Notwendige Größe des Höhenleitwerkes

CH_MEIER

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Hallo!

Wer kennt eine Quelle, um die tatsächlich notwendige Größe des Höhenleitwerkes (HLW) bei einem Segler zu berechnen?

Ich kenne nur die Faustformel (für HQ-Profile): HLW-Fläche muss mind. 10% der Flügelfläche sein, wenn der Hebelarm zwischen den Neutraulpunkten von HLW und Leitwerk mind. 4x der mittleren Flächentiefe entspricht...

Aber das kann man bestimmt auch genau berechnen. Mit Momentenbeiwert des Flügels und dem Auftrieb/Abtrieb des Leitwerks :) Und wenn man sich dem Grenzbereich nähert, spielt sicher auch die Form des HLW eine wesenliche Rolle - also Streckung, Profil, Profildicke, Re-Zahl - eben wg. der Auf-/Abtriebsverhältnisse an selbigem...

Früher wurden ja immer extrem große Leitwerke gebaut. Ich habe z.B. neulich am Hang in einer Mid-Air-Collision bei meinem 20 Jahre alten MPX-Flamingo-Nachbau 1/3 des HLW im Flug eingebüßt und habe die Kiste noch mit dem Rest-Leitwerk lächelnd landen können. Da ist also Reserve drin gewesen.

Bei Zweckmodellen mag ich mich auch mit großen HLW anfreunden. Aber bei Nachbauten von manntragenden Mustern wirkt ein großes HLW nicht so schön.

Also, wie weit kann man bei einem 4m Segler mit HQ3 (große Momente) denn heruntergehen. Und - gleich für den experimentellen Ansatz - was passiert, wenn man die Grenze langsam erreicht bzw. diese unterschreitet. Unterschneiden ohne Chance des Gegensteuerns?

Viele Grüße
Christoph
 
So einfach ist das nicht zu beantworten, da es neben der Druckpunktwanderung des Flügelprofils u.a auch vom Stabilitätsmass und damit von der Schwerpunktlage abhängt (Grosses Stabilitätsmass -> grösseres Leitwerksmoment nötig, um vom Auslegungspunkt abweichende Flugzustände zu fliegen, -> Grössere EWD-Änderungen -> Strömung reisst am Leitwerk eher ab.)

Letztendlich musst Du die Extrempunkte der gewünschten Fluggeschwindigkeit durchrechnen und überprüfen, ob das Leitwerk unter Berücksichtigung aller Parameter (Re-Zahl, Flügelabwind...) noch im zulässigen Bereich arbeitet. Und ganz an die Grenze wird angesichts der zu erwartenden Konsequenzen niemand gehen wollen.

Konsequenz bei zu kleinem Leitwerk ist genau was Du schreibst: Wirksamkeitsverlust am Ende des zulässigen Flugzustandsbereichs. Jetzt hängt es von der Charakteristik des verwendeten Profils und LW-Grundrisses ab, ob eine Notrettung allenfalls noch möglich ist (d.h. kriege ich mit Hängen und Würgen und ein paar Grad mehr Ausschlag doch noch genug Auftrieb am HLW um aus dem unerwünschten Flugzustand herauszukommen.)

Was beim Experimentieren hilft: Mit einem Wolbklappensegler hast Du eine weitere Beeinflussungsmöglichkeit: Wenn Du zu weit gegangen bist und der Segler unterschneidet/gnadenlos überzieht kann durch Wölben / Entwölben auf das Flügelmoment Einfluss genommen und die Situation gerettet werden.
 

Conny

User
Druckpunktwanderung

Druckpunktwanderung

MarkusN schrieb:
So einfach ist das nicht zu beantworten, da es neben der Druckpunktwanderung des Flügelprofils u.a auch vom Stabilitätsmass und damit von der Schwerpunktlage abhängt

@MarkusN

Das solltest Du genauer sagen, sonst könnte man das falsch verstehen.

Die Druckpunktwanderung, besser gesagt das (normalerweise negative) Nullmoment des Flügels, kann zu Abtrieben am HLW führen, die bei (zu) kleinen HLWs (mit ungeschicktem Profil) zu einer Überforderung desselben im Schnellflug führen kann. Das ist aber nur bei extremer Auslegung ein mögliches Problem. Auch der Hochstart sollte beachtet werden.

@Christoph

Man kann keinen Blumentopf gewinnen, indem man die HLW-Größe extrem minimiert.

Conny
 

CH_MEIER

User
Okay, Conny,

meine Frage ist vielleicht eher etwas akademischer Natur - immer alles berechnen zu wollen. Ich werde in der Praxis auch immer ein bißchen größer bauen als rechnerisch notwendig.

Der Ansatz von Mark Drela sieht mir sehr interessant aus und das werde ich zum Spaß mal durchrechnen.

Könnt ihr folgende These unterstützen:

Bei einer maßstäblichen Verkleinerung eines manntragenden Musters (z.B. im Maßstab 1:4) liegt man auch beim Modell bzgl. HLW-Größe auf der sicheren Seite?

mit folgenden Einschränkung:
1. zusätzliche Semiscale-Vergrößerung der Tragfläche muss auch mit mehr HLW (~proportional) kompensiert werden
2. wenn die Tiefen am HLW zu klein werden, gilt das mit dem Verkleinern nicht mehr (Re-Zahlen), d.h. man sollte bei der Tiefe > 7..8cm bleiben (HLW-Profildicke die üblichen 9%...)


Also funktioniert bei einer vorbildgetreuen 1:4 ASW, DG, ... ein maßstäbliches HLW von vielleicht 7-8% der Fläche der Tragfläche?

Wie gesagt, ich werde mal Mark Drelas Formeln anwenden, vielleicht finde ich dann auf die letzte Frage auch die passende Antwort.

Gruß
Christoph
 

Conny

User
Alles halb so wild

Alles halb so wild

CH_MEIER schrieb:
Okay, Conny,

meine Frage ist vielleicht eher etwas akademischer Natur - immer alles berechnen zu wollen.

Wenn Du auch eine akademische Antwort akzeptierst ...

CH_MEIER schrieb:
Könnt ihr folgende These unterstützen:

Bei einer maßstäblichen Verkleinerung eines manntragenden Musters (z.B. im Maßstab 1:4) liegt man auch beim Modell bzgl. HLW-Größe auf der sicheren Seite?

Normalerweise ja. Auf den Neutralpunkt sollte die Größe eh keinen Einfluss haben. Siehe unten.

CH_MEIER schrieb:
mit folgenden Einschränkung:
1. zusätzliche Semiscale-Vergrößerung der Tragfläche muss auch mit mehr HLW (~proportional) kompensiert werden
2. wenn die Tiefen am HLW zu klein werden, gilt das mit dem Verkleinern nicht mehr (Re-Zahlen), d.h. man sollte bei der Tiefe > 7..8cm bleiben (HLW-Profildicke die üblichen 9%...)

Ja, man könnte bei kleinen UND leichten Fliegern Probleme mit der Re-Zahl kriegen am HLW. Im Zweifelsfall ein dünnes Profil oder eine ebene Platte verwenden.

CH_MEIER schrieb:
Also funktioniert bei einer vorbildgetreuen 1:4 ASW, DG, ... ein maßstäbliches HLW von vielleicht 7-8% der Fläche der Tragfläche?

Wie gesagt, ich werde mal Mark Drelas Formeln anwenden, vielleicht finde ich dann auf die letzte Frage auch die passende Antwort.

Gruß
Christoph

Man sollte eine mäßige Stabilität vorsehen, dann hat man in der Regel auch keine Steuerprobleme.

Conny
 

PIK 20

User
Notwendige Größe des Hlw`s

Notwendige Größe des Hlw`s

Früher habe ich mich in der Regel an die 10%-Größe vom Tragflächeninhalt gehalten.
Mit der maßstabgerechten Übernahme von einem Originalflugzeug bin ich auch immer recht gut gefahren.
Neuerdings verwende ich das Schwerpunkt/EWD-Berechnungsprogramm von Rainer Stumpf an. Mit diesem Programm kann ich sehr präzise den Schwerpunkt, die EWD und das Stabilitätsmaß berechnen und kann in einem farbig unterlegten Bereich des Ergebnisses selbst entscheiden wie man das Modell auslegt.
Durch Veränderung der Höhenleitwerksmaße bei der Eingabe kann man die Auswirkung einer Vergrößerung/Verkleinerung des Höhenleitwerks sehen, und sich dann entscheiden ob man mit niedrigem/hohem ca und geringem/höherem Stabilitätsmaß mit der jeweils ermittelten EWD fliegen will.
Das Programm ist Freeware unter: www.rainers-modellflugseite.de /Software herunterzuladen.
Bin bisher damit sehr gut gefahren, d.h. geflogen
Grüße aus dem Ennstal von Heinz
 

CH_MEIER

User
Hallo Heinz,

vielen Dank für den Link! Das ist ein absoluter Volltreffer. Das Programm ist m.E. richtig gut.

Christoph

P.S.: Internet ist toll, man muss nur die richtigen Beiträge finden - selbst google reicht manchmal nicht mehr aus...
 
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