Methanolmotor aus Nachlass
Eine kleine, schnelle Restauration
Holger Gerhards
Eine kleine, schnelle Restauration
Holger Gerhards
Allmählich werden Glühzündermotoren für den Modellflug rar. Hergestellt werden sie meines Wissens nur noch von OS und einem chinesischen Hersteller, der identische Motoren unter verschiedenen Marken anbietet. Also Magnum, ASP, PH usw. Bis vor kurzem gab es neu auch noch Triebwerke von Ken Enya. Aber inzwischen ist auch dort alles auf rot.
Für uns Liebhaber der Methanolfliegerei lohnt sich daher immer der Blick in den Gebrauchtmarkt. Oft gibt’s da günstig tolle Methanoler, die sehr lange unbeachtet und ungenutzt rumlagen und dementsprechend schlecht aussehen. Hier vielleicht mal eine Anregung für alle, die sich nicht an alte Motoren trauen. Der klassische 2-Takt Methanolmotor ist sehr einfach aufgebaut und man kann kaum Fehler machen. Für mich als Berufs- und Familientätiger muss sich der Aufwand deutlich in Grenzen halten.
Der Proband
Im Januar 2018 ist mir also ein ziemlich misshandelter Enya 40 BB TN sehr günstig "zugeflogen". Die verschiedenen 40er (6,5 cm3) Enyas waren in den 70ern und 80ern im Robbe-Vertrieb und auf vielen Trainern im Einsatz. Extrem robust, leicht und mit sehr guter Leistung. Aber leider immer etwas teurer.
Der Motor war an einem alten Trainer-Rumpf und hat wohl 25-30 Jahre irgendwo rumgelegen. Auf mein Zureden hin hat der Verkäufer den Motor einfach samt Spant aus dem Rumpf gebrochen und mir zugeschickt. Das Bild schmeichelt dem Motor sogar noch. Er sah tatsächlich noch viel schlimmer aus. Etwas Rost außen, ansonsten ein seltsamer Überzug ... wie Schimmel. Naja, das Risiko war mir bewusst. Auf dem noch montierten Spinner waren verdächtige Kratzer ... etwa von einem Absturz? Da muss auf jeden Fall der Rundlauf der Kurbelwelle geprüft werden.
Innenarbeiten
Ok, vom ersten Schreck musste ich mich erst mal erholen, um dann den Motor teilweise zu zerlegen. Schalldämpfer ab, Glühkerze raus und Vergaser raus – das mache ich immer so. Selbst bei einem neuen Motor. Das ging sogar sehr gut. Nur eine der Vergaserhalsschrauben musste ich ausbohren. Das Gewinde im Vergaser blieb unberührt. Zum Vorschein kam etwas Flugrost auf dem inneren Lager und auf der Schwungmasse, sowie einiges an verharztem Rizinus. Kurbelwelle und Lager blieben nach genauer Betrachtung in diesem Falle drin. Tipp: Wenn Lager raus müssen geht das nur mit Wärme vom Heißluftfön oder im Backofen, 80°C - 100°C reichen aus. Aber immer an Handschuhe denken!
Beim kompletten Zerlegen des Motors verabschieden sich gerne mal die dünnen Papierdichtungen des Kurbelgehäuses. Dann muss man entweder entsprechendes Dichtungspapier kaufen und es ausschneiden oder, bei Triebwerken dieser Größe, temperaturbeständiges Silikon verwenden.
Die Kurbelwelle muss auf Rundlauf geprüft werden. Der sollte ok sein! Andernfalls macht es keinen Sinn, weiter zu machen. Eine neue Welle wäre ja ebenso teuer wie der gebrauchte Motor gewesen war. Sie war aber noch top. Kein erkennbares Spiel an den Lagern, ein Enya eben.
Nun also ist Innensäuberung angesagt.
Das heißt hartes Rizinus entfernen, aber ohne irgendwelche Kratzer zu hinterlassen. Nitro-Verdünnung und der Fettlöser BREF sind hier meine Mittel der Wahl. Mit dem BREF sollte man allerdings vorsichtig und gezielt umgehen. Keinesfalls darf die Laufbuchse oder der Kolben damit bearbeit werden! Wichtig: Die auf der Flasche empfohlene Einwirkungszeit halbieren!
Bei vielen Motoren gibt es einen dünnen Distanzring zwischen Zylinderkopf und Laufbuchse. Diesen sollte man vorsichtig behandeln und möglichst nicht knicken. Normalerweise ist er aber sauber.
Ansonsten bin ich Anhänger der "Selbstreinigung". Und mit „Selbstreinigung“ meine ich: Einfach den Motor mal laufen lassen. Natürlich dürfen keine Späne oder Kohleablagerungen im Motor sein. Die hätten wir ja bei der Innensäuberung aber bereits entfernt.
Als Spritsorte wird natürlich zunächst eine Mischung von 20% Rizinus und 80% Methanol genommen. Da es ein Motor mit Kolbenring ist, sollte er zunächst etwas zu fett bei Halbgas tuckern. Die alten Rizinusreste kommen dann schon raus. Was nicht raus kommt, gehört dann dort auch hin.
Er sprang auch sofort an als hätte es keine langjährige Pause gegeben. Nach ersten Justierungen brachte er die 10x7 APC schon bei Halbgas ordentlich auf Touren. Zwei mal 140 cm3 hat er auf dem Teststand insgesamt verbrannt.
Technisch ist an dem Motor also alles top in Ordnung. Es lohnt sich deshalb, ihn noch ein wenig optisch in Schuss zu bringen. Also alles wieder abbauen, denn nun folgt das „Finish“.
Außenarbeiten, das Finish
Dafür benutze ich meine Geheimwaffe: Backofenspray!
Vorbereitend werden sorgfältig alle Öffnungen mit Küchenpapier oder ähnlich robustem Material zugestopft. Keinesfalls Toilettenpapier oder Papiertaschentücher verwenden. Dieses Zeugs käme später nur noch als Flusen wieder raus. Jedenfalls kräftig einpressen!
Dann einsprühen, aber nicht direkt auf das vordere Lager zielen.
Das Backofenspray knapp 10 Minuten einwirken lassen.
Achtung!
In der Gebrauchsanweisung werden meistens um die 20 Minuten empfohlen. So lange aber bitte nicht warten. Stattdessen den Motor nach rund 10 Minuten in die Hand nehmen, er fühlt sich jetzt etwas matschig jetzt an, und kräftig mit einer alten Zahnbürste bearbeiten. Dabei wird der Backofenreiniger nämlich genau in die Stellen gebürstet, die vom Schaum noch nicht erreicht wurden. Danach noch mal 3-5 Minuten einwirken lassen.
Anschließend mit warmem Wasser abspülen, hää? Hat der mit Wasser abspülen geschrieben?
Ja, hab' ich! Leider konnte ich das nicht fotografieren.
Also ganz sparsam etwas warmes Wasser aus dem Hahn laufen lassen. Den Motor so darunter halten, dass es immer nach hinten oder unten abläuft. Also nicht direkt auf die zugestopften Öffnungen, wie Vergaser oder Auslass, auch nicht direkt auf das vordere Lager fließen lassen. Dabei ebenfalls mit der Zahnbürste alles abschrubben. Damit erreicht man auch die Stellen, an die kein Wasser hinläuft.
Jetzt noch etwas abtrocknen und das Papier wieder aus den zugestopften Öffnungen rausnehmen. Und siehe da:
Alles weg, sieht annähernd wie neu aus, außer an der Schalli-Anschlussfläche. Ist aber auch kein Wunder, denn die wurde in diesem Fall ja gar nicht bearbeitet. Sogar die Zahnbürste ist sauber, trotzdem nicht mehr für's Zähneputzen geeignet!
Fertig, Restauration abschließen
Zum Schluss vorsichtshalber noch ein bisschen Sprit in den Vergaser träufeln und die Kurbelwelle durchdrehen. Das bindet eventuell durchgesickertes Wasser. Alles in allem braucht man für diese Aktion knapp drei Stunden, inklusive des Testlaufs. Das ist für mich bei so einem Motor durchaus vertretbar.
Im Gegensatz zum - Forum möchte ich das Thema "Konservieren oder Lagern des Motors" hier aussparen. Da gibt es viele unterschiedliche Philosophien. In meinem Fall soll der Motor ja bald eingesetzt werden und bedarf daher keiner Konservierung.