Anstellwinkel des Höhenleitwerkes bei Segler

Guten Abend Gemeinde

Ich hätte folgende Frage: Bei den Einstellungen eines Seglers ist mir bekannt, bzw. wird so gebaut: HL null Grad Anstellwinkel. Flächen je nach Profilwölbung 1 - 2 Grad positiv. Kann mir jemand eine kompetente Erklärung geben, warum Manntragende das HL negativ angestellt haben? Warum wird das im Modellbau nicht auch so gemacht?
Danke Roman
 

Chrima

User
Hallo Roman
Da mich solche Themen interessieren, fang ich jetzt einmal an, bevor es in den unendlichen Weiten des Forums-Universums verschwindet.
Leider kann ich aber nicht, wie von Dir gewünscht eine absolut kompetente Erklärung abgeben.

Nach kurzer Durchschau eines Astir-Rep-Manuals fand ich einen HLW-Einstellwinkel von 0°. Ebenso war hier im Forum auch schon von einer DG mit -2° die Rede.
Ziel ist auch bei Manntragenden, dass das HLW einen möglichst kleinen Widerstand bietet. Genau so der Rumpf, weshalb HLW und Rumpf meist auf 0° eingestellt sind (oder z.B. -2° bei WK-Flieger).

Nun frag ich mich nur noch, warum Du denkst, dass dies bei Modellflugzeugen nicht vorkommt, wenn man jetzt einmal von all den F3B/F-Raketen absieht ?

Grüsse
Christian
 
Hallo Christian
Habe inzwischen auch eine Antwort von einem manntragenden Segler-Hersteller erhalten.
Die negative Anstellung werde oft dann vorgenommen, wenn das HL ein stark gewölbtes Profil hat. Dies ist ebenfalls bei stak gewölbten Winglets mit einem relativ hohem Ca der Fall. Es gibt Fluzeuge welche entgegen meiner Erfahrung die Winglets ebenfalls negativ angestellt haben. Beim Modellflug ist mir bei den Winglets ein Anstellwinkel von 0 - ca. 2 Grad positiv bekannt.
Beim Bau eines Modellsegelflugzeuges gibt es bezüglich der Rumpfachse/ AnstellungHL verschiedene Meinungen/Ansichten. Ich richte meinen Rumpf in eine optisch vernünftige Fluglage, bei welcher ich zusätzlich einen aerodynamisch geringste Widerstand erhoffe und aus dieser Rumpflage heraus ergibt sich bei mir beim HL 0 Grad. D.h. in dieser Fluglage wird der Segler/Rumpf mehrheitlich angeströmt und dabei soll das HL ohne Ausschlag den geringsten Widerstand erzeugen.
Gruss Roman
 
Die Anforderungen bei den Manntragenden sind grundsätzlich anders.

Sicherheit: Gefährliche Schwerpunktlagen müssen um jeden Preis vermieden werden. Damit verbieten sich relativ "spitze" Stabilitätseinstellungen, wie sie im Modellflug aus Leistungsgründen üblich sind.

Schwerpunktsbereich: Den Schwerpunkt kannst Du bei einem Manntragenden nie so spitz einstellen, wie bei einem Modell. Die Nutzlast variiert, und ausserdem bewegt sie sich.

Steuerkräfte: In einem Modell sorgt ein Servo mit definierter Nullage dafür, dass die Steuerfläche immer in die gleiche Stellung zurückgeht. Beim Manntragenden muss bei korrekter Trimmung die Handkraft Null werden. Ausserdem soll sie ein positives Feedback geben. Das ist übrigens ein Grund, warum die bei Modellen beliebten Pendelruder bei den Grossen selten sind.

Das sind alles Randbedingungen, die im Modellflug nicht berücksichtigt werden müssen oder einen ganz anderen Stellenwert haben.


Im Übrigen finde ich Deinen Ansatz mit "Anstellwinkel des Höhenruders" schon einmal, sagen wir mal, überdenkenswert.

Der Anstellwinkel des HLW variiert während des Fluges dauernd. Einbauen tust Du den Einstellwinkel. Und für mein Begriffe zäumst Du das Pferd vom Schwanz auf. Ausgangspunkt ist normalerweise ein optimaler Flugzustand des Tragflügels (Auslegungs-CA und Auftriebsverteilung). Daraus ergibt sich ein Auslegungs-Anstellwinkel. Dazu richtest Du den Rumpf optimal aus. (Wenn Du es genau machen willst, unter Berücksichtigung der Flügelumströmung, also Auf- und Abwind.)

Die Schwerpunktlage stellst Du aufgrund der Neutralpunktberechnung und eines gewünschten Stabilitätsmasses ein. Daraus und aus dem Flügelmoment ergibt sich ein notwendiges Höhenleitwerksmoment und damit dessen theoretische EWD.

Jetzt gehst Du den Segler dynamisch einfliegen und dabei ändert sich die EWD nochmal.

Und erst das ergibt die nötige EWD. Welcher Einstellwinkel des HLWs dabei herauskommt ist erstmal nebensächlich. Dass er bei einem Modell IDR nahe Null ist, mag sein, ist aber letztendlich Zufall.

Hinterherschicken möchte ich noch, dass Dein Ansatz in der Praxis durchaus funktioniert. Was Du dabei aber nicht bekommst, ist eine auf das letzte Zehntelgrad optimale Ausrichtung des Rumpfes auf einen Auslegungs-Flugzustand. Und Vergleichbarkeit mit anderen Konzepten (wei die bei den Grossen) schon gar nicht.
Von der Vorstellenung, dass der Einstellwinkel einer Fläche zum Rumpf wesentlich ist, sollte man sich sowieso lösen. Eigentlich ist es umgekehrt: Man sucht eine Konfiguration der Flächen, und in das entstehende Flächengebilde hängt man den Rumpf widerstandsoptimal ein.
 
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