Querruderflattern

Hallo !
Eine Frage an die Aerodramatiker:
Wodurch entsteht Querruderflattern?
Vorausgesetzt es sind keine Baufehler vorhanden
d.h. kein Spiel in der genügend steifen Anlenkung,
der Ruderlagerung und im Servogetriebe.
Ebenso keine Schwingungsbelastung durch Motorvibration.
Trotzdem kann es beim Überschreiten einer
Grenzgeschwindigkeit zum Ruderflattern kommen.
Woran liegts?
am Profil?
am Übergang Flügel - Ruderklappe (Spalt)
am Ruderklappenschwerpunkt?
an Turbulenzen aufgrund von Ablöseblasen
im Profilverlauf ?

Wie kann man Flattern verhindern oder zumindestens
begrenzen?

Mit besten Grüßen
Raymund
 
Hallo,
halte doch mal ein Balsabrettchen bei Tempo 130 aus dem Auto - will sagen, es kommt immer auf die Kräfte und Ihre Hebelverhältnisse an.
Ruder sollen die Richtung eines Flugkörpers ändern,
das aber im laminaren Bereich, treten Turbulenzen (Verwirbelungen) auf, kommt die Festigkeit der Einzelbauteile sowie Ihre Fähigkeit Kraft mit Gegenkraft bzw. Drehmoment mit Gegendrehmoment zu beantworten, zum Tragen. Irgendwann, wenn dieses Gleichgewicht verlassen wird, fängt es halt an zu flattern...und nach fest kommt ab.

Wie wird das Querruder angelenkt - Gabel- oder Kugelkopf?

Wo wird es angelenkt - Anfang, Mitte, Ende, Einpunkt, Zweipunkt oder Mehrpunktanlenkung

Auch Dachpfannen am Haus flattern, wenn sie nicht entsprechend gehaltert sind.

Hoffe ich konnte etwas helfen

Gruß Christian
 

Yeti

User
Hallo Raymund!

Das ist eher eine Frage an einen Aeroelastiker als an den Aerodynamiker. Aeroelastik ist ein Fachgebiet, das zwischen der Aerodynamik, Strukturmechanik und der Schwingungsmechanik steht. ;)

Ganz allgemein kann man sagen, dass Flattern eine Resonanzerscheinung ist. Es gibt anregende Kräfte durch die Aerodynamik und es gibt eine schwingungsmechanische Antwort der Struktur. Sobald die Anregung stärker ist als die Dämpfung, kommt es zum Flattern.

Da die anregenden aerodynamischen Kräfte mit der Geschwindigkeit zunehmen, die Eigenschwingungsformen der Struktur aber geschwindigkeitsunabhängig sind, kommt es irgendwann so oder so zum Flattern. Man kann lediglich Maßnahmen ergreifen, die Geschwindigkeit, bei der Flattern auftritt, möglichst hoch zu bringen.

Ein paar Maßnahmen hast du schon selbst genannt: Steife und spielarme Ruderanlenkungen und Rudermassenausgleich gegen Ruderflattern.

Es gibt aber außer Ruderflattern noch deutlich mehr Flatterformen, wie zum Beispiel Biege-Torsionsflattern. Dabei koppelt eine Torsionseigenform des Flügels mit einer Biege-Eigenform. Dagegen hilft eine Trennung der beiden Eigenfrequenzen z.B. durch Erhöhung der Steifigkeit (entweder Biegesteifigkeit oder Torsionssteifigkeit). Mit Trimm-Massen kann man ebenfalls eine Kopplung von zwei Eigenformen unterdrücken, dazu müsste man aber genau die beiden Eigenformen kennen. Und wer macht schon mit einem Modell einen Standschwingungsversuch? ;)

Für alle, die Flügel selbst aus Negativformen bauen: Wenn man einen Flügel hat, der zum Flattern (nicht Ruderflattern) neigt, hilft es auch unter Umständen, beim nächsten Flügel den Holm etwas weiter nach vorne zu legen -> Schubmittelpunkt wandert nach vorne. Aber das ist natürlich nichts, was man noch nachträglich machen könnte.

Gruß Yeti
 

Spunki

User
Wie Yeti bereits sagt ist im Prinzip beim Schnellflug trotz aller Maßnahmen immer mit Flattern zu rechnen, leider ... auch ganz plötzlich und oftmals erst nach langer Zeit ...

Und wenns dann mal dazu kommt dann zeigt sich erst ob Anlenkung und Servo robust genug waren ... deswegen auch immer meine Empfehlung die Servos besser um zwei Nummern kräftiger zu dimensionieren als eine Nummer zu schwach (Haltekraft!) ... nicht die Ruderkräfte im Flug fordern Servogetriebe und Servohebelarm+Anlenkungen sondern ein kurzes lautes "brrrrrrrt" ... und dann ist es auch oft schon zu spät ...

Wenn sonst alles unternommen wurde so kann eine spielfreie brachiale Servohaltekraft wie sie zb. gute teure Digital-Servos bieten den Punkt der Flatterneigung weit nach oben verschieben ...

Grüße Spunki
 
Ruderflattern zu unterdrücken ist eine nicht unerhebliche Aufgabe!
Allgemein helfen, neben den von dir genannten Massnahmen, folgende Dinge:
-Torsionssteife Ruder bauen (45Grad Gewebe einlegen)
-Schwerpunkt des Ruders möglichst weit vorne, z.B. durch Blei in der Nase des Ruders (wie beim Hubi-Rotorblatt) oder Gewichtsausgleich wie im Grossflugzeugbau
-die Verteilung der Scharniere am Ruder unsymmetrisch machen, das verhindert eine Biegeschwingung des Ruderblattes, da keine symmetrische Scharnieranordnung eine bestimmte Resonanzfrequenz unterstützt
-Ruderspaltabdichtung, die eine Durchströmung des Ruderspaltes verhindert
Ansonsten senkt eine grössere Ruder-Gesamtmasse die Flatterneigung, aber ein höheres Gewicht ist ja eher nicht wünschenswert und wenn´s dann doch flattert zerstört ein schwereres Ruder das Servo erst recht. Hornausgleiche und Turbulatoren vor den Rudern sind Massnahmen die im Grossflugzeugbau ebenfalls eingesetzt werden.
Naja - wenn´s konkreter sein soll, kann ich noch mal meine Quellen bemühen...

Viele Grüsse,
Falk
 
Hallo Falk!
Von allen aufgezählten Möglichkeiten interessieren
mich die erwähnten Turbulatoren am meisten.
Wo sollen sie genau sitzen?
Reichen die bekannten Zackenband-turbulatoren?
Beste Grüße
Raymund
 

Yeti

User
Also dass man durch Turbulatoren Flattern verhindern will, höre ich zum ersten Mal. ;)
 
Hi..

Der Turbulator nützt in DEM Falle was gegen Ruderflattern, wen dies durch eine laminare Ablöseblase unmittelbar vor dem Klappenspalt ausgelöst/begünstigt wird. Das ist EINE (aber bei weitem nicht die häufigste) Form des Flatterns.

Flattern ist eine Form der dynamischen Instabilität. Prinzipiell bekommt man ab gewissen Geschwindigkeiten fast jede Struktur zum flattern (es sei denn sie ist vorher bereits statisch divergent).

Da man ja für die gewünschte Flugleistung eine "Aerodynamik" (Profilwahl, Flügelgeometrie Klappenform usw..) vorschreiben möchte, bleibt zur Bekämpfung der Flatterneigung eigentlich nur die Strukturseite übrig.
Neben der Struktursteifigkeit (Anlenkung, Torsionsfestigkeit usw.) hat man dann noch die Massenverteilung zur Verfügung, um das schwingungsfähige System Ruderklappe zu beeinflussen. bei den "großen" ist deshalb (und zur Beeinflussung der statischen Ruderkräfte) oft ein Ausgleichsgewicht vorhanden:
http://www.aviation4u.de/school/steuerwerk%20balpan%2001.gif

mfg
andi
 

Spunki

User
Neben den von mir bereits erwähnten Metallgetriebe-Digi-Servos mit kaum Spiel und höchster Haltekraft sind einfache zusätzliche Maßnahmen im Modellbaubereich zb. wie bei meinem Turbinen-Jet zu realisieren:

ruder.jpg


- Torsionssteifigkeit des Balsa-Ruders über beidseitige Gewebebeschichtung erheblich erhöht
- Am Ende des Ruders statisches Gegengewicht (Blei)
- steife spielfreie Anlenkung über GFK-Ruderhörner, 6mm-CFK-Rohr und Metallservoarm

Grüße Spunki
 
Hi !

Ich hab ein bisschen den Eindruck, dass der Raymund ein konkretes Problem an einem bereits bestenden Modell hat. Insofern stochern wir mit den, in diesem Fall evtl. gar nicht sinnvollen Massnahmen, etwas im Dunkeln rum.
Raymund...!?

Gruss,
Falk
 
Hi !

Lokale Ablösungen im Bereich der Ruder können Flattern begünstigen. Durch einen Turbulator vor dem Bereich der lokalen Ablösungen kann der Grenzschicht wieder Energie zugeführt werden, so dass eine Ablösung verhindert wird.
Die genaue Position ist im Prinzip vom verwendeten Profil abhängig - hier wären die Herren Profilpäpste (Siggi? :D ) mit dem entsprechenden Datenmaterial über Profile gefragt. Habe in dem Bereich leider recht wenig.
Was für Profil verwendest du denn?

Viele Grüsse,
Falk
 
Hallo Leute!
Ich muß zwischendurch noch ein bischen Geld verdienen,deswegen nicht immer online!
@Falk:
Meine Modelle flattern nicht! (Auch nicht die ganz großen - sind aber alles Motorflieger)
Also demzufolge
bei mir noch kein konkreter Fall - aber-
ich plane demnächst den Bau eines großen
Kunstflugseglers (Lo100)und habe gehört ,
daß es beim Sturzflug und beim Überschreiten bestimmter Geschwindigkeiten zum Querruderflattern kommen kann.
Dem möchte ich natürlich beim Bau schon
vorbeugen!
Deswegen meine Frage.

@ Andi:
Danke für den Link ich glaube sowas läßt sich
auch im Modell realisieren!

Gruß Raymund
 
Hallo!

Ich habe noch mal nach geeignetem Bildmaterial gesucht, um zu zeigen, wie im Grossflugzeugbau gearbeitet wird. Ich möchte gleich dazu sagen, dass es mehre Gründe (z.B. Steuerkraftausgleich) für die gezeigten Massnahmen beim Flugzeug geben kann. Und natürlich verschieben wir bei allen zur Sprache kommenden Möglichkeiten nur die Eigenfrequenz des Ruderklappensystems. Aber ich denke auch, dass es, überspitzt formuliert, übertrieben wäre mit FEM-Rechnung an ein Flugmodell zu gehen...
Auf dem ersten Bild sieht man den Gewichtsausgleich am Querruder einer Me109. Das ist im Prinzip die gleiche Methode wie bei Andi´s Link. Es wird ein Gewicht vor dem Drehpunkt der Ruderklappe angebracht um den Schwerpunkt des Ruders nach vorne zu verschieben. Mit dieser Methode habe ich einem Zagi-Clone das Flattern abgewöhnt.

1100375302.jpg


Das zweite Foto habe ich von einer Extra 200 aufgenommen. Hier kann man gleich drei Massnahmen in einem sehen. Den Gewichtsauchgleich (wie oben), den aerodynamischen Ausgleich (wie z.B. auch ein Hornausgleich an einer Ruderklappe) und ein gedämpftes Rudergestänge.

1100424644.jpg


Ich hoffe das hilft ein wenig weiter.

Viele Grüsse,
Falk

P.S.: Ruderflattern ist keine Schande, das kommt in den besten Familien vor ;)

[ 14. November 2004, 10:31: Beitrag editiert von: Falk Löwe ]
 

Hans Rupp

Vereinsmitglied
Hallo Günther,

weil ein zu großes Bild die Breite erzwingt. Bilder vor dem einstellen bitte auf eine Breite von maximal 700 Pixel verkleinern.

Hans
 

ombre

User
Hmmm,
hallo Leute,
irgendwie ist das doch noch nicht so richtig rübergekommen:
Ein Ruder ist im Prinzip ein mechanischer Schwingungssystem, dass eine bestimmte Eigenfrequenz (Resonanzfrequenz) besitzt. Wenn das System auf dieser Frequenz angeregt wird, dann schwingt es bis hin zur Resonanzkatastrophe --> das System wird zerstört. Versucht man nun, mit Gewalt die Schwingung zu unterdrücken - sprich mit starken Anlenkungen und kräftigen Servos - dann kann man böse scheitern. Das hängt nämlich wieder von der Eigenfrequenz des Regelkreises und dem Regelverhalten ab. Möglicherweise regt man dann bei einer bestimmten Frequenz die Schwingung zusätzlich an, d.h. das Nyquist-Kriterium ist erfüllt. Anschaulich gesprochen will das Ruder sowieso gerade zurückschwingen, und dann wird es durch die Reaktionskraft des Servos zusätzlich beschleunigt. Steife Anlenkungen und Ruder haben einen Effekt, aber unter Umständen einen genau gegenteiligen, wie erwünscht!
Was kann man nun tun?
Zwei Dinge: die Resonanzfrequenz ausserhalb der Anregung verschieben. Wird z.B. durch Gewichte erreicht -->tiefere Frequenz, oder
durch sehr leichte Ruder --> höhere Frequenz (man denke an die stoffbespannten Ruder mancher WW II Flieger)
Dämpfung !!!! Wenn die Resonanzfrequenz stark bedämpft wird, dann sind selbst bei Anregung keine zerstörerischen Effekte zu erwarten.
Wie man das im Modell am besten macht? Da bin ich auch überfragt, vielleicht mit schwergängigen, elastischen Scharnieren, Löchern in den Rudern, ...?
Übrigens, die Gewichte bei den gezeigten Beispielen dienen hauptsächlich dazu, das Gewicht des Ruders auszugleichen, damit das Ruder nicht im Stillstand nach unten fallen will.

PS: hoffe, zur allgemeinen Verwirrung meinen Teil beigetragen zu haben ;)

[ 14. November 2004, 21:04: Beitrag editiert von: madu ]
 

Spunki

User
>>Übrigens, die Gewichte bei den gezeigten Beispielen dienen hauptsächlich dazu, das Gewicht des Ruders auszugleichen, damit das Ruder nicht im Stillstand nach unten fallen will.<<

Das ist natürlich ein angenehmer Nebeneffekt! ... meine vier kräftigen Genitalservos an den mit Blei ausgewogenen Canards und Rudern "singen" um die Nullstellung nicht wie sonst oft beobachtet ...

Grüße Spunki
 

ombre

User
Hallo Spunki,

dann ist es ja prima. Nur ein Punkt bei Deiner Konstruktion: Das Gewicht sitzt aussen und das Servo mit der Anlenkung innen. D.h. das Ruder wird auf Torsion beansprucht, es könnte auch zu Torsionsschwingungen kommen.
Es wäre sicher optimal, wenn das Gewicht ebenfalls direkt in der Nähe des Anlenkungshebels angreifen würde.
 

Spunki

User
Hallo Jo

>>Es wäre sicher optimal, wenn das Gewicht ebenfalls direkt in der Nähe des Anlenkungshebels angreifen würde.<<

Natürlich wär das ideal!

Aber 1. wars vom Bausatz bereits so vorgegeben 2. ist es bei torsionsteifen Rudern eine relativ einfache Möglichkeit die auch nachträglich realisiert werden kann ...

Wir dürfen ja nicht vergessen: wir sind hier bei Flugmodellen! ;)

Grüße Spunki
 

Steffen

User
Hi Jo,

Es wäre sicher optimal, wenn das Gewicht ebenfalls direkt in der Nähe des Anlenkungshebels angreifen würde.
Nicht unbedingt. Ausgleichsgewichte sollten sinnvollerweise so montiert werden, dass sie mit ihrer Massenträgheit gegen die Massenträgheit des Ruders arbeiten. Sinnvollerweise beachtet man dabei die Form der Schwingung, die man durch das Ausgleichsgewicht einfangen will.

Beispiele: Die Flatterform des Seitenleitwerkes, das den Rumpf tordiert, dabei macht man das Ausgleichsgewicht an die Spitze des Leitwerkes, damit die seitliche Auslenkung des Leitwerksendes auf das Blei wirkt. Die Torsion des Rumpfes lässt ja das Leitwerk an der Spitze am meisten auslenken.

Bei Formen, in denen die Flügelbiegung mit dem Ruderausschlag koppelt, sollte das Blei auch weit nach aussen, wo der Flügel mehr Biegung macht.

Erst bei einer Eigenform mit Ruder-Torsion macht das Blei am Antrieb Sinn.

Ciao, Steffen
 
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