Die sogenannten "Voll-GFK" Modelle sind solche die neben einem Rumpf aus der Negativform gebaut auch Tragflächen aus Negativformen bekamen. Ich mag diese Bezeichnung nicht, da heute und auch schon damals Modelle vollständig aus Faserverbundwerkstoffen gebaut werden/wurden und doch nicht in diese Kategorie fallen. Ich bezeichne diese Modelle daher danach wie sie gebaut werden: Positvbauweise oder Negativbauweise.
Das erste mir bekannte Modell das vollständig in Negativformen gebaut wurde war ein Hangflugmodell von Burghard Frost, der damals Werkstattleiter bei Lemke-Schneider (LS) war und auch schon Rohacell und Kohlenstofffasern in den Flächen verwendet hatte. Das war um 1975! Da gab es noch keine vergleichbaren Modelle von WIK oder Gewalt!
Christian Ruch war auch schon zu dieser Zeit mit dem bau der LS1 vollständig aus Negativformen zugange. Er verwendete Balsaholzstreifen als Stützstoff. Ich habe letztes Jahr Musterstücke der ersten Flächen von Ruch beim Museum auf der Wasserkuppe abgegeben, die dort jetzt im Schaukasten neben anderen frühen Flächenstücken in der Negativbauweise zu finden sind.
Ruch war meiner Meinung nach der erste der solche Modelle zum Kauf anbot. Nach der LS1 hat er noch den Nimbus gebaut.
Die nächsten die in der Geschichte der Negativbauweise öffentlich geworden sind, waren die beiden Berliner Lanskron Brüder, die ein F3B Modell in Negativformen und in Schalenbauweise erstellten.
Kommerziell erfolgreich war dann Roland Sommer mit der LS3 und dem Modell Barracuda, das ich auch dann erworben hatte. Das war um 1978 herum und für mich der eigentliche Durchbruch der Schalenbauweise in Negativformen. Roland Sommer hat Wellpappe zwischen zwei Glasgewebelagen als Stützstoff verwendet und sich diese Bauweise auch patentieren lassen.
Als nächsten muß ich dann die Österreicher vom AME Team und ihre Dassel nennen (1977-1979). Diese Modelle waren zwar aüßerst genau in Negativformen gebaut, hatten aber keine Schalenflächen mit Holm sondern in dem Innenraum vollständig ausfüllende Roofmate-Kerne.
Dieter Pfefferkorn und Ralf Decker bauten ihren "Optima" F3B Flieger damals in der gleichen Bauweise für die F3B Weltmeisterschaft 1979 in Amay.
Um diese Zeit kam dann auch der erste Astir von Wik auf den Markt, mit Conticell Stützstoff (das sind PVC Schaumplatten die heute als Herex bezeichnet werden).
Ich selbst habe mich seit 1975 mit der Schalenbauweise in Negativformen beschäftigt und die ersten Flächenformen 1979 gebaut. Mit der anschließend beginnenden F3B Wettbewerbsfliegerei machte das bauen der Modelle in Negativformen viel Sinn, da jederzeit mit der gleich guten/schlechten Oberflächengüte nachproduziert werden konnte.
Die Modelle unseres damaligen Teams Baron/Steinbach/Kauba fanden bei Wettbewerben mit ihrer Schalenbauweise mit Rohacell und Kohlenstofffaserholmen aufsehen. Bei einem Wettbewerb in Kassel hat auch Dieter Pfefferkorn einen Bruchflügel von mir in der Hand gehabt und sich ein Stück davon abgeschnitten. Der "Noname" für die WM 1983 wurde in genau dieser Schalenbauweise gebaut, Diese Profilstück liegt heute ebenfalls im Museum auf der Wasserkuppe.
Ich wurde dann aufgefordert doch in Vorträgen über diese Bauweise zu berichten und Artikel und anschließend ein kleines Buch, das MTB14 "Moderner Tragflächenbau" zu schreiben. Damit verbreitete sich diese Schalenbauweise sehr schnell und Firmen wie Jaro Müller erkannten die Zeichen der Zeit und begannen die Serienproduktion.
Ich wollte hier mal ein wenig die Geschichte aus meiner Sicht schildern ohne meinen Part daran in den Vordergrund schieben zu wollen. Ich habe viel bei Frost, Ruch und Sommer abgeschaut bevor ich in der Lage war die heute immer noch so angewandte Bauweise so um 1979 herzustellen, wollte aber mein Wissen nicht nur für mich behalten, sondern der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Die damaligen Tüftler und Entwickler haben nicht so gehandelt, das war der kleine Unterschied.