Gewebefolie vs. Seide-Spannlack

MTT

User
Bin gerade dabei eine Flair Ka8b zu bauen, und spiele mit dem Gedanken, sie nach alter Vaeter Sitte mit Seide und Spannlack zu bespannen.
Weiss jemand von Euch, wie das gewichtsmaessig aussieht ? Ist Seide/Spannlack leichter oder schwerer als z.B. Solartex ?

Gruss, Michael
 

Volker Cseke

Moderator
Teammitglied
Hallo Michael,

kommt darauf an, welche Oberfläche du erreichen willst. Seide mit Lack geklebt und hauchdünn lasiert ist nicht schwerer wie Gewebefolie. Wenn du aber eine richtig glatte und dichte Oberfläche haben willst, kommen schon einige Gramm zusammen. Jedoch ist auch die Oberfläche der Folie noch mit einer Gewebestruktur versehen. Hier müßte man also auch noch mal drüber pusten.

Viele Grüße
Co
 
Hallo zusammen,

das Thema interessiert mich, da ich diesen Winter einen Motor-Spatz restaurieren will.

Gibt es eigentlich irgendwo im Netz eine gute Anleitung, wie man mit Seide arbeitet??

Wäre klasse.

Gruß Ralph
 
Hallo Michael,

Rippenflügel habe ich früher immer mit Nylon/Seide und Spannlack bespannt. Denn nur so ist eine ausreichende Steifigkeit bei großen Rippenfeldern zu erreichen. Wenn nur die Stinkerei nicht wäre. Mein Vater hat dein seine Clark Tiger Moth mit Gewebefolie bespannt (Super Coverite mit Haftvermittler). Was hat er geflucht. Die Fläche labberig wie ein nasses Toastbrot, andauernd Wellen in der Bespannung. Das war mit Sicherheit sein letzter Versuch mit Gewebefolien. Wenn die gewünschte Farbe schon mit in den Spannlack gemischt wird, ist das Gewicht sogar geringer als mit Folie.

MfG,
Armin
 

MTT

User
Hi, Armin, das waren genau die Punkte, weswegen ich an Seide/Spannlack denke.
Ich habe schon mal eine Ka8 von Flair gebaut, und mit Coverite Gewebefolie bespannt, und obwohl die Flaeche nicht so labberig war wie von Dir beschrieben (Toastbrot :) ), liess sie doch einiges zu wuenschen uebrig.
Ausserdem glaube ich, dass man durch den Spannlack, welcher ja das Holz impraegniert, eine druckfestere Oberflaeche bekommt als mit Buegelfolie.
@Co : Die Gewebestruktur kann bei einem Flieger wie der Ka8 ja ruhig erhalten bleiben, dass Original war ja schliesslich auch mit Stoff bespannt.

Michael
 
That's right,

die Oberfläche wird erheblich druckfester. Und Du hast auch schon einen Müllsack dabei, wenn es beim Fliegen nicht funzt :) .Davon habe ich schon ein paar mal Gebrauch machen müssen.

MfG,
Armin (talybont)
 
das hat mir gefehlt! Toastbrot und Müllsack ... :D :D
beim Lesen die Tränen aus den Augenwinkeln wischend,

grüsst Andreas

[ 22. November 2002, 15:01: Beitrag editiert von: Andreas v. Wolff ]
 

MTT

User
Na gut, basierend auf Euren Antworten werde ich jetzt also einen fliegenden Muellsack anstatt eines fliegenden Toastbrotes bauen ! :D
Ich melde mich wieder, wenn es soweit ist, irgendwann im Fruehjahr.

@ralph: Als mein Vater und ich mit der Modellsegelfliegerei anfingen, vor etwa 25 Jahren, haben wir auch immer mit Seide und Lack bespannt, wenn ich mich richtig erinnere, war die Technik wie folgt :

Seide (oder Nylon) mit lack "antacken" und leicht spannen.
Dann die offenen Felder mit Wasser benebeln ( am besten mit so einer Spruehflasche wie sie fuer Haushaltsreiniger verwendet wird)
Gut trocknen lassen, dadurch bekommt man schon eine leichte Vorspannung.
Danach alles mit Spannlack lackieren.

Ob man alles vorher mit Porenfueller bearbeiten soll, darueber habe ich sehr gegensaetzliche Meinungen gelesen. Es gibt die, welche meinen, dass sei unbedingt noetig, um eine gute Oberflaeche zu erreichen, und natuerlich auch diejenigen welche meinen es ware absolut unnoetig, alles vorher mit 400er Papier schleifen, sei voellig ausreichend.

Kommentare ?

Gruss, Michael

[ 22. November 2002, 15:57: Beitrag editiert von: MTT ]
 

Volker Cseke

Moderator
Teammitglied
Hallo Michael,

vorweg, wenn du mal einen großen Flieger mit einer Stoffbespannung anschaust, wirst du feststellen, das die Oberfläche schon glatt ist. Wenn es sich um eine Klarlackierung handelt, so ist die Webstruktur zwar zu sehen, aber nicht zu fühlen. Und eine Ka6 wirst du nicht so einfach in Original klar lackiert finden, da man bei benutzten Fliegern die Stukturelemente du Farbpigmente vor dem UV-Licht schützt. Außerdem heizt sich eine helle, weiße Flächer nicht so stark auf wie eine dunkle.

Doch nun zum Verarbeiten der Seide:
Alle Holzteile, die mit der Seide in Berührung kommen, werden 2 mal mit verdünntem Spannlack (60 Teile Lack, 40 Teile Verdünnung) gestrichen. Vorher, zwischendrin und nachher mit immer feinerem Papier schleifen. Dann mindestens einmal, besser zweimal mit Spannlack(unverdünnt) bzw. Klebelack streichen. Im schön fein schleifen. Dann die Seide grob zuschneiden. Seide vorsichtig in Wasser einweichen, nicht walken oder auswringen. Den nassen Stoff vorischtig über die zu bespannende Strukur legen und die Falten vorsichtig glattschieben. Den noch nassen Stoff nun mit stark verdünntem Spannlack (40 Teile Lack, 60 Teile Verdünner) an allem Stellen festreiben. Hierzu wie beim Bügeln vorgehen. Erst mal die Außenkanten und dann die Flächen und immer schön auf Faltenfreiheit achten. Das Festreiben geht am besten mit einem kleinem Stoffballen, der immer wieder frisch mit Lack getränkt wird. Nachdem alle Flächen und Kanten bearbeitet sind, die Fläche fixieren, damit sie nicht krumm wird. -- Trocknen lassen.-- Es werden sich weiße Ränder und Flächen bilden, dies ist nicht schlimm. Wenn der Flügel trocken ist, wird er einmal dünn mit Wasser eingenebelt. Nach dem Trocknen kommt der erste Gesamtanstrich. Hierzu auf jedem Fall einen nicht zu harten, langborstigen Pinsel nehmen. Der erste und zweite Anstrich sollte verdünnt sein (60:40). Achtung - beim ersten Anstrich auf eine gleichmäßige und nicht zu dicke Verteilung achten. Wird mit dem Pinsel zu viel Lack aufgebracht, so bilden sich unter dem Stoff der Felder Nasen und Tropfen, die nicht wieder raus gehen. Zwischen den Anstrichen immer schön festspannen, das die Struktur sich nicht verzieht. Die Überstehenden Ränder können nach dem ersten Lackauftrag abgeschnitten oder besser noch abgeschliffen werden. Jetzt noch eine Schicht unverdünnt und du kannst fliegen. Für eine gute Oberfläche sind aber jetzt sicher noch zwei Anstriche erforderlich. Zwischen den Anstrichen immer mit feinem Papier oder Schleifschwamm glätten. Farbiger Spannlack ab der zweiten Schicht spart Gewicht. Soviel auf die Schnelle. Bei Bedarf sonst nachfragen.

Viele Grüße
Co
 

MTT

User
Co, vielen Dank fuer die detallierte Anleitung !
Wie gesgt wenn es soweit ist melde ich mich nochmal.

Noch ein Nachtrag zur Gewebestruktur bei den manntragenden :

Ich habe lange Zeit in der Wartung von Geschaeftreise- und Commuterflugzeugen gearbeitet, unter anderem auch an der Dornier Do228.
Das ist ein ziemlich anachronistischer Flieger, der Tragfluegel ist (war) modernste Technologie, CNC-gefraeste panels, CFK Wingtips, etc.
Das Hoehenruder dagegen ist in Rippenbauweise, und Stoffbespannt !
Und bei der Bespannung konnte man die Gewebestruktur durchaus erkennen.

Gruss, Michael

[ 22. November 2002, 18:30: Beitrag editiert von: MTT ]
 

RSchu

User
Original erstellt von MTT:
Bin gerade dabei eine Flair Ka8b zu bauen, und spiele mit dem Gedanken, sie nach alter Vaeter Sitte mit Seide und Spannlack zu bespannen.
Gruss, Michael
Hallo,
schau mal bei web page M. Ohlwein in der Rubrik Tips vorbei.
Hat übrigens jemand schon mit Bespannvlies gearbeitet? Soll es bei Aeroplan geben.
Rolf

[ 25. November 2002, 08:55: Beitrag editiert von: RSchu ]
 
Ein paar Anmerkungen zum Thema Seidenbespannung: Es geht auch gut mit Futterstoff, sog. "Taft". Ist in verschiedenen Stärken und Farben in jeder Stoffeabteilung erhältlich. Probestücke testen, acetathaltige Fasern werden durch den Spannlack angelöst, das klebt zwar senationell, kann aber auch Löcher geben.
Spannvlies geht sehr gut, ist superleicht, weil dünn, und auch in verschiedenen Qualitäten zu haben. Ich bevorzuge das von "Besch", Bernhard Schüssler.
Die Festigkeit einer Seiden-/Taftbespannung ist durch nichts zu toppen, die Spannkräfte können aber zu Schäden an dem Unterbau führen und arbeiten machmal noch jahrelang. Meiner 1:4 Piper ähnlich T.C. hat es mal ein paar Rippen verbogen. Abhilfe: Sperrholzaufleimer oben und unten.
Viel Erfolg, und berichtet mal!
 

MTT

User
Wenn's soweit ist, melde ich mich, wird wohl aber vor Februar/Maerz nichts werden.
Noch eine Frage zum Spannlack : Hier in den USA git es 2 Typen, Nitrate und Butyrate dope, wobei butyrate immer weiter spannt, wie schon von Holzflieger angesprochen.
Nitrate dope spannt angeblich nur waehrend des Trocknens, und spaeter nicht mehr.

Warum wuerde man dann den butyrate dope verwenden da er doch die Struktur beschaedigen kann ?

Michael
 

Volker Cseke

Moderator
Teammitglied
Hallo Michael,

butyrate dope wird überall dort verwendet, wo die Strukuren entsprechend steif sind und man den Vorteil der Nachspannung nutzen kann. So zum Beispiel im Bereich der Einstiegsleisten etc, wo doch der Stoff mal gedrückt wird und dann Beulen sich wieder rausziehen. Jedoch wird dieser Lack nur im Bereichen eingesetzt, wo diese Funktion von Vorteil ist. Flächen mit Holzrippen oder in leichter Bauweise sollte man damit nicht behandeln. Dies bezieht sich sowohl auf kleine wie große (1:1) Flieger. Im Modellbau werden vorzugsweise die stehenden Lacke eingesetzt.
Noch ein Wort zu den Bespannungen aus Kunststoffen. Hier ist mit großer Vorsicht vorzugehen. Wenn das Gewebe angelöst wird, kann ein großer Vorteil der Seide verloren gehen, nämlich die Weiterrißfestigkeit. Wenn man eine Beschädigung an einer Seidestruktur hat, so ist noch keine große Gefahr der Zerstörung. Kommt es jedoch an einem angelöstem Stoff auf Kunststoffbasis zu einer Beschädigung, so kann sich dieser Riß plötzlich über die ganze Laufweite fortsetzen. In den 70er Jahren ist es durch solch einen Zusammenhang im manntragenden Bereich zu Unfällen gekommen. Heute werden hier Kunststofffasern verwendet, die sich nicht anlösen lassen. Ferner sind die Fasern vorgedehnt, so daß die Spannung durch Wärme vor dem Lackieren vorgestrafft werden kann.

Ganz generell gilt, eine Struktur muß die möglichen Kräfte aus der Bespannung auch verkraften. Jedoch kann man die Spannkräfte durch das Verdünnen und die Anzahl der Anstriche einstellen.
Auch mit Folie kriegst du Flieger mächtig krumm.

Viele Grüße
Co
 

elo

User
Gruess euch!

Möchte aber noch eine Möglichkeit der Bespannung aufzeigen.

Ich bespanne meine Flieger-Antikmodelle- mit Papier.Der Nachteil ist aber, das man leicht Löcher in die Bespannung drückt.
Ich bügle also zuerst mit einer Oracoverfolie klar alle offenen Felder und beziehe dann ganz normal, Porenfüller aufs Holz, mit leichten Papier das Bauteil.Papier mit Kleister kleben- trocknen- Spannlack-Farbe und fertig.
Kaum schwerer, tolle Papieroptik und genau so robust wie eine Folienbespannung.Die Verdrehsteifigkeit ist auch nicht schlecht.

MFG Peter
 
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