Mysterien in XFLR-Land

Hallo Zusammen,
mal sehen ob XFLR-Aerodynamiker hier unterwegs sind? Mir sind zwei Merkwürdigkeiten über den Weg gelaufen, die ich trotz allen Kontrollen und Grübeleien nicht beseitigen konnte. Eventuell kann sich das mal jemand ansehen.
Da die XFLR Projekte leider auch gezippt zu groß sind als Anhang hier müsst ihr mir bitte die externen Links auf meine Cloud nachsehen. Hier sind die Projektdateien zu finden: XFLR Projektdateien

Widerstandsärmeres Leitwerk sorgt für schlechtere Gleitzahl
Ich habe nach dem schmökern auf aerodesign.de bei meinem Modell in XFLR das Profil des V-Leitwerks von einem NACA0009 auf ein HD801 gewechselt. Laut den Polaren und der Beschreibung auf der Seite sollte es quasi rundum besser sein, was im Direct Design in XFLR auch so bestätigt wird. Bis ~4° Anstellwinkel hat es auf jeden Fall die Nase vorn:
HD-NACA-Polare.JPG
Das wird jedoch im direkten Vergleich am Modell nicht so wiedergegeben, beide Modelle sind identisch bis aufs Leitwerkprofil. Auch der Trimmpunkt (=beste Gleitzahl) ist identisch:
LW_Flugzeugvergleich.JPG
Wie man sieht verliert das HD801 hier scheinbar auf ganzer Linie minimal. Das Leitwerk sollte dabei einen Anstellwinkel von 1,5° haben, also definitiv im Bereich der <4° von vorhin. Auch wenn XFLR natürlich nur eine Annäherung ist, gehe ich doch davon aus das alle Rechnungen in sich vergleichbar sind.
Die 3D Ansicht verrät weiterhin, das beim HD801 der viskose Widerstand angeblich größer ist als mit dem NACA0009, was ich mir aus den Polaren auch nicht erklären kann. Jemand eine Idee?

Angeblich schlechtes (modifiziertes) E205 gegen hochgelobtes RG15
Im zweiten Projekt habe ich den selben Flieger (diesmal beide mit HD801 am VLW) einmal mit dem originalen modifizierten E205 und einmal mit dem hochgelobten RG15 versehen. Gut, hier kann man das Ergebis wohl nicht Mysterium nennen, aber es hat mich schon überrascht das der Unterschied so klein ist. Ist das realistisch oder habe ich irgendwo einen Wurm drin?
Die Polare zeigt, das es ab 2,5° Anstellwinkel überlegen ist. Da der gewählte Flieger im Trimmpunkt / bestes Gleiten mit 3,3° Unterwegs ist, ist soweit alles gut.
E205_RG15.JPG
Am Flugzeug jedoch sieht der Unterschied gar nicht mal so berauschend aus. Ja, der Langsamflug ist etwas besser, die max. Gleitzahl vergleichbar. Zu schnell sollte man jedoch nicht werden, dann säuft er ab?
E205_RG15_Flugzeug.JPG
 
Schade das hier offenbar wenige mit Interesse für die Hintergründe unterwegs sind. Das Rätsel Nr. 1 mit den zwei Leitwerksprofilen kann ich immerhin auflösen. Offenbar ist mir irgendwo im Projekt die Maus ausgerutscht, somit hatte ich statt eines NACA0009 das NACA0003 angewählt. Das ein 3% iges Profil etwas weniger Widerstand hat als ein 7% Profil dürfte nicht weiter verwundern.
 
Dass das E205 laufen kann, hat Sigi, der es auf Aerodesign.de m.W. als erster so richtig verrissen hat, auch immer eingestanden.

Was aber auffällt ist der eckige Verlauf der Polare. Das kommt von den Ablöseblasen allenthalben. Und die sorgen auch dafür, dass das Beschleunigungsverhalten relativ schlecht ist. Die Polaren sind ja immer für den statischen Fall, fürs Kräftegleichgewicht, gerechnet. Davor kommt aber noch die Beschleunigungsphase. In der das Profil bereits mit dem kleinen Anstellwinkel, aber noch mit kleiner Re-Zahl unterwegs ist. Und da säuft dann halt so ein Blasenschlepper erst ein paar Meter, bevor sich die gute Grenzschicht mit steigender Re-Zahl etabliert hat.

Der runde Polarenverlauf des RG15 sorgt da für deutlich harmonischeres Flugverhalten.

Was hier halt auch zum Tragen kommt: der relativ kurze Polaranabschnitt bei kleinen Anstellwinkeln ist für einen relativ langen Ast der Sinkpolare zuständig; deswegen erscheint einem das zunächst als Diskrepanz.

Wenn Du ein schnelles RG willst, solltest Du Dir das RG14 noch ansehen. Hat aber einen gewissen Ruf, was das Abreissverhalten angeht.

Und ganz generell gibt es seit Ashok (den ich hier nur exemplarisch nenne, aber es haben einige auf seinen guten Entwürfen aufgebaut) noch ein paar Pfeile mehr im Köcher.
 

mipme_kampfkoloss

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Hey Sebastian,

bin gerade auch erst am einsteigen in die Materie, jedoch probiere ich es mal mit ein paar Vermutungen.
Auch weil es doch eher spärlich hier antworten auf solche Fragestellungen gibt.

Ich weiß zwar nicht wie dein Eppler modifiziert ist, jedoch sind beide von den Grunddaten her recht unterschiedlich:
Das Eppler (original) hat ja eine dicke von 10,5% und 3% Wölbung und RG 15 9% Dicke und 1,75% Wölbung.
Dickere Profile haben meist breitere Arbeitsbereiche (siehe Gleiten vs. Vx).
Auf der anderen Seite fällt mit abnehmenden Anstellwinkel der Auftrieb des Profils mit geringeren Wölbung schneller und
die Geschwindigkeit steigt schneller an als beim stärker gewölbten (siehe RG15 im Vx vs VZ).

Die Nullmomente sind ja auch doch deutlich unterschiedlich.
Dies sollte bei gleichen Flügel und gleichem Leitwerk unterschiedliche EWDs für das optimale Gleiten bedingen.

Da du nicht schreibst, dass du unterschiedliche EWDs verwendest, nehme ich an das ein Flügel wohl nicht im optimalen Betriebspunkt arbeiten wird.

Schließlich bin ich mir nicht sicher wo du die Widersprüche in den Diagrammen siehst.
Das beste Gleiten der beiden Profile scheint ähnlich hoch zu sein (Per Augenmaß Tangente angelegt) und dem folgen ja auch die Flugzeugpolare...

Wenn du dir die Windkanalpolare auf Aerodesign.de ansiehst, wird dir jedoch die tatsächliche bessere Performance des RG15 auffallen!

Wie gesagt, bin kein Profi ;)
 
Danke euch schon mal!

Ich weiß zwar nicht wie dein Eppler modifiziert ist, jedoch sind beide von den Grunddaten her recht unterschiedlich: Das Eppler (original) hat ja eine dicke von 10,5% und 3% Wölbung und RG 15 9% Dicke und 1,75% Wölbung.

Desswegen hatte ich die Projektdaten verlinkt, ich wollte meinen Text nicht noch mehr aufblasen (und damit womöglich Leute vom lesen abhalten). 3D LabPrinthat folgendes aus dem E205 gemacht:
Dicke: 10,5% -> 7,7%, Lage unverändert
Wölbung: 3% -> 2,2%, Lage von 34,3% -> 37,3%
Insofern ist es etwas dünner als ein RG15 und etwas mehr gewölbt.

Die Nullmomente sind ja auch doch deutlich unterschiedlich.

Ja, zwar nicht so stark wie unmodifiziert aber deutlich. Die E205 Version hat 1,8° EWD, das RG15 braucht 2,5°.

Schließlich bin ich mir nicht sicher wo du die Widersprüche in den Diagrammen siehst.

Nicht unbedingt Widerspruch, aber erstaunt war ich schon. Das "alte, nicht sehr gelobte" Eppler welches von 3D Labprint angepasst wurde ist im unteren Geschwindigkeitsbereich 0,5 Gleitzahlpunkte schlechter, dafür verliert das "moderne" RG15 schnell mehr als 2 "Punkte" wenn es flotter wird. Insofern hätte ich persönlich jetzt das E205 (mod) zum Sieger erklärt, obwohl ich nicht behaupten würde das 3D Labprint als Profilentwickler bekannt sind. Meine Erwartungshaltung (die wohl einfach falsch war), war das bei den HD und RG Profilen etwas dabei sein müsste das ein E205 quasi über den ganzen Bereich übertrumpft.
 

Björn

User
Also bei den Änderungen von E205 zu sprechen ist schon recht falsch. Spätestens durch die veränderte Wölbungsposition ändert sich einiges. Dazu noch die deutlich geringere Dicke und die veränderte Grundwölbung....das ist schlichtweg ein anderes Profil und darauf sollten nicht die Erfahrungen des E205 projeziert werden

Zudem macht ein Vergleich von 9% zu 7.7% je nach Reynoldszahl schon teilweise einen sehr deutlichen Unterschied insbesondere im niedrigen mittlerem CA Bereich. Die geringere Dicke hilft hier Blasen Probleme zu reduzieren oder gar zu vermeiden

Gruß Björn
 

mipme_kampfkoloss

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Hi Sebastian,

hab mich etwas mit deinem File nun herumgespielt.

Was mir aufgefallen ist:

- das Leitwerk hat einen positiven anstellwinkel. Konstruktive Vorgabe?
- RG15 und "Eppler 205" habe gleiche Schränkung und gleiche (tiefe) Flächensegmente - das ist nicht optimal fürs jeweilige Profil...
- Die Auslegungs-Ca's sind recht hoch für diese Profile bzw. den Einsatzzweck (sollte eher im Bereich 0,3 - 0,4 sein, oder?)
- die Flächen werden sehr dünn (17mm Wurzel auf 7mm Rand) - wird das möglich bautechnisch sein?

Hab mit der Schränkung und den Randbogen etwas gespielt (Arbeitspunkt Ansicht) so dass die Auftriebsverteilung der elliptischen Ideallinie im besten Gleiten entspricht,
und dann kann man noch locker etwas an der Gleitzahl nach oben schrauben...
 
Die Fläche ist eine gute Annäherung der Tragfläche vom Easymax (3D Labprint). Insofern ja, in PLA gedruckt ist das möglich ;) Daher steht die erstmal fest und ist quasi eine Konstante, Ziel des ganzen ist Erfahrung sammeln und ein V-Leitwerk an einen alternativen Rumpf zu bekommen.

Der Winkel des Leitwerks ergibt sich aus dem nötigen Anstellwinkel der Tragfläche minus EWD. Quasi damit der Rumpf beim normalen Fliegen möglichst 0 Anstellwinkel sieht. Ließe man die Tragfläche auf 0° und das Leitwerk enstprechend negativ, würde man den Rumpf immer bei 3-4° herumschleppen.

- RG15 und "Eppler 205" habe gleiche Schränkung und gleiche (tiefe) Flächensegmente - das ist nicht optimal fürs jeweilige Profil...
- Die Auslegungs-Ca's sind recht hoch für diese Profile bzw. den Einsatzzweck (sollte eher im Bereich 0,3 - 0,4 sein, oder?)

Die Schränkung ist wie gesagt einfach mal übernommen. Ca im Trimpunkt ist 0,36 bzw. 0,46 - also in dem von Dir genannten Bereich? Verstehe ich das richtig, Du würdest die Fläche weniger tief gestalten, also die Streckung erhöhen und das Ca eher Richtung 0,3 bringen?
Ich würde vermuten der Konstrukteur hatte Bedenken die Spannweite noch weiter zu erhöhen damit der 3D Druck Flügel nicht irgendwann fröhlich in die Hände klatscht, somit ist das Ca dann einfach dem schweren Baumaterial PLA geschuldet gewesen.
 

mipme_kampfkoloss

Vereinsmitglied
Teammitglied
Habe keine Erfahrung mit Fliegern aus dem Drucker...
Tja, wenn der Rumpf die Anstellwinkel vorgibt - die EWD scheint ja zu passen. Das mit dem Rumpf hatte ich nicht bedacht - man lernt ja nie aus! :rolleyes:
Ich hätte mich beim Auslegung-CA eher im unteren Bereich (also <= 0,3) aufgehalten, aber bei dem Gewicht ist es vielleicht besser so.
Dann bleibt wohl nur noch mit der Schränkung und der Flächentiefe zu spielen um da noch etwas Leistung herauszuholen...

Ich hab jetzt meine erste Fläche fertig im XFLR und nochmals die Werte im FLZ Vortex kontrolliert. Bei mir gehts jetzt in die CAD Phase...
 
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