Bestimmung der Seitenleitwerksfläche
Bekanntlich ist die Wahl oder Bestimmung der Seitenleitwerksfläche eines Segelflugmodells für viele von uns eine ziemlich zweitrangige Angelegenheit oder aber eine schwer lösbare Quizfrage. Daher wird in der Praxis meistens so verfahren, dass nach Gutdünken oder Pi mal Daumen zunächst ein Seitenleitwerk gebaut wird und dieses dann nach einer praktischen Erprobung des fertigen Modells nachträglich vergrößert oder verkleinert wird. Dabei bleibt aber vielfach die Frage mehr oder weniger ungeklärt, warum das Seitenleitwerk funktioniert oder eben nicht funktioniert hat, und es werden kaum Erkenntnisse für spätere Modellentwürfe gewonnen.
Will man aber überflüssige Nacharbeiten vermeiden oder im Rahmen einer Optimierungsrechnung den Widerstandsanteil des Seitenleitwerks in realistischer Weise in die Widerstandsbilanz eines Modells einkalkulieren, dann müssen die Zusammenhänge zwischen der Seitenleitwerksgröße und den übrigen Modellparametern, welche die Seitenleitwerksgröße mitbestimmen, geklärt und in eine rechnerische Beziehung zueinander gesetzt werden.
Doch wie könnte man das bewerkstelligen? Betrachten wir das ganze Problem unter dem Blickwinkel der Massenträgheit, um deren Überwindung es bei der Auslegung des Seitenleitwerks hauptsächlich geht, kommen wir verhältnismäßig einfach zu einer brauchbaren Lösung. Es ist bekannt bzw. sollte bekannt sein, dass die Masseträgheit mit dem Quadrat des Abstan-des vom Drehpunkt zunimmt. Auf unsere Tragfläche bezogen heißt das, dass der äußerste Punkt, das Flügelende, am meisten zur Masseträgheit des Flügels beiträgt, weil hier der Abstand zum Drehpunkt (Schwerpunkt des Modells) am größten ist. Folglich spielt es im Hin-blick auf die Seitensteuerbarkeit eines Modells eine wichtige Rolle, wie groß dieser Abstand, der ja die Halbspannweite darstellt, im Verhältnis zur Länge des Seitenruderhebelarms ist. Mit diesem Verhältnis b/2 : rSl haben wir schon einen Wert, der uns bei der Bestimmung der Seitenleitwerksfläche helfen kann. Die Massenträgheit eines Flügels wird aber nicht allein durch ihre Spannweite bestimmt, sondern auch durch die Größe ihrer Masse, welche durch die Flügelfläche repräsentiert wird. Das heißt, die Seitensteuerbarkeit des Modells hängt auch davon ab, wie sich die Größe der Flügelfläche zur Größe der Seitenleitwerksfläche verhält. Bilden wir aus diesen beiden Flächen ebenfalls ein Verhältnis, nämlich FFl/FSl, so haben wir einen weiteren Bestimmungswert für den Seitenleitwerksfaktor. Multiplizieren wir diese beiden Verhältnisse miteinander, so ergibt sich eine Zahl, die wir den Seitenleitwerksfaktor (fSl) nennen können. Die Größe dieses Faktors macht eine Aussage über die Seitenstabilität und Seitensteuerbarkeit eines Modells. Untersucht man nun die Konstruktionsdaten zahlreicher Modelle, so findet man heraus, dass dieser Seitenleitwerksfaktor erheblichen Schwankungen unterworfen ist und sich zwischen etwa 20 bis 40 bewegt. Das deutet einerseits auf eine ziemliche Unsicherheit der Modellkonstrukteure hinsichtlich der Seitenleitwerksauslegung hin.
Diagramm zur Ermittlung der Seitenleitwerksfläche
Andererseits ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass man für diesen Seitenleitwerksfaktor nicht einfach eine feste Zahl annehmen kann, weil die Notwendigkeiten, die sich aus der Spannweite, Flügelfläche und der Länge des Leitwerkshebels ergeben, eine entsprechende Anpassung des Seitenleitwerks und damit des Seitenleitwerksfaktors erfordern. Das heißt, wir müssen in der folgenden Formel, die wir oben abgeleitet haben, noch eine sinnvolle Korrektur einfügen:
Wenn wir nun bedenken, dass die Masseträgheit eines Flügels mit dem Quadrat seiner Spannweite anwächst, kommen wir zu dem Schluss, dass wir die Fläche des Seitenleitwerks in ähnlicher Weise an die Spannweite anpassen müssen, damit wir eine ausreichende Seitensteuerbarkeit des Modells erhalten. Anders ausgedrückt heißt das, wir sollten den Seitenleitwerksfaktor nicht linear mit der Spannweite verändern, sondern so, dass sich für größere Spannweiten auch relativ größere Seitenleitwerksflächen ergeben und umgekehrt. Wie man so etwas bewerkstelligt, soll hier nur im Endergebnis vorgestellt werden, weil rein mathematische Überlegungen den Leser sicher nicht weiter interessieren. Der Seitenleitwerksfaktor wurde also nach folgender Formel korrigiert, sodass sich für alle Spannweiten und Flügelflächen bzw. Flügelstreckungen sinnvolle Seitenleitwerksflächen ergeben:
Fügen wir diesen korrigierten Seitenleitwerksfaktor in unsere obige Formel ein und lösen sie nach der Seitenleitwerksfläche auf:
Nachdem in der Praxis die Länge des Höhenleitwerkshebels und des Seitenleitwerkshebels in der Regel nahezu gleich sind, wurde bei der Berechnung des Diagramms für die Länge des Seitenleitwerkshebels die Länge des Höhenleitwerkshebels verwendet. Im Diagramm selbst ist nicht die Flügelfläche, sondern die Spannweite und die Flügelstreckung eingetragen, was die Flügelfläche ja beinhaltet, um den Zusammenhang zwischen der Spannweite und der nötigen Seitenleitwerksfläche erkennbar zu machen.
Damit erst gar keine Irritationen aufkommen. Diesen Text habe ich von einer Kopie abgeschrieben, die mir vor Jahren ein Freund zukommen ließ, um mich bei dem Bemühen zu unterstützen, mal selbst ein Modell zu entwerfen. Die Quelle ist mir nicht bekannt. Wie der kundige Leser feststellen wird, geht es hier nicht um Motormodelle.