöö
Stephan
 
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