Drei neue Weltrekorde und englisch-holländische Lorbeeren!

von Rolf Pietschmann
Mit freundlicher Genehmigung der Fachzeitschrift Modell

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Mit nicht weniger als drei neuen Weltrekorden ging die Speedflugsaison 2010 zu Ende.

Dag Camman-Walczak konnte seinen eigenen, erst letztes Jahr aufgestellten 10-cm3-Verbrenner-Rekord nochmals verbessern, und zwar um ca. 9 km/h auf 390,61 km/h! In der E-Combo-Klasse konnte der Autor den seit 1998 bestehenden Rekord von 274,28 km/h, geflogen von Wolfgang Küppers, auf 353,17 km/h verbessern und, last but not least, bei den Hubschraubern erreichte Oliver Jellen einen Topspeed von 190,0 km/h, somit auch Weltrekord. Der bestand mit 125,59 km/h seit 2006, damals geflogen von Sergey Filippenkov aus Russland. Kurzum: eine tolle Leistung der Speedflug-Piloten aus Deutschland!

Begonnen hatte die Saison im Juni mit dem Speedtreffen in Bad Wünnenberg. Der dortige Verein, FMC Albatros e. V. 1979 Sintfeld, lud erstmalig zum Kräftemessen auf die 200-Meter-Messstrecke ein. Mario Roos trug hier zum Gelingen bei, indem er die von RC-Network gesponserte Messanlage aufbaute und betreute. Die Anlage wurde weiter optimiert, sodass nun die geflogene Geschwindigkeit für die Beteiligten und Zuschauer direkt auf einem Monitor angezeigt werden konnte.

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Die neue Geheimwaffe von Joachim Weirich: geteilte Flächen, LiPos in den Flächenhälften mit Vorwärmung, Motor: Powercroco 4225

Die 17 angetretenen Piloten zeigten schon zu Saisonbeginn gute Leistungen. Hervorheben möchte ich hier Stefan „Winky“ Winkler, der mit konstant schnellen Flügen verdient die 10-cm3-Klasse gewann. Joachim Weirich trat erstmals in der Elektroklasse an und konnte sich auf Anhieb den 2. Platz hinter Stefan Penz erfliegen. Ralph Okon, vielen als Powercroco bekannt, kam erstmals über die 300-km/h-Grenze und gehört nun auch zum „Club 300“. Die ersten 5 Plätze sind in der Tabelle aufgelistet.

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Neuentwicklung von Hartmut Schulze: das »EVO-Ei«. Man beachte das vollständig integrierte Resorohr

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Oldie but Goldie: die gute, alte »Cobra« von Guido Diehl mit 10-cm3-Rossi

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Die deutsche Meisterschaft F3S folgte Anfang September. Das Highlight war natürlich der erste auf der offiziellen 200-m-Messstrecke geflogene 400-km/h-Flug in der Verbrennerklasse: Joachim Weirich erreichte 401,5 km/h und wurde völlig verdient Deutscher Meister 2010! In dieser Klasse gab es einige neue Modelle zu sehen: Hartmut Schulze hatte einen Nurflügel, »EVO-Ei«, mit vollständig integriertem Resonanzrohr dabei, Stefan Winkler integrierte einen 10-cm3-Motor in eine kleine »Me163« von Rippin. Leider blieben beide Modelle ohne Wertung. In der Elektroklasse konnte sich wie 2009 Jakob Karpfinger durchsetzen. Der Autor musste in dieser Klasse zunächst einen harten Tiefschlag wegstecken, ging doch sein Modell »FAITAI-EVO« nach wenigen Sekunden Flug in Rauch auf. Bei der Landung schlugen dann Flammen aus dem Modell und nur der beherzte Wurf des brennenden Modells in einen gut gefüllten Wassergraben verhinderte den Totalverlust.

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»FAITAI EVO« von Rolf Pietschmann nach der „Smoke On“-Landung: der SLS-Akku und der Powercroco 4020 haben übrigens überlebt!

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Leichtbau? Leichtbau! Motorschale mit Erleichterungsbohrungen und (hoffentlich) leichter Spachtelmasse

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Noch mal Leichtbau, aber dieses Mal richtig und im Gegenlicht: *Motorhaube von Camman-Walzcak

Mit dem Zweitmodell konnte ich aber noch einen respektablen 5. Platz erreichen. Die Klasse bis 3,5 cm3 wurde mangels Teilnehmer nicht geflogen, die 6,6-cm3-Klasse wurde von Michael Jakob mit sehr guten 364,7 km/h gewonnen. Dies ist in dieser Klasse die bisher höchste geflogene Geschwindigkeit auf der 200-Meter-Strecke. Die „große“ Verbrennerklasse bis 15 cm3 fand in Dag Camman-Walczak ihren würdigen Meister: 381,1 km/h. Wie letztes Jahr wurden in Osnabrück vier Durchgänge geflogen. Dies war bei der hohen Teilnehmerzahl nur aufgrund der geforderten und eingehaltenen Disziplin der Piloten möglich. Bei vier Minuten Rahmenzeit pro Flug, 90 Sekunden Landezeit nach dem Motorabstellen und anschließender, rascher Bergung des Modells kam keine Langeweile auf.

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Michi Jakob erklärt Joachim Weirich und Erwin Schamburger, wo es langgeht. Das Modell von Weirich ist übrigens das erste Modell mit Verbrennungsmotor, welches die 400-km/h-Marke überschritt!

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Tolle Bauausführung der Flächen von Markus Koch

Die Meisterschaft hing übrigens bis zuletzt am seidenen Faden, da das Hochwasser den Platz in eine Seenlandschaft verwandelt hatte. Nur dem unermüdlichen Einsatz der vielen Mitglieder und Helfer des Osnabrücker Modellsport-Club DO-X e. V. war es letztendlich zu verdanken, dass die angereisten 22 Teilnehmer in die Luft kamen. Die Ergebnisse sind in der Tabelle zusammengefasst.

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Reparatur leicht gemacht: ein gelöster Magnetstreifen wird mit Abstandshalter und Heißluftfön in kürzester Zeit wieder eingeklebt

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So schaut ein LiPo-Akku aus, wenn er richtig tiefentladen wird. Nach längerer Abkühlphase und zusammenpressen konnte er dem Rumpf entnommen werden

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Mitte September dann der Höhepunkt des Jahres, die Weltrekordversuche in Rothenburg/Oberlausitz! Zwei Tage lang wurde hier bei widrigen Bedingungen um jeden Stundenkilometer gerungen. Der starke Seitenwind führte hier immer wieder zu dem Ausruf: „Keine Messung“, und ließ die Piloten ein ums andere Mal verzweifeln. Bei 5 bis 10 m/s Seitenwind, einer Torbreite von 20 m und einer Messstrecke von 200 m mussten die Piloten ordentlich durch Gegensteuern vorhalten, um zu einer Wertung zu kommen. Letztendlich schafften das die neuen Weltrekordhalter Oliver Jellen und der Autor sowie der alte und neue Speedking, Dag Camman-Walczak. Auf die Plätze verwiesen und zum Teil ohne eine Wertung blieben die Geheimfavoriten Weirich, Mittelstädt, Jakob und Penz. Trotz Topmaterial hat man keine Chance, wenn der Regler nicht regelt, der Propeller nicht greift oder man einfach zu viel Power hat.

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Michael Jakob bereitet seinen »Eagle« vor. Man beachte die Querruder-Geometrie

Deutlich vergrößert aber das Teilnehmerfeld: 12 Piloten trauten sich und ihrem Material zu, hier Weltrekord zu fliegen. Die Tabelle zeigt die Ergebnisse.
Im Folgenden möchte ich kurz auf die Meister und Weltrekordler und das von ihnen eingesetzte Material eingehen.
Michael Jakob konnte mit seinem neuen Speedmodell »Der kleine Prinz« auftrumpfen. Diese Konstruktion ist professionell in GfK-Technik aufgebaut. Die Spannweite beträgt 1,14 m bei einem Leergewicht von nur 1450 g. Der verbaute 6,6-cm3-Metkemeijer-Motor dreht am Boden über 30 000 min–1 (zu hoch?) und läuft absolut zuverlässig. Ich sehe hier noch deutlich Potenzial bei einer besseren Abstimmung Prop/Motor.
Joachim Weirich setzte sein seit 2008 bewährtes Speedmodell mit V-Leitwerk ein. Der stark überarbeitete 10-cm3-OPS-Motor drehte den Eigenbau-CfK-Propeller am Boden mit knapp 24 000 min–1. Joachim flog souverän und dann war es geschafft: 401,5 km/h im Schnitt, die „Schallmauer 400“ war erstmals überwunden. Gratulation! Leider konnte er diesen Erfolg nicht bei den Weltrekordversuchen wiederholen. Hier blieb er mit 374,5 km/h hinter den (eigenen) Erwartungen zurück.

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Der SP60 wird fast wie ein Staatsgeheimnis behütet. Deswegen hier mal eine Nahaufnahme! Interessant auch der Spinner-Propeller-Übergang

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»Flame Evolution« von Stefan Heuel nach unsanfter Landung. Deutlich ist die Rücklage des SP60-Motors zu erkennen, die Fernwelle bleibt im Verborgenen

Jakob Karpfinger flog unbekümmert und entspannt zum Titel in der Elektroklasse. Sein »Eisvogel 2010« ist jederzeit für einen Speed von über 400 km/h gut. Allerdings konnte er bei den Weltrekordversuchen nicht mehr nachlegen. In Rothenburg wechselte er zwar noch das Modell, aber auch mit der Leihgabe »Fluxkompensator« von Erich Schamburger kam er nicht an seinen eigenen Weltrekord von 420 km/h heran. Karpfinger setzt in seinen Modellen die Kombination Strecker-Motor/Hacker-Regler und Powercroco-Motor/YGE-Regler ein. Die Propeller baut er selbst in Aluminiumformen, Größe 8 x 12 Zoll.
Dag Camman-Walzak holte sich zunächst den Titel in der 15-cm3-Klasse und legte dann bei den Weltrekordversuchen noch ein „Schäuferl“ zu: neuer Weltrekord in der 10-cm3-FAI-Klasse. Zum Einsatz kam dieses Mal ein »Standard-Weirich-Speeder«, sein Nurflügelmodell, mit dem er letztes Jahr den Weltrekord holte, konnte nicht ganz mithalten. Dag setzt auf O. S.-Motoren und kauft weltweit alles auf, was mit VR-ABC oder RF zu tun hat, seine Propeller baut er selbst in Formen, ihre Geometrie ähnelt den APC-Propellern. Bei den Maßen ist er eher zurückhaltend: 8 x 10 Zoll ist gut für 353 km/h. Dabei ging er noch auf Nummer sicher und wechselte nach missglücktem ersten Start auf einen Standard-APC-Propeller 8 x 10". Der zuvor eingesetzte CfK-Prop 7 x 12" lieferte bei 8s einfach zu wenig Standschub, um sicher in die Luft zu kommen. Auch die Durchflüge durch die Messstrecke setzte er entgegen seinem sonstigen Flugstil aus geringer Höhe an: Abschwung aus ca. 300 m Höhe, kurzes Ausrichten des Modells und in 200 m Höhe dann erst Motor an.

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Erneut Weltrekord mit 398,8 km/h: Dag Cammann-Walczak mit Helfer Hartmut Schulze

Das Modell »FAITAI EVO«, welches in Osnabrück noch lichterloh brannte, konnte übrigens mit Sekundenkleber ausreichend gerichtet werden. Motor und Akku überlebten den Brand ebenfalls. Merke: Harz brennt, Glasfaser nicht! Im Modell verbaut war ein Powercroco 4020, der seine Energie über einen Steller YGE 120HV aus einem 8s/3700-mAh-LiPo von SLS und drei Trockenbatterien (deswegen Combo) bezog.

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»FAITAI-EVO« von Dr. Topspeed, Rolf Pietschmann: neuer Weltrekord in der E-Combo-Klasse mit 353 km/h

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Der neue Weltrekordler Oliver Jellen: 191 km/h mit einem Hubi! Gut zu sehen sind die speziell angefertigten Kühlkörper auf dem Regler und am Motorflansch

Ach ja, nun noch zu den Lorbeeren! Auf nach England, dachte sich Michael Jakob wohl, als er im Juli das „2nd Festival of Electric Speed“ in Middle Wallop aufmischte. Er wurde dort als „serious F5S speedster“ angekündigt und holte sich mit großem Abstand mit 412 km/h den Sieg mit seinem Modell »Eagle«. Gemessen wurde hier mit einer perfekten Videoanlage, die wohl auch von der FAI anerkannt wird. Auch Messstrecke und Sportzeugen entsprachen unseren Bedingungen. Die Engländer sind also motiviert, mit unseren Anstrengungen in Deutschland gleichzuziehen.

Einen Ausflug in die Niederlande machte Steve Penz Ende Oktober, um sich einen neuen Haarschmuck abzuholen: Er gewann das Speed Meeting des MFC Swentibold bei Born. Mit seinem »Hayabusa« wurde er per Radarpistole mit 416 km/h gestoppt.
Respekt!

Ausblick 2011

Unmittelbar nach den Weltrekordversuchen wurde von den RC-Network-Machern Konrad Kunik und Volker Cseke beschlossen, auch 2011 im September wieder zu Weltrekordversuchen einzuladen. Trotz der erneut hochgesetzten Speed-Messlatten sind alle Teilnehmer optimistisch, sich noch weiter steigern zu können. Die Messanlage soll durch zusätzliche Sensoren erweitert werden. In Bad Wünnenberg und Dachau werden Ende Mai/Anfang Juni Speedcups durchgeführt, die deutsche Meisterschaft soll dann Anfang September stattfinden.

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Das Teilnehmerfeld an den Weltrekordversuchen in Rothenburg/Oberlausitz

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"Der neue Weltrekordler Oliver Jellen: 191 km/h mit einem Hubi! Gut zu sehen sind die speziell angefertigten Kühlkörper auf dem Regler und am Motorflansch"

191km/h...:confused:Druckfehler:D?
 
191 km/h... süß. Naja ich denke mal es kommt auch auf die korrekte Messung und entsprechende Prüfer an. Hab da ehrlich gesagt keine Ahnung, wann eine ermittelte Geschwindigkeit offiziell als Weltrekord anerkannt wird. Kann mir aber vorstellen das es da gewisse Anforderungen gibt.
 
"Der neue Weltrekordler Oliver Jellen: 191 km/h mit einem Hubi! Gut zu sehen sind die speziell angefertigten Kühlkörper auf dem Regler und am Motorflansch"

191km/h...:confused:Druckfehler:D?
Kein Druckfehler - der alte Weltrekord stand bei 125km/h...
Muss wohl nicht so einfach sein, mit einem Helikopter vergleichbare Geschwindigkeiten zu den Flächenmodellen zu erzielen. Könnte das eine Frage der Technik und Aerodynamik sein? ;)
 
191 km/h... süß. Naja ich denke mal es kommt auch auf die korrekte Messung und entsprechende Prüfer an. Hab da ehrlich gesagt keine Ahnung, wann eine ermittelte Geschwindigkeit offiziell als Weltrekord anerkannt wird. Kann mir aber vorstellen das es da gewisse Anforderungen gibt.
Dann wollen wir Dir mal Ahnung zu den international gültigen Weltrekordbedingungen verschaffen. ;)
Die Bedingungen setzt die FAI für die unterschiedlichen Klassen fest. Die auch dieses Jahr wieder anzuwendenden Bedingungen sind in diesem Magazinbeitrag beschrieben und aufgezeichnet. Um den Kanal von 300m Länge mit max. 20m Breite und max. 30m Höhe zu durchfliegen, braucht auf der Messstrecke von 200m der Flächenpilot etwa 2 Sekunden, der Helipilot hat "lange" 4 Sekunden Zeit.

Alle anderen Flugaufgaben zum Geschwindigkeitsflug sind zwar auch interessant, verlangen den vollen Einsatz der Piloten und unsere Anerkennung, werden aber nicht als Weltrekorde anerkannt.
 
Das mit dem Abkippen habe ich auch schon gehabt, als ich für den Speedcup trainierte.
Mein Heli flog ohne Stabi und es war bei Höchstgeschwindigkeit kaum noch die Kontrolle zu halten.
Teileweise abkippen und Aufbäumen bis man wieder in einen vernünftigen Geschwindigkeitsbereich kommt.
Und das bei schäbigen 140 km/h mit GPS logger gemessen.
Auf dem Speedcup wurden üer 230km/h gemessen aus dem Sturzflug. Das hat allerdings mit FAI Bedingungen nichts mehr zu tun.
 
Die Beschreibungen und Kommentare waren recht interssant zu lesen.Ich freue mich das sich doch immer wieder Kollegen finden die sich mit viel Arbeit und Aufwand beteiligen.Dank dafür.HiAmp,Peter
 

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