Geschwindigkeit eines Segelmodells / Abschätzung

FlyHein

Vereinsmitglied
Hallo Gemeinde

in einer alten Kiste habe ich das Buch "Konstruktion von Segelflugmodellen" von D.Bertermann (VTH-Verlag) ausgegraben. Er beschreibt hier eine Formel zur Abschätzung der Gleitfluggeschwindigkeit durch Umstellen der Auftriebsformel:

A=Ca*(Luftdichte/2)*Vx²*Ff

A=Auftrieb,
Ca=Auftriebsbeiwert
Vx=Geschwindigkeit
Ff=Flügelfläche

Durch Umstellen nach Vx und anpassen an SI-Norm erhält er:

Vx=1,278*Wurzel(G/F*1/Ca)

wobei er den Auftrieb durch das Modellgewicht ersetzt.

Ist damit die umgestellt Formel eine Möglichkeit, bei beliebigem Ca die Gleitfluggeschwindigkeit eines Segelers zu ermitteln?
Was sind sinnvolle Ca-Werte?

Für eure Antworten bin ich dankbar.

[ 12. Juni 2002, 20:14: Beitrag editiert von: FlyHein ]
 

hbe

User
Hallo Flyhein,
über sinnvolle Größen läßt sich sicher lange streiten. Aber ein paar Hinweise sind schon möglich.
Als obere Werte für Thermikfliegerei gilt annähernd:
Mittellinienwölbung Prozentzahl x 0,4
(2% x 0,4 = 0,8 = ca-Thermik).
Für das optimale Gleiten x Faktor 0,2 bis 0,25
2% x 0,2/0,25 = 0,4/0,5
Dies entspricht ungefähr Fliegen bei mittlerem Hangaufwind.
Schnellflug mit Faktor 0,05 bis 0,1
2% x 0,05/0,1 = 0,1/0,2
Dies ist schon strammes Heizen oder F3B-Speedflug.
Bei Wölbklappeneinsatz muß der bei Klappenausschlägen veränderte Wert berücksichtigt werden.
Wenn Du mit einem Aerodesign-Programm rechnest wirst Du diese Werte anhand der Modellpolaren selbst erkennen können.
Die Werte, die Du erhälst können für den Wettkampf und fürs Einfliegen gute Anhaltswerte sein.
Tschö HB
 
Hallo Flyhein
deine Formel ist nicht ganz richtig. Auftrieb = Gewichtskraft zu setzen, d.h. Masse *9.81. Die Konstanten ergeben dann (9.81*2/1.27)^0.5 = 4 .
Also muß vor der Wurzel statt 1,278 eine 4 stehen. Allerdings ist dies nur eine Näherungsformel, da man Gewichtskraft und Auftrieb nur bei verschwindend geringem Widerstand gleichsetzen kann (exakt ist nämlich die Resultierende aus Auftrieb und Widerstand betragsmäßig gleich der Gewichtskraft) :eek:
Ansonsten kann man mit der Formel selbstverfreilich die Geschwindigkeit bis ca. ca=0,2 ausrechnen. Im Sturzflug wird dann der Auftrieb =0 und der Gesamtwiderstand ist so groß wie die Gewichtskraft. Bei bekanntem Widerstand kann man so die Höchstgeschwindigkeit ausrechnen oder umgekehrt.
Jetzt hab ich keinen Bock mehr auf Theorie :D
Gruß
Ernie

[ 12. Juni 2002, 23:31: Beitrag editiert von: elektroernie ]
 

FlyHein

Vereinsmitglied
Hallo zusammen

also scheint die Gleichung nicht ganz falsch (Konstante 1,278 bzw. 4) zu sein. Da ich keine Werte für die Geschwindigkeit von Modellsegelflugzeugen kenne, ist dies vielleicht eine Möglichkeit. Die Geschwindigkeit benötige ich um die Holmauslegung für Segler in Abhängigkeit vom Gewicht, des Flächeninhaltes und der geschwindigkeit ABSCHÄTZEN zu können.

@HBE: kannst du ein Aerodesignprogramm empfehlen?

[ 13. Juni 2002, 08:04: Beitrag editiert von: FlyHein ]
 

jwl

User †
halli

habe aud diesem grund ein kleines programm geschreiben
den aerodynamik rechner -->
http://www.leinauer.de/aero/
damit kannst du es ausrechnen

einfach paar testwerte eingeben fertig
alle berechnungen werden gespeichert
und in tabellenform ausgeben dazu gibt es noch ein geschwindigkeitsdiagramm dazu

für die profile mh32 und sd7037 werden die widerstaende automatisch angeben

gruss johannes
 
@HBE
wo sind denn diese Faustformeln her? Sind nämlich gar nicht übel, da sie die Realität doch recht gut treffen. Ich flieg nix mehr über 0,8% Wölbunb, wiel das nur noch bremst :D :D
Ernie
 

FlyHein

Vereinsmitglied
Hallo Gemeinde

nach einigem Gestöbere in verschiedenen Quellen (hbe, Helmut Stettmaier http://www.fmsg-alling.de/GerFlug.htm, ua.) kann ich folgende Abschätzung machen:

Geschwindigkeit....cA
Heizen.............0,1 - 0,2
Schnellflug........0,3 - 0,4
Gleiten............0,7 - 0,8
Thermik............0,8 - 0,9
überzogen..........1,00

Mit meiner eingangs zitierten Gleichung kann nun die Geschwindigkeit des Modells bei unterschiedlichen Flugzuständen abgeschätzt werden.

[ 23. Juni 2002, 11:03: Beitrag editiert von: FlyHein ]
 
Hallo Freunde,
...dreimal zitiert in letzter Zeit... das geht runter wie Schokoladeeis (mit Schoko-Stückchen!!)... Danke für die Blumen!

Die CA-Werte, die FlyHein aus dem EXCEL-Sheet zitiert hat, gelten für ein CAmax (also das Ca, das das Profil z.B. laut Datenblatt unmittelbar vor dem Strömungsabriß noch liefern kann) von 1.05 - in dieser Beispielrechnung hatte ich den Wert, den ich für das RG15 gefunden habe (Feld D14), genommen.

Es gibt natürlich Profile, die mehr liefern können, z.B. das Clark-Y mit etwa 1.2. Da die zitierte Wertereihe mit 1.0 endet können die Werte dennoch gut verwendet werden: einfach mit dem Camax des verwendeten Profiles multiplizieren.

Man kann damit Abschätzungen machen zur minimalen Fluggeschwindigkeit des Modelles (und in der Nähe davon), aber wer kann schon sagen, mit wieviel CA sein Modell fliegt, wenn der Trimmhebel etwas weiter vorne steht?

Zwei grobe Beispiel-Schätzungen:
Ein leichtes Modell (25N/m²) und einem gut tragenden Profil (vielleicht ein Jedelsky mit Camax=1.2 - wir sprechen ja nicht über Gleitzahlen), kommt mit 6m/sec gerade noch aus.
Ein etwas schnelleres Modell (40N/m²) mit einem Profil mit Camax=ca. 1.0, fliegt, wenn es ein wenig schneller getrimmt wird (CA=ca. 0.8) mit etwa 10m/sec. Man möchte meinen, zwischen beiden Modellen liegen Welten (Faktoren >3), aber die nüchternen Zahlen sind nicht ganz so begeisternd.

Für weitere Aussagen kommt es wirklich darauf an, rauszukriegen, mit welchem CA das Modell gerade fliegt.

Man könnte jetzt folgendes probieren: Man notiert für verschiedene Flugzustände die Stellungen der HR-Trimmung (nicht einmal, sondern recht oft). Die Trimm-Stellungen mißt man nach und rechnet sie in die entsprechenden EWD-Werte um* - sie sollten sich von den im EXCEL-Sheet für das Modell berechneten EWD-Werten hoffentlich nicht allzusehr unterscheiden. Dies ist eine Menge Arbeit die sich nur jemand macht, der sich für die Ergebnisse sehr interessiert (vielleicht setz' ich mich im nächsten Winter mal hin und probier's).
*Anmerkung: Man muß die Ruderklappen-Stellungen in eine äquivalente Änderung des HLW-Anstellwinkels umrechnen - nicht einfach. Oder man hat ein Pendel-HWL.

Jetzt kann man zu den Trimmstellungen durch Rückwärtsrechnen die zugehörigen CAs abschätzen. Bitte beachten: Aufgrund sehr vieler Fehlerquellen darf man den Ergebnissen nur zu bestenfalls +/-5% trauen.

Daß man das CA nur ungefähr hinkriegt, ist aber nicht ganz so schlimm, denn der Fehler wirkt sich nicht allzu kraß auf das Ergebnis aus: 10% Fehler im CA bedeuten nur ca.5% Fehler in der berechneten Fluggeschwindigkeit (die ja im Quadrat in die entsprechende Formel eingeht).

Wenn man das so betrachtet, könnte man tatsächlich hoffen, die Fluggeschwindigkeiten einigermaßen (also +/-3%??) nachzuvollziehen. Leider ist das keine "Messung im Flug", nur eine Zuordnung, welche durchschnittliche Fluggeschwindigkeit man einer HR-Trimmung zuordnen könnte - dynamische Effekte mal ganz außen vor gelassen. Das wären also Aussagen der Art "Trimmhebel 3 Rasten vor Mitte bedeutet 9.5 bis 10.5m/sec Fluggeschwindigkeit. Mehr ist aber nicht drin. Man wird erkennen, daß die Unterschiede in den Fluggeschwindigkeiten von Modell zu Modell in kalten Zahlen kleiner sind, als man oft glaubt.

Diese Rechnungen werden bei kleinen CA-Werten sehr falsch, denn der Einfluß des Widerstandes (nicht als bremsende, sondern als tragende Kraft) wird dann bemerkbar; Sturzflug-Endgeschwindigkeiten lassen sich so nicht ermitteln, auch nicht F3B-Speedflug-Werte.

Ähnliches Problem: Wie wirkt sich das Gewicht auf die Fluggeschwindigkeit aus?
Wenn man ein Modell um die Hälfte seines "Normalgewichtes" aufballastiert (meistens schon eine gemeine Quälerei), dann erhöht sich die Fluggeschwindigkeit des Modelles unter sonst gleichen Bedingungen gerade mal um den Faktor sqr(1.5)=1.225, also gut 20%. 100% mehr Ballast (wer macht denn sowas...) bedeuten 40% mehr Geschwindigkeit. Ich glaube, vielen wäre es andersrum lieber: 20% mehr Gewicht, 50% mehr Speed... Manchmal hören sich die Kommentare jedenfalls so an.

Über die Ermittlung der Fluggeschwindigkeit von Flugmodellen ist schon viel nachgedacht, geschrieben und auch gebastelt worden. FlyHein's einfache Idee, die Auftriebsformel mal "andersrum" und extensiv zu nutzen, ist meines Wissens noch nicht sorgfältig nach Stärken und Schwächen untersucht worden und ist meines Wissens auch noch nicht in großem Maßstab angewandt worden - warum eigentlich nicht? Sie wär's wert! Wer sein Modell so vermessen hat, der braucht eigentlich kein Speedometer, denn viel genauer sind die auch nicht - Kopf einziehen und warten, bis der Proteststurm ein wenig abgeflaut ist...:)

Schöne Grüße aus München,
Helmut
 

jwl

User †
sqr(1.5)=1.225, also gut 20%. 100% mehr Ballast (wer macht denn sowas...) bedeuten 40% mehr Geschwindigkeit. [/qb]
heisst aber auch doppeltes gewicht ist vierfache kinetische energie E = m.v2/2

was zb beim kunstflug oder ds sehr wichtig ist

gruss johannes

[ 24. Juni 2002, 13:17: Beitrag editiert von: jwl ]
 
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