Schränkung der Tragfläche (geometrisch/aerodynamisch)

Hallo Flieger,

ich soll im Rahmen meiner Fluglehrerausbildung (manntragend Segelflug) einen Miniunterricht zum Thema Schränkung der Tragfläche vorbereiten. Der Unterricht soll max. 20 Minuten dauern, ich weiß allerdings noch nicht welche Hilfsmittel (z.B. Beamer oder OHP) zur Verfügung stehen.:confused:

Bei der geometrischen Schränkung habe ich die Funktion verstanden. Der Einstellwinkel der Fläche wird von der Wurzelrippe in Richtung Randbogen gesehen kontinuierlich kleiner. Die Tragfläche wird also beim Bau „verwunden“.

Vorteil:
Im überzogenem Flugzustand tritt der Strömungsabriss zuerst im Bereich der Wurzelrippe ein und wandert mit zunehmendem Anstellwinkel in Richtung Flächenende. Die Strömung reißt nicht plötzlich an der ganzen Fläche auf einmal ab und die Querruder behalten noch bis zum völlig überzogenen Flugzustand ihre Wirkung.
Nachteil:
Durch den geringeren Einstellwinkel am Flächenende ist auch der Auftrieb am Flächenende geringer als an der Flächenwurzel.
Vorteil:
Durch den kleineren Auftrieb am Flächenende verringert sich der induzierte Wiederstand.
Nachteil:
Durch die Verwindung der Tragfläche kann es bei bestimmten Fluggeschwindigkeiten bzw. Anstellwinkeln vorkommen das an der Flächenwurzel ein noch positiver Anstellwinkel Auftrieb erzeugt, während der am Flächenende negative Anstellwinkel bereits Abtrieb erzeugt.

(Diese Vor- und Nachteile gelten nicht für Kunstflugmaschinen, hier ist ein abrupter Strömungsabriss teilweise erwünscht.)

Ist das alles so richtig? Gibt es noch was zu ergänzen? In welcher Größenordnung bewegt sich der Schränkungswinkel?:confused:

Zur aerodynamischen Schränkung habe ich noch einige Fragen. Ziel ist es das Profil der Tragfläche in Richtung Flächenende so zu verändern das (genau wie bei der geometrischen Schränkung) der Strömungsabriss hier erst später, also bei größerem Anstellwinkel erfolgt.
Aber was muss ich mit dem Profil machen damit das klappt? Profildicke erhöhen?:confused: Dickenrücklage erhöhen?:confused:

Eines noch:
In der Regel werden aerodynamische und geometrische Schränkung kombiniert…

Gruß aus Bremen
Strunki
 

kurbel

User
Es soll der Außenflügel entlastet werden, damit nicht dort zuerst die Strömung abreißt.
Das ist das Ziel der Maßnahmen.
Das zu erreichen, ist auf verschiedenen Wegen möglich.

1. Profilwahl
Man nimmt ein Profil, bei dem erst bei größeren Anstellwinkeln die Strömung abreißt, als beim Profil am Innenflügel.
Wird eher selten gemacht, nur ASW 24 und 27 scheinen das evtl. zu haben, was ich aber nicht überprüft habe.

2. Geometrische Schränkung
Man verwindet den Flügel, um den Anstellwinkel außen zu verringern.
So soll der tatsächliche Anstellwinkel vom kritischen Anstellwinkel außen weiter entfernt liegen, als innen.
Sowas wird meist in der Größenordnung bis etwa 2° liegen, selten mehr.

3. Aerodynamische Schränkung (letztlich auch Profilwahl)
Hier nimmt man ein schwächer gewölbtes Profil, oft sogar symmetrisch.
Hier liegt die Wirkung in der Tatsache, dass ein schwächer gewölbtes Profil bei gleichem Anstellwinkel weniger Auftrieb erzeugt, als ein stärker gewölbtes.
Der Haken ist alledings, dass auch der Strömungsabriss beim schwächer gewölbten Profil schon bei geringerem Anstellwinkel und Auftrieb passiert.
Man sieht diese Maßnahme eher nur noch bei alten Segelflugzeugen.

Bei moderen Flugzeugen trifft die althergebrachte Unterteilung und Bezeichnung von Schränkung nicht mehr so wirklich.
Aerodynamisch ist es immer und geometrisch auch, im Grunde macht man diese Unterscheidung so nicht mehr.

Kurbel
 
strunki schrieb:
Durch den kleineren Auftrieb am Flächenende verringert sich der induzierte Wiederstand.
Nein. Der induzierte Widerstand ist dann am geringsten, wenn die Auftriebsverteilung über die Spannweite elliptisch ist. Das kann man zwar mit Schränkung hinbekommen, dann muss aber der Flächengrundriss deutlich überelliptisch sein. Das widerum ist aus Trägheitsgründen nicht erwünscht. Ausserdem hat ein geschränkter Flügel nur bei einme Ca ideale Auftriebsverteilung (s. Dein Beispiel mit innen Auftrieb, aussen Abtrieb.)
Nachteil:

Aber was muss ich mit dem Profil machen damit das klappt? Profildicke erhöhen?:confused: Dickenrücklage erhöhen?:confused:
Dicke erhöhen, rundere Nase, kleinere Dickenrücklage, grössere Wölbung. Schau mal das FX 61 126 an. Das war lange das Standard-Profil im Aussenflügel.

Hier habe ich ein paar Faustregeln zu Profileigenschaften gesammelt.
 

Steffen

User
strunki schrieb:
Vorteil:
Durch den kleineren Auftrieb am Flächenende verringert sich der induzierte Wiederstand.
Das stimmt so nicht. Der induzierte Widerstand ist von der Zirkulationsverteilung abhängig (und von der Streckung). Ein reduzierter Auftrieb am Aussenflügel ist nicht Grund für eine Widerstandsreduzierung, bestennfalls dann, wenn durch die Verwindung die Zirkulationsverteilung elliptisch gemacht wurde.

Dies ist übrigens durchaus ein Grund für eine Schränkung.



Ziel ist es das Profil der Tragfläche in Richtung Flächenende so zu verändern das (genau wie bei der geometrischen Schränkung) der Strömungsabriss hier erst später, also bei größerem Anstellwinkel erfolgt.
Nicht unbedingt. Es geht teilweise auch um eine Anpassung an die Rezahl des Aussenflügels oder schlicht und einfach darum, dass man am Aussenflügel nicht soviel Bauhöhe braucht und deswegen dünnere Profile nimmt.

Aber was muss ich mit dem Profil machen damit das klappt? Profildicke erhöhen?:confused: Dickenrücklage erhöhen?:confused:
Wölbungsrücklage und Dickenrücklage sind probate Mittel dafür.

In der Regel werden aerodynamische und geometrische Schränkung kombiniert…
Würde ich nicht pauschal so sagen.

Aber allgemein finde ich das Thema Schränkung, wie es üblicherweise im Fluglehrerunterricht geschult wird, als total überholt, wie Kurbel auch schon schrieb. Ich würde es grundsätzlich als Strak bezeichnen und der beinhaltet da etwas mehr als die einfache Strömungsabrissregel.

Ciao, Steffen
 

speed

Vereinsmitglied
kurbel schrieb:
Es soll der Außenflügel entlastet werden, damit nicht dort zuerst die Strömung abreißt.
Das ist das Ziel der Maßnahmen.
Das zu erreichen, ist auf verschiedenen Wegen möglich.

1. Profilwahl
Man nimmt ein Profil, bei dem erst bei größeren Anstellwinkeln die Strömung abreißt, als beim Profil am Innenflügel.
Wird eher selten gemacht, nur ASW 24 und 27 scheinen das evtl. zu haben, was ich aber nicht überprüft habe.

2. Geometrische Schränkung
Man verwindet den Flügel, um den Anstellwinkel außen zu verringern.
So soll der tatsächliche Anstellwinkel vom kritischen Anstellwinkel außen weiter entfernt liegen, als innen.
Sowas wird meist in der Größenordnung bis etwa 2° liegen, selten mehr.

3. Aerodynamische Schränkung (letztlich auch Profilwahl)
Hier nimmt man ein schwächer gewölbtes Profil, oft sogar symmetrisch.
Hier liegt die Wirkung in der Tatsache, dass ein schwächer gewölbtes Profil bei gleichem Anstellwinkel weniger Auftrieb erzeugt, als ein stärker gewölbtes.
Der Haken ist alledings, dass auch der Strömungsabriss beim schwächer gewölbten Profil schon bei geringerem Anstellwinkel und Auftrieb passiert.
Man sieht diese Maßnahme eher nur noch bei alten Segelflugzeugen.

Bei moderen Flugzeugen trifft die althergebrachte Unterteilung und Bezeichnung von Schränkung nicht mehr so wirklich.
Aerodynamisch ist es immer und geometrisch auch, im Grunde macht man diese Unterscheidung so nicht mehr.

Kurbel
Hallo Strunki,
Du schreibst:

"Durch den kleineren Auftrieb am Flächenende verringert sich der induzierte Wiederstand."

Einen minimalen induzierten Widerstand hat ein Flügel mit durchgehend gleichem Profil, ohne Schränkung und elliptischem Grundriß.
Bei einem beliebigen Grundriß kann man durch eine geschickte Verwindung eine elliptische Auftriebsverteilung (Zirkulation) hinbekommen.
Wenn man einen x-beliebigen Grundriß linear schränkt, ist es keinesfals sicher gestellt, dass der induzierte Widerstand geringer wird!
Es kann auch das Gegenteil eintreten! Außen Abtrieb zu erzeugen, wie es die Horten machen, erhöht den induzierten Widerstand ordentlich (25-30% bei den Horten).
Am Besten ein Programm wie RANIS einsetzen und die Verwindung mal variieren!
Die aerodynamische Schränkung ist in sehr vielen Fällen auch zwangsweise mit einer geometrischen Schränkung verbunden, weil man die unterschiedlichen Nullauftriebswinkel bei unterschiedlichen Profilen berücksichtigen muss!
Sorry, das Thema hat doch mehrere Leute gleichzeitig angesprochen, deshalb wiederholt sich manches!
Otto
 
Zwischenstand

Zwischenstand

Danke, ihr habt mir schon sehr geholfen!

Ich glaube ich habe nun einigermaßen versanden wie ich ein Profil verändern muss, damit der Strömungsabriss erst bei höheren Anstellwinkeln eintritt.
Ich fasse zusammen:

1. Größere Wölbung (ist zwangsläufig auch verbunden mit der Flächenverwindung)

2. Größere Profildicke (lt. Aerodesign Außenflügel gegenüber dem Innentrapez um 1% - 2% aufdicken)

3. Kleinere Dickenrücklage

4. Größerer Nasenradius

oder kurz gesagt, ich benutze am Auzenflügel ein Profil mit einem großen Nullauftriebswinkel (kleinerer negativer Wert)

Was haltet ihr davon? richtig?:)
 
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