Hangflug-DM auf Rügen

DM F3F 2003 auf Rügen

1. Tag

47 von 55 gemeldeten Piloten beim Samstags-Briefing um 7:30 auf dem Rügenhof erhielten die von vielen gefürchtete Gewissheit: Startstelle 13 – Dranske, erster Start 8:45 Uhr!

Dranske, die größte Wahrscheinlichkeit, sich auf dem Weg zur Startstelle in irgendwelchen überwucherten Spalten zwischen Betonplatten oder unsichtbaren Löchern die Gliedmaßen zu lädieren und beim Fallen das Wettbewerbsgerät zu beschädigen! Der Hang – besser die Steilküste - mal gerade 4-5m hoch mit entsprechend eng fliegbarem Bereich, am Fuße Ostsee umspülte Riesenwackermänner, rechts vom Piloten nach 15m alte Betonpfähle nur 3m von der Kante entfernt, links sofort undurchdringliches Sanddorn-Gestrüpp, in 90° hinter dem Piloten wieder Betonpfähle, Rückraum durch hohe Bäume begrenzt, scheinbar weit genug weg und unliebsame Überraschungen im Landefeld (heftige Böen und bis zum Samstagabend untentdecktes Zerstörungspotential in Form niedlicher Betonkegelstümpfe mit eingegossenen Eisenstangenresten); alles in allem ein Fluggelände, dem jeder zu 99% normale Modellflieger nach kurzer Augenscheinnahme den Rücken zugewendet hätte.

20m/sec Windgeschwindigkeit – in Böen noch mehr – sorgen für Anspannung pur bei vielen Piloten, der Gedanke an vom Wetterdienst angekündigte Wetterberuhigung und von West auf Nordwest drehende Winde mit dem damit verbundenen Wechsel an ein anderes Startgelände reißen den einen oder anderen Piloten zu dem Gedanken hin, zum ersten Flug nicht anzutreten und einen Streicher zu kassieren. Doch dazu sind wir nicht nach Rügen gereist!

Also genau das tun, was die schon zuvor zum Training angereisten F3F-Freaks auch tun, allerdings mit heftigst schlotternden Gliedern: Vor an den Hang und hoffen, dass der Werfer das Modell im richtigen Moment mit dem richtigen Schwung in die richtige Richtung wirft. (Diese Überlegung sind den Geübten völlig fremd)

Erste Erfahrung: ist das Modell erst einmal sicher in der Luft, fliegt es wie zuhause, nur die Geschwindigkeit der anderen ist nur dicht an der Kante mit den damit verbundenen Gefahren zu erreichen, dann aber sauschnell. Flugaufgabe erfüllt gibt keinen Anlass zur Entspannung, folgt doch noch die Landung! Im beschriebenen Landefeld: da passiert es schon dreimal, dass eine mit zu wenig Höhenruder eingeleitete Anflugkurve in den Bäumen endet.

Aber auch die Ostsee hat eine besondere Anziehungskraft, mindestens 2 Modelle werden geflutet.

Unterbrochen durch eine heranrollende und sich über Dranske ergießende Regenwalze endet der erste Wettbewerbstag mit einer Superzeit (40,93) von Klaus Kowalski in der sich in der Ostsee gleissend widerspiegelnden untergehenden Sonne.

Kurz zuvor fand Ulrich Helfrich nach einer sanften Landung einen 10 mm dicken, aus einem Betonklotz ragenden Eisenstab in seiner Fläche wieder – Nachtschicht!

2. Tag

Leichte Entwarnung: Der Wind hat auf Nordwest gedreht und die Windgeschwindigkeit liegt zunächst nur bei 10m. Der leicht konkave Küstenstreifen an Startstelle 12 ist nach ca. 500m Fussweg erreicht, es gibt genug Windschatten für den „gemütlichen“ Aufenthalt bis zum Start. Verglichen mit Dranske ist diese Startstelle ein Traum. Trotz geringerer Windgeschwindigkeit wird die schnellste Zeit der DM hier geflogen, wiederum Klaus Kowalski (39,11).

Die Landung außerhalb der Leewalze erweist sich deutlich einfacher als erwartet. Einzig ein Abwurf in die Ostsee und das Abräumen der A-Linie kurz vor Ende des Wettbewerbes unterbrechen den zügigen Ablauf des zweiten Wettbewerbstages für wenige Minuten.

Nach dem neunten Durchgang standen die Sieger der Deutschen Meisterschaft (prominente Besucher u.a. Alfred Kirst (FMT) und Ruedi Binkert (F3B-fliegender Pfarrer aus der Schweiz)) fest:

1. Martin Herrig
2. Klaus Kowalski
3. Andreas Herrig

Die Mannschaftswertung:

1. Speedheringe: Herrig, Demmler, Herrig
2. Nordic : Rettedal, Torp, Larsen
3. Zimmer 32: Eder, Czerny, Fiedler

Helden des Wochenendes:

1. Die Veranstalter der TU Dresden um Kristian Töpfer und Franz Demmler, die die 13 Startstellen ausfindig und zum zweiten Mal nach 2001 die DM auf Rügen ermöglicht haben.
2. Alle Piloten, insbesondere die mutigen untrainierten, die den Start riskiert haben.
3. Die Helfer an A-Linie, B-Linie, Frequenzkontrolle, Speaker, Wettbewerbsleiter, Sportleiter und vor allem der Mann im Wind an der Kante.

Ergebnisse und erste Fotos: www.f3f.de

[ 20. Oktober 2003, 00:43: Beitrag editiert von: Helmut Steinigeweg ]
 
Hallo Gerhard,

neben einer breiten Palette von aktuellen und älteren F3B-Modellen waren einige Freestyler (Herrigs)und mehrere Eclipsen (WM-Modell von Dieter Perlick) am Start. Aufballastiert wurde das Modellgewicht um 25 bis über 50% erhöht. Das Aufballastieren ist natürlich Geschmacksache, mit höherer Grundgeschwindigkeit kann Heraustreiben in der Wende einhergehen.

Gruß
Helmut
 

GC

User
Danke Helmut,
für den interessanten Bericht! Kannst Du noch etwas über die Modelle sagen, die zum Einsatz kamen?
Wurde schwer aufballastiert oder sind die Teile ohnehin schon so schnell?
 
Eine Ergänzung noch:

bei Wind über 10m/sec ist ein Start, Hand im Schwerpunkt, nicht möglich. Hand am Flügel, Rumpf hinter der Fläche gefasst auch nicht! Es gibt nur eins: Konus sichern, Wurfhand vor der Fläche an den Rumpf, die andere Hand möglichst weit aussen an der Fläche und dann weg damit!

Mit dieser Startmethode waren übrigens alle Starter deutlich unter 60 sec nach dem letzten A-Signal des vorhergehenden Piloten in der Luft!

Ausserordentlich bemerkenswert:

Esgab keine Frequenzkontrolle im Sinne von Senderabgabe!!! Klammerabnahme belegte den Kanal! Problemlos.
 
Helmut,
warum ging die 2 methode mit wurfhand am Rumpf hinter den Flaechen und andere Hand an der Flaeche nicht.
10 m/s sind 4-5 Beaufort also normal nocht keine extrem Bedingungen.
Was es so bockig?
Hoffe es sind bald Bilder verfuegbar.
Gruss
Thomas
 
Hallo Thomas,

bockig trifft es ziemlich, der Wind packte das festgehaltene Modell oft in Sekundenbruchteilen aus allen möglichen Richtungen, so dass es mit der Hand hinter der Fläche nicht in eine startfähige Lage zu bringen war. Die Hand vorm Schwerpunkt ermöglichte stabilen Abwurf. Gleiches Prinzip wie beim Hochstarthaken.

Gruß
Helmut
 
@Chris (cco01) :
Hab grad auf euere Seite entdeckt, dass Ihr bei Kloster Banz fliegt. Meint Ihr damit das Kloster Banz bei Staffelstein??

Falls ja, ist das ein Verein oder ein freier Hang?? Würde Euch gerne mal besuchen kommen :rolleyes:
Bei welchen Windrichtungen kann der Hang beflogen werden??
 

cco01

User
Hallo Stephan,
Ja!!! das ist der Hang bei Staffelstein

Windrichtung von WNW bis SW, allerdings kann man da nur Fliegen wenn genug Wind ist, nicht weil der Hang nicht tragen würde, sondern wegen der Matratzenflieger die das Gelände gepachtet haben.(bei viel Wind können die nicht mehr) (gg)

Gruß Chris
 
Danke für die Info Chris!

Das klingt ja wirklich gut :D ! Könntest du mir mal deine E-Mail geben (is leider nicht in deinem Profil angegeben)....
 
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