Hallo Hans,
mittlerweile ist dieses Thema der einzige Grund, warum ich RCO nachtrauere, da ich mir dort mal die Mühe gemacht habe, das ganze in einem etwas längeren Aufsatz mal zu erklären. Pfutsch isses und deshalb gibt es jetzt nur die Kurzvariante:
Ob das Leitwerk Auftrieb oder Abtrieb erzeugt, hat rein gar nix mit statischer Längsstabilität zu tun. Bei der Frage ob stabil oder nicht spielt nämlich nur die Änderung des Gesamtmomentenverlaufs mit dem Anstellwinkel eine Rolle.
Ein Flugzeug mit abgeworfenem HLW ist deshalb auch ungeeignet, meine These zu widerlegen, weil das nämlich ein anderes Problem hat: Es ist nicht mehr längsstabil. Denn auch wenn es eine einzige Geschwindigkeit gibt, bei der das Leitwerk weder Auf- noch Abtrieb liefert, wird es bei kleinster Abweichung von dieser Geschwindigkeit selbiges wieder tun. Und war im Falle eines statisch längsstabilen Flugzeuges derart, dass sich der Ausgangszustand wieder einstellt. Konkret: Bei zunehmendem Anstellwinkel mehr Auftrieb / weniger Abtrieb am HLW, bei abnehmendem Anstellwinkel weniger Auftrieb / mehr Abtrieb am HLW. Ein Deadband ist hier äußerst hinderlich, weil nämlich in diesem Flugzustand bei einer Anstellwinkelstörung erstmal garnix passiert, bis das Leitwerk aus dem Deadband wieder raus ist.
Jetz muss man sich nur noch zwingen, einzusehen, dass Auftrieb oder Abtrieb auch nix mit der EWD zu tun hat oder damit, ob das Ruder nach oben oder unten ausgeschlagen ist. Paradoxerweise haben wir nämlich ausgerechnet im Schnellflug Abtrieb am HLW (trotz nach unten ausgeschlagenem Ruder) und im Langsamflug Auftrieb (trotz nach oben ausgeschlagenem Ruder). Der Grund ist wieder die Längstabilität: Im Schnellflug würde infolge des Abtriebs am Leitwerk ein aufnickendes Moment entstehen, das durch einen entgegengesetzten HR-Ausschlag verringert werden muss, um das Gleichgewicht herzustellen. Umgekehrt ist es im Langsamflug: wegen des hohen Anstelwinkels erzeugt auch das Leitwerk Auftrieb, allerdings mehr als man möchte. Durch das nach oben ausgeschlagene Ruder wird der Auftrieb soweit verringert, bis wieder Gleichgewicht herrscht.
Mit Nullmoment und Auftrieb bei 25% Profiltiefe lässt sich zwar vortrefflich rechnen, die Anschauung geht allerdings flöten. Deshalb kurz nochmal der wandernde Druckpunkt. Bei hohem ca wandert der Druckpunkt nach vorne, bei kleinem ca nach hinten. Der "Gesamt-Druckpunkt" des Flugzeugs, also der gedachte Angriffspunkt aller auf das Flugzeug wirkenden Luftkräfte muss allerdings im Gleichgewichtszustand immer genau über oder unter dem Schwerpunkt liegen. Wenn also der Druckpunkt des Flügels nach vorne wandert (Langsamflug), muss das HLW entsprechend mehr Auftrieb / weniger Abtrieb liefern, um den Gleichgewichtszustand herzustellen. Und zwischen Auftrieb im Langsamflug und Abtrieb im Schnellflug gibt es selbstverständlich einen Zustand, in dem weder noch erzeugt werden muss. Nämlich dann, wenn der Druckpunkt des Flügels im Schwerpunkt liegt.
Eigentlich ganz einfach, oder?
Gruß Yeti